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001 Verwaltungsrecht allgemein;Norm
BAO §111;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Iro und die Hofräte Dr. Närr und Dr. Höfinger als Richter, im Beisein des Schriftführers Kommissär Dr. Ladislav, über die Beschwerde der E-Bank in Wien, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in M, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Kärnten vom 19. Juli 1991, GZ. 127-6/91, betreffend Beschlagnahme von Unterlagen gemäß § 89 Abs. 5 FinStrG, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Das Zollamt Klagenfurt als Finanzstrafbehörde erster Instanz hatte am 10. Dezember 1987 mit einer auf § 89 Abs. 1 FinStrG gestützten und an die Beschwerdeführerin gerichteten schriftlichen Beschlagnahmeanordnung die Beschlagnahme der Geschäftsfälle und der bezughabenden Belege zum Konto Nr. ...
- lautend auf "T"-Bank -, betreffend das Geschäftsjahr 1987, verfügt. Zur Begründung war ausgeführt worden, die Finanzstrafbehörde führe gegen die Firma D .. und die Firma
A .. finanzstrafrechtliche Ermittlungen. Gegen den Verantwortlichen der Firma D .., B .., sowie gegen A .. seien Finanzstrafverfahren wegen eines vorsätzlichen Finanzvergehens nach § 35 Abs. 2 FinStrG eingeleitet worden. Die Firma D .. organisiere für mehrere Firmen, unter anderem auch für die Firma A .., den Export von Teppichen, welche von Urlaubsgästen in der Türkei erworben würden, nach Österreich. Zum Zwecke der Eingangsabfertigung beim österreichischen Zollamt würden von der Firma D ... unterfakturierte Rechnungen ausgestellt, was eine Verkürzung von Eingangsabgaben in beträchtlicher Höhe zur Folge habe. Die Teppiche würden von den einzelnen Kunden in der Regel mittels Scheck bezahlt. Die Verrechnung dieser Schecks erfolge über das obgenannte Konto. Aufgrund der getroffenen Feststellungen kämen daher sämtliche Belege zu diesem Konto betreffend das Geschäftsjahr 1987 als Beweismittel im Strafverfahren in Betracht.
Die Finanzlandesdirektion für Kärnten wies mit ihrer Rechtsmittelentscheidung vom 16. März 1988 die von der Beschwerdeführerin gegen diese Beschlagnahmeanordnung erhobene Beschwerde ab.
Der Vorsitzende des Spruchsenates beim Zollamt Klagenfurt, dem die beschlagnahmten Gegenstände übergeben worden waren, stellte mit seinem Bescheid vom 29. März 1988 fest, daß von den gemäß der oben genannten Beschlagnahmeanordnung beschlagnahmten 965 Blatt 833 Blatt nicht der Beschlagnahme unterliegen, sodaß "diesbezüglich die Beschlagnahme aufgehoben wird". In einem der Begründung und der Rechtsmittelbelehrung folgenden "Hinweis" wurde vermerkt, daß über die "einbehaltenen" 132 Blatt "eine Entscheidung nach Erhalt ausstehender Belege ergehen" werde.
Der Verwaltungsgerichtshof wies mit seinem Beschluß vom 20. April 1989, Zl. 88/16/0221, die von der Beschwerdeführerin gegen die Rechtsmittelentscheidung der Finanzlandesdirektion vom 16. März 1988 erhobene Beschwerde zurück. Noch vor Erhebung dieser Beschwerde sei die Beschlagnahmeanordnung des Zollamtes vom 10. Dezember 1987 durch den Bescheid des Vorsitzenden des Spruchsenates vom 29. März 1988 ersetzt worden. Dieser Bescheid des Vorsitzenden des Spruchsenates vom 29. März 1988 sei jener Verwaltungsakt, der die vor dem Verwaltungsgerichtshof in Beschwerde gezogene Beschlagnahme trage. Er unterliege gemäß § 89 Abs. 6 FinStrG selbst in vollem Umfang der Anfechtung im Rechtsmittelweg. Der Verwaltungsgerichtshofbeschwerde aber, die gegen eine verwaltungsbehördliche Beschwerdeentscheidung erhoben worden sei, welche einen im Zeitpunkt ihrer Erhebung nicht mehr dem Rechtsbestand angehörigen und die in Streit gezogene Beschlagnahme bloß anordnenden Bescheid bestätige, mangle die Berechtigung zu ihrer Erhebung.
Der Vorsitzende des Spruchsenates stellte mit seinem weiteren Bescheid vom 15. September 1989 fest, daß von den gemäß der Beschlagnahmeanordnung beschlagnahmten - noch einbehaltenen 132 Blatt - 69 Blatt der Beschlagnahme unterliegen; hinsichtlich der restlichen Blatt wurde die Beschlagnahme aufgehoben.
Der Vorsitzende des Berufungssenates bei der Finanzlandesdirektion für Kärnten wies mit seiner Rechtsmittelentscheidung vom 14. Februar 1990 die von der Beschwerdeführerin gegen den Bescheid des Vorsitzenden des Spruchsenates vom 15. September 1989 erhobene Beschwerde ab.
Der Verwaltungsgerichtshof hob mit seinem Erkenntnis vom 15. November 1990, Zl. 90/16/0056, diese Rechtsmittelentscheidung des Vorsitzenden des Berufungssenates vom 14. Februar 1990 wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes auf. Die Beweissicherung solle dem Verlust von Gegenständen vorbeugen, die als Beweismittel in Betracht kämen. Dazu sei es notwendig, daß diese Gegenstände mit Beziehung auf das eingeleitete finanzstrafbehördliche Verfahren wegen eines vorsätzlichen Finanzvergehens - ausgenommen Finanzordnungswidrigkeiten - ausreichend konkretisiert seien. Diesem Konkretisierungsgebot, das die Unverwechselbarkeit der Beweismittel durch deren genaue Beschreibung sicherstellen solle, habe weder die auf § 89 Abs. 1 FinStrG gestützte "Beschlagnahmeanordnung" (Bescheid) des Hauptzollamtes Klagenfurt vom 10. Dezember 1987 entsprochen noch der im Instanzenzug bestätigte Bescheid des Vorsitzenden des Spruchsenates vom 15. Februar 1989, dessen spruchmäßige Feststellung sich darin erschöpfe, daß "69 der Beschlagnahme unterliegen".
Der Vorsitzende des Berufungssenates gab nunmehr mit der jetzt angefochtenen Rechtsmittelentscheidung vom 19. Juli 1991 der von der Beschwerdeführerin gegen den Bescheid des Vorsitzenden des Spruchsenates vom 15. September 1989 erhobenen Beschwerde teilweise Folge und änderte den dort angefochtenen Bescheid dahin, daß er lautet: "Gemäß § 89 Abs. 5 FinStrG wird festgestellt, daß von den gemäß der Beschlagnahmeanordnung des Zollamtes .. noch beschlagnahmten Beweismittel .. I. die folgenden .. der Beschlagnahme unterliegen "und" II. die folgenden .. nicht der Beschlagnahme unterliegen ..". In der Begründung der Rechtsmittelentscheidung führte die belangte Behörde aus, die im Verfahren vorangegangenen Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes würden im vorliegenden Fall bedeuten, daß die Beschlagnahme vom 10. Dezember 1987 Voraussetzung für die vom Vorsitzenden des Spruchsenates am 15. September 1989 ausgesprochene Beschlagnahme von 69 Belegen gewesen sei. Eine zuwenig konkretisierte Beschlagnahmeanordnung mache die Beschlagnahme nicht auch in jenem Umfang unzulässig, in dem sie bei schon ursprünglich ausreichender Konkretisierung zulässig gewesen wäre. Der geforderte unmittelbare Zusammenhang der Beweismittel mit dem Verdacht des Finanzvergehens gegen die beiden Beschuldigten sei hinsichtlich der Belege 7 bis 69 zu bejahen; davon seien (mit in der Rechtsmittelentscheidung näher ausgeführter Begründung) 19 dem Beschuldigten A zuzuordnen und hinsichtlich des Beschuldigten B sei ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen den diesem vorgeworfenen vorsätzlichen Finanzvergehen und allen 32 Belegen anzunehmen. Es komme auch nicht darauf an, ob das zu beschlagnehmende Beweismittel auf die Beschuldigten direkt Bezug nehme oder ob sie lediglich im Zusammenhang mit den vorliegenden Verfahrensergebnissen die Verbindung zum Finanzvergehen aufzeigten. Das Vorliegen des "eingeleiteten Strafverfahrens wegen vorsätzlicher Finanzvergehen" im Sinne des § 23 Abs. 2 Z. 1 KWG sei zu bejahen. Der Beschuldigte B sei der deutschen Sprache mächtig, beide Beschuldigten hätten den Empfang der Sendungen mit den Strafverfahrenseinleitungsbescheiden nicht verweigert und auch keine Übermittlung einer Übersetzung begehrt, sondern vielmehr in der Folge sachlich dazu Stellung genommen. Soweit die Beschwerdeführerin auf die Unnotwendigkeit der Beschlagnahme aus dem Grunde verweise, daß sie bereit gewesen sei, die geforderten Schriftstücke freiwillig herauszugeben, werde auf die gegenteiligen Verfahrensergebnisse verwiesen, wonach solche Aufforderungen ohnehin - allerdings erfolglos - stattgefunden hätten. Hinsichtlich der beschlagnahmten Belege 7 bis 69 sei - unter gleichzeitiger Ergänzung dieses Teiles des angefochtenen Bescheides durch Konkretisierung der einzelnen Beweismittel - somit der Beschwerde ein Erfolg zu versagen. Als berechtigt erweise sich die Beschwerde hingegen bezüglich der Belege 1 bis 6.
Gegen diese Rechtsmittelentscheidung richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Antrag, den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben. Die Beschwerdeführerin erachtet sich in ihrem Recht auf Erlassung ausreichend konkretisierter Beschlagnahmeanordnungen sowie ausreichend konkretisierter Bescheide im nachfolgenden Instanzenzug verletzt, weiters in ihrem in § 89 Abs. 1 FinStrG begründeten Recht auf Nichterlassung einer Beschlagnahmeanordnung sowie in ihrem in § 89 Abs. 5 FinStrG begründeten Recht auf Feststellung, daß ihre "gemäß" § 23 KWG unterliegenden Unterlagen nicht der Beschlagnahme unterliegen, weil die gesetzlichen Voraussetzungen der Durchbrechung des Bankgeheimnisses nach § 23 Abs. 2 KWG nicht gegeben seien und entgegen § 89 Abs. 1 FinStrG keine Beweissicherung geboten sei, dann in ihrem durch § 23 KWG begründeten Recht, das Bankgeheimnis zu wahren, wenn die Voraussetzungen seiner Durchbrechung nicht gegeben seien, insbesondere weil kein Strafverfahren wirksam eingeleitet sei und kein Zusammenhang zwischen dem streitgegenständlichen Konto und einem allenfalls wirksam eröffneten Finanzstrafverfahren bestehe und letztlich in ihrem durch das DSG begründeten Recht auf Datenschutz.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und beantragt in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gem. § 89 Abs. 1 FinStrG hat die Finanzstrafbehörde mit Bescheid die Beschlagnahme von verfallsbedrohten Gegenständen und von Gegenständen, die als Beweismittel in Betracht kommen, anzuordnen, wenn dies zur Sicherung des Verfalls oder zur Beweissicherung geboten ist. Gem. § 89 Abs. 3 leg. cit. unterliegen Beweismittel, auf die sich eine gesetzlich anerkannte Pflicht zur Verschwiegenheit erstreckt, bei dem zur Verschwiegenheit Verpflichteten der Beschlagnahme u.a. nur, (lit. b) wenn es sich um Bücher oder Aufzeichnungen nach den §§ 124 bis 130 BAO oder um dazugehörende Belege oder um solche Gegenstände, welche zur Begehung des Finanzvergehens bestimmt waren oder diese erleichtert haben oder die aus dem Finanzvergehen herrühren, handelt. Gemäß § 89 Abs. 4 leg. cit. unterliegen in den Fällen des § 89 Abs. 3 lit. b leg. cit. bei berufsmässigen Parteienvertretern Gegenstände, die zu deren Information hergestellt wurden, in keinem Fall der Beschlagnahme; bei Kreditunternehmungen unterliegen Gegenstände, die Geheimnisse im Sinne des § 23 Abs. 1 des Kreditwesengesetzes, BGBl. Nr. 63/1979, betreffen, der Beschlagnahme nur für solche vorsätzliche Finanzvergehen, ausgenommen Finanzordnungswidrigkeiten, die mit Finanzvergehen, für die das Bankgeheimnis gem. § 23 Abs. 2 Z. 1 des genannten Gesetzes aufgehoben ist, unmittelbar zusammenhängen.
Gem. § 89 Abs. 5 FinStrG ist, wenn der zur Verschwiegenheit Verpflichtete behauptet, daß die Voraussetzungen für eine Beschlagnahme nach § 89 Abs. 3 und 4 leg. cit. nicht vorliegen, oder wenn er bei der Beschlagnahme nicht anwesend ist, der Gegenstand ohne weitere Untersuchung unter Siegel zu nehmen und ohne Verzug dem Vorsitzenden des Spruchsenates vorzulegen, dem gem. § 58 Abs. 2 leg. cit. unter den dort vorgesehenen Voraussetzungen die Durchführung der mündlichen Verhandlung und die Fällung des Erkenntnisses obliegen würde. Der Vorsitzende des Spruchsenates hat mit Bescheid festzustellen, ob die Beweismittel der Beschlagnahme unterliegen. Gem. § 89 Abs. 6 leg. cit. entscheidet über Beschwerden gegen Bescheide nach § 89 Abs. 5 leg. cit. der Vorsitzende des Berufungssenates, der über Rechtsmittel gegen Erkenntnisse des im § 89 Abs. 5 leg. cit. genannten Spruchsenates zu entscheiden hätte.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in der vorliegenden Beschwerdesache seinen Beschluß vom 20. April 1989, Zl. 88/16/0221, und sein unter Berücksichtigung seiner Bindung an diesen Beschluß ergangenes Erkenntnis vom 15. November 1990, Zl. 90/16/0056, - von beiden Entscheidungen liegen Ausfertigungen im abgabenbehördlichen Akt - zu beachten; der Verwaltungsgerichtshof kann in diesem Fall selbst durch einen verstärkten Senat von der dort, insbesondere von der in seinem Beschluß vom 20. April 1989, Zl. 88/16/0221, geäußerten Rechtsansicht nicht abgehen.
Im Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 15. November 1990, Zl. 90/16/0056, wurde die Notwendigkeit hervorgehoben, die als Beweismittel in Betracht kommenden Gegenstände mit Beziehung auf das eingeleitete finanzbehördliche Verfahren wegen eines vorsätzlichen Finanzvergehens - ausgenommen Finanzordnungswidrigkeiten - ausreichend zu konkretisieren.
Die an die Beschwerdeführerin ergangene Beschlagnahmeanordnung des Zollamtes Klagenfurt vom 10. Dezember 1987 beschränkt sich in ihrem Spruch auf die an Beamte dieses Zollamtes gerichtete Anordnung, "nachstehende Gegenstände zu beschlagnahmen: Alle Geschäftsfälle und die bezughabenden Belege zum Konto Nr. ... - lt. auf "T"-Bank - betreffend das Geschäftsjahr 1987". Der Bescheid des Vorsitzenden des Spruchsenates vom 29. März 1988 stellt in seinem Spruch fest, daß "833 Blatt nicht der Beschlagnahme unterliegen, sodaß diesbezüglich die Beschlagnahme aufgehoben wird", und der Bescheid des Vorsitzenden des Spruchsenates vom 15. September 1989 stellt im Spruch fest, daß von den - 132 noch - "beschlagnahmten Gegenständen 69 der Beschlagnahme unterliegen; hinsichtlich der restlichen Gegenstände wird die Beschlagnahme aufgehoben". Die - jetzt angefochtene - Rechtsmittelentscheidung des Vorsitzenden des Berufungssenates vom 19. Juli 1991 endlich gibt der Administrativbeschwerde teilweise Folge und ändert den Bescheid des Vorsitzenden des Spruchsenates vom 15. September 1989 dahin ab, daß er in seinen hier interessierenden Teilen zusammengefaßt zu lauten hat: Gem. § 89 Abs. 5 FinStrG wird festgestellt, daß von den gemäß der Beschlagnahmeanordnung des Zollamtes Klagenfurt vom 10. Dezember 1987 noch beschlagnahmten Beweismittel I. die folgenden ausreichend näher bezeichneten Belege der Beschlagnahme unterliegen .... , II. die folgenden .... nicht
der Beschlagnahme unterliegen .... .
In Verfolgung des Beschlusses des Verwaltungsgerichtshofes vom 20. April 1989, Zl. 88/16/0221, ist, wie bereits erwähnt, davon auszugehen, daß der Beschlagnahmebescheid des Zollamtes Klagenfurt vom 10. Dezember 1987 durch den Bescheid des Vorsitzenden des Spruchsenates aus dem Rechtsbestand ausgeschieden ist. Somit müssen konsequenterweise die gegen die Anordnung der Beschlagnahme gerichteten Einwände zwecks Vermeidung, daß eine Beschlagnahmeanordnung der Kontrolle des Verwaltungsgerichtshofes entzogen ist, wohl hier im Rechtsmittel gegen den Bescheid des Vorsitzenden des Spruchsenates möglich sein.
Beweismittel, auf die sich eine gesetzlich anerkannte Pflicht zur Verschwiegenheit erstreckt, können danach nur dann der Beschlagnahme nach § 89 Abs. 3 und 4 FinStrG unterliegen, wenn die Beschlagnahme (§ 89 Abs. 1 FinStrG) nach Ansicht des zur Entscheidung zuständigen Vorsitzenden des Spruchsenates rechtmäßig ist. Wäre die von der Behörde vorgenommene Beschlagnahme nach § 89 Abs. 1 FinStrG nach Ansicht des Vorsitzenden des Spruchsenates unrechtmäßig, dann hätte er dies - bei Einwendungen gegen die Beschlagnahme - festzustellen und die von der Behörde zunächst beschlagnahmten Beweismittel unterlägen letztlich nicht der Beschlagnahme nach § 89 Abs. 3 und 4 FinStrG. Klarstellend wird bemerkt, daß der Mangel der Konkretisierung auch der Beschlagnahmeanordnung - fehlende Einschränkung auf jene Unterlagen, die die (Teppich-)Geschäfte der Beschuldigten betreffen - jetzt unerheblich ist, weil nur der angefochtene Bescheid und dieser nur dahin zu prüfen ist, ob die von ihm als beschlagnahmt bezeichneten Gegenstände der Beschlagnahme unterliegen. Der Umfang der Aufhebung des Bankgeheimnisses war ausreichend, die gegenwärtig beschlagnahmten Belege zu erfassen.
Soweit die Beschwerdeführerin behauptet, es hätten zunächst gelindere Mittel angewendet werden sollen und sie hätte im Falle einer verhängten Zwangsstrafe als im Verfahren vor den Höchstgerichten unterlegene Partei die begehrten Unterlagen freiwillig herausgegeben, ist darauf hinzuweisen, daß keine gesetzliche Verpflichtung besteht, vor der Vornahme der Beschlagnahme zunächst nach Androhung eine Zwangsstrafe zu verhängen und erst nach Obsiegen bei den Höchstgerichten die Beschlagnahme zu vollziehen. Eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides vermag die Beschwerdeführerin jedenfalls damit nicht zu begründen, wenn die Behörde - im vorliegenden Fall nach mehrmaliger Weigerung der Beschwerdeführerin, die Beweismittel auszuhändigen - von der Gebotenheit der Beweissicherung durch Beschlagnahme der nicht auf andere Weise zu erhaltenden Beweismittel ausgegangen ist und nicht vorher eine Zwangsstrafe verhängt hat.
Die Beschwerdeführerin behauptet weiters, daß kein konkreter Zusammenhang zwischen den beschlagnahmten Beweismitteln und den den Beschuldigten zur Last gelegten Finanzvergehen bestehe, wodurch eine Durchbrechung des Bankgeheimnisses nicht gerechtfertigt wäre. Die Worte "im Zusammenhang" (§ 23 Abs. 2 Z. 1 KWG) hätten einschränkende Funktion. Wenn auch anerkannt sei, daß das Bankgeheimnis im Interesse der Strafrechtspflege auch gegenüber Dritten, die in das Strafverfahren nicht verwickelt sind, durchbrochen sein könne, so sei in derartigen Fällen zum Schutz dieser unbeteiligten Dritten ein besonderer, konkreter Zusammenhang zu fordern.
Diesem Vorbringen ist entgegenzuhalten, daß die belangte Behörde in ihrer Entscheidung hinsichtlich der der Beschlagnahme unterliegenden Beweismittel konkret - in der Rechtsmittelentscheidung näher ausgeführt - dargelegt hat, daß diese Beweismittel Indossamente, Unterschriften und / oder Stampiglienaufdrucke aufweisen und somit eine unmittelbare Zuordnung zu den Beschuldigten ermöglichen würden.
Die Beweismittel sollen unter Beweis stellen, daß für den Erwerb der Teppiche tatsächlich ein höherer als in den Abgabenerklärungen angegebener Preis bezahlt worden ist. Von der Beschlagnahme ist entgegen den Befürchtungen der Beschwerdeführerin keineswegs das Bankgeheimnis hinsichtlich solcher Personen betroffen, deren Transaktionen aus irgendwelchen Gründen und Zufälligkeiten, die mit den eingeleiteten Finanzstrafverfahren nicht das geringste zu tun haben, über das streitgegenständliche Konto abgewickelt wurden. Daß es sich bei der Bank über ein "als Verrechnungsstelle fungierendes Konto" handelt, schließt den im § 23 Abs. 2 Z. 1 KWG geforderten Zusammenhang nicht aus.
Die Aufhebung des Bankgeheimnisses nach § 23 Abs. 2 Z. 1 KWG stellt ausdrücklich auf den Akt der Verfahrenseinleitung ab. Mit der Einleitung des Finanzstrafverfahrens wegen vorsätzlicher Abgabenverkürzung wird in die Rechtssphäre des Beschuldigten insofern eingegriffen, als damit die rechtlichen Voraussetzungen für die Beseitigung einer gesetzlichen Geheimhaltungspflicht geschaffen werden, mit der die rechtlichen und wirtschaftlichen Interessen des Bankkunden geschützt werden (vgl. hg. Erkenntnis vom 5. April 1989, Zl. 88/13/0021).
Die Beschwerdeführerin vertritt unter Berufung auf das hg. Erkenntnis vom 19 Mai 1988, Zl. 87/16/0110, ÖStZB. 1988, 562, die Ansicht, die Einleitung der Finanzstrafverfahren sei nicht wirksam erfolgt, da keine Übersetzung in "der Amtssprache des Zustellempfängers" angeschlossen worden sei. Eine Heilung eines derartigen Zustellmangels komme aber nicht in Betracht.
Demgegenüber hat die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid festgestellt, daß der Beschuldigte B der deutschen Sprache mächtig sei, beide Beschuldigte den Empfang der Sendungen mit den Strafverfahrenseinleitungsbescheiden nicht verweigert und auch nicht die Übermittlung einer Übersetzung begehrt, sondern vielmehr in der Folge sachlich Stellung genommen hätten.
Das in der Beschwerde zitierte Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes betraf einen Fall, in dem das Abkommen mit Jugoslawien über die administrative Zusammenarbeit in Zollangelegenheiten, BGBl. Nr. 1979/289, anzuwenden war, wonach der schriftliche Verkehr zwischen den Zollverwaltungen der Vertragsparteien in der Regel in der Staatssprache Österreichs und in den Amtssprachen Jugoslawiens stattzufinden habe. Die vorliegende Entscheidung betrifft keinen solchen Fall.
Gemäß Art. 6 Abs. 3 lit. a MRK hat jeder Angeklagte mindestens (englischer Text) - insbesondere (französischer Text) - das Recht, in möglichst kurzer Frist in einer für ihn verständlichen Sprache in allen Einzelheiten über die Art und den Grund der gegen ihn erhobenen Beschuldigung in Kenntnis gesetzt zu werden. Der Inhalt der Einleitungsbescheide erfüllt die Erfordernisse dieser Bestimmung. Vom Beschuldigten B, bei dem ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen den diesem vorgeworfenen vorsätzlichen Finanzvergehen und allen der Beschlagnahme unterliegenden Belegen, anzunehmen ist, war der Behörde bekannt, daß er deutsch gesprochen hat. Auch bei Beurteilung dieses Falles unter dem Blickwinkel des Art. 6 Abs. 3 lit. e MRK wäre daher kein anderes Ergebnis zu gewinnen. Aus dem folgenden Schriftverkehr durfte die Behörde überdies entnehmen, daß die Beschuldigten den Inhalt der Einleitungen verstanden haben und ihre Rechte wahrnehmen konnten.
Die Übernahme der Einleitungsbescheide ist durch die Rückscheine - somit durch öffentliche Urkunden - bewiesen. Ein Gegenbeweis wurde jedenfalls nicht erbracht.
Die belangte Behörde durfte demnach mit Recht - wie sie auch im angefochtenen Bescheid im Ergebnis begründet hat - von wirksam eingeleiteten Finanzstrafverfahren gegen A und B ausgehen.
Wenn die Beschwerdeführerin nunmehr auch die Verletzung des Datenschutzgesetzes geltend macht, weil die im § 1 Abs. 2 DSG verankerten Eingriffsvoraussetzungen nicht gegeben gewesen seien, übersieht sie unbeschadet des Umstandes, daß entgegen der Behauptung der Beschwerdeführerin auch die Voraussetzungen für die Durchbrechung des Bankgeheimnisses vorlagen, die Berechtigung der Finanzstrafbehörden im Rahmen des § 99 FinStrG, von jedermann Auskunft für Zwecke des Finanzstrafverfahrens zu verlangen. Die Verpflichtung zur Auskunftserteilung schließt die Verbindlichkeit in sich, Urkunden und andere Unterlagen, die für das Finanzstrafverfahren von Bedeutung sind, vorzulegen oder die Einsichtnahme in diese zu gestatten. Die Befürchtung der Beschwerdeführerin, die Interessen und die Privatsphäre zahlreicher unbeteiligter Personen würden durch die Maßnahmen der Zollbehörden verletzt, trifft im vorliegenden Fall schon deswegen nicht zu, weil auch durch das Verfahren nach § 89 Abs. 5 FinStrG und die Entscheidung des Vorsitzenden des Berufungssenates gewährleistet war, daß solche Rechte nicht verletzt werden.
Zusammenfassend ist daher festzustellen, daß die behaupteten Rechtsverletzungen nicht vorlagen, sodaß die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.
Von einer Verhandlung konnte ungeachtet des Antrages der Beschwerdeführerin gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abgesehen werden, weil die Schriftsätze der Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens und die dem Verwaltungsgerichtshof vorgelegten Akten erkennen ließen, daß die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten läßt.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 104/1991.
Schlagworte
Mangel der Berechtigung zur Erhebung der Beschwerde mangelnde subjektive Rechtsverletzung Grundsätzliches zur Parteistellung vor dem VwGH AllgemeinEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1992:1991160105.X00Im RIS seit
19.09.2001