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27/04 Sonstige Rechtspflege;Norm
AsylG 1968 §1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Großmann und die Hofräte Dr. Dorner, Dr. Kremla, Dr. Steiner und Dr. Mizner als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Lammer, über die Beschwerde 1. der Z,
2. des RR, 3. der SR, 4. der AR, die Zweit- bis Viertbeschwerdeführer vertreten durch die Erstbeschwerdeführerin, diese vertreten durch Dr. P, Rechtsanwalt in M, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 18. Mai 1992, Zl. 4.307.439/2-III/13/91, betreffend Feststellung der Flüchtlingseigenschaft, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Erstbeschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 505,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug gemäß § 66 Abs. 4 AVG ergangenen Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 18. Mai 1992 wurde festgestellt, daß die Beschwerdeführer - iranische Staatsangehörige, wobei die Erstbeschwerdeführerin mit der Drittbeschwerdeführerin am 25. Dezember 1990 in das Bundesgebiet eingereist ist, während sich der Aktenlage nach die beiden übrigen Beschwerdeführer bereits seit Mai 1990 hier aufgehalten haben - nicht Flüchtlinge im Sinne des Asylgesetzes seien.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:
Die Erstbeschwerdeführerin hat anläßlich ihrer Erstbefragung im Asylverfahren am 9. Jänner 1991 angegeben, einer politischen Organisation als Mitglied nicht angehört zu haben, jedoch Sympathisantin der Monarchisten (im Iran) zu sein. Während ihrer Studienzeit habe sie durch kritische Äußerungen versucht, ihre Kollegen aufzuklären, daß das Khomeini-Regime einen Rückschritt für Persien bedeute. Die an der Universität tätige islamische Kommission sei ihr "derart lästig" geworden, daß sie sich aus eigenem entschlossen habe, ihr Studium abzubrechen. In ihrem Bekanntenkreis habe sie weiterhin Kritik am Regime geübt. Im Jahre 1983 habe sie - ebenso wie ihr Gatte - Vorladungen zum Revolutionskomitee erhalten, diesen aber nicht Folge geleistet. Im Juli 1984 hätten Revolutionswächter versucht, gewaltsam in ihr Haus einzudringen, wogegen sie sich zur Wehr gesetzt und sich dabei auch gegen das Regime geäußert habe. Daraufhin sei es zu einer Schießerei gekommen, in deren Folge ihre Tochter A, die Viertbeschwerdeführerin, einen Bauchschuß erlitten habe. Zur Behandlung dieser Verletzung sei sie mit ihrer Tochter zwei Jahre in Kalifornien gewesen. Den Iran habe sie, trotz gültigen iranischen Reisepasses, illegal verlassen, und sie sei erst von Istanbul legal in die USA eingereist. Vorher sei ihre Tochter zwei Wochen im Krankenhaus in Teheran gelegen. In ihrer Begleitung hätten sich ihr Gatte und ihr Sohn, der Zweitbeschwerdeführer, befunden, während ihre jüngste Tochter, die Drittbeschwerdeführerin, bei ihren Eltern im Iran geblieben sei. Während ihres Aufenthaltes in den USA habe sie sich der "Frauenbewegung der Anhänger des Monarchismus in Persien" angeschlossen, an Kundgebungen teilgenommen und auch den jungen Schah getroffen. In den USA habe sie nicht um Asyl angesucht. Da ihr abgelaufener Reisepaß von der iranischen Botschaft problemlos verlängert worden sei, sei sie Ende 1986 allein nach Teheran zurückgekehrt, um ihre jüngste Tochter zu holen. Mehrmals sei sie nun vom Revolutionskomitee über ihren Aufenthalt in den USA befragt worden. Durch Bestechung sei es ihr gelungen, auch ihre (jüngste) Tochter in den Reisepaß eintragen zu lassen und nach sechs Monaten problemlos in die Türkei auszureisen. Da sie aber kein Visum von der amerikanischen Botschaft erhalten habe, habe sie sich bis Dezember 1990 dort aufgehalten. Ihr Mann sei mit den beiden anderen Kindern von den USA über den Iran zu ihr in die Türkei gereist und habe im Mai 1990 diese beiden Kinder zu ihrer Halbschwester legal nach Wien gebracht. Ihr Gatte sei Ende Juli 1990 auf Grund eines Aufenthaltsverbotes in den Iran abgeschoben worden. Sie habe zu ihm keinen Kontakt mehr, jedoch in Erfahrung gebracht, daß er sich bei seinen Eltern aufhalte. Im Sommer 1989 habe sie versucht, ihren Reisepaß im iranischen Konsulat verlängern zu lassen, worauf ihr dieser mit dem Bemerken, in drei Tagen wiederzukommen, abgenommen worden sei. Telefonisch sei ihr mitgeteilt worden, daß ihr Paß nur im Iran verlängert werden könnte und sie zwecks Rückreise einen "Paßersatz" bekommen würde. Ab diesem Zeitpunkt habe sie angenommen, daß sie gesucht werde und man sie verfolge. Von einem in der Türkei lebenden Iraner habe sie dann einen gefälschten iranischen Reisepaß erworben, mit welchem sie nach Österreich gekommen sei.
In ihrer Berufung gegen den erstinstanzlichen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Steiermark vom 5. April 1991 brachte die Erstbeschwerdeführerin vor, im Iran politisch verfolgt worden zu sein, wobei "bei einem Überfall durch die Khomeinischergen" die Viertbeschwerdeführerin durch einen Bauchschuß schwer verletzt worden sei. Auch ihr selbst habe man nach dem Leben getrachtet. Sie habe daher keine andere Möglichkeit gehabt, als den Iran durch Flucht zu verlassen. Bei einer Verhaftung hätte sie eine jahrelange Gefängnisstrafe erwartet.
Die belangte Behörde ist nach Auseinandersetzung mit diesem Vorbringen abschließend zur Ansicht gelangt, daß die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft an die Beschwerdeführer nicht gerechtfertigt sei, weil das Ermittlungsverfahren keine hinreichend sicheren Anhaltspunkte dafür ergeben habe, daß sie in ihrem Heimatland aus einem der im Art. 1 Abschnitt A Z. 2 der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründe Verfolgungen ausgesetzt gewesen seien oder solche zu befürchten gehabt hätten. Es erübrigt sich aber, auf die dem angefochtenen Bescheid beigegebene Begründung im einzelnen einzugehen, vertreten doch die Beschwerdeführer selbst nicht die Auffassung, daß die von der Erstbeschwerdeführerin im Asylverfahren gemachten Angaben, die nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes die zentrale Entscheidungsgrundlage darstellten, geeignet gewesen wären, ihnen die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen. Der belangten Behörde ist auch jedenfalls im Ergebnis beizupflichten, wobei es genügt, darauf hinzuweisen, daß die Vorfälle, die sich vor der Ausreise in die USA ereigneten, nicht mehr im zeitlichen Zusammenhang mit dem nach ihrer Rückkehr nochmaligen Verlassen ihres Heimatlandes standen, zumal eine allenfalls früher bestandene Furcht vor Verfolgung nicht mehr andauerte (vgl. unter anderem das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 14. Oktober 1992, Zl. 92/01/0216, mit weiteren Judikaturhinweisen), und nach ihrer Rückkehr auch sonst keine individuell gegen sie gerichteten Verfolgungsmaßnahmen gesetzt worden sind.
Die Beschwerdeführer machen aber geltend, daß die belangte Behörde ihrer Entscheidung nicht die aktenkundigen Angaben der Erstbeschwerdeführerin hätte zugrundelegen dürfen. Ihrer Rüge, die belangte Behörde habe ihre Manuduktionspflicht "auf das gröblichste" verletzt, ist entgegenzuhalten, daß es dem Asylwerber obliegt, alles Zweckdienliche für die Erlangung der von ihm angestrebten Rechtsstellung vorzubringen, und es nicht Aufgabe der Behörde ist, dem Asylwerber Unterweisungen dahin zu erteilen, wie er sein Vorbringen auszuführen habe, damit seinem Antrag allenfalls stattgegeben werden kann (vgl. unter anderem die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 8. Juli 1992, Zl. 92/01/0592, und vom 23. September 1992, Zl. 92/01/0236). Entsprechend der Bestimmung des § 11 Abs. 1 Asylgesetz wurde der Vernehmung der Erstbeschwerdeführerin eine der fremden Sprache mächtige Person als Dolmetsch zugezogen, wobei - entgegen ihrer Ansicht - die Beiziehung eines gerichtlich beeideten Dolmetsch nicht erforderlich war (vgl. die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 28. März 1985, Slg. Nr. 11730/A, und vom 19. Oktober 1988, Zl. 88/01/0117). Bei ihrem Vorbringen, daß der zugezogene Dolmetsch nicht in der Lage gewesen sei, "den tatsächlichen Geschehensablauf richtig wiederzugeben respektive zu erforschen", lassen sie außer acht, daß die Erstbeschwerdeführerin am Ende ihrer Vernehmung ausdrücklich erklärt und dies mit ihrer Unterschrift bestätigt hat, daß der ihr vorgelesene Inhalt der Niederschrift richtig sei und sie nichts weiter vorzubringen habe, im Verwaltungsverfahren keine Einwendungen im Sinne des § 15 AVG erhoben wurden und auch die Berufung kein zusätzliches, im wesentlichen davon abweichendes Vorbringen enthielt. Es liegen daher die von den Beschwerdeführern behaupteten Verfahrensmängel nicht vor. Wenn in der Beschwerde "nachstehende Schwerpunkte nachgetragen werden" - wonach es sich, kurz zusammengefaßt, darum handelt, daß die Erstbeschwerdeführerin Mitglied der im Iran verbotenen monarchistischen Partei gewesen sei, sie anläßlich des bereits geschilderten Überfalls (im Jahre 1984) auch mehrere Tage lang unter massiven Drohungen festgehalten worden sei, nach ihrer Rückkehr ihr Aufenthalt in ihrem Heimatland den Behörden bekannt geworden und ihr "dringendst empfohlen" worden sei, zu flüchten, ihr Gatte, von dem sie sich getrennt habe, im Iran ihre Zusammenarbeit in einem "Komitee zur Wiederherstellung der Macht des Schah" mit einem Videoband, auf dem sie mit dem jungen Schah zu sehen sei, publik gemacht habe und sie bei ihrer neuerlichen Rückkehr in ihr Heimatland unverzüglich als "Contrarevolutionärin" erschossen würde -, so unterliegt dieses Vorbringen dem sich aus § 41 Abs. 1 VwGG ergebenden Neuerungsverbot und kann demnach bei Prüfung der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides darauf nicht Bedacht genommen werden.
Da sich somit die Beschwerde als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 2 VwGG abzuweisen.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1992:1992010612.X00Im RIS seit
05.03.2001Zuletzt aktualisiert am
30.09.2010