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40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
AVG §58 Abs2;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Herberth, Dr. Germ, Dr. Höß und Dr. Händschke als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Steiner, über die Beschwerde des Dr. W in P, vertreten durch Dr. F, Rechtsanwalt in D, gegen den Bescheid des Bundesministers für Wissenschaft und Forschung vom 14. August 1991, Zl. 2851/3-1/91, betreffend Vorrückungsstichtag, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 11.390,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Der am 26. März 1937 geborene Beschwerdeführer stand im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides als Ministerialrat im Planstellenbereich des Bundesministeriums für Wissenschaft und Forschung-Zentralleitung in einem provisorischen öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund. Seine Definitivstellung erfolgte mit Bescheid der belangten Behörde vom 19. September 1991.
Aus Anlaß seiner Ernennung in das öffentlich-rechtliche Dienstverhältnis wurde dem Beschwerdeführer mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid der 20. November 1961 als Vorrückungsstichtag festgesetzt. Dieser Bescheid ist lediglich wie folgt begründet:
"Gemäß § 12 Absatz 9 Gehaltsgesetz 1956 ist der Vorrückungsstichtag mit Bescheid festzustellen, wobei diese Feststellung möglichst gleichzeitig mit der Ernennung des Beamten vorgenommen werden soll.
Die gemäß § 12 leg. cit. dem Tag der Anstellung voranzusetzenden Zeiten ergeben sich aus der beiliegenden, einen festen Bestandteil dieses Bescheides bildenden Ermittlung."
In der genannten Beilage sind in tabellarischer Form ohne Begründung die Zeiträume angegeben, die gemäß § 12 GG 1956 zur Gänze bzw. zur Hälfte berücksichtigt worden sind.
Nach den Akten des Verwaltungsverfahrens war dieser bescheidmäßigen Festsetzung des Vorrückungsstichtages ein Schriftwechsel vorangegangen. Mit Schreiben vom 17. Juni 1991 hatte der Beschwerdeführer um Anrechnung bestehender Ausbildungszeiten nach § 12 Abs. 3 GG 1956 bzw. um volle Berücksichtigung bestimmter Schulzeiten im Hinblick auf Besonderheiten seiner schulischen Laufbahn ersucht.
Gegen den vorher wiedergegebenen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde. Der Beschwerdeführer sieht sich in dem ihm nach § 12 GG 1956 zustehenden Recht auf Anrechnung von Vordienstzeiten verletzt.
Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt, und legte die Verwaltungsakten vor.
Der Verwaltungsgerichtshof hat gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG in nichtöffentlicher Sitzung erwogen:
Gemäß § 12 Abs. 1 des Gehaltsgesetzes 1956 ist der Vorrückungsstichtag dadurch zu ermitteln, daß - unter Ausschluß der vor der Vollendung des 18. Lebensjahres liegenden Zeiten und unter Beachtung der einschränkenden Bestimmungen der Abs. 4 bis 8 - dem Tag der Anstellung vorangesetzt werden:
a)
die im Abs. 2 angeführten Zeiten zur Gänze;
b)
die sonstigen Zeiten zur Hälfte.
Nach der hier in ihrer Anwendbarkeit insbesondere strittigen Bestimmung des Abs. 2 Z. 6 leg. cit. sind bei Beamten, die in die Verwendungsgruppen B, L2b, H2, PT1 bis PT 4, K1 oder K2 oder eine der im § 12a Abs. 2 Z. 2 und 3 angeführten Besoldungs- oder Verwendungsgruppen aufgenommen werden, die Zeiten des erfolgreichen Studiums an einer höheren Schule bis zu dem Zeitpunkt, an dem der Beamte den Abschluß dieser Ausbildung auf Grund der schulrechtlichen Vorschriften frühestens hätte erreichen können, gemäß Abs. 1 lit. a leg. cit. anzurechnen; mögliche schulrechtliche Ausnahmegenehmigungen sind nicht zu berücksichtigen. Als Zeitpunkt des möglichen Schulabschlusses ist bei Studien, die mit dem Schuljahr enden, der 30. Juni und bei Studien, die mit dem Kalenderjahr enden, der 31. Dezember anzunehmen.
Der Beschwerdeführer stellt in der Beschwerde seinen "schulischen Werdegang" dar (5 Jahre Volksschule auf Grund der Kriegsereignisse, Verzögerung des Hauptschulabschlusses wegen einer zweijährigen schweren Krankheit, von 1954 bis 1957 Besuch der Bundesgewerbeschule, der für die Ausbildung am TGM von 1957 bis 1960 anerkannt wurde) und meint, bei richtiger Interpretation des § 12 Abs. 2 Z. 6 des Gehaltsgesetzes 1956 wäre der gesamte Studienweg bis zur Erreichung der TGM-Matura als Ausbildungszeitraum, zumindest bis zum 20. Lebensjahr als frühestmöglichem Schulabschluß anzurechnen gewesen. Die belangte Behörde habe jedoch die Fachschulausbildung in S und den TGM-Besuch in W entgegen den gesetzlichen Bestimmungen unberücksichtigt gelassen. Offenbar sei die belangte Behörde davon ausgegangen, daß die Fachschulausbildung in S nicht als Besuch einer höheren Schule zu werten sei. Die anschließenden drei Jahre am TGM seien offenbar nicht als Ausbildungszeit anerkannt worden, da der Studienbeginn dort bereits nach dem 18. Lebensjahr gelegen sei.
Nach § 58 Abs. 2 des gemäß § 1 Abs. 1 DVG anwendbaren AVG sind Bescheide zu begründen, wenn dem Standpunkt der Partei nicht vollinhaltlich Rechnung getragen wird. In der Begründung sind gemäß § 60 AVG der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebende Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammenzufassen.
Diesen Erfordernissen wurde der angefochtene Bescheid weder hinsichtlich der Feststellung des Sachverhaltes noch der rechtlichen Beurteilung gerecht. Fehlt einem vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid in einem wesentlichen Punkt jedwede Begründung, so ist der in der Gegenschrift seitens der belangten Behörde unternommene Versuch, die unterlassene Begründung nachzuholen, nicht geeignet, die diesem Bescheid anhaftende Mangelhaftigkeit zu beseitigen (vgl. Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 27. Jänner 1960, Slg. Nr. 5186/A u.v.a.).
Da die belangte Behörde, obwohl der Beschwerdeführer die volle Berücksichtigung bestimmter Zeiten im Verwaltungsverfahren verlangt hatte, jedwede Begründung für die Festsetzung des Vorrückungsstichtages unterlassen hat, war der angefochtene Bescheid in wesentlichen Bereichen einer nachprüfenden Kontrolle durch den Verwaltungsgerichtshof nicht zugänglich; er mußte schon deshalb ohne weitere Auseinandersetzung mit dem sonstigen Beschwerdevorbringen gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben werden.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Pauschalierungsverordnung des Bundeskanzlers, BGBl. Nr. 104/1991. Das Kostenmehrbegehren für einen überzähligen Schriftsatz war abzuweisen.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1992:1991120250.X00Im RIS seit
20.11.2000