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L6 Land- und ForstwirtschaftNorm
B-VG Art7 Abs1 / Verw.akt B-VG Art83 Abs2 StGG Art6 Abs1 / Liegenschaftserwerb Tir GVG 1983 §6 Abs1 litc Tir GVG 1983 §10 Abs3Leitsatz
Keine Verletzung im Gleichheitsrecht und im Recht auf Liegenschaftserwerbsfreiheit durch Versagung der Erteilung einer Bieterbewilligung für die (zweite) Wiederversteigerung aufgrund der Annahme mangelnder Selbstbewirtschaftung; keine Verletzung im Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter durch eine behauptete Bescheiderlassung nach Ablauf der gesetzlichen Frist für die Entscheidung über Berufungen gegen die (Nicht)Erteilung von BieterbewilligungenSpruch
Die Beschwerdeführerin ist durch den angefochtenen Bescheid weder in einem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht noch wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in ihren Rechten verletzt worden.
Die Beschwerde wird daher abgewiesen.
Begründung
Entscheidungsgründe:
1.1. Mit Bescheid des Landesgrundverkehrsreferenten vom 21. März 1990 wurde G S die Erteilung einer Bieterbewilligung für die am 5. Juli 1990 beim Bezirksgericht Hall i.T. stattfindende (zweite) Wiederversteigerung der Liegenschaft EZ 90025 KG Fritzens gemäß §10 Abs3 iVm §4 Abs1 sowie §6 Abs1 litc des Tiroler Grundverkehrsgesetzes 1983 (künftig: GVG 1983) versagt.
G S ist die Ehegattin des Verpflichteten.
1.2. Die gegen diesen Bescheid erhobene Berufung wurde mit Bescheid der Landesgrundverkehrsbehörde beim Amt der Tiroler Landesregierung vom 30. April 1990, Z LGv - 910/2, als unbegründet abgewiesen.
Der Bescheid wurde im wesentlichen wie folgt begründet:
"In der vorzitierten Gesetzesstelle (§6 Abs1 litc) des Tiroler Grundverkehrsgesetzes findet sich ein in die Zukunft weisendes Moment ('... selbst bewirtschaften wird ...'), welches von der Behörde die Fällung einer Prognoseentscheidung verlangt. Vorliegend ist es nun so, daß unbestrittenermaßen bereits im Jahre 1988, also noch vor Einleitung des gegenständlichen Zwangsversteigerungsverfahrens, der gesamte Viehstand abverkauft und darauf folgend auch die Selbstbewirtschaftung aufgegeben wurde. Wenn der Berufungswerberin nunmehr tatsächlich so viel an der Selbstbewirtschaftung des Hofes 'Schindl' gelegen ist, wie sie im anhängigen Verfahren auf Erteilung einer Bieterbewilligung behauptet, so erscheint es der erkennenden Behörde in keiner Weise einsichtig, warum sie nicht bereits zum damaligen Zeitpunkt den Abverkauf des Viehs verhindert und die Selbstbewirtschaftung in ihre eigenen Hände genommen hat, zumal sie zufolge ihrer eigenen Ausführungen vor dem Landesgrundverkehrsreferenten über finanzielle Mittel in der Höhe von S 5,5 Mill. verfügt. Die Behauptung der Berufungswerberin, sie werde den Hof in Zukunft selbst bewirtschaften, erscheint schon aus diesem Grund vorweg unglaubwürdig und es war daher der erkennenden Behörde allein schon deswegen im Hinblick auf allfällige Umgehungs- bzw. Verzögerungsabsichten nicht möglich, eine verläßliche Prognose im positiven Sinn zu stellen.
Dazu kommt noch, daß die Fällung einer Prognoseentscheidung im Sinne des §6 Abs1 litc GVG 1983 im Hinblick auf ihre stark personenbezogene Komponente eine Mitwirkung der Partei im Verwaltungsverfahren verlangt, zumal die Feststellung bestimmter Entscheidungsgrundlagen ohne das Zutun ('Mitwirkung') der Partei gar nicht möglich erscheint. Folglich sieht auch §15 Abs2 GVG 1983 vor, daß in einem grundverkehrsbehördlichen Verfahren bestimmte Beweise (Unterlagen) von den Parteien zu erbringen sind und verschiedene Umstände vom Genehmigungswerber der Behörde ('genau') bekanntzugeben sind.
...
Die Berufungswerberin hat nun aber im Verwaltungsverfahren nie konkret bzw. nur widersprüchlich dargelegt, wie die von ihr beabsichtigte Bewirtschaftung in Zukunft tatsächlich aussehen soll. Zum einen verweist sie darauf, daß die Bewirtschaftung unter Beiziehung der Schwiegersöhne erfolgen soll (vgl. diesbezügliche Vorbringen anläßlich einer Vorsprache beim Landesgrundverkehrsreferenten), zum anderen ist offenbar wiederum beabsichtigt, die Bewirtschaftung unter Zuhilfenahme des Sohnes und des zu 30 % invaliden Ehegatten bzw. in Zukunft überhaupt durch die Kinder durchzuführen (vgl. die diesbezüglichen Berufungsausführungen). Auch wurden beispielsweise keinerlei Angaben dazu gemacht, wie die Selbstbewirtschaftung im Hinblick auf das Nichtvorhandensein eines Milchkontingentes erfolgen soll. Insgesamt wurden seitens der Antragstellerin in keiner Weise jene Besonderheiten aufgezeigt, die es glaubhaft erscheinen lassen würden, daß sie den streitgegenständlichen Hof in einer dem Gesetz entsprechenden Weise (vgl. §4 Abs1 und §6 Abs1 litc GVG 1983) bewirtschaften wird. Ohne eine Kenntnis der Umstände ist aber eine Zerstreuung der Besorgnis der Nichtselbstbewirtschaftung nicht zu erwarten. Aus diesem Grund sowie aus den eingangs angeführten Bedenken wurde die Berufungswerberin ersucht, bei der mündlichen Berufungsverhandlung am 26.4.1990 persönlich teilzunehmen (vgl. die diesbezügliche Ausschreibung). Die Berufungswerberin G S war auch kurz vor der Verhandlung persönlich anwesend, hat es aber dann - aus welchem Grund auch immer - vorgezogen, an der Verhandlung nicht persönlich teilzunehmen, sondern hat sich mit der Entsendung ihres Rechtsfreundes begnügt. Damit war aber eine persönliche Befragung über die beabsichtigte zukünftige Bewirtschaftung des versteigerungsgegenständlichen Hofes nicht möglich und sah sich daher die erkennende Behörde außerstande, eine von der Erstinstanz abweichende und somit positive Prognose im Sinne des §6 Abs1 litc GVG 1983 zu erstellen."
2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde, in der die Verletzung der verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz, auf Freiheit des Liegenschaftserwerbes und auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter geltend gemacht und die Aufhebung des angefochtenen Bescheides beantragt wird.
Die belangte Behörde hat eine Gegenschrift erstattet, in der sie die Abweisung der Beschwerde begehrt.
3. Der Verfassungsgerichtshof hat über die - zulässige - Beschwerde erwogen:
3.1.1. Zur behaupteten Verletzung des Gleichheitsgebotes führt die Beschwerdeführerin aus, der alleinige Grund für die Versagung der Zustimmung sei - wie sich dem angefochtenen Bescheid entnehmen lasse -, daß die Beschwerdeführerin bereits im Jahr 1988 den Abverkauf des Viehstandes nicht verhindert und die Bewirtschaftung des Hofes nicht in ihre eigenen Hände genommen habe. Diese Vorgangsweise der belangten Behörde sei unsachlich, weil es nicht angehe, Personen, die in einem verwandtschaftlichen Verhältnis zum bisherigen Hofeigentümer stehen, für dessen Verhalten verantwortlich zu machen. Dies würde dazu führen, daß allen Verwandten des Verpflichteten dessen Verhalten zum Vorwurf gemacht werden könne, obwohl sie dieses gar nicht zu beeinflussen vermögen. Es widerspreche dem Gleichheitsgrundsatz, wenn der Beschwerdeführerin die Glaubwürdigkeit abgesprochen werde, weil ihr Ehegatte den Viehstand vor Einleitung des Versteigerungsverfahrens abverkauft habe. Auch der Vorwurf, daß sich die Beschwerdeführerin einer persönlichen Befragung bei der Berufungsverhandlung entzogen habe und damit die Klarstellung über die von ihr beabsichtigte zukünftige Bewirtschaftung des Hofes verhindert habe, sei nicht berechtigt. Die Begründung des erstinstanzlichen Bescheides, der ihr die Bonität zur Ersteigerung des Hofes abgesprochen habe, habe sie so erregt, daß es ihr nicht möglich gewesen wäre, in einer weiteren mündlichen Verhandlung die Ruhe zu bewahren. Darüber hinaus hätte aber eine mündliche Befragung nicht mehr erbringen können, als ihr bereits aktenkundiges schriftliches Vorbringen, aus dem ersichtlich sei, daß sie zusätzlich zur eigenen Arbeitskraft auf die tatkräftige Mithilfe zahlreicher Familienmitglieder zählen könne, daß sie mit der Landwirtschaft bestens vertraut sei und daß auch das Milchkontingent nur ausgesetzt sei; dazu komme, daß das Grundverkehrsgesetz eine bestimmte land- und forstwirtschaftliche Nutzung gar nicht vorschreibe. Die ungünstige Prognoseentscheidung der belangten Behörde sei umso unverständlicher, als ihr mit Bescheid des Landesgrundverkehrsreferenten vom 13. Juli 1989 für den für 19. Oktober 1989 anberaumten ersten Wiederversteigerungstermin die Bieterbewilligung erteilt worden sei. Seit diesem Zeitpunkt sei keine Änderung des Sachverhaltes eingetreten.
3.1.2. Eine Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz kann nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (zB VfSlg. 10413/1985) nur vorliegen, wenn der angefochtene Bescheid auf einer dem Gleichheitsgebot widersprechenden Rechtsgrundlage beruht, wenn die Behörde der angewendeten Rechtsvorschrift fälschlicherweise einen gleichheitswidrigen Inhalt unterstellt oder wenn sie bei Erlassung des Bescheides Willkür geübt hat.
Verfassungsrechtliche Bedenken gegen die angewendeten Bestimmungen wurden nicht geltend gemacht, solche sind aus Anlaß des vorliegenden Beschwerdefalles im Verfassungsgerichtshof auch nicht entstanden.
Daß die belangte Behörde den angewendeten Rechtsgrundlagen einen gleichheitswidrigen Inhalt unterstellt hätte, wird auch von der Beschwerdeführerin nicht behauptet. Der geltend gemachte Grundrechtsverstoß würde daher nur zutreffen, wenn der belangten Behörde Willkür vorzuwerfen wäre.
Ein willkürliches Verhalten kann der Behörde unter anderem dann vorgeworfen werden, wenn sie die Beschwerdeführerin aus unsachlichen Gründen benachteiligt hat oder aber, wenn der angefochtene Bescheid wegen gehäuften Verkennens der Rechtslage in einem besonderen Maße mit den Rechtsvorschriften in Widerspruch steht (zB VfSlg. 10337/1985).
All dies liegt jedoch offenkundig nicht vor. Die belangte Behörde hat der Beschwerdeführerin keineswegs (nur) deshalb nicht geglaubt, daß sie die Liegenschaft selbst bewirtschaften werde, weil ihr Ehegatte den Viehstand abverkauft hat, und hat ihr auch nicht zum Vorwurf gemacht, dies nicht verhindert zu haben; die belangte Behörde hegt vielmehr lediglich aufgrund des Umstandes, daß eine Viehhaltung nicht mehr besteht, Zweifel an einer künftigen Selbstbewirtschaftung durch die Beschwerdeführerin und unterstreicht, daß diese von der ihr gebotenen Möglichkeit, bei der Berufungsverhandlung die Bedenken persönlich zu zerstreuen und die entsprechenden Aufklärungen zu geben, keinen Gebrauch gemacht hat. Die (negative) Prognoseentscheidung der belangten Behörde ist also das Ergebnis einer Beweiswürdigung. Damit wenden sich aber die Beschwerdeausführungen ausschließlich gegen die Richtigkeit des angefochtenen Bescheides, ohne verfassungsrechtliche Fragen zu berühren. Daran ändert nichts, daß der Landesgrundverkehrsreferent der Beschwerdeführerin zum ersten Wiederversteigerungstermin eine Bieterbewilligung erteilt hatte. Auch die Frage, ob unter diesen Umständen der Landesgrundverkehrsreferent für den zweiten Wiederversteigerungstermin zu einer anderen Entscheidung hätte kommen müssen, ist eine einfachgesetzliche.
3.2.1. Die Beschwerdeführerin vermeint weiters, durch den angefochtenen Bescheid im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Freiheit des Liegenschaftserwerbes verletzt zu sein, da ihr aufgrund falscher Rechtsauslegung abgesprochen werde, den Hof in Zukunft selbst zu bewirtschaften.
3.2.2. Das durch Art6 StGG gewährleistete Recht, Liegenschaften zu erwerben und darüber frei zu verfügen, richtet sich nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes nur gegen jene historisch gegebenen Beschränkungen, die ehemals zugunsten bestimmter bevorrechteter Klassen bestanden haben. Allgemeine Einschränkungen des Liegenschaftsverkehrs, wie sie in den Grundverkehrsgesetzen enthalten sind, werden durch Art6 StGG nicht ausgeschlossen (VfSlg. 9682/1983). Das durch Art6 StGG gewährleistete Recht könnte durch den angefochtenen Bescheid somit nur dann berührt worden sein, wenn die Genehmigung des Rechtsgeschäftes versagt worden wäre, um einen Landwirt beim Erwerb der Grundstücke zu bevorzugen (VfSlg. 9070/1981, 10797/1986).
Auch dies liegt offenkundig nicht vor. Daß der Beschwerdeführerin die Bieterbewilligung versagt wurde, um einen Landwirt beim Erwerb der Grundstücke zu bevorzugen, wird von der Beschwerdeführerin nicht einmal behauptet.
3.3.1. Die Beschwerde macht schließlich geltend, die Beschwerdeführerin sei durch den angefochtenen Bescheid im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter verletzt, weil ihre Berufung gegen den Bescheid des Landesgrundverkehrsreferenten am 28. März 1990 beim Amt der Tiroler Landesregierung eingelangt und vom Landesgrundverkehrsreferenten der belangten Behörde am 2. April 1990 vorgelegt worden sei, wo sie jedoch erst am 4. April 1990 eingelangt sei. Aufgrund der Bestimmung des §10 Abs3 GVG habe jedoch der Landesgrundverkehrsreferent eine Berufung gegen seinen Bescheid binnen einer Woche der Landesgrundverkehrsbehörde vorzulegen und habe diese binnen einer vierwöchigen Frist zu entscheiden; da der Beschwerdeführerin der angefochtene Bescheid erst am 2. Mai 1990 zugestellt worden sei, habe die belangte Behörde die vierwöchige Frist um zwei Tage überschritten.
3.3.2. Nach §10 Abs3 GVG hat über ein Begehren auf Erteilung der Bieterbewilligung der Landesgrundverkehrsreferent "unverzüglich, spätestens innerhalb von zwei Wochen zu entscheiden ... Eine allfällige Berufung ist binnen einer Woche nach ihrer Einbringung der Landesgrundverkehrsbehörde vorzulegen, die darüber binnen vier Wochen zu entscheiden hat. Wird vom Landesgrundverkehrsreferenten innerhalb der zweiwöchigen Frist oder von der Landesgrundverkehrsbehörde innerhalb der vierwöchigen Frist keine Entscheidung gefällt, gilt die Bewilligung als erteilt".
Dieser Vorwurf der Beschwerde wäre tatsächlich begründet, wenn die dem Landesgrundverkehrsreferenten vorgeschriebene Entscheidungsfrist von einer Woche oder die der Landesgrundverkehrsbehörde vorgeschriebene Entscheidungsfrist von vier Wochen überschritten worden wäre.
Dies ist aber nach dem eigenen Vorbringen der Beschwerdeführerin gar nicht der Fall. Wie sie nämlich selbst ausführt, ist ihre Berufung erst am 4. April 1990 bei der belangten Behörde eingelangt und wurde der angefochtene Bescheid der Beschwerdeführerin am 2. Mai 1990 zugestellt; die vierwöchige Frist ist damit auch nach dem eigenen Vorbringen der Beschwerdeführerin gewahrt.
Auch der Vorwurf, der angefochtene Bescheid verletze die Beschwerdeführerin im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter, trifft somit nicht zu.
3.4. Die behauptete Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte hat sohin nicht stattgefunden.
Das Verfahren hat auch nicht ergeben, daß die Beschwerdeführerin in von ihr nicht geltend gemachten verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten oder wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in ihren Rechten verletzt wurde.
Die Beschwerde war daher abzuweisen.
Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 Z1 und 2 VerfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.
Bei diesem Ergebnis war auf das Begehren auf Bewilligung der aufschiebenden Wirkung nicht mehr einzugehen.
Schlagworte
Grundverkehrsrecht, Versteigerung exekutive, SelbstbewirtschaftungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1990:B660.1990Dokumentnummer
JFT_10099373_90B00660_00