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43/01 Wehrrecht allgemein;Norm
WehrG 1990 §36 Abs2 Z1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Baumgartner und die Hofräte Dr. Waldner, Dr. Bernard, Dr. Graf und Dr. Gall als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Lenhart, über die Beschwerde des G in T, vertreten durch Dr. R, Rechtsanwalt in S, gegen den Bescheid des Bundesministers für Landesverteidigung vom 25. Juni 1992, Zl. 536.120/6-2.5/92, betreffend Befreiung von der Präsenzdienstpflicht, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde der Antrag des im Jahre 1963 geborenen Beschwerdeführers vom 3. Juni 1991 auf Befreiung von der Verpflichtung zur Leistung des ordentlichen Präsenzdienstes gemäß § 36 Abs. 2 Z. 2 des Wehrgesetzes 1990 (WG) abgewiesen.
In seiner an den Verwaltungsgerichtshof gerichteten Beschwerde macht der Beschwerdeführer Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend und beantragt die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides. Die belangte Behörde hat eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 36 Abs. 2 Z. 2 WG sind Wehrpflichtige von der Verpflichtung zur Leistung des ordentlichen Präsenzdienstes auf ihren Antrag zu befreien, wenn und solange es besonders rücksichtswürdige wirtschaftliche oder familiäre Interessen erfordern.
Die belangte Behörde anerkannte das Vorliegen von wirtschaftlichen Interessen des Beschwerdeführers an seiner Befreiung, verneinte aber deren besondere Rücksichtswürdigkeit im Sinne des Gesetzes. Sie vertrat den Standpunkt, daß der Beschwerdeführer, der seit 1981 (richtig: 1989) Inhaber eines Taxiunternehmens und seit 1990 Gesellschafter von zwei Gesellschaften ist, diese Tätigkeiten im Wissen um seine Wehrpflicht aufgenommen habe, ohne diese wirtschaftlichen Dispositionen mit seiner Präsenzdienstpflicht zu harmonisieren. Wenn er nun durch die Leistung des Präsenzdienstes in wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten sollte und dadurch in seiner Existenz gefährdet wäre, würde er dies durch seine mangelnde Vorausschau selbst verschuldet haben.
Der Beschwerdeführer bringt dagegen vor, daß er im Jahre 1984 aus öffentlichen Interessen (gemäß § 37 Abs. 2 lit. a WG 1978) von der Präsenzdienstpflicht befreit worden ist. Der diesbezügliche Bescheid sei ihm nicht zugestellt worden. Er habe sich daher bei der belangten Behörde erkundigt, da er "diesbezüglich völlig sichergehen wollte". Daraufhin habe er eine schriftliche Mitteilung des Bundesministeriums für Landesverteidigung erhalten, "daß - wie Sie bereits wissen müßten - Ihre Verpflichtung zur Ableistung des ordentlichen Präsenzdienstes aufgehoben wurde". Er sei daher in der Folge davon überzeugt gewesen, "daß seine Wehrpflicht aufgehoben ist". Erst durch Erhalt eines Einberufungsbefehles am 8. Mai 1991 habe er erfahren, daß die Militärbehörden einen gegenteiligen Standpunkt vertreten. Eine Verletzung der Harmonisierungspflicht könne ihm daher nicht vorgeworfen werden.
Den Verwaltungsakten ist in dieser Hinsicht zu entnehmen, daß dem Beschwerdeführer der Antritt des ordentlichen Präsenzdienstes mit Bescheid der belangten Behörde vom 15. Februar 1982 bis 15. August 1984 aufgeschoben war. Ferner wurde der Beschwerdeführer über Ersuchen seines damaligen Dienstgebers, der Direktion des Salzburger Landestheaters, wegen seiner Tätigkeit als Solotänzer mit Bescheid vom 28. Februar 1984 aus öffentlichen Interessen von der Präsenzdienstpflicht befreit. In dem Begleitschreiben des Bundesministers für Landesverteidigung zu diesem Bescheid an die Direktion des Salzburger Landestheaters wurde darauf hingewiesen, daß dieser Bescheid seine Wirksamkeit verliere, wenn die für die Befreiung maßgebenden Voraussetzungen weggefallen sind. Der Dienstgeber wurde ferner ersucht, dem Beschwerdeführer die Befreiung zur Kenntnis zu bringen sowie den Wegfall des Befreiungsgrundes der belangten Behörde im Sinne des § 37 Abs. 5 WG 1978 bekanntzugeben. Im Verwaltungsakt findet sich ferner eine Ablichtung eines Schreibens der belangten Behörde an den Beschwerdeführer vom 27. März 1984, in dem ihm mitgeteilt wurde, "daß - wie Sie bereits wissen müßten - Ihre Verpflichtung zur Leistung des ordentlichen Präsenzdienstes aufgehoben wurde".
Der Beschwerdeführer erlitt seinen Angaben zufolge im Juni 1985 eine schwere Verletzung, die das Ende seiner Karriere als Ballettänzer nach sich zog. Das Dienstverhältnis zum Salzburger Landestheater endete mit 31. Juli 1986, wie sich aus einem Schreiben der Direktion dieses Theaters an das Militärkommando Salzburg vom 10. April 1991 ergibt. Die belangte Behörde hat der Erstbehörde mit Schreiben vom 19. April 1991 mitgeteilt, daß die für die amtswegige Befreiung mit Bescheid vom 28. Februar 1984 maßgebenden Voraussetzungen weggefallen seien.
Für die Entscheidung über die vorliegende Beschwerde ist es maßgeblich, ob der Beschwerdeführer bei Gründung seines Unternehmens und bei Abschluß der Gesellschaftsverträge wußte oder wissen mußte, daß er präsenzdienstpflichtig ist. Bei Verneinung dieser Frage könnte dem Beschwerdeführer eine Verletzung seiner Harmonisierungspflicht nicht vorgeworfen und die Anerkennung seiner wirtschaftlichen Interessen an seiner Befreiung nicht schon deshalb verweigert werden. Der Beschwerdeführer verneint diese Frage unter Berufung auf das Schreiben der belangten Behörde vom 27. März 1984; darin sei nur davon die Rede gewesen, daß die Präsenzdienstpflicht aufgehoben worden sei; eine Einschränkung dieser Aussage findet sich in dem Schreiben nicht. Die belangte Behörde bejaht hingegen diese Frage, weil dem Beschwerdeführer der Grund für die amtswegige Befreiung bekannt sein mußte und ihm daher nach Wegfall dieses Grundes auch das Ende seiner Befreiung hätte einsichtig sein müssen.
Der Verwaltungsgerichtshof teilt die Auffassung der belangten Behörde. Der Beschwerdeführer wußte darum, daß er wegen seiner Tätigkeit am Theater von der Präsenzdienstpflicht befreit worden ist. Wenn auch nicht im einzelnen festgestellt worden ist, ob der damalige Dienstgeber den Beschwerdeführer ausreichend - dem Begleitschreiben zum Befreiungsbescheid entsprechend - informiert hat, mußte es für ihn jedenfalls klar sein, daß das Ende der Tätigkeit, an der ein öffentliches Interesse im Sinne des Befreiungstatbestandes des WG bekundet wurde, nicht ohne Einfluß auf seine Präsenzdienstpflicht sein kann, m.a.W. daß eine Befreiung aus einem bestimmten Grund nicht auch dann weiterbestehen kann, wenn der Grund hiefür weggefallen ist. Dies hat nichts damit zu tun, daß der Beschwerdeführer ein "juristischer Laie" ist. Der Beschwerdeführer hätte jene Vorsicht, die er bereits im Jahre 1984 an den Tag gelegt hat, nach Beendigung seiner Tätigkeit am Theater wieder walten lassen und Erkundigungen über seinen militärrechtlichen Status einholen müssen. Wenn er daher der unrichtigen Auffassung war, keinen Präsenzdienst mehr leisten zu müssen, so trifft ihn daran ein Verschulden, was zur Folge hat, daß die seiner Präsenzdienstpflicht entgegenstehenden wirtschaftlichen Dispositionen als Verletzung der Harmonisierungspflicht zu werten sind.
Die Beschwerde erweist sich als unbegründet. Sie war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Der Zuspruch von Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1992:1992110199.X00Im RIS seit
15.12.1992