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10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
AVG §10 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Stoll und Dr. Sauberer als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Wildmann, in Angelegenheit der von Dr. M, Rechtsanwalt in R, namens der mj. P in R, gegen den Bescheid des unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich vom 19. Oktober 1992, Zl. VwSen-400146/3/Gf/Hm, betreffend Schubhaft, erhobenen Beschwerde, den Beschluß gefaßt:
Spruch
Das Verfahren wird eingestellt.
Begründung
Mit Verfügung des Verwaltungsgerichtshofes vom 19. November 1992 wurde dem einschreitenden Rechtsanwalt die vorliegende Beschwerde gemäß § 34 Abs. 2 VwGG mit dem Auftrag zurückgestellt, seine Bevollmächtigung nachzuweisen, zumal im vorliegenden Fall die bloße Berufung auf "§ 10 AVG bzw. § 11a FremdPolG" unzureichend sei.
Innerhalb der gesetzten Frist legte der Einschreiter dem Verwaltungsgerichtshof eine von der bescheidbetroffenen Person, namens derer die Beschwerde geführt werden soll, persönlich unterfertigte Vollmacht vor.
Damit wurde dem erwähnten Mängelbehebungsauftrag nicht entsprochen:
Zunächst ist klarzustellen, daß es trotz der gemäß § 62 Abs. 1 VwGG anzuwendenden Vorschrift des § 10 Abs. 1 letzter Satz AVG - wonach dann, wenn ein Rechtsanwalt oder Notar einschreitet, die Berufung auf die ihm erteilte Vollmacht deren urkundlichen Nachweis ersetzt - zulässig war, einen solchen Nachweis zu fordern. Dies deshalb, weil dieser erleichterte Vollmachtsnachweis die Behörde nicht von der diesbezüglichen Prüfung befreit, wenn sich etwa aus der Aktenlage Zweifel gegen eine Bevollmächtigung ergeben (vgl. in diesem Sinne zur wortgleichen Bestimmung des § 30 Abs. 2 ZPO Fasching, Lehrbuch des österreichischen Zivilprozeßrechts, 2. Aufl., Rz 428). Solche Zweifel lagen beim Gerichtshof im Hinblick auf die nachstehenden Bestimmungen vor.
Gemäß § 11a Abs. 1 erster Satz Fremdenpolizeigesetz (im folgenden: FPG) sind minderjährige Fremde, die das 19. Lebensjahr vollendet haben, im Verfahren nach den §§ 3 bis 10a handlungsfähig. Nach § 11a Abs. 3 FPG können minderjährige Fremde, die das 19. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, und deren Interessen von ihrem gesetzlichen Vertreter nicht wahrgenommen werden können, im eigenen Namen nur Verfahrenshandlungen zu ihrem Vorteil setzen. Gesetzlicher Vertreter wird mit Einleitung des fremdenpolizeilichen Verfahrens der Jugendwohlfahrtsträger der Hauptstadt des Bundeslandes, in dem sich der Minderjährige aufhält. ...
Diese im Sinne des § 9 AVG als von den Vorschriften des bürgerlichen Rechts abweichenden Regelungen hinsichtlich der Handlungsfähigkeit solcher Fremder haben - vgl. hiezu § 62 Abs. 1 VwGG - auch für die Prozeßfähigkeit vor dem Verwaltungsgerichtshof zu gelten (vgl. in diesem Zusammenhang den Beschluß eines hg. verstärkten Senates vom 22. September 1981, Slg. Nr. 10 547/A).
Im vorliegenden Fall wurde mit dem Bescheid, der vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochten werden soll, eine Beschwerde gemäß § 5a Abs. 1 in Verbindung mit § 5(a) Abs. 6 FPG abgewiesen. Bei der Beschwerdeführerin handelt es sich nach dem Vorbringen im Beschwerdeschriftsatz um eine achtzehnjährige, minderjährige Fremde. Es ermangelte ihr sohin entsprechend den oben wiedergegebenen Vorschriften an der rechtlichen Fähigkeit, dem einschreitenden Rechtsanwalt die für die Vertretung vor dem Verwaltungsgerichtshof erforderliche Vollmacht zu erteilen, zumal nicht erkennbar ist, daß die Interessen der Fremden nicht von ihrem gesetzlichen Vertreter wahrgenommen hätten werden können.
Das Verfahren war daher mangels Vorlage einer entsprechenden Vollmacht des Einschreiters gemäß § 33 Abs. 1 in Verbindung mit § 34 Abs. 2 VwGG einzustellen.
Schlagworte
Beweismittel Urkunden Handlungsfähigkeit Prozeßfähigkeit natürliche Person Mängelbehebung ZurückziehungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1992:1992180448.X00Im RIS seit
17.12.1992