TE Vfgh Erkenntnis 1990/6/28 B919/89

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Veröffentlicht am 28.06.1990
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Index

55 Wirtschaftslenkung
55/01 Wirtschaftslenkung

Norm

B-VG Art144 Abs1 / Anlaßfall

Leitsatz

Anlaßfallwirkung der Aufhebung von §6 Abs1 litb SchrottlenkungsG idF BGBl. 338/1988 mit Ev 28.06.90, G11/90 ua. - Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtsverletzung durch Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes.

Spruch

Die beschwerdeführende Gesellschaft ist durch den angefochtenen Bescheid wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes in ihren Rechten verletzt worden.

Der Bescheid wird aufgehoben.

Der Bund (Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten) ist schuldig, der beschwerdeführenden Gesellschaft zu Handen ihres Rechtsvertreters die mit 31.600 S bestimmten Prozeßkosten binnen 14 Tagen bei Exekution zu bezahlen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1.a) aa) Die beschwerdeführende Gesellschaft beantragte am 6. November 1978 die Erteilung der Genehmigung zur Ausübung der Tätigkeit eines Werkbelieferungshändlers nach §6 des Schrottlenkungsgesetzes, BGBl. 275/1978, in der Stammfassung.

Der diesen Antrag abweisende Bescheid des Bundesministers für Handel, Gewerbe und Industrie (BMHGI) vom 10. August 1979 wurde beim Verfassungsgerichtshof zu B399/79 (im ersten Rechtsgang) angefochten. Dieses Verfahren war Anlaß für das Gesetzesprüfungsverfahren G70/84. Im Beschwerdeverfahren wurde nach Aufhebung des §6 Abs1 lita SchrottlenkungsG id Stammfassung (s. VfSlg. 10179/1984) mit hg. Erkenntnis vom 28. November 1984 (= VfSlg. 10267/1984) der Bescheid vom 10. August 1979 aufgehoben.

bb) Nach Inkrafttreten der SchrottlenkungsG-Novelle 1985, BGBl. 270, und nach Wiederverlautbarung des Gesetzes als SchrottlenkungsG 1985, BGBl. 428, erging (im zweiten Rechtsgang) der (Ersatz-)Bescheid des BMHGI vom 5. März 1986, mit dem der Antrag neuerlich abgewiesen wurde. Dieser - auf §6 Abs1 des SchrottlenkungsG 1985 gestützte - Bescheid war Gegenstand des Beschwerdeverfahrens B399/86, das Anlaß für das Gesetzesprüfungsverfahren G79/87 bot; mit Erkenntnis vom 1. März 1988 hob der Verfassungsgerichtshof den §6 Abs1 litb Z1 und den §6 Abs2 lita SchrottlenkungsG wegen Widerspruchs zu Art6 StGG auf. Der im zweiten Rechtsgang erflossene Bescheid vom 5. März 1986 wurde infolgedessen mit Erkenntnis vom 10. März 1988 B399/86, aufgehoben; dieses Erkenntnis wurde am 14. Juni 1988 zugestellt.

b) Als Konsequenz des Erkenntnisses vom 1. März 1988, G79/87, wurde mit dem Bundesgesetz vom 9. Juni 1988, BGBl. 338, der §6 des SchrottlenkungsG (mit Wirksamkeit vom 1. Juli 1988) neu gefaßt.

c) Nach Aufhebung des im zweiten Rechtsgang erlassenen Bescheides (s.o. I.1.a.bb) entschied die Behörde (nun der Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten) im dritten Rechtsgang neuerlich über den Antrag der beschwerdeführenden Gesellschaft vom 6. November 1978 (s.o. I.1.a.aa) und wies ihn - diesmal gestützt auf §6 Abs1 litb des SchrottlenkungsG idF der Novelle 1988 - mit Bescheid vom 10. Juli 1989 wiederum ab.

2. Gegen den (im dritten Rechtsgang) erlassenen Bescheid vom 10. Juli 1989 (s.o. I.1.c) wendet sich die vorliegende, auf Art144 Abs1 B-VG gestützte Beschwerde, in der die Verletzung der verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte auf Unversehrtheit des Eigentums und auf Gleichheit vor dem Gesetz sowie die Verletzung in Rechten wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes (nämlich des §6 Abs1 litb SchrottlenkungsG idF der Novelle 1988) behauptet und die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides, hilfsweise die Abtretung der Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof beantragt wird.

3. Der Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten als belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift, in der er begehrt, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

II. 1. Der Verfassungsgerichtshof hat am 5. Dezember 1989 beschlossen, aus Anlaß der vorliegenden Beschwerde gemäß Art140 Abs1 B-VG von amtswegen ein Verfahren zur Prüfung der Verfassungsmäßigkeit des §6 Abs1 SchrottlenkungsG 1985 idF der Novelle BGBl. 338/1988 einzuleiten.

Mit Erkenntnis vom heutigen Tag, G11/90, hob er die litb dieser Gesetzesbestimmung wegen Verstoßes gegen den Gleichheitsgrundsatz als verfassungswidrig auf; im übrigen wurde das Gesetzesprüfungsverfahren eingestellt.

2. Die belangte Behörde hat eine verfassungswidrige Gesetzesbestimmung angewendet. Es ist nach Lage des Falles offenkundig, daß ihre Anwendung für die Rechtsstellung der beschwerdeführenden Gesellschaft nachteilig war.

Die beschwerdeführende Gesellschaft wurde also durch den angefochtenen Bescheid wegen Anwendung einer verfassungswidrigen Gesetzesbestimmung in ihren Rechten verletzt (zB VfSlg. 10404/1985).

Der Bescheid war daher aufzuheben.

3. Dies konnte gemäß §19 Abs4 Z3 VerfGG in nichtöffentlicher Sitzung ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung beschlossen werden.

4. Die Kostenentscheidung beruht auf §88 VerfGG. In den zugesprochenen Kosten ist Umsatzsteuer in der Höhe von S 5.000,-- enthalten.

Schlagworte

VfGH / Anlaßfall

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1990:B919.1989

Dokumentnummer

JFT_10099372_89B00919_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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