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L70706 Theater Veranstaltung Steiermark;Norm
AVG §66 Abs4;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Großmann und die Hofräte Dr. Dorner, Dr. Kremla, Dr. Steiner und Dr. Mizner als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Lammer, über die Beschwerde des Dr. A als Umweltanwalt des Landes Steiermark in Graz, Stempfergasse 7, gegen den Bescheid der Steiermärkischen Landesregierung vom 6. 11. 1991, Zl. 2-398/I O 9-91/6, betreffend Betriebsstättengenehmigung nach dem Steiermärkischen Veranstaltungsgesetz (mP: XY-Gesellschaft m.b.H. in X, vertreten durch Dr. P, Rechtsanwalt in G), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Land Steiermark Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- und der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von S 11.480,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit rechtskräftigem Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Knittelfeld (BH) vom 20. Oktober 1986 wurde die bereits mit ihrem Bescheid vom 11. Juli 1977 nach den Bestimmungen des Steiermärkischen Veranstaltungsgesetzes, LGBl. Nr. 192/1969 (VG), genehmigte Betriebsstätte Österreichring der mitbeteiligten Partei (MP) in den Gemeindegebieten Flatschach und Spielberg nach Überprüfung für den Betrieb von sportlichen und anderen Veranstaltungen gemäß § 24 VG weiterhin genehmigt. Gleichzeitig wurde die Beachtung und Einhaltung der bereits bisher bescheidmäßig angeordneten Vorschreibungen verfügt und wurden zusätzlich folgende Auflagen zur Hintanhaltung von unzumutbaren Lärmbelästigungen festgesetzt:
"1)
Als Betriebszeit für die Benützung der Rennstrecke wird festgelegt: Täglich von 08.30 Uhr bis 12.30 Uhr und 14.00 Uhr bis 18.00 Uhr. Ausnahme: Jährlich
8 Veranstaltungen mit Unterschreitung der Mittagszeit.
2)
Die Fahrzeuge der Rennfahrerschule müssen ab der Saison 1987 mit einem herkömmlichen, behördlich genehmigten Auspuff ausgestattet sein.
3)
Außer den Betriebszeiten sind lärmbelästigende Tätigkeiten, wie z.B. Motorenreparaturen, Probefahrten usw. verboten."
Weitere Vorschreibungen "aus dem Ansuchen der Anrainer" zur Hintanhaltung von unzumutbaren Lärmbelästigungen wurden aus wirtschaftlichen Interessen abgewiesen.
Mit Bescheid vom 18. April 1991 schränkte die BH gemäß § 25 Abs. 3 in Verbindung mit § 22 Abs. 1 Z. 1 lit. b VG die Betriebsstättengenehmigung wie folgt ein:
"1)
Veranstaltungen mit einer Lärmexposition von 90 dB oder mehr dürfen nur an 51 Stunden oder 6 Betriebstagen im Jahr erfolgen. Dabei muß gewährleistet sein, daß diese Betriebstage nicht an aufeinanderfolgenden Wochenenden stattfinden.
2)
Die Konsensinhaberin hat bis zum 31. 12. 1991 täglich Lärmmessungen mit einem Lärmmeßgerät, welches die Werte über die gesamte Betriebszeit aufzeichnet, durchzuführen. Die aufgezeichneten Meßergebnisse sind der Behörde unter Angabe des Meßstandortes vorzulegen. Darüber hinaus ist eine tägliche Zuordnung der Lärmquellen vorzunehmen."
Der gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung der MP gab die belangte Behörde mit ihrem Bescheid vom 6. November 1991 gemäß § 66 Abs. 4 AVG Folge und behob den erstinstanzlichen Bescheid.
In der gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde - aus dem Beschwerdevorbringen ist erkennbar, daß der Beschwerdeführer den Bescheid nur insoweit bekämpft, als mit ihm Punkt 1) des erstinstanzlichen Bescheides aufgehoben wurde - wendet sich der Beschwerdeführer insbesondere gegen die Auffassung der belangten Behörde, die von der BH getroffene Verfügung fände in § 25 Abs. 3 VG keine Deckung. Ebensowenig könne der im angefochtenen Bescheid vertretenen Ansicht, einschränkende Vorschreibungen dürften nur im Rahmen einer Revision gemäß § 24 VG auferlegt werden, gefolgt werden.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 6 Abs. 2 des Steiermärkischen Gesetzes über Einrichtungen zum Schutze der Umwelt, LGBl. Nr. 78/1988 (UG), hat in behördlichen Verfahren im Vollziehungsbereich des Landes, die auch eine Vermeidung einer erheblichen und dauernden Beeinträchtigung von Menschen und der Umwelt zum Gegenstand haben, der Umweltanwalt Parteistellung im Sinne des § 8 AVG 1950 sowie das Recht, gegen den das Verfahren abschließenden Bescheid Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof zu erheben.
Zunächst war im Beschwerdefall zu prüfen, ob im Hinblick auf Abs. 2 des mit "Inkrafttreten und Übergangsbestimmungen" betitelten III. Abschnittes des UG, demzufolge das Gesetz auf Vorhaben keine Anwendung findet, für die vor Inkrafttreten dieses Gesetzes (am 1. November 1988) bereits eine Bewilligung beantragt oder erteilt wurde, die gegenständliche, bereits vor Inkrafttreten dieses Gesetzes veranstaltungsrechtlich genehmigte Betriebsstätte überhaupt in den Anwendungsbereich des UG fällt. Hiebei ergibt sich, daß der Betrieb und die Anlagen der Betriebsstätte Österreichring bereits mit dem Bescheid der BH vom 11. Juli 1977 veranstaltungsrechtlich genehmigt wurden. Eine Ausweitung des Genehmigungsumfanges wurde mit dem Bescheid der BH vom 20. Oktober 1986 insoweit vorgenommen, als Erweiterungen der Zuschauer- und Boxenanlagen ebenfalls die veranstaltungsrechtliche Genehmigung erteilt wurde. Gegenstand des mit dem angefochtenen Bescheid abgeschlossenen Verfahrens war somit zwar wohl das bereits vor Inkrafttreten des UG veranstaltungsrechtlich genehmigte Vorhaben der MP, doch wurde mit dem dem angefochtenen Bescheid zugrundeliegenden erstinstanzlichen Bescheid das "Vorhaben" - nämlich der Betrieb der Rennstrecke - in Ansehung bestimmter (lärmintensiver) Veranstaltungen in zeitlicher Hinsicht umfänglich eingeschränkt. Diese Einschränkung stellt eine Abänderung des bereits vor Inkrafttreten des UG genehmigten Vorhabens dar, sodaß es sich im Hinblick auf die verfügte Abänderung nicht mehr um jenes Vorhaben (im Sinne der zuletzt zitierten Vorschrift) handelt, für das bereits vor Inkrafttreten des Gesetzes die Bewiligung erteilt war. Demgemäß war der Beschwerdeführer befugt, von seinem Beschwerderecht Gebrauch zu machen.
Die BH hat ihren Bescheid vom 18. April 1991 auf § 25 Abs. 3 VG gestützt. Gemäß dieser Gesetzesstelle ist die Genehmigung zurückzunehmen oder einzuschränken, wenn die Betriebsstätte ihre Eignung ganz oder teilweise verloren hat. Die Eignung einer Betriebsstätte liegt gemäß § 22 Abs. 1 VG dann vor, wenn ortsfeste Betriebsstätten (Räume, ortsfeste Anlagen und Einrichtungen) durch ihre Lage, Beschaffenheit, bauliche Gestaltung und Ausstattung Gewähr u.a. (lit. b) dafür bieten, daß der Veranstaltungsbetrieb die Nachbarschaft nicht durch störenden Lärm ungebührlich belästigt. Die BH hat ihrer Entscheidung von ihr in Auftrag gegebene Gutachten eines lärmtechnischen Sachverständigen und eines ärztlichen Amtssachverständigen zugrunde gelegt, in denen ausgehend von Schallmeßbefunden die in der Nachbarschaft des Österreichringes auftretenden Lärmimmissionen als die Zumutbarkeitsgrenze übersteigend erachtet und eine auf Lärmbelästigung zurückzuführende Gesundheitsgefährdung nicht ausgeschlossen wurde. Durch diese Gutachten wird aber in keiner Weise zum Ausdruck gebracht, daß die festgestellten Lärmbelästigungen etwa auf bauliche Veränderungen der Betriebsstätte oder auf sonstige, die Eignung derselben im Sinne des § 22 Abs. 1 VG ausschließende Maßnahmen zurückzuführen seien. Der Verlust der Eignung würde zufolge des Wortlautes des § 22 Abs. 1 VG voraussetzen, daß die Betriebsstätte - im Gegensatz zur Situation im Zeitpunkt der Erteilung der veranstaltungsrechtlichen Genehmigung - nicht mehr die Gewähr insbesondere dafür böte, daß der Veranstaltungsbetrieb die Nachbarschaft nicht durch störenden Lärm ungebührlich belästigen würde. Daß ein solcher Sachverhalt vorläge, ist nicht ersichtlich und wird auch vom Beschwerdeführer nicht behauptet. Unter diesen Gegebenheiten kann der belangten Behörde aber nicht entgegengetreten werden, wenn sie unter Bedachtnahme auf die Rechtskraft der der MP zur Vermeidung ungebührlicher Belästigungen durch störenden Lärm erteilten Auflagen die festgestellten Lärmimmissionen allein nicht als Umstand gewertet hat, daß die Betriebsstätte ihre Eignung (für die Durchführung von Motorsportversanstaltungen) auch nur teilweise verloren hätte.
Soweit der Beschwerdeführer eine Unrichtigkeit des angefochtenen Bescheides und ein Indiz für die Rechtmäßigkeit des Punktes 1) des erstinstanzlichen Bescheides darin erblickt, daß entgegen der in der Bescheidbegründung wiedergegebenen Ansicht der belangten Behörde die Vorschreibung weiterer Auflagen im Rahmen einer periodischen Überprüfung von Betriebsstätten gemäß § 24 VG lediglich für die Herstellung der Betriebssicherheit, nicht aber für Abhilfe gegen Lärmbelästigungen zulässig sei, ist ihm entgegenzuhalten, daß die Einschränkung einer rechtskräftig erteilten Genehmigung nicht allein deshalb als zulässig angesehen werden kann, weil eine Abhilfe gegen negative Auswirkungen einer Betriebsstätte mit dem im VG sonst vorgesehenen rechtlichen Instrumentarium nicht erzielbar erscheint.
Wohl ist dem Beschwerdeführer darin zuzustimmen, daß die Verwendung des Ausdruckes "unzumutbare Belästigung" im erstinstanzlichen Bescheid anstelle der im Gesetz vorgesehenen Wendung "durch störenden Lärm ungebührlich belästigt" für sich allein keinen Grund für dessen Aufhebung hätte darstellen können. Diese Rüge des Beschwerdeführers geht aber deshalb ins Leere, weil die belangte Behörde die unrichtige Verwendung des angeführten Ausdruckes durch die BH zwar aufgezeigt, nicht aber zu einem tragenden Begründungselement des angefochtenen Bescheides erhoben hat.
Die sich sohin als unbegründet erweisende Beschwerde war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.
Schlagworte
Maßgebende Rechtslage maßgebender Sachverhalt Beachtung einer Änderung der Rechtslage sowie neuer Tatsachen und BeweiseZurückweisung wegen entschiedener SacheRechtskraft Umfang der Rechtskraftwirkung Allgemein Bindung der BehördeEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1992:1991010205.X00Im RIS seit
26.11.2001Zuletzt aktualisiert am
16.02.2010