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20/01 Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch (ABGB);Norm
ABGB §2;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Baumgartner und die Hofräte Dr. Stoll und Dr. Baumann als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Strohmaier, über die Beschwerde des F in W, vertreten durch Dr. F, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom 20. Mai 1992, Zl. UVS-03/31/675/92, betreffend Übertretungen der Straßenverkehrsordnung 1960, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird, soweit er die Übertretung nach § 38 Abs. 1 StVO betrifft, einschließlich der damit verbundenen Vorschreibung von Verfahrenskostenbeiträgen wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Im übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.
Die Bundeshauptstadt (Land) Wien hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 11.480,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, er habe an jeweils bestimmten Orten in Wien am 1. März 1991 um 01.30 Uhr als Lenker eines Kraftfahrzeuges 1.) das Gelblicht der Verkehrslichtsignalanlage nicht beachtet, sondern sei in die Kreuzung eingefahren, 2.) die durch Verbotszeichen kundgemachte zulässige Höchstgeschwindigkeit von 60 km/h erheblich überschritten, 3.) sich um 01.40 Uhr geweigert, seine Atemluft von einem besonders geschulten und von der Behörde hiezu ermächtigten Organ der Straßenaufsicht auf Alkohol messen zu lassen, obwohl vermutet habe werden können, daß er das Kraftfahrzeug in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand gelenkt habe. Der Beschwerdeführer haben hiedurch Verwaltungsübertretungen zu 1.) nach § 38 Abs. 1, zu 2.) nach § 52 Z. 10a, zu 3.) nach § 99 Abs. 1 lit. b i.V.m. § 5 Abs. 2 und 2a lit. b StVO begangen. Es wurden Geldstrafen (Ersatzfreiheitsstrafen) verhängt.
Hiegegen richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:
1.) Zur Übertretung nach § 38 Abs. 1 StVO:..... Gemäß § 38 Abs. 1 StVO gilt gelbes, nicht blinkendes Licht als Zeichen für "Halt". Bei diesem Zeichen haben die Lenker
herannahender Fahrzeuge ..., wenn eine Haltelinie vorhanden ist, vor der Haltelinie anzuhalten (lit. a). Gemäß § 38 Abs. 2 zweiter Satz StVO haben Fahrzeuglenker, denen ein sicheres Anhalten nach Abs. 1 nicht mehr möglich ist, weiterzufahren.
Beim Aufleuchten des gelben Lichtes besteht somit nicht unter allen Umständen die Pflicht, das Fahrzeug anzuhalten; vielmehr darf in jenen Fällen, in denen ein Anhalten nicht mehr möglich ist, die Kreuzung noch durchfahren werden (vgl. das hg. Erkenntnis vom 29. August 1990, Zl. 90/02/0068). Jene Tatumstände, die dem zweiten Satz des § 38 Abs. 2 StVO entsprechen, müssen zwar keine Aufnahme in den Spruch im Sinne des § 44a Z. 1 VStG finden; dies entbindet die Behörde aber nicht von ihrer diesbezüglichen Begründungspflicht (vgl. das hg. Erkenntnis vom 22. März 1991, Zl. 86/18/0232).
Im angefochtenen Bescheid fehlt nunmehr sowohl die Angabe der vor der gegenständlichen Kreuzung vom Beschwerdeführer eingehaltenen Fahrgeschwindigkeit, als auch die Angabe der Entfernung des Kraftfahrzeuges des Beschwerdeführers von der Kreuzung zur Zeit des Aufleuchtens des gelben, nicht blinkenden Lichtes; geschweige denn finden sich Ausführungen über den Anhalteweg (vgl. neuerlich das eben zitierte Erkenntnis vom 22. März 1991 sowie demgegenüber die Sachverhaltsfeststellungen im zuvor zitierten Erkenntnis vom 29. August 1990). Daß der Meldungsleger den Streifenkraftwagen wegen Gelblichtes gerade anhielt, als der Beschwerdeführer zügig am Streifenkraftwagen vorbei- und in die Kreuzung einfuhr, stellt keine ausreichende Begründung dar. Auch mit ihren Ausführungen, ein Fahrzeuglenker dürfe sich einer Kreuzung eben nicht so schnell nähern, daß ihm ein rechtzeitiges Anhalten vor der Kreuzung nicht mehr möglich sei, nimmt die belangte Behörde auf die Bestimmung des § 38 Abs. 2 zweiter Satz StVO nicht hinreichend Bedacht; die Einhaltung einer überhöhten Fahrgeschwindigkeit stellt eine andere Verwaltungsübertretung dar.
Der angefochtene Bescheid erweist sich daher in diesem Punkt als mit einem Begründungsmangel behaftet.
Bemerkt sei, daß der Meldungsleger bei seiner Vernehmung durch die belangte Behörde nicht abschätzen konnte, mit welcher Geschwindigkeit der Beschwerdeführer am Streifenkraftwagen vorbeifuhr. Er konnte sich auch nicht mehr erinnern, ob er den Streifenkraftwagen bereits bei Grünblinken oder bei Gelblicht an der Kreuzung angehalten hat, oder in welcher Phase des Gelblichtes der Beschwerdeführer in die Kreuzung eingefahren ist. Auch sein Beifahrer konnte nicht genau angeben, wie weit vor der Haltelinie das Kraftfahrzeug des Beschwerdeführers bei Aufleuchten des Gelblichtes war.
2.) Zur Übertretung nach § 52 Z. 10a StVO:
Den Beschwerdeausführungen über die "Erheblichkeit" einer Geschwindigkeitsüberschreitung und das Fehlen diesbezüglicher Feststellungen ist im Hinblick auf die ständige Rechtsprechung des Gerichtshofes zu entgegnen, daß das von der belangten Behörde in den Spruch eingefügte Wort "erheblich" überflüssig ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom 19. Dezember 1990, Zl. 90/02/0156). Abgesehen davon hat die belangte Behörde ohnedies festgestellt, daß der Beschwerdeführer mit seinem Pkw während der Verfolgung vorübergehend eine Geschwindigkeit von etwa 100 km/h erreichte. Durch jedes auch nur geringfügige Überschreiten der durch Straßenverkehrszeichen erlaubten Höchstgeschwindigkeit wird aber das Tatbild nach § 52 Z. 10a StVO verwirklicht. Durch die entbehrliche Aufnahme des Wortes "erheblich" in den Bescheidspruch wurde der Beschwerdeführer in keinem Recht verletzt (vgl. das hg. Erkenntnis vom 22. April 1992, Zl. 91/03/0099).
Der Beischaffung von Ampelphasenplänen zum Beweis dafür, daß bei einer (durchgehenden) Fahrgeschwindigkeit von 100 km/h ein Überfahren der folgenden Kreuzungen bei Grünlicht nicht möglich gewesen wäre, bedurfte es schon deshalb nicht, weil die belangte Behörde lediglich das vorübergehende Erreichen einer Spitzengeschwindigkeit von etwa 100 km/h als erwiesen annahm. Im übrigen steht keineswegs fest, daß der Beschwerdeführer die folgenden Kreuzungen bei Grünlicht überquerte bzw. in welchem Teil der Grünphase dies allenfalls geschah. Auch durch die Beischaffung von Ampelphasenplänen hätte daher nicht bewiesen werden können, daß der Beschwerdeführer die zulässige Höchstgeschwindigkeit von 60 km/h nicht überschritten hat. Wenn die belangte Behörde im Beschwerdefall ein solche Überschreitung annahm, so war dies nicht rechtswidrig, weil das Nachfahren mit dem Dienstfahrzeug und das Ablesen der Geschwindigkeit von dessen Tachometer nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes grundsätzlich ein taugliches und zulässiges Beweismittel zur Feststellung einer von einem Fahrzeug eingehaltenen Fahrgeschwindigkeit ist (vgl. etwa das bereits zitierte Erkenntnis vom 22. April 1992, Zl. 91/03/0099).
3.) Zur Übertretung nach § 99 Abs. 1 lit. b i.V.m. § 5 Abs. 2 StVO:
Der Beschwerdeführer rügt, in den Sachverhaltsfeststellungen der belangten Behörde finde sich zur Frage der Deutlichkeit der Aufforderung zur Atemluftprobe und zur Frage, ob er auf die Folgen einer Verweigerung aufmerksam gemacht wurde, nichts. Er vermißt Feststellungen über den ungefähren Wortlaut und Verlauf des Gespräches zwischen dem Meldungsleger und ihm.
Der angefochtene Bescheid enthält die Feststellung, der Meldungsleger habe den Beschwerdeführer aufgefordert, sich zum Kommissariat mitzubegeben und sich einer Untersuchung der Atemluft mittels Alkomat zu unterziehen. Der Beschwerdeführer habe dies mit dem Bemerken abgelehnt, er wisse ohnedies, daß er zuviel getrunken habe. Er sei Versicherungsangestellter und käme gerade von einem Kundenbesuch, wo er eine größere Menge Rotwein getrunken habe.
Aus diesen Feststellungen ergibt sich entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers sowohl eine hinreichend deutliche Aufforderung zur Atemalkoholuntersuchung als auch die Verweigerung einer solchen. Soweit der Beschwerdeführer seine eigene leugnende Verantwortung erwähnt, führt er nicht näher aus, warum die belangte Behörde diesen Angaben und nicht den Zeugenaussagen der beiden vernommenen Polizeibeamten hätte folgen sollen. Auch der Verwaltungsgerichtshof kann im Rahmen der ihm zustehenden Kontrollbefugnis (vgl. das Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 3. Oktober 1985, Zl. 85/02/0053) nicht finden, daß die Beweiswürdigung der belangten Behörde rechtswidrig wäre.
Die einschreitenden Polizeibeamten waren auch nicht verpflichtet, dem Beschwerdeführer Rechtsbelehrungen, insbesondere über die Folgen der Verweigerung der Atemluftprobe zu geben; dem Beschwerdeführer mußten als geprüften Kraftfahrzeuglenker die Bestimmungen der Straßenverkehrsordnung bekannt sein (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 21. Oktober 1992, Zlen. 92/02/0195, 0196). Diesbezüglicher Sachverhaltsfeststellungen bedurfte es daher nicht.
Schließlich bemängelt der Beschwerdeführer, daß von der von ihm beantragten Sichtprobe zur Frage der Wahrnehmbarkeit einer Rötung der Augenbindehäute abgesehen wurde. Er verkennt, daß bereits auf Grund des von ihm zugestandenen Alkoholkonsums vor dem Lenken (Rotwein) die in Rede stehende Aufforderung gerechtfertigt war (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 11. November 1992, Zl. 92/02/0207). Die belangte Behörde war daher nicht verpflichtet, zur Erkennbarkeit einzelner Alkoholisierungssymptome Beweise aufzunehmen.
Der angefochtene Bescheid war somit nur hinsichtlich der oben zu 1.) genannten Übertretung gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG aufzuheben; im übrigen war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.
Schlagworte
Alkotest Voraussetzung"Die als erwiesen angenommene Tat" Begriff Tatbild Beschreibung (siehe auch Umfang der Konkretisierung)Mängel im SpruchAlkotest VerweigerungSpruch Begründung (siehe auch AVG §58 Abs2 und §59 Abs1 Spruch und Begründung) Tatvorwurf Beschreibung des in der BegründungAlkotest StraßenaufsichtsorganEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1992:1992020245.X00Im RIS seit
12.06.2001Zuletzt aktualisiert am
23.07.2012