Index
40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
StVO 1960 §20 Abs2;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Baumgartner und die Hofräte Dr. Bernard und DDr. Jakusch als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Strohmaier, über die Beschwerde des Dr. A, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom 18. März 1992, Zl. I/7-St-St-9128, betreffend Übertretungen der StVO 1960, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Land Niederösterreich Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom 18. März 1992 wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, am 26. Oktober 1990 um
14.10 Uhr in einem näher bezeichneten Gemeindegebiet auf der A 1 Westautobahn von Kilometer 68 bis Kilometer 72 mit einem dem Kennzeichen nach bestimmten PKW 1. auf der Autobahn schneller als die erlaubte Höchstgeschwindigkeit von 130 km/h (gefahrene Geschwindigkeit: 175 km/h) gefahren zu sein und 2. nicht so weit rechts gefahren zu sein, wie dies unter Bedachtnahme auf die Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs zumutbar und ohne Gefährdung, Behinderung oder Belästigung anderer Straßenbenützer und ohne Beschädigung von Sachen möglich gewesen sei. Er habe über die angeführte Strecke stets den zweiten Fahrstreifen benützt, obwohl der äußerst rechte (1. Fahrstreifen) in großen Abschnitten zur Gänze frei gewesen sei. Er habe dadurch Verwaltungsübertretungen nach § 20 Abs. 2 und § 7 Abs. 1 StVO 1960 begangen, weshalb über ihn Geldstrafen (Ersatzfreiheitsstrafen) verhängt wurden.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, vom Verfassungsgerichtshof mit Beschluß vom 17. Juni 1992, Zl. B 544/92-3, nach Ablehnung ihrer Behandlung dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetretene Beschwerde.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsstrafverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Der Beschwerdeführer macht unter dem Gesichtspunkt einer Unzuständigkeit der belangten Behörde geltend, er habe die Berufung des erstbehördlichen Straferkenntnisses am 19. März 1991 zur Post gegeben und der angefochtene Bescheid sei ihm erst am 19. März 1992, somit außerhalb der Einjahresfrist des § 51 Abs. 5 VStG (in der hier anzuwendenden Fassung vor der Novelle 1990) zugestellt worden.
Dieses Vorbringen ist schon deshalb ungeeignet, eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides darzutun, weil der Beschwerdeführer die Bestimmung des § 32 Abs. 2 AVG übersieht, welche zufolge § 24 VStG auch im Verwaltungsstrafverfahren zur Anwendung zu kommen hat. Nach dieser Bestimmung enden nach Jahren bestimmte Fristen mit dem Ablauf desjenigen Tages des letzten Monates, der durch seine Benennung oder Zahl dem Tag entspricht, an dem die Frist begonnen hat. Es wäre im vorliegenden Fall die fragliche Jahresfrist somit auch bei Zugrundelegung der vom Beschwerdeführer vertretenen, vom Verwaltungsgerichtshof aber in ständiger Rechtsprechung (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 3. Oktober 1985, Zl. 85/02/0194) abgelehnten Rechtsansicht, diese Frist beginne bereits mit der Postaufgabe der Berufung zu laufen, gewahrt. Es erübrigt sich daher, auf dieses Vorbringen weiter einzugehen.
Mit dem weiteren gegen die Verurteilung wegen der Verwaltungsübertretung nach § 20 Abs. 2 StVO 1960 gerichteten Beschwerdevorbringen bekämpft der Beschwerdeführer die Beweiswürdigung der belangten Behörde. Es ist daher daran zu erinnern, daß diese der verwaltungsgerichtlichen Kontrolle nur in der Richtung unterliegt, ob der Sachverhalt genügend erhoben wurde und die bei der Beweiswürdigung angestellten Erwägungen schlüssig sind, d. h. den Denkgesetzen und dem allgemeinen Erfahrungsgut entsprechen (vgl. das hg. Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 3. Oktober 1985, Zl. 85/02/0053).
Im Rahmen dieser eingeschränkten Prüfungsbefugnis erweist sich die Beweiswürdigung der belangten Behörde als frei von Rechtsirrtum. Wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung dargetan hat, ist eine Geschwindigkeitsschätzung durch Nachfahren in gleichbleibendem Abstand in Verbindung mit dem Ablesen der Geschwindigkeit vom Tachometer des nachfahrenden Kraftfahrzeuges zur Ermittlung der gefahrenen Geschwindigkeit geeignet, wobei dem Umstand, daß der Tachometer im nachfahrenden Fahrzeug nicht geeicht ist, bei erheblichen Geschwindigkeitsüberschreitungen keine Bedeutung zukommt (vgl. z. B. das hg. Erkenntnis vom 15. Februar 1991, Zl. 90/18/0233). Die diesbezügliche Beweiswürdigung der belangten Behörde kann daher nicht deshalb als rechtswidrig im oben genannten Sinn angesehen werden, weil ein Nachweis über die Eichung des Tachometers in dem von den Meldungslegern benützten Kraftfahrzeug nicht vorliegt und der Videofilm, der anläßlich der Betretung des Beschwerdeführers aufgenommen wurde, im Verwaltungsstrafverfahren nicht mehr zur Verfügung stand.
Es kann auch keine Rede davon sein, daß die Geschwindigkeitsschätzung deshalb nicht verläßlich gewesen sei, weil die Meldungsleger nach ihren Angaben dem Fahrzeug des Beschwerdeführers in einem Abstand zwischen 150 und 200 m nachgefahren sind. Einerseits bedeutet diese Aussage nicht, daß, wie der Beschwerdeführer unterstellt, der Abstand während des Nachfahrens zwischen diesen Entfernungen geschwankt habe. Andererseits könnten selbst gewisse Schwankungen in der Größe des Abstandes den Beweiswert des Vorganges nicht in einem für die Prüfung durch den Verwaltungsgerichtshof relevanten Ausmaß beeinträchtigen. Denn nach den Feststellungen der belangten Behörde sind die Meldungsleger dem Beschwerdeführer über eine Strecke von rund 4 km nachgefahren und haben dabei eine Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit um 45 km/h festgestellt.
Die Länge der Verfolgungsstrecke im Verein mit dem Ausmaß der festgestellten Geschwindigkeitsüberschreitung läßt auch unter Berücksichtigung der einer solchen Schätzung zweifellos innewohnenden Unsicherheiten keinen Raum für Zweifel daran, daß der Beschwerdeführer jedenfalls - worauf es für die Strafbarkeit seines Verhaltens allein ankommt - die gesetzlich zulässige Höchstgeschwindigkeit von 130 km/h überschritten hat.
Auch mit dem gegen die Verurteilung wegen der Verwaltungsübertretung nach § 7 Abs. 1 StVO 1960 gerichteten Beschwerdevorbringen, es wäre erforderlich gewesen, anzugeben, "an welchen konkreten Straßenstellen oder Straßenstücken, eventuell unter Angabe der Autobahnkilometer, der äußerst rechte Fahrstreifen in großen Abschnitten frei war", vermag der Beschwerdeführer eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht darzutun. Denn die Umschreibung des Tatortes mit "A 1 Westautobahn von Kilometer 68 bis Kilometer 72" reicht unter Zugrundelegung der im hg. Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 13. Juni 1984, Slg. N.F. Nr. 11.466/A, entwickelten Grundsätze sowohl zur Individualisierung des Tatvorwurfes als auch zur Wahrung der Verteidiungsrechte des Beschwerdeführers aus.
Das über ihn verhängte Strafausmaß bekämpft der Beschwerdeführer mit dem Vorbringen, es sei unzulässig gewesen, seine Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse zu schätzen und überdies habe die belangte Behörde die Schätzgrundlagen nicht offengelegt und übersehen, daß auch bei ledigem Familienstand die Möglichkeit der Existenz von außerehelichen Kindern gegeben sei.
Mit diesem Verfahrensmängel behauptenden Vorbringen vermag der Beschwerdeführer schon deshalb eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht darzutun, weil gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG Verfahrensmängel nur dann zur Aufhebung des angefochtenen Bescheides durch den Verwaltungsgerichtshof führen, wenn sie insofern relevant sind, als bei deren Vermeidung die belangte Behörde zu einem anderen Bescheid hätte kommen können. Ist diese Voraussetzung nicht offenkundig, so ist es Sache des Beschwerdeführers, diese Relevanz durch konkretes Vorbringen darzutun. Im vorliegenden Fall ist für den Verwaltungsgerichtshof eine solche Relevanz der behaupteten Verfahrensmängel nicht erkennbar, weil es der Beschwerdeführer unterließ, in der Beschwerde konkrete Angaben über seine tatsächlichen Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse zu machen.
Die Beschwerde erweist sich somit zur Gänze als nicht begründet. Sie war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.
Schlagworte
"Die als erwiesen angenommene Tat" Begriff Tatbild Beschreibung (siehe auch Umfang der Konkretisierung) Überschreiten der GeschwindigkeitEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1992:1992020238.X00Im RIS seit
12.06.2001