TE Vwgh Erkenntnis 1992/12/16 91/12/0290

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Veröffentlicht am 16.12.1992
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Index

72/02 Studienrecht allgemein;

Norm

StudBerG §2 Abs1 Z4;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Herberth, Dr. Germ, Dr. Höß und Dr. Händschke als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Steiner, über die Beschwerde des N in W, vertreten durch Dr. K, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Bundesministers für Wissenschaft und Forschung vom 11. September 1991, Zl. 56.114/4-I/B/5A/91, betreffend Studienberechtigungsprüfung, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 11.120,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Kostenmehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Der Beschwerdeführer stellte am 6. September 1990 einen Antrag auf Zulassung zur Studienberechtigungsprüfung für das Studium der Studienrichtung Wirtschaftsinformatik an der Technischen Universität Wien. Er brachte vor, die eindeutig über die Erfüllung der allgemeinen Schulpflicht hinausgehende erfolgreiche berufliche oder außerberufliche Vorbildung für die angestrebte Studienrichtung habe er erworben durch: Sehr guten Abschluß der Berufsschule für Kraftfahrzeugmechaniker und erfolgreiche Ablegung der Beamten-Aufstiegsprüfung.

Mit Bescheid des Rektors der Technischen Universität Wien vom 28. März 1991 wurde dieser Antrag mangels Vorliegens einer facheinschlägigen Vorbildung im Sinne des § 2 Abs. 1 Z. 4 des Studienberechtigungsgesetzes, BGBl. Nr. 292/1985 (StudBerG), abgewiesen. In der Bescheidbegründung wird festgestellt, bereits auf Grund eines ersten Antrages vom 19. Oktober 1987 sei dem Beschwerdeführer mitgeteilt worden, daß die nachgewiesene Vorbildung als nicht facheinschlägig erachtet werde und eine Ergänzung der Vorbildung erforderlich sei. Da auch der gegenständliche Antrag keine Nachweise über fachspezifische Vorkenntnisse enthalte, habe der Referent das Ansuchen der zuständigen Unterkommission der Studienberechtigungskommission an der Technischen Universität Wien zur Behandlung übergeben. Der Beschwerdeführer habe vor dieser die Meinung vertreten, die in der Beamten-Aufstiegsprüfung erworbenen Kenntnisse in Geographie und Geschichte seien als Vorbildung ausreichend, obwohl von anderen Bewerbern dieser Studienrichtung üblicherweise die Bestätigung über die Absolvierung eines Programmierkurses oder ähnliches verlangt werde. Dieser Meinung habe sich die Kommission nicht angeschlossen und dem Rektor die Abweisung des Antrages wegen zu geringer facheinschlägiger Vorkenntnisse empfohlen. Da der Beschwerdeführer einem Ruhen des Verfahrens bis zum Nachweis der Vorkenntnisse nicht zugestimmt habe, sei spruchgemäß entschieden worden.

Über Berufung des Beschwerdeführers leitete die belangte Behörde ein ergänzendes Ermittlungsverfahren ein und holte Stellungnahmen von Universitätsprofessor Dr. Z, Institut für Soziologie an der Johannes Kepler Universität Linz, vom 24. Juni 1991, und Universitätsprofessor Dr. U, Institut für Staats- und Politikwissenschaft der Universität Wien, vom 4. Juni 1991, ein. Nach der erstgenannten Stellungnahme weist der Beschwerdeführer eine eindeutig über die Erfüllung der allgemeinen Schulpflicht hinausgehende erfolgreiche (sowohl berufliche als auch außerberufliche) Vorbildung für die angestrebte Studienrichtung nach. Nach Meinung des Stellungnehmenden sei er zur Ablegung der Studienprüfung für das Fach Wirtschaftsinformatik zuzulassen. Diese Auffassung werde durch die Tatsache gestützt, daß der Bewerber zu verschiedenen Vorbereitungslehrgängen zugelassen worden sei, die er allerdings nicht bestanden habe. Nach dem Gesetz bestehe keine Zulassungsbeschränkung, die sich aus dem vergeblichen Versuch ergebe, die Zulassung für eine andere Studienrichtung zu erwerben.

Dagegen wird in der zweiten Stellungnahme ausgeführt, daß die Ablehnung des Ansuchens des Beschwerdeführers gerechtfertigt erscheine. Die Lehre als KFZ-Mechaniker und die Zulassung zur Beamten-Aufstiegsprüfung allein, ohne eine für das angestrebte Studienfach einschlägige Weiterbildung und/oder Berufserfahrung sei als Voraussetzung für die Zulassung zum Studium der Wirtschaftsinformatik nicht ausreichend.

In seiner Stellungnahme vom 10. August 1991 brachte der Beschwerdeführer vor, er habe am 26. Juni 1991 das Pflichtfach Mathematik 1 bestanden und legte eine Bestätigung der Wirtschaftsuniversität Wien darüber vor.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung ab. In der Bescheidbegründung wurde nach Darstellung des Verfahrensganges und Wiedergabe des § 2 Abs. 1 Z. 4 StudBerG unter Berufung auf die Erläuternden Bemerkungen zur Regierungsvorlage (GP XVI RV 553) ausgeführt, die nachzuweisende Vorbildung sei nicht generell dahingehend zu beurteilen, ob irgendeine Vorbildung vorliege, die auf eine gewisse Studierfähigkeit hindeute, sondern diese sei vielmehr im Hinblick auf die angestrebte Studienrichtung zu prüfen. Bei der Beurteilung der nachzuweisenden Vorbildung sei entscheidend, ob die absolvierte Berufsprüfung als Kraftfahrzeugmechaniker (Fächer Staatsbürgerkunde, betriebswirtschaftlicher Unterricht, Fachzeichnen, Fachrechnen, Technologie und Spezielle Fachkunde), die absolvierte Beamten-Aufstiegsprüfung (Fächer Deutsch, Geschichte und Sozialkunde, Geographie und Wirtschaftskunde, Englisch, Naturgeschichte), einzelner positiver Teile der besuchten Vorbereitungslehrgänge (positive Beurteilungen in den Fächern Englisch, Wissenschaftspropädeutik, Chemie und Physik) sowie die praktische Tätigkeit als Straßenbahnfahrer eine erfolgreiche Vorbildung für das Studium der Wirtschaftsinformatik darstellten. Da dieses Studium einerseits eine informationstechnische und andererseits eine ökonomische Komponente aufweise, sei nicht ersichtlich, daß diesbezüglich eine facheinschlägige Vorbildung vorliege. Dabei werde nicht übersehen, daß der Beschwerdeführer gewisse Vorleistungen in Teilbereichen erbracht habe, entscheidend sei jedoch nicht irgendeine Leistung, sondern eine Vorbildung im Hinblick auf das Studium der Wirtschaftsinformatik. Hier gehe die Stellungnahme von Universitätsprofessor Dr. Z offensichtlich von einem falschen Verständnis des Gesetzes aus. Die im Berufungsverfahren geltend gemachte Ablegung der Studienberechtigungsprüfung Mathematik 1 könne das Vorbildungsdefizit nicht ausgleichen. Diese Prüfung diene inhaltlich dem Ausgleich fehlenden Mittelschulwissens in einem Teilbereich der Mathematik. Dies sei jedoch keine ausreichende facheinschlägige Vorbildung für ein Studium, das informationstechnische und ökonomische Aspekte vereine. Diesbezüglich sei dem Beschwerdeführer mit Recht vom zuständigen Referenten für die Studienberechtigungsprüfung an der Technischen Universität Wien und von der zuständigen Kommission empfohlen worden, einen Programmierkurs zur facheinschlägigen Vorbildung zu besuchen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof mit der Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde und die von der belangten Behörde eingebrachte Gegenschrift erwogen:

Gemäß § 16 Abs. 2 StudBerG ist gegen die Verweigerung der Zulassung zur Studienberechtigungsprüfung die Berufung an den Bundesminister für Wissenschaft und Forschung zulässig. Daraus ergibt sich die Zuständigkeit der belangten Behörde zur Entscheidung über die Berufung des Beschwerdeführers in letzter Instanz und damit die Zulässigkeit der Beschwerdeführung an den Verwaltungsgerichtshof.

Gegenstand des Verfahrens vor dem Verwaltungsgerichtshof ist ausschließlich die Frage, ob der Beschwerdeführer die Zulassungsvoraussetzung des § 2 Abs. 1 Z. 4 leg. cit. erfüllt oder nicht. Nach dieser Bestimmung ist zur Studienberechtigungsprüfung auf seinen schriftlichen Antrag hin zuzulassen, wer eine eindeutig über die Erfüllung der allgemeinen Schulpflicht hinausgehende erfolgreiche berufliche oder außerberufliche Vorbildung für die angestrebte (erste) Studienrichtung nachweist.

Nach § 16 Abs. 1 leg. cit. sind auf das Verfahren die Bestimmungen des AVG anzuwenden.

Die belangte Behörde hat zur entscheidenden Frage, ob die vom Beschwerdeführer nachgewiesene Vorbildung für die angestrebte Studienrichtung der Wirtschaftsinformatik ausreichen, zwei Stellungnahmen, die als Sachverständigengutachten zu den sich als Tatfragen stellenden Sachverhaltselementen zu werten sind, eingeholt, die einander im Ergebnis widersprechen. Sie folgt, ohne dies hinlänglich zu begründen, im Ergebnis der Stellungnahme des Universitätsprofessor Dr. U, der jedoch als Vorbildung nur die Lehre als KFZ-Mechaniker und die "Zulassung zur Beamten-Aufstiegsprüfung" als nicht ausreichend bezeichnet hat, allerdings den Abschluß dieser Prüfung und die weiteren vom Beschwerdeführer vorgelegten positiven Ergebnisse von Studien (Lehrgängen) nicht beachtet hat. Die belangte Behörde hat sich mit dem im Berufungsverfahren vom Beschwerdeführer vorgebrachten Ergebnis der Ablegung einer Prüfung im Fach "Mathematik 1" in der Begründung ihres Bescheides auch nicht hinreichend auseinandergesetzt, weil die Bedeutung dieser Prüfung im Verhältnis zu den Voraussetzungen für das angestrebte Studienfach nicht hinlänglich festgestellt wurde.

Da nicht ausgeschlossen werden kann, daß die belangte Behörde bei Vermeidung dieser Verfahrensmängel zu einem anderen Bescheid hätte gelangen können, mußte der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben werden.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz beruht auf §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991. Das Aufwandersatzbegehren betreffend die Umsatzsteuer mußte abgewiesen werden, weil nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes durch den zuerkannten Pauschalbetrag auch die Umsatzsteuer abgegolten wird.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1992:1991120290.X00

Im RIS seit

16.12.1992
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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