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001 Verwaltungsrecht allgemein;Norm
B-VG Art9a;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Iro und die Hofräte Dr. Närr, Dr. Fellner, Dr. Höfinger und Dr. Kail, im Beisein des Schriftführers Kommissär Dr. Ladislav, über die Beschwerde der Marktgemeinde N, vertreten durch Dr. W, Rechtsanwalt in K, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Kärnten vom 7. März 1991, GZ. 267-6/90, betreffend Grunderwerbsteuer, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Kaufvertrag vom (30. Dezember 1985) 8. Jänner 1986 kaufte die Beschwerdeführerin von E. und W.P. das Grundstück 465, EZ 508, Katastralgemeinde XY im Ausmaß von 493 m2, auf welchem sich das Haus n3 befand. Als Kaufpreis wurden S 1,300.000,-- und die Übernahme einer Leibrentenverpflichtung vereinbart. In den Abgabenerklärungen vom 30. Jänner 1986 wurde der Befreiungstatbestand des § 4 Abs. 1 Z. 7 lit. a und b Grunderwerbsteuergesetz 1955 (im folgenden: GrEStG) geltend gemacht. Über Anfrage des Finanzamtes für Gebühren und Verkehrsteuern in Klagenfurt (im folgenden: Finanzamt) teilte die Beschwerdeführerin auf dem Erhebungsblatt vom 23. Jänner 1990 mit, daß das Grundstück für den begünstigten Zweck 1988 verwendet worden sei. Es sei eine sonstige öffentliche Verkehrsanlage für die Freiwillige Feuerwehr XY und eine Kleinwohnung (86 m2) geschaffen worden. Auf Grund einer telefonischen Rückfrage ergänzte das Finanzamt dieses Erhebungsergebnis dahingehend, daß sich auf dem gegenständlichen Grundstück ein Gerätehaus der Freiwilligen Feuerwehr XY befinde.
Ausgehend von einer Bemessungsgrundlage von S 1,324.076,-- setzte das Finanzamt mit Bescheid vom 3. April 1990 die Grunderwerbsteuer mit S 105.926,-- fest. Die Errichtung eines Gerätehauses für die Freiwillige Feuerwehr erfülle nicht die Voraussetzungen des § 4 Abs. 1 Z. 7 lit. a GrEStG.
Nach Abweisung der dagegen erhobenen Berufung mit Berufungsvorentscheidung vom 18. September 1990 stellte die Beschwerdeführerin den Antrag auf Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz. Es sei ein Amtsgebäude geschaffen worden, weil die beschwerdeführende Gebietskörperschaft dort als Organ der öffentlichen Verwaltung die ihr obliegenden Aufgaben und Befugnisse wahrnehme. Unter Hinweis auf verschiedene Normen über das Feuerwehrwesen wurde dargetan, daß die "Landesregierung" den Gemeinden diese Aufgaben übertragen habe und für diesen Zweck diene ein Feuerwehrhaus als Amtsgebäude. Das geschaffene Gebäude erfülle auch als öffentlicher Zivilschutzraum den Befreiungstatbestand. Aufgrund des Katastrophenhilfegesetzes sei die Gemeinde verpflichtet, sämtliche zur Verfügung stehenden Einrichtungen, Räumlichkeiten und Liegenschaften dem Einsatzleiter kostenlos zur Verfügung zu stellen. Aufgrund der Gefahrenpolizei- und der Feuerpolizeiverordnung sei die Gemeinde verpflichtet, Geräte und Einsatzfahrzeuge in Gerätehäusern unterzubringen und solche Häuser zu erhalten. Es liege auch der Ausnahmetatbestand des § 4 Abs. 1 Z. 7 lit. b GrEStG vor, weil abgesehen von der Gebäudefläche die Restfläche adaptiert und asphaltiert worden sei und nunmehr eine öffentliche Fläche darstelle. Auch nach den Bestimmungen des Kärntner Straßengesetzes sei diese Verkehrsfläche als öffentlicher Platz und Verkehrsanlage anzusehen.
Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung als unbegründet ab. Unter Verweis auf Lehre und Rechtsprechung wurde die Auffassung abgelehnt, ein Gerätehaus der Feuerwehr sei ein Amtsgebäude; es übe auch kein Amtsträger dort eine Tätigkeit aus. Dagegen sprächen auch die festgestellten Einrichtungen in diesem Haus: Im Erdgeschoß seien drei Garagen eingerichtet, eine Werkstätte, Schlauchlager, sanitäre Anlagen, Gardarobe für 55 Mann, Bad, Stiefelwäsche; im Obergeschoß ein Schulungsraum, ein Geräteraum, sanitäre Anlagen und ein Büro; im Dachgeschoß eine Wohnung für den Gerätewart. In einem derartigen Haus werde eine Tätigkeit, mittels welcher die Beschwerdeführerin einen fest bemessenen Teil ihrer gesetzlichen Aufgaben erfülle, nicht entfaltet. Ein derartiges Feuerwehrrüsthaus stünde auch nicht im Zusammenhang mit Zivilschutzräumen. Darunter wären nämlich Räume zu verstehen, die dem öffentlichen Zivilschutz dienen und der Allgemeinheit zugänglich seien.
Hinsichtlich des Befreiungstatbestandes des § 4 Abs. 1 Z. 7 lit. b GrEStG stellte die Berufungsbehörde nach Durchführung von Erhebungen fest, daß der nichtverbaute Anteil am streitgegenständlichen Grundstück ca. 330 m2 betrage. Diese Fläche sei bisher noch nicht asphaltiert, jedoch aufgeschottert worden und diene als Zufahrt bzw. Ausfahrt für Fuhrpark und Mannschaft und müßte im Interesse des raschen und ungehinderten Feuerwehreinsatzes vom öffentlichen Verkehr freigehalten werden. Der verbleibende Teil der Liegenschaft sowie die von der Gemeinde noch dazuerworbene Fläche diene als Übungsplatz bzw. Abstellplatz für die Angehörigen der Freiwilligen Feuerwehr. Ein der Öffentlichkeit zugänglicher Park- oder Abstellplatz sei nicht angelegt worden. Aufgrund dieser Feststellung gelangte die belangte Behörde zum Ergebnis, daß eine allgemeine und unmittelbare Zugänglichkeit ausgeschlossen sei.
Mit der vorliegenden Beschwerde erachtet sich die Beschwerdeführerin in ihrem Recht verletzt, daß ihr die Verpflichtung zur Bezahlung der Grunderwerbsteuer nicht auferlegt werde; sie macht Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend. Der Bundesminister für Finanzen legte die Gegenschrift der belangten Behörde und die Akten vor.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 12 Abs. 2 erster Satz GrEStG 1987 sind auf die vor dem 1. Juli 1987 verwirklichten Erwerbsvorgänge die bis zum Inkrafttreten dieses Gesetzes in Geltung stehenden gesetzlichen Vorschriften anzuwenden. Für den vorliegenden Erwerbsvorgang ist daher das GrEStG 1955 maßgeblich.
§ 4 Abs. 1 Z. 7 GrEStG sieht die Befreiung von der Grunderwerbsteuer beim Grundstückserwerb durch Gebietskörperschaften vor, wenn
a) der Erwerb eines Grundstückes zur Errichtung oder Erweiterung von Amtsgebäuden, öffentlichen Zivilschutzräumen und gewissen anderen Baulichkeiten dient, sowie
b) der Erwerb eines Grundstückes zur Schaffung oder Erweiterung von öffentlichen Straßen, sonstigen öffentlichen Verkehrsanlagen, öffentlichen Plätzen und öffentlichen Erholungs-, Wald- und sonstigen Grünanlagen erfolgt.
Soweit die Beschwerdeführerin nach wie vor an ihrer Auffassung festhält, bei einem Feuerwehrgerätehaus handle es sich um ein "Amtsgebäude" im Sinne der herangezogenen Ausnahmsbestimmung, ist sie auf das in der Gegenschrift richtig angeführte hg. Erkenntnis vom 12. Oktober 1964, Zl. 915/64, zu verweisen. Auch damals stellte sich die beschwerdeführende Gemeinde auf den Standpunkt, das zur Aufbewahrung von Feuerwehreinsatzgeräten dienende Gebäude sei ein Amtsgebäude, weil die Wahrnehmung der Feuerpolizei zu den hoheitlichen Aufgaben der Gemeinde gehöre. Darauf hat der Verwaltungsgerichtshof erwidert, daß es lediglich auf die Prüfung der Frage ankomme, ob die Beschwerdeführerin eine amtliche Tätigkeit, also ein aktives Tun in dem zu errichtenden Gebäude zu entfalten beabsichtigte.
Während in der Berufung und im Vorlageantrag nur von einem Gerätehaus die Rede war und die Verpflichtung, ein Gerätehaus zu errichten und zu erhalten, betont wurde, wurden in der Beschwerde teilweise entgegen dem Neuerungsverbot des § 41 Abs. 1 VwGG erstmals und daher unbeachtlich eine Reihe von Tätigkeiten aufgezählt, die im Feuerwehrgebäude selbst ausgeübt würden. Der Verwaltungsgerichtshof muß jedoch von dem von der Behörde aufgrund eines mangelfreien Verfahrens festgestellten Sachverhalt ausgehen; es bedarf also keiner Untersuchung, inwieweit etwa der Einkauf, die Abrechnung und Überweisung der Betriebsmittel der Feuerwehr zu hoheitlichen Aufgaben gehören. In diesem Zusammenhang muß auf die ständige verwaltungsgerichtliche Rechtsprechung verwiesen werden, wonach bei Begünstigungstatbeständen der Grundsatz der strikten Amtswegigkeit der Sachverhaltsermittlung in den Hintergrund tritt, wenn er auch nicht völlig aufgehoben wird (zuletzt hg. Erkenntnis vom 17. September 1992, Zl. 91/16/0088, m.w.N.). Aufgrund des Tatsachenvorbringens der Beschwerdeführerin im finanzbehördlichen Verfahren bestand kein Anlaß für eine Untersuchung dahingehend, ob nicht vielleicht doch in den Büro- und Schulungsräumen im Obergeschoß eine hoheitliche Tätigkeit entfaltet werde.
Mit dem Hinweis auf die Genehmigungspflicht des gegenständlichen Rechtsgeschäftes durch die Landesregierung und durch die Aufzählung verschiedener gesetzlicher Bestimmungen aus dem Bereich des Feuerwehrwesens soll zwar dargetan werden, daß all diese Tätigkeiten der Beschwerdeführerin die Erfordernisse des Art. 18 B-VG erfüllen. Allein die Gesetzeskonformität der Tätigkeit der Beschwerdeführerin sagt noch nichts darüber aus, daß in diesem Gebäude eine Behörde als Organ der öffentlichen Gewalt die ihr obliegenden Aufgaben und Befugnisse wahrnimmt. Im übrigen wird zum Begriff des Amtsgebäudes auf die umfassenden Darstellungen von Fellner, Gebühren und Verkehrsteuern, Band II, dritter Teil, Ergänzung A April 1984, Seite 5 A ff. zu § 4 Abs. 1 Z. 7 GrEStG, und Czurda, Kommentar zum Grunderwerbsteuergesetz II in der Fassung Juli 1987, RZ 252 ff. zu § 4 GrEStG verwiesen.
Die Beschwerdeführerin beruft sich auch auf die seit der GrEStG-Novelle 1969 geltende Befreiung für "öffentliche Zivilschutzräume". "Zivilschutz" ist die Versorgung der Bevölkerung im Kriegsfalle, sie bildet einen Teil der "zivilen Landesverteidigung" (Art. 9 a B-VG). Eine (umfassende) gesetzliche Regelung fehlt (Walter-Mayer, Grundriß des Besonderen Verwaltungsrechts2, 16). Abgesehen davon, daß "Zivilschutz" nicht alle, sondern nur ganz bestimmte Notfälle erfaßt, kann ein Feuerwehrgerätehaus schon von seiner Zweckbestimmung her nicht als öffentlicher Zivilschutzraum gesehen werden. Der Verwaltungsgerichtshof kann der extensiven Interpretation von Sämann (Die Grunderwerbsteuergesetz-Novelle 1969, ÖStZ 15/16/1969, 170 ff., insbesondere 178) nicht folgen:
Die Wortfolge "öffentliche Zivilschutzräume" läßt nur die Anwendung auf die von diesem Autor genannten "eigentlichen" Zivilschutzräume zu; derartige Räumlichkeiten müßten nämlich, um ihren Einsatzzweck zu erfüllen, "öffentlich", also für JEDEN Schutzsuchenden zugänglich sein. Räumlichkeiten, in denen irgendwelche Geräte gelagert werden, können dieser Aufgabe keineswegs gerecht werden. Die Beschwerdeführerin hat auch gar nicht dargetan, daß die vorliegende Baulichkeit etwa den Bestimmungen des 14. Abschnittes der Kärntner Bauvorschriften (LGBl. Nr. 56/1985, betreffend Schutzräume), entspräche.
Hinsichtlich des Befreiungstatbestandes des § 4 Abs. 1 Z. 7 lit. b GrEStG verweist die Beschwerdeführerin auf die Bestimmungen des Kärntner Straßengesetzes 1978, allerdings ohne nähere Konkretisierung. Dabei wird verkannt, daß der gegenständliche Grundstückserwerb sichtlich nicht zur Schaffung einer öffentlichen Verkehrsfläche, sondern, wie die Existenz des Gerätehauses zeigt, zur Errichtung bzw. Adaptierung eines Feuerwehrrüsthauses diente. Dazu bedarf es aber erfahrungsgemäß einer Zu- und Abfahrt und einer Fläche, auf der Feuerwehrleute Fahrzeuge abstellen können.
Soweit die Beschwerdeführerin schließlich geltend macht, daß die achtjährige Frist des § 4 Abs. 2 GrEStG noch nicht abgelaufen sei, verkennt sie den dritten Satz dieser Bestimmung, wonach die im Abs. 1 Z. 1 bis 4 und Z. 7 bezeichneten Erwerbsvorgänge der Steuer unterliegen, wenn der begünstigte Zweck innerhalb von 8 Jahren aufgegeben wird. Die Steuerpflicht tritt daher bei den Befreiungstatbeständen der Z. 7 des § 4 Abs. 1 GrEStG auch mit der Aufgabe des begünstigten Zweckes ein (Czurda a.a.O, RZ 285 zu § 4 GrEStG). Der begünstigte Zweck wird aufgegeben, wenn das erworbene Grundstück innerhalb von 8 Jahren zu anderen als zu den nach den Z. 4 und 7 begünstigten Zwecken verwendet wird; wird nach außen dokumentiert, daß diese Absicht nicht mehr besteht, ist der begünstigte Zweck aufgegeben und damit der Nachversteuerungstatbestand erfüllt (Fellner a.a.O. Ergänzung E Jänner 1986, Seite 11 E f. zu § 4 Abs. 2 GrEStG; hinsichtlich des Ausnahmstatbestandes des § 4 Abs. 1 Z. 2 GrEStG vgl. auch das Erkenntnis vom heutigen Tage, Zl. 92/16/0058 m.w.N.). Abgesehen davon, daß hier nie behauptet wurde, es werde bis 1994 eine Baulichkeit errichtet werden, welche den Begünstigungszweck erfüllt, ist der Tatbestand somit durch die tatsächlich erfolgte Bauführung endgültig verwirkt.
Aus allen dargelegten Erwägungen ist die vorliegende Beschwerde daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff. VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1992:1991160061.X00Im RIS seit
11.07.2001