TE Vwgh Erkenntnis 1992/12/15 92/05/0147

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Veröffentlicht am 15.12.1992
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Index

L80004 Raumordnung Raumplanung Flächenwidmung Bebauungsplan
Oberösterreich;
001 Verwaltungsrecht allgemein;
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §56;
B-VG Art18 Abs2;
ROG OÖ 1972 §20 Abs2 Z1;
VwGG §34 Abs1;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Draxler und die Hofräte DDr. Hauer, Dr. Degischer, Dr. Giendl und Dr. Kail als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Werner, in der Beschwerdesache des R in I, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in I, gegen den Gemeinderat der Stadtgemeinde Braunau am Inn wegen Verletzung der Entscheidungspflicht mangels Erledigung eines Devolutionsantrages in Bauangelegenheiten,

Spruch

I) zu Recht erkannt:

In Anwendung des § 42 Abs. 4 VwGG in Verbindung mit § 73 AVG wird der Antrag des Beschwerdeführers vom 24. November 1989 gemäß § 45 Abs. 2 der O.ö. Bauordnung insoweit zurückgewiesen, als mit ihm die Feststellung begehrt wird, daß eine Bauplatzbewilligung für die Grundstücke n1, n2 und n3 gegeben sei.

Die Stadtgemeinde Braunau am Inn hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 11.120,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

II) den Beschluß gefaßt:

Die Beschwerde wird, soweit der Beschwerdeführer eine Änderung des Bebauungsplanes der Stadtgemeinde Braunau am Inn beantragt, zurückgewiesen.

Begründung

I.

In seinem an das Bauamt Braunau gerichteten Ansuchen vom 24. November 1989 um Erteilung einer baubehördlichen Bewilligung hat der Beschwerdeführer "gebeten, die gegebene Bau- und Bauplatzbewilligung aufrechtzuerhalten bzw. zu verlängern und die Vereinigung der Bauparzellen in einer Einlagezahl zu stunden bzw. nachzusehen". Weiters führte der Beschwerdeführer aus, sollten Zweifel an der Bauplatzeigenschaft gegeben sein, so beantrage er die Feststellung, daß eine Bauplatzbewilligung zum vorliegenden Bauvorhaben gegeben sei. Zu diesem Antrag nahm der Bürgermeister als Baubehörde erster Instanz zwar Stellung, eine Entscheidung über diesen Antrag erfolgte jedoch nicht. Mit Schreiben vom 11. November 1990, gerichtet an den Gemeinderat, rügte der Beschwerdeführer, daß es die Baubehörde erster Instanz unterlassen habe, über den Antrag auf Feststellung, daß eine Bauplatzbewilligung, soweit überhaupt notwendig, zum vorliegenden Bauvorhaben gegeben sei, eine Entscheidung zu treffen. Ausdrücklich stellte er in diesem Devolutionsantrag das Begehren auf bescheidmäßige Erledigung. Da auch der Gemeinderat keine Entscheidung fällte, erhob der Beschwerdeführer Säumnisbeschwerde an den Verwaltungsgerichtshof.

Mit Verfügung vom 20. Juli 1992 leitete der Verwaltungsgerichtshof gemäß § 35 Abs. 3 VwGG das Vorverfahren ein und stellte der belangten Behörde die Beschwerde mit dem Auftrag zu, gemäß § 36 Abs. 2 VwGG innerhalb der Frist von drei Monaten den versäumten Bescheid zu erlassen und eine Abschrift des Bescheides dem Verwaltungsgerichtshof vorzulegen oder anzugeben, warum eine Verletzung der Entscheidungspflicht nicht vorliegt, und dazu gemäß § 36 Abs. 1 VwGG die Akten des Verwaltungsverfahrens vorzulegen. Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und vertrat die Auffassung, daß die unklare Antragstellung die Baubehörde nach mehrfacher Korrespondenz letztendlich veranlaßt habe, den Beschwerdeführer mit einem Schreiben vom 10. Mai 1990 zur Präzisierung seines Ansuchens aufzufordern (vgl. in dieser Hinsicht die Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes vom heutigen Tag zur Zl. 92/05/0103). Zu dem eingebrachten Devolutionsantrag nahm die belangte Behörde nicht Stellung. Ihre Ausführungen lassen jedoch erkennen, daß der Beschwerdeführer ihrer Meinung nach das Vorliegen einer Bauplatzbewilligung "einfach unterstellt" und dem Umfang nach und auch hinsichtlich der betroffenen Grundstücke verschiedene Bauvorhaben vermengt habe.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Verwaltungsgerichtshof hatte zunächst zu prüfen, ob die erhobene Säumnisbeschwerde überhaupt zulässig ist. In seinem Beschluß eines verstärkten Senates vom 15. Dezember 1977, Slg. N.F. Nr. 9458/A, hat der Gerichtshof klargestellt, daß jede Partei des Verwaltungsverfahrens Anspruch auf Erlassung eines Bescheides hat, wenn ein Antrag oder eine Berufung offen ist. Dieser Anspruch ist auch dann gegeben, so führte der Gerichtshof damals aus, wenn die Voraussetzungen für die Zurückweisung des Antrages oder der Berufung vorliegen. In diesem Fall hat die Partei den Anspruch auf Erlassung eines Bescheides betreffend die Zurückweisung ihres Antrages. Im vorliegenden Fall hat der Beschwerdeführer mit dem genannten Antrag jedenfalls ausreichend klar zum Ausdruck gebracht, daß er eine Feststellung dahingehend begehrt, daß bereits eine Bauplatzbewilligung vorliege, wobei er in diesem Zusammenhang auf früher durchgeführte Baubewilligungsverfahren verwies. Da dem Beschwerdeführer sowohl im Baubewilligungsverfahren als auch im Bauplatzbewilligungsverfahren als Antragsteller Parteistellung zukommt, wäre die Baubehörde jedenfalls verpflichtet gewesen, über seinen Antrag zu entscheiden. Da der Bürgermeister als Baubehörde erster Instanz eine solche Entscheidung nicht getroffen hat, hat der Beschwerdeführer zu Recht einen Devolutionsantrag an den Gemeinderat als die sachlich in Betracht kommende Oberbehörde im Sinne des § 73 AVG gerichtet. Mangels Erledigung des Devolutionsantrages erweist sich die erhobene Säumnisbeschwerde als zulässig.

Inhaltlich war jedoch der Antrag des Beschwerdeführers vom 24. November 1989 aus nachstehenden Erwägungen als unzulässig zurückzuweisen.

Ist für die Erteilung einer Baubewilligung eine Bauplatzbewilligung Voraussetzung, liegt aber eine rechtswirksame Bauplatzbewilligung nicht vor und ist auch kein Bauplatzbewilligungsverfahren anhängig, so hat die Baubehörde nach § 45 Abs. 2 der O.ö. Bauordnung (BO) den Bauwerber schriftlich aufzufordern, innerhalb einer angemessen festzusetzenden Frist um die Bauplatzbewilligung anzusuchen. Bringt der Bauwerber innerhalb der festgesetzten Frist ein Bauplatzbewilligungsansuchen nicht ein, so hat die Baubehörde das Baubewilligungsansuchen zurückzuweisen.

Diese Regelung läßt erkennen, daß die Baubehörde im Rahmen des Baubewilligungsverfahrens die Frage zu prüfen hat, ob eine Bauplatzbewilligung vorliegt, widrigenfalls sie den Bauwerber aufzufordern hat, um eine solche Bewilligung anzusuchen. Für die Erlassung eines Feststellungsbescheides im Sinne des Vorbringens des Beschwerdeführers bleibt bei einer solchen Rechtslage kein Raum. Der dennoch gestellte Antrag auf Erlassung eines diesbezüglichen Feststellungsbescheides ist daher als unzulässig zurückzuweisen.

Im übrigen ist die Baubehörde entsprechend der Bestimmung des § 45 Abs. 2 BO vorgegangen, wie in dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom heutigen Tag zur Zl. 92/05/0103, festgestellt worden ist.

Der Zuspruch von Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff. VwGG und die Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.

II.

Mit Eingabe vom 28. November 1989 beantragte der Beschwerdeführer beim Stadtamt Braunau am Inn die "richtige Verzeichnung des Bauplatzes im amtlichen Bebauungsplan". Mit diesem Antrag wollte der Beschwerdeführer offensichtlich die Ausweisung eines Bauplatzes im Sinne seiner Vorstellungen nach § 20 Abs. 2 Z. 1 des O.ö. Raumordnungsgesetzes (ROG) im Bebauungsplan der Stadtgemeinde Braunau am Inn erreichen.

Mit Schreiben vom 28. September 1990 teilte der Bürgermeister dem Beschwerdeführer mit, daß Flächenwidmungs- und Bebauungspläne Verordnungen seien, die im eigenen Wirkungsbereich der Gemeinde erlassen werden. Nach den Bestimmungen des O.ö. Raumordnungsgesetzes könnten somit keine Bescheide ausgestellt werden. Eine bescheidmäßige Erledigung könne nur im Zuge einer Bauplatzbewilligung bzw. Baubewilligung erfolgen.

In seinem schon unter I. erwähnten Schreiben vom 11. November 1990 rügte der Beschwerdeführer auch, daß auf seinen Antrag auf Ausweisung des Bauplatzes im amtlichen Bebauungsplan noch nicht entschieden worden sei und begehrte auch diesbezüglich die Entscheidung durch den Gemeinderat als sachlich in Betracht kommende Oberbehörde. Auch bezüglich dieses Antrages begehrte er in seiner Säumnisbeschwerde an den Verwaltungsgerichtshof, in der Sache selbst zu erkennen und bestimmte Feststellungen zu treffen.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes steht auf die Erlassung oder Abänderung eines Raumordnungsplanes niemandem ein Rechtsanspruch zu (vgl. etwa die Entscheidungen vom 17. Jänner 1984, Zl. 83/05/0123, BauSlg. Nr. 171, vom 21. März 1985, Zl. 83/06/0130, BauSlg. Nr. 412, u.a.). So hat der Verwaltungsgerichtshof in seinem Beschluß vom 10. Februar 1976, Slg. N.F. Nr. 8987/A, ausgeführt, daß ein Recht auf Mitwirkung an der Erzeugung eines derartigen generellen Verwaltungsaktes nach den Grundsätzen der österreichischen Rechtsordnung auch jenen Personen nicht zusteht, die von einem derartigen Verwaltungsakt möglicherweise betroffen werden, wie auch ein auf Verwaltungsebene verfolgbarer Anspruch auf Erlassung solcher Akte nicht bestehe. In einem solchen Fall besteht kein Rechtsanspruch auf Erlassung eines Bescheides. Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers bestand daher weder eine Verpflichtung, auf Grund seines Antrages einen Bescheid zu erlassen, noch eine Verpflichtung, über den Devolutionsantrag abzusprechen. Die dennoch erhobene Säumnisbeschwerde war sohin insoweit mangels Verletzung eines Rechtes des Beschwerdeführers als unzulässig zurückzuweisen.

Im übrigen ist zu dem Beschwerdevorbringen noch zu bemerken, daß nach § 20 Abs. 2 Z. 1 ROG keine Verpflichtung besteht, Bauplätze im Bebauungsplan auszuweisen, sodaß aus diesem Grunde verfassungsrechtliche Bedenken gegen den hier maßgeblichen Bebauungsplan nicht bestehen. Schließlich wurde in dem Bebauungsplan im Hinblick auf die gegebene Bebauung zutreffend die geschlossene Bauweise festgesetzt, und zwar sowohl im Bebauungsplan aus dem Jahre 1975 als auch in dem derzeit geltenden Bebauungsplan aus dem Jahre 1988, wie die vorgelegten Unterlagen zeigen.

Zu den weiteren Ausführungen in der Beschwerde wird auf die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom heutigen Tag zu den Zln. 92/05/0039 und 92/05/0103 verwiesen.

Schlagworte

Anspruch auf bescheidmäßige Erledigung und auf Zustellung, Recht der Behörde zur Bescheiderlassung konstitutive Bescheide Offenbare Unzuständigkeit des VwGH Mangelnder Bescheidcharakter Verordnungen

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1992:1992050147.X00

Im RIS seit

11.07.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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