TE Vwgh Erkenntnis 1992/12/21 92/03/0237

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 21.12.1992
beobachten
merken

Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §13 Abs3;
AVG §18 Abs4;
AVG §56;
AVG §58 Abs1;
AVG §63 Abs3;
AVG §66 Abs4;
VwGG §28 Abs1 Z1;
VwGG §34 Abs2;

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden):92/03/0245

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hoffmann und die Hofräte Dr. Sauberer und Dr. Gall als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Werner, in der Beschwerdesache des Dr. M, Rechtsanwalt in G, gegen den unabhängigen Verwaltungssenat für die Steiermark, betreffend Übertretung der StVO,

Spruch

I. Über den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zur Beschwerde "gegen den Bescheides vom 11. Juni 1992, GZ. 303.2-7/92-7, und des Schreibens des unabhängigen Verwaltungssenates vom 12.2.1992, GZ. UVS 03.1-10/92-24", beschlossen:

Der Antrag wird zurückgewiesen.

II. Über die Beschwerde gegen den Bescheid des unabhängigen Verwaltungssenates für die Steiermark vom 11. Juni 1992, Zl. UVS 303.2-7/92-7, betreffend Zurückweisung einer Berufung, zu Recht erkannt:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Mit dem angefochtenen Bescheid vom 11. Juni 1992 wies die belangte Behörde die Berufung des Beschwerdeführers gegen Punkt 4) des Bescheides der Bundespolizeidirektion Graz vom 9. Dezember 1991, Zl. III/St-14.855/91, womit der Beschwerdeführer einer Übertretung des § 99 Abs. 1 lit. b in Verbindung mit § 5 Abs. 2 und § 5 Abs. 2a lit. b StVO schuldig erkannt und über ihn eine Geldstrafe von S 15.000,-- (und eine Ersatzfreiheitsstrafe) verhängt wurde, als unzulässig zurück. Dieser Entscheidung war ein Schreiben der belangten Behörde vom 12. Februar 1992 an den Beschwerdeführer vorangegangen, in dem er darauf aufmerksam gemacht wurde, daß seine Eingabe vom 6. Februar 1992 weder die den Bescheid erlassende Behörde noch die dem Beschwerdeführer angelastete Verwaltungsübertretung erkennen läßt. Der Beschwerdeführer wurde ersucht, die fehlenden Angaben sofort nachzuholen.

Zur Begründung des nunmehr angefochtenen Bescheides führte die belangte Behörde aus, es gehöre zu den wesentlichen Bestandteilen einer Berufung, den angefochtenen Bescheid im Sinne der Bestimmung des § 63 Abs. 3 AVG konkret zu bezeichnen, hiezu gehöre insbesondere auch die konkrete Angabe der den Bescheid erlassenden Behörde. Das Fehlen dieses wesentlichen Bestandteiles einer Berufung stelle auch kein verbesserungsfähiges Formgebrechen im Sinne des § 13 AVG dar. Im Hinblick auf die bereits am 10. Februar 1992 abgelaufene Berufungsfrist sei im übrigen die Ergänzung des Beschwerdeführers mit Schriftsatz vom 21. Februar 1992, in der er erklärt habe, daß die Bundespolizeidirektion Graz den angefochtenen Bescheid erlassen habe, und mit dem er eine Kopie des angefochtenen Bescheides vorgelegt habe, verspätet.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften mit dem Antrag, den angefochtenen Bescheid kostenpflichtig aufzuheben.

In der Beschwerde wurde die Zahl des angefochtenen Bescheides mit "UVS 03.1-10/92-24" bezeichnet. Bevor dem Beschwerdeführer diesbezüglich ein Verbesserungsauftrag erteilt wurde, stellte er am 13. November 1992 den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand "zur Beschwerde gegen den Bescheides vom 11. Juni 1992, GZ. 303.2-7/92-7 und des Schreibens des unabhängigen Verwaltungssenates vom 12.2.1992, GZ. UVS 03.1-10/92-24" mit dem Antrag, ihm die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu genehmigen und zu bewilligen, daß neben der Geschäftszahl UVS 03.1-10/92-24 die Geschäftszahl UVS 303.2-7/92-7 gesetzt werde bzw. die eine Geschäftszahl durch die andere ersetzt werde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat die Beschwerde und den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen des persönlichen und sachlichen Zusammenhanges zur gemeinsamen Beratung verbunden und hierüber erwogen:

I) Zum Wiedereinsetzungsantrag (Zl. 92/03/0245):

Der Beschwerdeführer stützt sich im wesentlichen darauf, daß er durch ein unabwendbares, unvorhergesehenes Ereignis daran gehindert worden sei, die richtige Geschäftszahl des angefochtenen Bescheides in der Beschwerde anzugeben. Der Bescheid habe sich im Handakt des Beschwerdeführers nicht finden lassen, lediglich die Zahl "UVS 03.1-10/92-24" sei vorgelegen. Unvorhergesehen habe bei der belangten Behörde am 2. November 1992 der Bescheid nicht fotokopiert werden können, erst am 3. November 1992 sei der Bescheid vorgelegen und sei an diesem Tag der Irrtum hinsichtlich der Geschäftszahl bemerkt worden.

Der hierauf gestützte Wiedereinsetzungsantrag ist jedoch unzulässig:

Gemäß § 46 Abs. 1 VwGG in der Fassung BGBl. Nr. 564/1985 ist einer Partei auf Antrag die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis - so dadurch, daß sie von einer Zustellung ohne ihr Verschulden keine Kenntnis erlangt hat - eine Frist versäumt und dadurch einen Rechtsnachteil erleidet. Daß der Partei ein Verschulden an der Versäumung zur Last liegt, hindert die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt.

Voraussetzung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ist somit eine FRISTVERSÄUMNIS, die der Partei durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis widerfahren ist. Eine derartige Fristversäumnis liegt jedoch nicht vor. Gemäß § 28 Abs. 1 Z. 1 VwGG hat die Beschwerde die Bezeichnung des angefochtenen Verwaltungsaktes zu enthalten. Gemäß § 34 Abs. 2 erster Halbsatz VwGG sind Beschwerden, denen keiner der im § 34 Abs. 1 VwGG bezeichneten Umstände entgegensteht, bei denen jedoch die Vorschriften über die Form UND DEN INHALT (§§ 23, 24, 28 und 29 VwGG) nicht eingehalten wurden, zur Behebung der Mängel unter Anberaumung einer kurzen Frist zurückzustellen. Es ist somit aufgrund dieser Norm auch ein gegen § 28 Abs. 1 Z. 1 VwGG verstoßender Mangel, wenn also die Bezeichnung des angefochtenen Verwaltungsaktes nicht korrekt angeführt ist, verbesserungsfähig. Ein Verbesserungsauftrag unter Fristsetzung ist durch den Verwaltungsgerichtshof zum Zeitpunkt der Einbringung des Wiedereinsetzungsantrages nicht verfügt gewesen. Auch sonst hat der Beschwerdeführer diesbezüglich keine Fristversäumnis zu vertreten. Der Wiedereinsetzungsantrag war daher mangels Vorliegens der Voraussetzungen des § 46 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.

II) Zur Beschwerde (Zl. 92/03/0237):

Der Beschwerdeführer stützt sich im wesentlichen darauf, es sei wohl richtig, daß er in seiner Berufung nicht ausdrücklich "dazugeschrieben" habe, daß die bescheidausstellende Behörde die Bundespolizeidirektion Graz ist, es sei jedoch diese Geschäftszahl der belangten Behörde "sicher bestens bekannt" gewesen und hätte daher einwandfrei der Erstbehörde zugeordnet werden können. Einfache Formfehler könnten immer im nachhinein behoben werden; so habe auch der Beschwerdeführer dem Auftrag der belangten Behörde vom 12. Februar 1992 entsprochen und innerhalb der Frist die Berufung verbessert. Wenn die belangte Behörde einen Verbesserungsauftrag erteilt und dem Beschwerdeführer aufgetragen hat, Unterlagen vorzulegen, hätte sie diese auch verwenden müssen und nicht die Berufung wegen eines Formfehlers zurückweisen dürfen.

Gemäß § 24 VStG ist die Bestimmung des § 63 Abs. 3 AVG auch auf Berufungen im Verwaltungsstrafverfahren anzuwenden. Danach hat die Berufung den Bescheid zu bezeichnen, gegen den sie sich richtet, und einen begründeten Berufungsantrag zu enthalten. Wie sich aus dem Beschwerdevorbringen selbst ergibt, wurde die Berufung durch den nunmehrigen Beschwerdeführer nicht bei der erstinstanzlichen Behörde eingebracht, sondern bei der belangten Behörde.

Zur geforderten konkreten Bezeichnung des Bescheides war es daher auch notwendig, die bescheiderlassende Behörde bestimmt anzugeben. Der Hinweis der Beschwerde, die Geschäftszahl "III/St" sei der belangten Behörde "sicher bestens bekannt" gewesen, und damit die Forderung des Beschwerdeführers, die belangte Behörde hätte durch gedankliche Rückschlüsse allenfalls zur Bundespolizeidirektion Graz als bescheiderlassende Behörde gelangen können, ist verfehlt, weil durch mögliche Rückschlüsse der Berufungsbehörde, daß durch ihre Anrufung in Verbindung mit einer bestimmten Aktenzahl eine bestimmte Erstbehörde gemeint sein könnte, nicht das Erfordernis für den Berufungswerber beseitigt wird, im Sinne des § 63 Abs. 3 AVG den Bescheid in einer Weise zu bezeichnen, daß er unverwechselbar feststeht (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 11. April 1991, Zl. 90/06/0223). Damit im Zusammenhang ist auch die Bestimmung des § 18 Abs. 4 AVG - auch diese ist im Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 24 VStG anzuwenden - beachtlich, wonach alle schriftlichen Ausfertigungen behördlicher Erledigungen unter anderem auch die Bezeichnung der Behörde enthalten müssen. Fehlt die bescheiderlassende Behörde im Bescheid und ist dem Adressaten nicht erkennbar, so liegt ein Bescheid nicht vor (vgl. das von § 96 BAO ausgehende, jedoch auch auf § 18 Abs. 4 AVG bezugnehmende Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 24. April 1986, Zl. 86/17/0072).

Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers liegt somit hier nicht etwa ein gemäß § 13 Abs. 3 AVG verbesserungsfähiges Formgebrechen vor, sondern es gehört die Bezeichnung des Bescheides, gegen den sich die Berufung richtet, als Teil der Berufungserklärung zum wesentlichen Inhalt der Berufung (vgl. Walter-Mayer Grundriß5, Rz 520, mit weiteren Literaturhinweisen).

Der Umstand, daß die belangte Behörde ohne gesetzlichen Anlaß einen Verbesserungsauftrag erteilte, vermag ein subjektives Recht des Beschwerdeführers auf Sacherledigung des außerhalb der ursprünglichen Rechtsmittelfrist ergänzten Rechtsmittels nicht zu begründen (vgl. in diesem Sinne das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 23. Oktober 1986, Zl. 86/02/0087 mit weiteren Literaturhinweisen).

Da somit bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt, daß die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, ist die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Schlagworte

Einhaltung der FormvorschriftenBehördenbezeichnungBescheidcharakter Bescheidbegriff Formelle ErfordernisseFristInhalt der Berufungsentscheidung Voraussetzungen der meritorischen Erledigung Zurückweisung (siehe auch §63 Abs1, 3 und 5 AVG)Verbesserungsauftrag Bejahung BerufungsverfahrenBescheidbegriff Mangelnder Bescheidcharakter

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1992:1992030237.X00

Im RIS seit

03.04.2001

Zuletzt aktualisiert am

22.12.2011
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten