TE Vwgh Erkenntnis 1992/12/17 92/06/0194

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Veröffentlicht am 17.12.1992
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Index

L37157 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag Interessentenbeitrag
Tirol;
L82007 Bauordnung Tirol;
L85007 Straßen Tirol;
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §66 Abs4;
AVG §8;
BauO Tir 1989 §30 Abs1;
B-VG Art119a Abs5;
LStG Tir 1989 §43 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Onder und die Hofräte Dr. Würth, Dr. Giendl, Dr. Müller und Dr. Kratschmer als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Unterer, über die Beschwerde des A in R, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Tiroler Landesregierung vom 6. August 1992, Zl. IIb1-L-1856/2-1992, betreffend Einwendungen gegen eine Baubewilligung (mitbeteiligte Parteien: 1.) A in S,

2.) Gemeinde S, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Aus dem Vorbringen der Beschwerde ergibt sich nachstehender Sachverhalt:

Die Erstmitbeteiligte hatte am 6. August 1991 beim Bürgermeister der mitbeteiligten Gemeinde um Erteilung der Bewilligung für die Errichtung einer neuen Zufahrtsstraße im Bereich der in ihrem Eigentum stehenden Grundparzellen 495, 502 und 503/4, je KG S, angesucht. Sie plante nämlich die Verlegung der bestehenden Zufahrtsstraße, die derzeit direkt an ihrem Hof "XY" (Bauparzelle 64/2) vorbeiführt, über die aber auch die dem Beschwerdeführer gehörenden Grundparzellen 503/5 und 503/2, je KG S, samt den darauf errichteten Wohnhäusern erschlossen werden. An diesen bestehenden Weg besteht die Dienstbarkeit des Gehens und Fahrens zu Gunsten der jeweiligen Eigentümer der Grundparzellen 503/5 und 503/2.

Mit Bescheid vom 4. Februar 1992 bewilligte der Bürgermeister der mitbeteiligten Gemeinde den Bau der Straße gemäß § 44 Abs. 2 des Tiroler Straßengesetzes unter Vorschreibung von straßenbautechnischen Auflagen. In der dagegen erhobenen Berufung wies der Beschwerdeführer darauf hin, daß es sich bei diesem Projekt nicht um eine öffentliche Straße im Sinn des Tiroler Straßengesetzes, sondern um einen Privatweg handle, dessen Zulässigkeit nach der Tiroler Bauordnung zu beurteilen sei. Überdies richtete sich die Berufung gegen die Abweisung der Einwendungen des Beschwerdeführers als dinglich Wegeberechtigten als unwesentlich.

Mit dem Berufungsbescheid des Gemeindevorstandes der mitbeteiligten Gemeinde wurde der erstinstanzliche Bescheid des Bürgermeisters dahin "abgeändert", daß die Baubewilligung nicht mehr nach dem Tiroler Straßengesetz, sondern gemäß § 31 Abs. 9 der Tiroler Bauordnung (TBO) erteilt wurde, wobei im übrigen die Vorschreibungen und Auflagen des Erstbescheides aufrecht blieben und die Einwendungen des Beschwerdeführers weiterhin als unbegründet abgewiesen wurden.

Die dagegen erhobene Vorstellung des Beschwerdeführers wies die belangte Behörde mit dem angefochtenen Bescheid als unzulässig zurück, da Parteien im Sinn des Tiroler Straßengesetzes Eigentümer von Grundstücken seien, die durch die Baumaßnahme direkt beansprucht würden oder ein darauf befindliches dingliches Recht beeinträchtigt werde; beide Voraussetzungen träfen für den Beschwerdeführer nicht zu.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und wegen Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Der Verwaltungsgerichtshof hat hierüber erwogen:

Dem Beschwerdeführer ist zuzugeben, daß die Begründung des angefochtenen Bescheides am vorliegenden Sachverhalt vorbeigeht. Wenn im maßgeblichen letztinstanzlichen Bescheid der Gemeinde die Baubewilligung nicht nach dem Tiroler Straßengesetz, sondern nach der Tiroler Bauordnung erteilt worden ist, kann die Berechtigung des Beschwerdeführers als Partei zu Erhebung der Vorstellung nicht nach dem Tiroler Straßengesetz beurteilt werden, wobei es für diese Frage ohne Bedeutung ist, ob es sich um eine öffentliche Straße im Sinne des § 1 Abs. 1 des Tiroler Straßengesetzes, LGBl. Nr. 13/1989, handelt, oder wie der Beschwerdeführer schon in der Berufung geltend gemacht hat, um eine Privatstraße, auf die nach der zitierten Bestimmung das Straßengesetz nicht anzuwenden ist. Bemerkt wird allerdings, daß das grundbücherlich eingetragene Wegerecht des Beschwerdeführers an den Grundstücken 495, 502 und 503/4 durch die Errichtung einer (weiteren) Straße über diese Grundstücke (und nur dies war ja Gegenstand der Baubewilligung) nicht beeinträchtigt wird, also eine Parteistellung im Sinn des § 43 Abs. 1 des Tiroler Straßengesetzes dadurch nicht begründet werden könnte.

Ungeachtet der unzutreffenden Begründung hat die belangte Behörde jedoch mit Recht die Parteistellung des Beschwerdeführers verneint. Geht man nämlich von einer Bewilligung der Privatstraße nach der Tiroler Bauordnung aus, wie dies der Beschwerdeführer in seiner Beschwerde begehrt, dann kann ihm nur als Nachbar im Sinne des § 30 Abs. 1 TBO, LGBl. Nr. 33/1989, Parteistellung zukommen. Danach sind Nachbarn Eigentümer von Grundstücken, die zu dem zur Bebauung vorgesehenen Grundstück in einem solchen räumlichen Naheverhältnis stehen, daß durch die bauliche Anlage oder deren Benützung hinsichtlich der durch dieses Gesetz geschützten Interessen mit Rückwirkungen auf ihr Grundstück oder die darauf errichtete bauliche Anlage zu rechnen ist. Derartige denkbare Rückwirkungen der Errichtung oder Benützung der Privatstraße auf die beiden bebauten Grundstücke des Beschwerdeführers wurden auch nicht andeutungsweise geltend gemacht. Vielmehr gründet sich die Beschwerde darauf, daß die Erstmitbeteiligte offensichtlich die Absicht habe, entgegen der bestehenden Servitut die bisherige Privatstraße, mit der die Grundstücke des Beschwerdeführers aufgeschlossen wurde, aufzulassen. Dies ist jedoch nach dem Beschwerdevorbringen nicht Gegenstand der bekämpften Baubewilligung. Ebensowenig ist Gegenstand des vorliegenden Verfahrens, daß die Erstmitbeteiligte nach dem Vorbringen des Beschwerdeführers weit über die erteilten baubehördlichen Bewilligungen hinausgehende Arbeiten durchgeführt habe, und sogar einen Parkplatz, für den sie keine naturschutzrechtliche Bewilligung erhalten habe, angelegt habe. Inwiefern die Erstmitbeteiligte dabei in subjektiv-öffentliche Rechte des Beschwerdeführers eingegriffen hat, ist überdies nicht erkennbar.

Mangels behaupteter oder sonst erkennbarer Rückwirkungen des bewilligten Straßenbaues auf die Grundstücke des Beschwerdeführers hinsichtlich der durch Bau- oder Straßenrecht geschützten subjektiv-öffentlichen Rechte hat die Behörde die Vorstellung daher im Ergebnis zu Recht mangels Parteistellung des Beschwerdeführers zurückgewiesen.

Da sich sohin bereits aus dem Vorbringen der Beschwerde ergibt, daß insofern der angefochtene Bescheid Rechte des Beschwerdeführers nicht verletzt hat, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung abzuweisen.

Es wird Sache des Beschwerdeführers sein, allfällige Verletzungen einer Dienstbarkeit in dem dafür vorgesehenen Zivilrechtsweg hintanzuhalten.

Schlagworte

Baurecht Nachbar Beschränkungen der Abänderungsbefugnis Beschränkung durch die Person des Bescheidadressaten Zulässigkeit der Vorstellung Parteistellung und Rechtsansprüche der Parteien (außer der Gemeinde) im Vorstellungsverfahren

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1992:1992060194.X00

Im RIS seit

24.01.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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