TE Vwgh Erkenntnis 1992/12/17 92/18/0397

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Veröffentlicht am 17.12.1992
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

B-VG Art130 Abs2;
PaßG 1969 §25 Abs1;
PaßG 1969 §25 Abs2;
VwGG §41 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Stoll, Dr. Zeizinger, Dr. Sauberer und Dr. Graf als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Wildmann, über die Beschwerde der AC (geb. 1974), der SC (geb. 1978) und der RC (geb. 1980), alle in der Türkei, alle vertreten durch Dr. G, Rechtsanwalt in D, gegen den Bescheid der österreichischen Botschaft in Ankara vom 28. August 1992, Zl. 3.32.128/5/92, betreffend Sichtvermerke, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerinnen haben dem Bund Aufwendungen in der Höhe von insgesamt S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid der belangten Behörde vom 28. August 1992 wurde den "Einwanderungsanträgen" (gemeint: den Anträgen auf Erteilung unbefristeter Sichtvermerke) der Beschwerdeführerinnen (diese sind türkische Staatsangehörige) vom 21. November 1991 gemäß § 25 Abs. 2 des Paßgesetzes 1969 (im folgenden kurz: PG) nicht stattgegeben.

In der Begründung wurde ausgeführt, die Beschwerdeführerinnen verfügten nicht über ausreichende Voraussetzungen sowohl schulischer als auch sprachlicher Natur, um eine rasche Integration sowie einen ausreichenden Schulerfolg erwarten zu können. Eine Beaufsichtigung der "Jugendlichen" sei nicht in ausreichender Form gewährleistet, daher sei auch die Annahme gerechtfertigt, daß in der Folge bei einem Eintritt in das Berufsleben negative Erfolgsaussichten bestünden. Unter Berücksichtigung des Arbeitsmarktes sowie der persönlichen Verhältnisse des Vaters der Beschwerdeführerinnen könne diesen ein Sichtvermerk nicht erteilt werden.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof. Dieser hat erwogen:

Nach § 25 Abs. 1 PG kann einem Fremden auf Antrag ein Sichtvermerk erteilt werden, sofern kein Versagungsgrund gemäß Abs. 3 vorliegt.

Gemäß § 25 Abs. 2 PG hat die Behörde bei der Ausübung des ihr im Abs. 1 eingeräumten freien Ermessens auf die persönlichen Verhältnisse des Sichtvermerkswerbers und auf die öffentlichen Interessen, insbesondere auf die wirtschaftlichen und kulturellen Belange, auf die Lage des Arbeitsmarktes und auf die Volksgesundheit Bedacht zu nehmen.

Im Sinne des Art. 130 Abs. 2 B-VG liegt Rechtswidrigkeit eines Bescheides einer Verwaltungsbehörde nicht vor, soweit die Behörde von dem ihr gesetzlich eingeräumten Ermessen - was in Hinsicht auf eine Entscheidung nach § 25 Abs. 1 und 2 PG der Fall ist - im Sinne des Gesetzes Gebrauch gemacht hat. Daß dies im Beschwerdefall nicht zuträfe, ist nicht erkennbar:

Auszugehen ist zunächst davon, daß eine Überschreitung des der Behörde hier eingeräumten Ermessensspielraumes dann von vornherein nicht in Betracht kommt, wenn den vom Fremden ins Treffen geführten persönlichen Verhältnissen an der Erteilung des angestrebten Sichtvermerkes kein erhebliches Gewicht zukommt, sohin auch dann, wenn KEINE öffentlichen Interessen gegen die Erteilung des Sichtvermerkes sprechen.

Weiters ist eine solche Überschreitung des Ermessensspielraumes auszuschließen, wenn diese persönlichen Interessen des Fremden die allenfalls gegen die Erteilung des Sichtvermerkes sprechenden öffentlichen Interessen nicht BETRÄCHTLICH überwiegen.

Was die familiären Verhältnisse der Beschwerdeführerinnen anlangt, so sind diese vorliegendenfalls nach der Aktenlage - worauf in der Gegenschrift der belangten Behörde zutreffend verwiesen wird - so gestaltet, daß nach der geplanten Übersiedlung der Beschwerdeführerinnen zu ihrem Vater nach Österreich die Mutter der Beschwerdeführerinnen samt weiteren vier Geschwistern in der Türkei verbleiben sollen. Bei diesem Sachverhalt fällt das aus dem Blickwinkel der familiären Verhältnisse bedeutsame Interesse der Beschwerdeführerinnen an der Erteilung der angestrebten (unbefristeten) Sichtvermerke nicht erheblich ins Gewicht. Der Hinweis in der Beschwerde auf einen "gewissen Vorrang der Familieneinheit" geht hier ins Leere.

Bei diesem Ergebnis ist die Prüfung der Frage entbehrlich, ob öffentliche Interessen gegen die Erteilung der Sichtvermerke sprechen, da eine Überschreitung des der belangten Behörde eingeräumten Ermessensspielraumes nach dem oben Gesagten nicht in Betracht kommt.

Die von den Beschwerdeführerinnen gerügte Unterlassung der Einholung eines Gutachtens eines von ihr genannten Institutes kann im übrigen auch deshalb keinen wesentlichen Verfahrensmangel darstellen, weil es die Beschwerdeführerinnen im Verwaltungsverfahren unterlassen haben, diesbezüglich ein konkretes Beweisthema anzuführen.

Da es den Beschwerdeführerinnen sohin nicht gelungen ist, eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides darzutun, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.

Schlagworte

Beschwerdepunkt Beschwerdebegehren Entscheidungsrahmen und Überprüfungsrahmen des VwGH Ermessensentscheidungen Ermessen

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1992:1992180397.X00

Im RIS seit

06.08.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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