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10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);Norm
AuslBG §20 Abs7;Beachte
Serie (erledigt im gleichen Sinn): 92/09/0168 E 17. Jänner 1992Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hoffmann und die Hofräte Dr. Fürnsinn und Dr. Höß als Richter, im Beisein des Schriftführers Kommissär Mag. Fritz, über die Beschwerde der K-GmbH in X, vertreten durch Dr. E, Rechtsanwalt in X, gegen den Bescheid des Bundesministers für Arbeit und Soziales vom 9. März 1992, Zl. 537.539/1-2a/92, betreffend Nichterteilung einer Beschäftigungsbewilligung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat der beschwerdeführenden Partei Aufwendungen in der Höhe von S 11.450,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Die beschwerdeführende Partei, die in X den sogenannten "Freizeittempel" betreibt, beantragte am 13. Februar 1991 beim Arbeitsamt X für die 1967 geborene jugoslawische Staatsangehörige V für die berufliche Tätigkeit als Hausmeisterin mit einer monatlichen Entlohnung in Höhe von S 8.000,-- netto die Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz, BGBl. Nr. 218/1975 (AuslBG). Als spezielle Kenntnisse bzw. (besonderes) Ausbildungserfordernis gab die beschwerdeführende Partei "Elektrotechnik für Fitneßgeräte und Anlagen" an.
Dieser Antrag wurde vom Landesarbeitsamt Niederösterreich als Behörde erster Instanz mit der mittels automationsunterstützter Datenverarbeitung erstellten, als "Bescheid" bezeichneten Erledigung vom 22. April 1991 unter Berufung auf § 4 Abs. 6 AuslBG idgF mit der Begründung abgelehnt, der Verwaltungsausschuß habe im gegenständlichen Verfahren die Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung nicht befürwortet. Darüber hinaus habe das Ermittlungsverfahren ergeben, daß keine der im § 4 Abs. 6 Z. 2 bis 4 leg. cit. vorgesehenen Voraussetzungen vorliege.
Der dagegen von der beschwerdeführenden Partei erhobenen Berufung gab die belangte Behörde zunächst mit Bescheid vom 2. August 1991 gemäß § 66 Abs. 4 AVG iVm § 4 Abs. 6 AuslBG idF gemäß BGBl. Nr. 450/1990 keine Folge und bestätigte den erstinstanzlichen "Bescheid". In der Folge erhob die beschwerdeführende Partei beim Verwaltungsgerichtshof gegen diesen Bescheid Beschwerde. Dieses Verfahren wurde vom Verwaltungsgerichtshof mit Beschluß vom 28. November 1991, Zl. 91/09/0150, wegen Klaglosstellung (die belangte Behörde hatte den damals angefochtenen Bescheid mit Bescheid vom 3. Oktober 1991 gemäß § 68 Abs. 2 AVG aufgehoben) eingestellt.
Mit dem nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid vom 9. März 1992 gab die belangte Behörde der Berufung der beschwerdeführenden Partei gemäß § 66 Abs. 4 AVG iVm § 4 Abs. 1 und Abs. 6 AuslBG idF gemäß BGBl. Nr. 684/1991 neuerlich keine Folge und bestätigte den erstinstanzlichen "Bescheid".
Zur Begründung dieses Bescheides führte die belangte Behörde im wesentlichen aus, die Voraussetzungen nach § 4 Abs. 1 AuslBG seien im Hinblick auf die Zahl der vorgemerkten fachspezifischen Arbeitssuchenden nicht gegeben. Die beschwerdeführende Partei habe eine zugewiesene (namentlich genannte) Ersatzkraft ohne Angabe ausreichender Gründe mit dem Hinweis nicht eingestellt, es würde kein Hausmeister benötigt. Anläßlich einer Rückfrage des zuständigen Arbeitsamtes habe ein (namentlich genannter) Vertreter der beschwerdeführenden Partei am 3. April 1991 bestätigt, daß kein Bedarf bestünde. Die vom Bundesminister für Arbeit und Soziales für Niederösterreich (durch Verordnung vom 28. November 1991, BGBl. Nr. 598/1991) für das Jahr 1992 festgesetzte Landeshöchstzahl (von 32.400 Ausländern) sei laut der Statistik über die Beschäftigung von Ausländern (zum Stichtag 29. Jänner 1992) überschritten. In Fachkreisen sei bekannt, daß die Landeshöchstzahl in Niederösterreich bereits seit langem dauernd überschritten sei; die beschwerdeführende Partei hätte daher auch keine Einwendungen gegen die Feststellung der Überschreitung der Landeshöchstzahl erhoben. Unbeschadet der fehlenden Voraussetzungen nach § 4 Abs. 1 AuslB seien auch die Voraussetzungen nach Abs. 6 dieser Bestimmung nicht gegeben, weil solche wichtigen Gründe, auf Grund derer die Beschäftigung des Ausländers erfolgen solle, oder öffentliche oder gesamtwirtschaftliche Interessen, welche die Beschäftigung des Ausländers erforderten, nicht vorlägen. Überdies habe schon der im Verfahren der ersten Instanz anzuhörende - paritätisch als Arbeitgeber- und Arbeitnehmervertretern zusammengesetzte - Unterausschuß des Verwaltungsausschusses aus arbeitsmarktpolitischen und volkswirtschaftlichen Erwägungen keine einhellige Zustimmung zur Ausstellung der Beschäftigungsbewilligung erteilt.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes, Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt. Von der ihr eingeräumten Möglichkeit, zur Beschwerde eine Gegenschrift zu erstatten, hat sie Abstand genommen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Dreiersenat erwogen:
Vorweg ist festzuhalten, daß im Beschwerdefall kein erweiterter Anlaßfall im Sinne des Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofes vom 13. März 1992, Zlen. G 23-24/92, u. a., (vgl. auch die Kundmachung des Bundeskanzlers, BGBl. Nr. 283/1992) vorliegt, weil die Beschwerde erst nach dem hiefür maßgebenden Stichtag (das war der 13. März 1992, vgl. hiezu das Erkenntnis vom heutigen Tag, Zl. 92/09/0198) anhängig wurde.
Nach § 18 Abs. 2 AVG in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 357/1990 (bzw. der Wiederverlautbarung BGBl. Nr. 51/1991) erfolgt die Genehmigung einer Erledigung durch die Unterschrift des Genehmigenden. Davon kann jedoch abgesehen werden, wenn sichergestellt ist, daß derjenige, der die Genehmigung erteilt hat, auf andere Weise festgestellt werden kann.
§ 18 Abs. 4 AVG (in der oben zitierten Fassung) lautet:
"(4) Alle schriftlichen Ausfertigungen müssen die Bezeichnung der Behörde enthalten sowie mit Datum und mit der unter leserlicher Beifügung des Namens abgegebenen Unterschrift dessen versehen sein, der die Erledigung genehmigt hat. An die Stelle der Unterschrift des Genehmigenden kann die Beglaubigung der Kanzlei treten, daß die Ausfertigung mit der Erledigung des betreffenden Geschäftsstückes übereinstimmt und das Geschäftsstück die eigenhändig beigesetzte Genehmigung aufweist. Das nähere wird durch Verordnung geregelt. Bei Mitteilungen gemäß Abs. 3 zweiter und dritter Satz und bei Ausfertigungen, die mittels automationsunterstützter Datenverarbeitung erstellt werden, genügt die Beisetzung des Namens des Genehmigenden; eine Beglaubigung durch die Kanzlei ist nicht erforderlich. Bei vervielfältigten Ausfertigungen oder in Fällen, in denen der Inhalt einer Erledigung in einer solchen technischen Weise mitgeteilt wird, die eine genaue Wiedergabe des Originals ermöglicht, ist die Unterschrift oder deren Beglaubigung auf der zur vervielfältigenden Ausfertigung oder auf dem Original anzubringen."
Gemäß Art. IV Abs. 2 der Novelle zum AVG, BGBl. Nr. 357/1990 bzw. der Anlage 2 zur Wiederverlautbarung, BGBl. Nr. 51/1991 ist die oben zitierte Fassung erst auf Verfahren anzuwenden, die ab dem 1. Jänner 1991 eingeleitet werden. Hingegen sind die zu diesem Zeitpunkt anhängigen Verfahren nach der bis zum Inkrafttreten des Bundesgesetzes BGBl. Nr. 357/1990 geltenden Rechtslage zu Ende zu führen.
§ 20 Abs. 7 des Ausländerbeschäftigungsgesetzes, BGBl. Nr. 218/1975 lautet:
"(7) Die Ausfertigungen der nach diesem Bundesgesetz vorgesehenen Bescheide und Bescheinigungen, die im Wege elektronischer Datenverarbeitungsanlagen oder in einem ähnlichen Verfahren hergestellt werden, bedürfen weder einer Unterschrift noch einer Beglaubigung."
Im Beschwerdefall ist das Verfahren auf Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz am 1. März 1991 (Zeitpunkt des Einlangens des Antrages der beschwerdeführenden Partei beim Arbeitsamt X) anhängig geworden. Es kommt daher nur die Anwendbarkeit des AVG in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 357/1990 bzw. der Wiederverlautbarung BGBl. Nr. 51/1991 in Betracht.
Aus der Sicht des Beschwerdefalles kann dahingestellt bleiben, ob § 20 Abs. 7 AuslBG noch dem geltenden Recht angehört oder ob ihm durch die AVG-Novelle, BGBl. Nr. 199/1982, oder durch die AVG-Novelle, BGBl. Nr. 357/1990, derogiert wurde. Die zuletzt genannte AVG-Novelle hat jedenfalls im
4. Satz des § 18 Abs. 4 die Anführung des Namens des genehmigenden Organwalters auf der mittels automationsunterstützter Datenverarbeitung erstellten Ausfertigung behördlicher Schriftstücke zwingend und ausnahmslos vorgesehen. § 18 Abs. 4 AVG steht weder unter Subsidiaritätsvorbehalt noch enthält die Novelle eine zu dieser Neuregelung ergangene (spezielle) Übergangsbestimmung. § 18 Abs. 4 AVG tritt daher mit einem umfassenden Geltungsanspruch auf. Dies bedeutet, daß auch automationsunterstützte Bescheide nach dem AuslBG, soweit das Verfahren erst nach dem 1. Jänner 1991 anhängig wurde, dem Formerfordernis des § 18 Abs. 4 AVG in der Fassung der AVG-Novelle, BGBl. Nr. 357/1990, (bzw. der Wiederverlautbarung) genügen müssen.
Es trifft auch nicht zu, daß § 18 Abs. 4 AVG nur dann zur Anwendung kommt, wenn die Behörde von der Möglichkeit des § 18 Abs. 2 zweiter Satz AVG nicht Gebrauch gemacht hat (wenn also die Genehmigung nicht auf andere Weise als durch Unterschrift festgestellt werden kann). Die Bestimmung des § 18 Abs. 2 AVG bezieht sich auf die (behördeninterne) Genehmigung von Erledigungen (also auf die "Urschrift"), die bis zu dieser Novelle nicht ausdrücklich geregelt war (in diesem Sinn auch die Erläuternden Bemerkungen zur Regierungsvorlage, 1089 Blg., XVII. GP., Seite 10 zu Art. I Z. 2); damit sollte eine zwischen dem Verfassungsgerichtshof und dem Verwaltungsgerichtshof bestehende Judikaturdivergenz für zukünftige Fälle beseitigt werden (vgl. einerseits das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 16. Dezember 1987, G 110, 111/87, u. a., und andererseits das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 25. April 1988, Zl. 87/18/0124, mit der an der bisherigen im Gegensatz zur Rechtsauffassung des Verfassungsgerichtshofes stehenden Rechtsprechung ausdrücklich festgehalten wurde).
Hingegen regelt § 18 Abs. 4 AVG die Form der Ausfertigung behördlicher Erledigungen.
Beide Bestimmungen beziehen sich somit auf Grund ihres klaren Wortlautes auf unterschiedliche Regelungsgegenstände.
Die von der beschwerdeführenden Partei vorgelegte Ausfertigung der Erledigung der Behörde erster Instanz (diese enthält keine Beisetzung des Namens des Genehmigenden) trägt eine "DVR"-Nummer (Registernummer des Datenverarbeitungsregisters) in Form einer siebenstelligen Zahl. Daraus ist erkennbar, daß die Erledigung mittels automationsunterstützter Datenverarbeitung erstellt worden ist (vgl. u.a. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 9. Juli 1992, Zl. 92/18/0268).
Nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes stellt § 18 Abs. 4 vierter Satz AVG im Falle des Einsatzes elektronischer Datenverarbeitungsanlagen sicher, daß eine erkennbare Verbindung des Verwaltungsaktes mit dem der betreffenden Behörde zugehörenden Organwalter, welcher die Erledigung genehmigt hat, als Mindesterfordernis eines Bescheides herstellbar sein muß (vgl. in diesem Zusammenhang auch die Judikatur zur Bedeutung der leserlichen Beifügung des Namens des Genehmigenden nach § 18 Abs. 4 erster Satz AVG für den Fall, daß eine Unterschrift im Sinne des Gesetzes fehlt und sich aus der Erledigung auch sonst kein Anhaltspunkt dafür ergibt, wer die Erledigung genehmigt hat, z.B. die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 5. Juni 1985, Zl. 84/11/0178, vom 12. März 1986, Zl. 85/03/0144, vom 10. Dezember 1986, Zl. 86/01/0072, und vom 27. März 1987, Zl. 85/12/0236).
Aus diesem Grund kommt der Ausfertigung der Erledigung der Behörde erster Instanz im Beschwerdefall wegen Fehlens eines Mindesterfordernisses nach § 18 Abs. 4 AVG kein Bescheidcharakter zu (vgl. Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 21. Mai 1992, Zl. 91/09/0169).
Wegen des fehlenden Bescheidcharakters der im Beschwerdefall vorliegenden erstinstanzlichen Erledigung hätte die belangte Behörde mangels Vorliegens eines erstinstanzlichen Bescheides mit Zurückweisung der Berufung vorzugehen gehabt. Die Sacherledigung der Berufung durch die belangte Behörde ist daher mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit behaftet und war gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aus diesem Grund aufzuheben.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 1 Z. 1 und 2 VwGG in Verbindung mit Art. I A Z. 1 der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 104/1991. Die Abweisung des Mehrbegehrens betrifft überhöht verzeichnete Stempelgebühren, von denen nur S 240,-- (Eingabengebühr) plus S 90,-- (für eine notwendige Beilage) zuzusprechen waren.
Schlagworte
Ausfertigung mittels EDV Bescheidcharakter Bescheidbegriff Formelle Erfordernisse Beschwerde Beschwerdepunkt Beschwerdebegehren Rechtslage Rechtsgrundlage Rechtsquellen Inhalt der Berufungsentscheidung Voraussetzungen der meritorischen Erledigung Zurückweisung (siehe auch §63 Abs1, 3 und 5 AVG) Rechtliche Wertung fehlerhafter Berufungsentscheidungen Rechtsverletzung durch solche Entscheidungen Rechtmäßigkeit behördlicher Erledigungen Verhältnis zu anderen Materien NormenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1992:1992090167.X00Im RIS seit
27.11.2000