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001 Verwaltungsrecht allgemein;Norm
BPVG 1971 §7 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Liska und die Hofräte Dr. Knell und Dr. Müller als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Schwächter, über die Beschwerde der E in G, vertreten durch Dr. F, Rechtsanwalt in S, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Steiermark vom 12. Oktober 1992, Zl. 5 - 222 Ste 16/2 - 92, betreffend Formalversicherung in der Pensionsversicherung der Bauern nach dem B-PVG und BSVG (mitbeteiligte Partei: Sozialversicherungsanstalt der Bauern, 1031 Wien, Ghegastraße 1), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Aus der Beschwerde und der ihr beigelegten Ausfertigung des angefochtenen Bescheides ergibt sich folgender Sachverhalt:
Mit Bescheid des Bundesministers für soziale Verwaltung
(nunmehr: für Arbeit und Soziales) vom 19. August 1971 wurde
die Versicherungspflicht der Beschwerdeführerin nach dem
landwirtschaftlichen Zuschußrentenversicherungsgesetz (LZVG) in
der Zeit vom 1. Jänner 1963 bis 30. September 1970
festgestellt. Aufgrund dieses Bescheides zahlte die
Beschwerdeführerin (ergänze: auch) in den Folgejahren
"pünktlich alle Beiträge, erstattete ... die pflichtgemäßen
Angaben bezüglich der Pachtungen zum 1.10.1982 und erstattete
ebenso ... am 9.3.1983 eine Korrektur bezüglich der
Verpachtungen".
Mit Schreiben vom 20. Mai 1988 teilte die mitbeteiligte Sozialversicherungsanstalt der Beschwerdeführerin mit, man habe festgestellt, die Beschwerdeführerin sei seit 1. Oktober 1977 "mit Unterbrechungen nach dem ASVG pflichtversichert gewesen und daher habe die Pflichtversicherung nach dem BSVG geendet". In weiterer Folge stellte die mitbeteiligte Sozialversicherungsanstalt mit Bescheid vom 26. April 1989 fest, daß die Beschwerdeführerin vom 1. Oktober 1977 "bis laufend" in der Pensionsversicherung der Bauern nicht pflichtversichert sei. Dieser Bescheid wurde mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Bundesministers für Arbeit und Soziales vom 23. April 1992 bestätigt.
Am 24. Juni 1992 beantragte die Beschwerdeführerin bei der mitbeteiligten Sozialversicherungsanstalt die Feststellung der Formalversicherung für den Zeitraum "ab dem 1. Oktober 1977 bis laufend". Mit Bescheid vom 9. Juli 1992 hat die mitbeteiligte Sozialversicherungsanstalt festgestellt, daß die Beschwerdeführerin vom 1. Oktober 1977 bis 31. Dezember 1980 und vom 1. Jänner 1982 "bis laufend" nicht formalversichert sei.
Der gegen diesen Bescheid erhobene Einspruch wurde mit dem angefochtenen Bescheid abgewiesen. Nach der Begründung dieses Bescheides habe die Beschwerdeführerin in der Zeit vom 1. Oktober 1977 an "(abgesehen von der Pflichtversicherung im Jahre 1981)" für sich keine neue Anmeldung zur Pflichtversicherung in der Pensionsversicherung der Bauern erstattet. Es fehle somit eine wesentliche Voraussetzung für das Entstehen einer Formalversicherung gemäß § 7 Abs. 1 B-PVG und § 12 Abs. 1 BSVG. Das Nichtbestehen einer Formalversicherung in der Pensionsversicherung der Bauern bestehe daher zu Recht.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, der Sache nach Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend machende Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Im Beschwerdefall ist ausschließlich strittig, ob die belangte Behörde (in Bestätigung des erstinstanzlichen Bescheides der mitbeteiligten Partei) für den Zeitraum vom 1. Oktober 1977 bis 31. Dezember 1980 und "vom 1.1.1982 bis laufend" zu Recht das Vorliegen einer Formalversicherung der Beschwerdeführerin verneint hat. In diesem Zusammenhang ist unbestritten, daß die Beschwerdeführerin aufgrund des rechtskräftigen Bescheides des Bundesministers für Arbeit und Soziales vom 23. April 1992 für die Zeit vom "1.10.1977 bis laufend" in der Pensionsversicherung der Bauern nicht pflichtversichert gewesen ist.
Die Beschwerdeführerin strebt ihrem gesamten Vorbringen nach für jene Zeiträume, während derer sie aufgrund der (vermeintlichen) Pflichtversicherung nach dem BSVG auch über den 1. Oktober 1977 hinaus Beiträge zur Pensionsversicherung entrichtet hat, die Anerkennung dieser Zeiträume als Formalversicherung an. Sie läßt nach dem Beschwerdevorbingen ausdrücklich unbestritten, daß sie am 16. Juni 1964 eine Anmeldung zur Pflichtversicherung nach dem LZVG erstattet, jedoch eine Abmeldung zum 1. Oktober 1977 (Beginn der Pflichtversicherung nach dem ASVG) nicht erstattet habe.
§ 7 Abs. 1 B-PVG (in Geltung gestanden seit 1. Oktober 1970) bestimmte:
"Hat der Versicherungsträger bei einer nicht der Pflichtversicherung unterliegenden Person auf Grund der bei ihm vorbehaltlos erstatteten, nicht vorsätzlich unrichtigen Anmeldung den Bestand der Pflichtversicherung als gegeben angesehen und für den vermeintlich Pflichtversicherten sechs Monate ununterbrochen die Beiträge unbeanstandet entgegengenommen, so besteht ab dem Kalendermonat, für den erstmals Beiträge entrichtet wurden, eine Formalversicherung. Die Geltung der Ausnahmegründe nach § 3 bleibt unberührt."
§ 12 Abs. 1 BSVG (in Geltung stehend seit 1. Jänner 1979) lautete in der Stammfassung:
"Hat der Versicherungsträger bei einer nicht der Pflichtversicherung unterliegenden Person auf Grund der bei ihm vorbehaltlos erstatteten, nicht vorsätzlich unrichtigen Anmeldung den Bestand der Pflichtversicherung als gegeben angesehen und für den vermeintlich Pflichtversicherten sechs Monate ununterbrochen die Beiträge unbeanstandet angenommen, so besteht ab dem Kalendermonat, für den erstmals Beiträge entrichtet worden sind, eine Formalversicherung. In der Pensionsversicherung bleibt die Geltung der Ausnahmegründe gemäß § 5 unberührt."
Die Beschwerdeführerin führt in ihrer Beschwerde im wesentlichen aus, daß "das Eingehen einer ASVG-Pflichtversicherung" nicht "automatisch das Ausscheiden aus der BSVG-Pflichtversicherung zur Folge" habe, und es "demnach im BSVG keine Bestimmung" gebe, "aufgrund derer eine ASVG-pflichtige Tätigkeit zwingend und automatisch die Abmeldung oder das Ausscheiden aus der BSVG-Pflichtversicherung zur Folge" habe. Die Beschwerdeführerin sei "zum damaligen Zeitpunkt" (gemeint ist der Zeitpunkt des Ausscheidens aus der Pflichtversicherung am 1. Oktober 1977) "nachweislich und aktenkundig persönlich überzeugt" gewesen, ohnehin pflichtversichert zu sein, zumal der Versicherungsträger die von ihr eingezahlten Beiträge unbeanstandet entgegengenommen habe und den Bestand der Pflichtversicherung nach einem vor 1977 durchgeführten gründlichen Verfahren als gegeben angesehen habe. Der Gesetzgeber sei bei der Konzeption des § 7 Abs. 1 B-PVG bzw. § 12 Abs. 1 BSVG davon ausgegangen, daß jemand, der gutgläubig und subjektiv richtig - obgleich objektiv falsch - die Versicherung annimmt und bezahlt, auch versichert sein soll.
Mit diesem Vorbringen bringt die Beschwerdeführerin im wesentlichen zum Ausdruck, daß ein Versicherter, der - gutgläubig - die Fortdauer der Pflichtversicherung annehmen darf (und deshalb keine Abmeldung von der Pflichtversicherung erstattet) in den Genuß der Formalversicherung des § 7 Abs. 1 B-PVG bzw. § 12 Abs. 1 BSVG komme.
Damit ist die Beschwerdeführerin jedoch nicht im Recht.
Wie der Verwaltungsgerichtshof u.a. in seinem Erkenntnis vom 12. Dezember 1985, Zl.85/08/0128, ausgeführt hat, stellt die Bestimmung des § 12 Abs. 1 BSVG (ebenso § 7 Abs. 1 B-PVG) ihrem klaren Wortlaut nach bei der Umschreibung der Tatbestandsvoraussetzungen für den Eintritt von Formalversicherung auf eine Parteihandlung, nämlich die Anmeldung zur Pflichtversicherung ab. Hiedurch unterscheide sich der Inhalt dieser Bestimmungen von der im § 14 Abs. 1 GSVG normierten Regelung, worauf der Verwaltungsgerichtshof in einem Erkenntnis vom 16. Februar 1984, Zlen. 83/08/0170, 0171, hingewiesen und daraus für die gewerbliche Sozialversicherung den Schluß gezogen habe, daß DORT die Umstände bei der Anmeldung zur Versicherung, insbesondere das Bewußtsein des Versicherten, bedeutungslos seien und auch eine unbeanstandete Entgegennahme der Beiträge nach Beendigung der Versicherungspflicht zur Formalversicherung führen könne. Dem Gesetzesbegriff der "nicht vorsätzlich unrichtigen Anmeldung" in § 12 Abs. 1 BSVG (ebenso in § 7 Abs. 1 B-PVG) könne nicht unterstellt werden, er erfasse auch eine Unterlassung der Abmeldung. Während nämlich im ersteren Fall die Anmeldung beim Versicherungsträger eine Ermittlungstätigkeit über Versicherungs- und Beitragspflicht auslösen kann und in der Regel auch auslöst, wird dies bei Unterlassung der Abmeldung gar nicht der Fall sein oder vom bloßen Zufall der Kenntniserlangung abhängen. Der Gesetzgeber habe hier das Anliegen nach Gewährung eines Schutzes von Treu und Glauben im öffentlichen Recht in § 12 Abs. 1 BSVG (ebenso in § 7 Abs. 1 B-PVG) in einer konkreten Regelung in der Weise positiviert, daß dieser Vertrauensschutz (auch) von der Kenntnismöglichkeit der Sozialversicherungsträger, und zwar durch die Anmeldung des Versicherten abhängig gemacht worden sei. Auf die nähere Begründung dieses Erkenntnisses wird gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen.
Der Verwaltungsgerichtshof sieht auch unter dem Blickwinkel des Beschwerdevorbringens keinen Anlaß, von dieser Rechtsauffassung abzugehen.
Da der angefochtene Bescheid schon unter diesem Gesichtspunkt rechtmäßig ist, erübrigt sich die weitere - derzeit nicht abschließend mögliche - Prüfung der Fragen, ob das Vorliegen einer Formalversicherung gemäß § 12 Abs. 1 BSVG ab Inkrafttreten der Novelle BGBl. Nr. 296/1990 auch deshalb ausgeschlossen wäre, weil die Beschwerdeführerin ab diesem Zeitpunkt einer Pflichtversicherung nach einem anderen Bundesgesetz unterlag bzw. ob § 7 Abs. 1 B-PVG (bzw. § 12 Abs. 1 BSVG) auch deshalb nicht anzuwenden wäre, weil auf die Beschwerdeführerin die Ausnahmegründe von der Pflichtversicherung des § 3 B-PVG (bzw. § 5 BSVG) zutreffen.
Da somit bereits die vorliegende Beschwerde erkennen läßt, daß die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war sie ohne weiteres Verfahren gemäß § 35 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1992:1992080244.X00Im RIS seit
11.07.2001Zuletzt aktualisiert am
09.11.2012