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10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
AVG §10 Abs1 impl;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Großmann und die Hofräte Dr. Dorner, Dr. Kremla, Dr. Steiner und Dr. Mizner als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Lammer, über die Beschwerde des Dr. W, Rechtsanwalt in B, gegen den Bescheid des Ausschusses der Rechtsanwaltskammer Niederösterreich vom 22. Oktober 1992, Zl. VS 686/92, betreffend Bestellung zum Verteidiger, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Der beschwerdeführende Rechtsanwalt wurde mit Bescheid einer Abteilung des Ausschusses der belangten Rechtsanwaltskammer vom 28. September 1992 gemäß § 45 Abs. 1 RAO in Verbindung mit § 41 Abs. 2 StPO zum Verteidiger des Erich P. bestellt. Der gegen diesen Bescheid vom Beschwerdeführer erhobenen Vorstellung gab der Ausschuß der belangten Rechtsanwaltskammer mit Bescheid vom 22. Oktober 1992 keine Folge. In der Begründung dieses Bescheides vertrat die belangte Behörde die Auffassung, der Beschwerdeführer habe keine Gründe angegeben, die nach dem Gesetz eine Aufhebung der Verteidigerbestellung rechtfertigen würden. Er behaupte lediglich, daß er den Austritt aus der Rechtsanwaltskammer erklärt habe. Eine solche Erklärung sei aber nicht rechtswirksam, da sie mit den Bestimmungen der RAO, insbesondere der §§ 1 bis 8 und 22, im Widerspruch stehe. Der Beschwerdeführer sei demnach weiterhin in der von der belangten Rechtsanwaltskammer geführten Liste der Rechtsanwälte eingetragen; dies sei nach den eindeutigen Bestimmungen der RAO die Voraussetzung für seine Berechtigung, als Rechtsanwalt tätig zu sein. Während der Dauer der Berufsausübung sei ein "Austritt" aus der Rechtsanwaltskammer nicht möglich und im Gesetz nicht vorgesehen.
Gegen diesen Bescheid wendet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:
Der Beschwerdeführer vertritt die Auffassung, im Hinblick auf seinen am 18. Mai 1992 erklärten Austritt aus der Rechtsanwaltskammer aus wichtigen Gründen gehöre er nicht zum Kreis der "der betreffenden Kammer angehörenden Rechtsanwälte" im Sinne des § 46 RAO; er dürfe daher nicht nach § 45 Abs. 1 RAO in Verbindung mit § 41 Abs. 2 StPO zum Verteidiger bestellt werden. Insbesondere schließe § 22 RAO nicht aus, daß ein Rechtsanwalt einen rechtswirksamen Austritt aus der Rechtsanwaltskammer derart erkläre, daß er sich ausschließlich der Disziplinargewalt der Rechtsanwaltskammer unterwerfe und im übrigen "keine Rechte und Pflichten in der Kammer" habe. Er habe der Kammer gegenüber klargestellt, daß er mit seinem Austritt nicht auf die Ausübung der Rechtsanwaltschaft verzichtet habe.
Diesen Darlegungen ist entgegenzuhalten, daß die Vorschriften der RAO die PFLICHTMITGLIEDSCHAFT der Rechtsanwälte in jener Rechtsanwaltskammer, in deren Sprengel der jeweilige Rechtsanwalt seinen Kanzleisitz hat, normieren. Dies folgt schon aus § 1 Abs. 1 in Verbindung mit § 5 Abs. 1 RAO, wonach die Ausübung der Rechtsanwaltschaft (neben den in § 1 Abs. 2 leg. cit. genannten Erfordernissen) die Eintragung in die Liste der Rechtsanwälte voraussetzt, im Zusammenhalt mit § 22 Abs. 1 RAO, wonach die Rechtsanwaltskammern DURCH SÄMTLICHE IN DIE LISTE EINGETRAGENEN RECHTSANWÄLTE, welche in dem derzeit bestehenden Sprengel der Kammer ihren Kanzleisitz haben, gebildet werden. Daraus folgt, daß die eine Voraussetzung der Ausübung der Rechtsanwaltschaft darstellende Eintragung in die Liste der Rechtsanwälte ex lege die Mitgliedschaft in der jeweiligen Rechtsanwaltskammer nach sich zieht. Eine Beschränkung der Mitgliedschaft auf bestimmte Rechte und Pflichten ist dem Gesetz fremd. Eine Beendigung der Mitgliedschaft kommt nur in Verbindung mit der "Erlöschung der Rechtsanwaltschaft" in den in § 34 RAO aufgezählten Fällen in Betracht. Einer der dort aufgezählten Fälle liegt hier jedoch nicht vor; insbesondere hat der Beschwerdeführer klargestellt, daß seine Erklärung des "Austrittes aus der Kammer" nicht als Verzichtsleistung auf die Ausübung der Rechtsanwaltschaft (vgl. § 34 Abs. 1 lit. d RAO) aufzufassen war. Die Erklärung des Beschwerdeführers, aus der Rechtsanwaltskammer auszutreten, war im Beschwerdefall somit ohne rechtliche Wirkung; sie vermag daher nichts daran zu ändern, daß der Beschwerdeführer ein "der betreffenden Kammer angehörender Rechtsanwalt" im Sinne des § 46 Abs. 1 RAO ist, der von der belangten Rechtsanwaltskammer dem Gesetz (§ 45 Abs. 1 RAO) entsprechend zum Vertreter bestellt werden durfte.
Da somit schon der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt, daß die behaupteten Rechtsverletzungen nicht vorliegen, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen. Damit erübrigte sich eine Entscheidung über den zur Zl. 92/01/0273 protokollierten Antrag, der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1992:1992011042.X00Im RIS seit
16.12.1992