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10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
AVG §13 Abs3;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kirschner und die Hofräte Dr. Puck, Dr. Waldner, Dr. Novak und Dr. Bumberger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Kopp, über die Beschwerde
1) des MH und 2) der AH, beide in F, beide vertreten durch Dr. G, Rechtsanwalt in G, gegen den Bescheid des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft vom 15. Juni 1992, Zl. 18.326/09-I A 8/92, betreffend Zurückweisung einer Berufung i.A. einer Rodungsbewilligung,
Spruch
I) zu Recht erkannt:
Der angefochtene Bescheid wird, soweit er den Erstbeschwerdeführer betrifft, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
II) beschlossen:
Die Beschwerde der Zweitbeschwerdeführerin wird zurückgewiesen.
Der Bund (Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft) hat dem Erstbeschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 11.520,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Die Zweitbeschwerdeführerin hat dem Bund (Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft) Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1.1. Mit Bescheid vom 30. Jänner 1992 wies die Bezirkshauptmannschaft Graz-Umgebung den Rodungsantrag des Erstbeschwerdeführers vom 4. Dezember 1990, betreffend die Waldgrundstücke Nr. 555/1 und Nr. 555/3, KG X, gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurück.
Nach der Begründung dieses Bescheides habe der Erstbeschwerdeführer bereits im Jahr 1979 um die Rodungsbewilligung für die Anlage von 10 Fischteichen auf den genannten Waldgrundstücken angesucht, wobei aber diesem Antrag mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Graz-Umgebung vom 30. Mai 1980 nicht stattgegeben und die weitere ordnungsgemäße Bewirtschaftung als Wald aufgetragen worden sei.
Gegen diesen Bescheid erhoben BEIDE Beschwerdeführer Berufung. In dieser Berufung stellen die Beschwerdeführer zunächst den bisherigen Verfahrensgang dar; das Ansuchen vom 4. Dezember 1990 um eine Teilrodung sei wegen entschiedener Sache zurückgewiesen worden. Sowohl in der "südlichen" wie auch der "nördlichen Nähe" befänden sich je drei namentlich genannte Teicheigentümer; die Genannten seien "alle genehmigt seitens der Forstbehörde Graz-Umgebung, nur wir nicht".
1.2. Mit Bescheid vom 27. April 1992 wies der Landeshauptmann von Steiermark die Berufung "gemäß § 66 Abs. 4 AVG aus dem Grunde des § 62 Abs. 3 AVG" (gemeint wohl: § 63 Abs. 3) "als unbegründet" zurück. Dies wird im wesentlichen damit begründet, daß der Berufung nicht zu entnehmen sei, aus welchen Gründen sich die Berufungswerber gegen die mit dem angefochtenen Bescheid gemäß § 68 Abs. 1 AVG ausgesprochene Zurückweisung des Rodungsantrages wendeten.
Auch gegen diesen Bescheid erhoben beide Beschwerdeführer Berufung.
1.3. Mit Bescheid vom 15. Juni 1992 wies der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft die Berufung gemäß § 63 Abs. 3 AVG in Verbindung mit § 170 Abs. 7 ForstG und § 66 Abs. 4 AVG als unbegründet ab. Im wesentlichen wurde dies damit begründet, daß die Berufung gegen den erstinstanzlichen Bescheid keinen begründeten Berufungsantrag enthalte, da die Einschreiter in ihrer Berufung lediglich eine Darstellung des Verwaltungsgeschehens bezüglich der in Rede stehenden Teilflächen wiedergegeben, sich darüberhinaus aber auf den Hinweis beschränkt hätten, daß Rodungen, die einem ähnlichen wie dem von den Einschreitern beabsichtigten Zweck dienten, bezüglich anderer Flächen bewilligt worden seien.
1.4. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde vor dem Verwaltungsgerichtshof, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.
1.5. Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift.
2.0. Der Verwaltungsgerichtshof hat (hinsichtlich der Zurückweisung der Beschwerde der Zweitbeschwerdeführerin in dem nach § 12 Abs. 3 VwGG gebildeten Senat) erwogen:
2.1. Gemäß § 63 Abs. 3 AVG hat die Berufung den Bescheid zu bezeichnen, gegen den sie sich richtet, und einen begründeten Berufungsantrag zu enthalten.
2.2. Zwar ist bei der Beurteilung der für ein zur meritorischen Behandlung geeignetes Rechtsmittel im Gesetz aufgestellten Voraussetzungen eine streng formalistische Auslegung nicht vorzunehmen. Gleichwohl muß aus der Berufung zumindest erkennbar sein, aus welchen - wenn auch vielleicht nicht stichhältigen - Gründen der angefochtene Bescheid bekämpft wird. Was § 63 Abs. 3 AVG will, ist, daß die Berufungsbehörde der Eingabe, mit der gegen die Entscheidung der Unterbehörde ein Rechtsmittel erhoben wird, entnehmen können soll, was mit dem Verfahrensschritt nach Absicht der Partei bezweckt wird (vgl. das hg. Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 30. Jänner 1990, Zl. 88/18/0361 = ZfVB 1991/1/74, unter Bezugnahme auf das Erkenntnis vom 27. Juni 1980, Zl. 2834/79 = ZfVB 1981/4/1138).
Im vorliegenden Fall ist nun aus dem Berufungsschriftsatz (oben Pkt. 1.1.) zweifelsfrei erkennbar, daß die erstinstanzliche Zurückweisung wegen entschiedener Sache mit der Begründung als rechtswidrig bekämpft wird, es seien bereits andere Teiche genehmigt worden. Dies kann als die Behauptung eines neuen Sachverhaltes und/oder eines Indizes für eine willkürliche Entscheidung aufgefaßt werden. Daß eine solche Begründung allenfalls nicht zielführend ist, spielt bei der Beurteilung anhand des § 63 Abs. 3 AVG keine Rolle. Denn für die Beurteilung, ob ein Berufungsantrag begründet ist, ist nicht wesentlich, daß die Begründung stichhaltig ist (vgl. u.a. das hg. Erkenntnis vom 29. Jänner 1992, Zlen. 91/02/0120, 0125).
2.3. Bereits aus diesen Erwägungen folgt, daß die belangte Behörde zu Unrecht angenommen hat, es liege kein begründeter Berufungsantrag vor. Der angefochtene Bescheid war daher, soweit er den Erstbeschwerdeführer betrifft, gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
2.4. Hinsichtlich der Beschwerde der Zweitbeschwerdeführerin ist davon auszugehen, daß bloß der Erstbeschwerdeführer einen Antrag auf Rodungsbewilligung bei der Bezirkshauptmannschaft Graz-Umgebung gestellt hat und auch nur er Bescheidadressat des erstinstanzlichen (zurückweisenden) Bescheides war. Als Berufungswerberin wurde dann aber neben dem Erstbeschwerdeführer auch die Zweitbeschwerdeführerin genannt. Die Berufung der Zweitbeschwerdeführerin wäre vom Landeshauptmann von Steiermark zurückzuweisen gewesen, weil sie nicht Bescheidadressatin war. Dadurch, daß der Landeshauptmann (auch) die Berufung der Zweitbeschwerdeführerin mangels eines begründeten Berufungsantrages zurückgewiesen und die belangten Behörde ihre dagegen erhobene Berufung als unbegründet abgewiesen hat, konnte sie in ihren Rechten nicht verletzt werden. Die Beschwerde der Zweitbeschwerdeführerin war daher gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG wegen des Mangels der Berechtigung zu ihrer Erhebung zurückzuweisen.
2.5. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.
2.6. Soweit Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes zitiert wurden, die in der Amtlichen Sammlung der Erkenntnisse und Beschlüsse dieses Gerichtshofes nicht veröffentlicht sind, wird auf Art. 14 Abs. 4 und 7 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes, BGBl. Nr. 45/1965, hingewiesen.
Schlagworte
Rechtsverletzung sonstige FälleInhalt der Berufungsentscheidung Voraussetzungen der meritorischen Erledigung Zurückweisung (siehe auch §63 Abs1, 3 und 5 AVG)Mangel der Berechtigung zur Erhebung der Beschwerde mangelnde subjektive Rechtsverletzung Parteienrechte und Beschwerdelegitimation Verwaltungsverfahren Mangelnde Rechtsverletzung Beschwerdelegitimation verneint keineBESCHWERDELEGITIMATIONVerbesserungsauftrag Ausschluß Berufungsverfahren Fehlen des begründeten RechtsmittelantragesEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1992:1992100154.X00Im RIS seit
21.12.1992Zuletzt aktualisiert am
09.06.2010