TE Vfgh Erkenntnis 1990/6/29 G21/90

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Veröffentlicht am 29.06.1990
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Index

L7 Wirtschaftsrecht
L7400 Fremdenverkehr

Norm

B-VG Art7 Abs1 / Gesetz B-VG Art140 Abs1 / Präjudizialität Krnt FrVAG Anlage

Leitsatz

Keine Verletzung des Gleichheitsrechtes durch die Einstufung von Steuerberatern und Wirtschaftstreuhändern einerseits und Notaren und Rechtsanwälten andererseits in verschiedene Abgabengruppen in der Anlage zum Kärntner Fremdenverkehrsabgabegesetz; sachlich gerechtfertigte Ungleichbehandlung verschiedener Gruppen rechtsberatender Berufe in Hinblick auf deren unterschiedlich starken Konnex mit dem Fremdenverkehr

Spruch

1. Dem Antrag wird nicht Folge gegeben, soweit er sich auf die Worte "Steuerberater" und "Wirtschaftstreuhänder" in der Abgabegruppe C der Anlage zum (Kärntner) Fremdenverkehrsabgabegesetz 1976, LGBl. für Kärnten Nr. 100, bezieht.

2. Im übrigen wird der Antrag zurückgewiesen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1.a) Der Verwaltungsgerichtshof stellt - mit näherer Begründung (s.u. III.B.1) aus Anlaß des bei ihm zu Zl. 87/17/0346 anhängigen Beschwerdeverfahrens mit Beschluß vom 21. Dezember 1989, A16/90, gemäß Art140 Abs1 B-VG an den Verfassungsgerichtshof den Antrag, die Worte "Steuerberater" und "Wirtschaftstreuhänder" in der Abgabegruppe C der Anlage zum Fremdenverkehrsabgabegesetz 1976, Anlage zur Wiederverlautbarungskundmachung der Kärntner Landesregierung, LGBl. für Kärnten Nr. 100/1976, oder auch die Worte "Notare" und "Rechtsanwälte" in der Abgabegruppe E, als verfassungswidrig aufzuheben.

b) Der Verwaltungsgerichtshofbeschwerde liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

Mit Bescheid des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Klagenfurt vom 30. Dezember 1986 wurde dem Beschwerdeführer - er ist Wirtschaftstreuhänder (beeideter Wirtschaftsprüfer und Steuerberater) - für das Jahr 1986 Fremdenverkehrsabgabe in der Höhe von S 4.637,-- zur Zahlung vorgeschrieben, wobei der Beschwerdeführer in die Abgabegruppe C der Anlage zum Fremdenverkehrsabgabegesetz 1976, LGBl. für Kärnten Nr. 100/1976 (im folgenden: FrVAbgG), eingestuft wurde.

Der Beschwerdeführer erhob Berufung.

Mit dem angefochtenen, am 26. Mai 1987 zugestellten Bescheid wies die Kärntner Landesregierung (§9a leg.cit. idF LGBl. Nr. 2/1986) diese Berufung als unbegründet ab.

Mit Beschluß vom 5. Oktober 1987, B664/87, lehnte der Verfassungsgerichtshof die Behandlung der gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde ab. Die Beschwerde wurde dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten.

2. Die Kärntner Landesregierung erstattete entsprechend dem in ihrer Sitzung vom 3. April 1990 gefaßten Beschluß im Gesetzesprüfungsverfahren eine Äußerung, in der sie den Antrag stellt:

"Der Verfassungsgerichtshof wolle den Antrag des Verwaltungsgerichtshofes auf Prüfung der Worte 'Steuerberater', 'Wirtschaftstreuhänder' in der Abgabegruppe C und in eventu der Worte 'Notare', 'Rechtsanwälte' in der Abgabegruppe E des Anhanges des Fremdenverkehrsabgabegesetzes 1976, LGBl. Nr. 100, zuletzt geändert durch LGBl. Nr. 47/1988 mangels Präjudizialität zurückweisen.

Der Verfassungsgerichtshof wolle im Falle des Bestehens der Präjudizialität aussprechen, daß die Worte 'Steuerberater', 'Wirtschaftstreuhänder' in der Abgabegruppe C und die Worte 'Notare', 'Rechtsanwälte' in der Abgabegruppe E des Anhanges des Fremdenverkehrsabgabegesetzes 1976 nicht verfassungswidrig sind."

II. In diesem Verfahren ist das (Kärntner) Fremdenverkehrsabgabegesetz 1976, LGBl. für Kärnten 100/1976, idF der Novelle LGBl. 2/1986, maßgebend.

Nach §3 dieses Gesetzes haben die selbständig Erwerbstätigen, die aus dem Fremdenverkehr Nutzen ziehen und Einkünfte gemäß §2 Abs3 Z1, 2 und 3 des Einkommensteuergesetzes erzielen, eine jährliche Fremdenverkehrsabgabe zu leisten. Wenn von einem Abgabepflichtigen eine der in den Abgabegruppen der Anlage zum Gesetz aufgezählten oder eine ähnliche Tätigkeit ausgeübt wird, besteht die (widerlegbare) Vermutung, daß er Nutzen aus dem Fremdenverkehr zieht (§4 des Gesetzes).

Dem §6 leg.cit. zufolge richtet sich die Höhe der Abgabe nach der in der Anlage zum Gesetz erfolgten Einstufung in Abgabegruppen. So beträgt sie für die Abgabegruppe C 0,9 o/oo, für die Abgabegruppe E0,45 o/oo des von den Abgabepflichtigen im Land Kärnten im zweitvorangegangenen Jahr erzielten abgabepflichtigen Umsatzes, mindestens jedoch 150 S.

In die Abgabegruppe C sind u.a. "Steuerberater" und "Wirtschaftstreuhänder", in die Abgabegruppe E u.a. "Notare" und "Rechtsanwälte" eingereiht.

III. Der Verfassungsgerichtshof hat erwogen:

A. Zur Zulässigkeit

1.a) Der Verwaltungsgerichtshof begründet die Annahme, daß die angefochtenen Gesetzesstellen in dem bei ihm anhängigen Beschwerdeverfahren präjudiziell seien, wie folgt:

"Bei der Festsetzung der Höhe der Fremdenverkehrsabgabe hat die belangte Behörde §6 FrVAbgG 1976 in Verbindung mit den in der Abgabegruppe C der Anlage aufgezählten Tätigkeiten 'Steuerberater' und 'Wirtschaftstreuhänder' angewendet. Auch der Verwaltungsgerichtshof hat diese Gesetzesstelle, in eventu auch - in ihrem Zusammenhang und als Beurteilungsmaßstab für die Sachlichkeit der vom Gesetzgeber vorgenommenen Einstufung - die Worte 'Notare' und 'Rechtsanwälte' in der Abgabegruppe E anzuwenden. Diese Bestimmungen sind daher in der vorliegenden Beschwerdesache im Sinne des Art140 Abs1 erster Satz in Verbindung mit Art89 Abs2 und 135 Abs4 B-VG präjudiziell."

b) Die Kärntner Landesregierung meint, daß in dem der Verwaltungsgerichtshofbeschwerde zugrundeliegenden Bescheid die Vorschreibung der Abgabe nur auf die Steuerberatungstätigkeit des Beschwerdeführers gestützt worden sei. Die Behörde habe keine andere als die darauf bezughabenden Bestimmungen des FrVAbgG angewendet.

2.a) In dem beim Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Berufungsbescheid wird die Einreihung des Beschwerdeführers in die Abgabegruppe C damit begründet, daß er "Wirtschaftstreuhänder und Steuerberater" sei.

Der Annahme des Verwaltungsgerichtshofes, daß er bei der Entscheidung über die bei ihm anhängige Beschwerde nicht bloß das Wort "Steuerberater", sondern auch das Wort "Wirtschaftstreuhänder" anzuwenden habe, kann nicht entgegengetreten werden.

Da außer der Präjudizialität auch die übrigen Prozeßvoraussetzungen vorliegen, ist der Gesetzesprüfungsantrag insoweit zulässig.

b) Hingegen ist es ausgeschlossen, daß der Verwaltungsgerichtshof bei seiner Entscheidung im Anlaßverfahren auch auf andere Berufsbezeichnungen (etwa "Notare" und "Rechtsanwälte") zurückzugreifen hätte. Der Umstand, daß der Verwaltungsgerichtshof die in seinem Antrag geäußerten Bedenken mit einem Vergleich zwischen Steuerberatern und Wirtschaftstreuhändern einerseits und Notaren und Rechtsanwälten andererseits begründet, bewirkt noch nicht, daß er die zweitgenannten Worte im Beschwerdeverfahren (unmittelbar) iS des Art89 Abs2 und 140 Abs1 B-VG anzuwenden hätte. Diese bilden mit der Regelung über die Steuerberater und Wirtschaftstreuhänder auch keine untrennbare Einheit.

Der auf Prüfung und Aufhebung der Worte "Notare" und "Rechtsanwälte" gerichtete (Alternativ-)Antrag war sohin mangels Präjudizialität zurückzuweisen.

B. Zur Sache selbst

1.a) Der Verwaltungsgerichtshof geht in seinem Antrag von der Judikatur des Verfassungsgerichtshofes (zB VfSlg. 7082/1973) aus und meint, daß das Gesetz nur dann dem Gleichheitsgebot des Art7 B-VG widerspräche, wenn die Feststellungen darüber, welchen Nutzen die einzelnen zu Gruppen zusammengefaßten Unternehmenstypen aus dem Fremdenverkehr durchschnittlich zögen, mit den tatsächlichen Verhältnissen offenkundig gar nicht übereinstimmen würden. Der Verwaltungsgerichtshof meint, daß hier ein solcher Widerspruch vorliege:

"Der Verwaltungsgerichtshof hat - hinsichtlich der Gruppe der miteinander durchaus vergleichbaren rechtsberatenden Berufe - das Bedenken, daß sich die Einordnung der 'Wirtschaftstreuhänder' (zu ihnen zählen bereits nach der Wirtschaftstreuhänder-Berufsordnung die Steuerberater) und der darüber hinaus noch besonders erwähnten 'Steuerberater' in die Abgabegruppe C, während sich die 'Notare' und die 'Rechtsanwälte' in der Abgabegruppe E befinden, durch Unterschiede des ihnen erwachsenden Fremdenverkehrsnutzens sachlich nicht rechtfertigen läßt. Es müßte nämlich, um - bei der gebotenen Durchschnittsbetrachtung - von einer im Hinblick auf Art7 Abs1 B-VG unbedenklichen Regelung sprechen zu können, von einem doppelt so hohen Fremdenverkehrsnutzen der Wirtschaftstreuhänder im Vergleich zu jenem der Notare und Rechtsanwälte ausgegangen werden können. Dies dürfte allerdings den wirtschaftlichen Erfahrungstatsachen widersprechen. Es ist evident, daß alle genannten rechtsberatenden Berufe indirekten Nutzen aus dem Fremdenverkehr ziehen, also an jener Steigerung der wirtschaftlichen Leistungskraft teilnehmen, die durch den Fremdenverkehr induziert ist und sich - wie bereits ausgeführt - im Umsatz widerspiegelt. Der Verwaltungsgerichtshof vermag zwischen den genannten rechtsberatenden Berufen keinen so gravierenden Unterschied in den indirekten Fremdenverkehrsnutzen und den dadurch bewirkten Umsätzen zu erblicken, wie er dem Gesetz zu Grunde liegt. So wie sich die allgemeine Belebung der Wirtschaft durch den Fremdenverkehr in einem bestimmten Gebiet im Umsatz aus der Buchhaltungs-, Prüfungs- und Beratungstätigkeit des Wirtschaftstreuhänders niederschlägt (Zahl der Klienten, Zahl der Geschäftsvorfälle, Umfang der Bilanzsummen usw.), trifft dies auch für die Rechtsanwälte (Vertragsjurisprudenz, Liegenschaftsverkehr, Firmengründungen, Beratungstätigkeit, gerichtliche Vertretung, etwa in handels- und arbeitsrechtlichen Streitigkeiten) und wohl auch (mit Ausnahme des letztgenannten Beispielfalles) für die Notare zu. Zu dem bei Wirtschaftstreuhändern, Rechtsanwälten und Notaren etwa gleichen indirekten Fremdenverkehrsnutzen kommt aber bei den Rechtsanwälten, wohl kaum jedoch bei den Wirtschaftstreuhändern, noch ein Anteil an direktem Fremdenverkehrsnutzen hinzu, z.B. aus der gerichtlichen und außergerichtlichen Tätigkeit des Rechtsanwaltes im Zusammenhang mit Unfällen oder anderen Schadensereignissen oder Straftaten, in die Fremde involviert sind. Dies spricht dafür, daß die Wirtschaftstreuhänder eher einen geringeren, keinesfalls aber einen größeren Fremdenverkehrsnutzen haben als Rechtsanwälte und Notare.

Der Verwaltungsgerichtshof vermag daher keine sachliche Rechtfertigung dafür zu finden, daß die Wirtschaftstreuhänder, darunter die Steuerberater, mit einem doppelt so hohen Promille-Satz zur Leistung der Fremdenverkehrsabgabe herangezogen werden, wie dies für die Rechtsanwälte (und wohl auch die Notare) der Fall ist."

b) Die Kärntner Landesregierung hält dem im wesentlichen folgendes entgegen:

"Die Tätigkeit der Steuerberater (Wirtschaftstreuhänder) umfaßt Buchhaltungs-, Prüf- und Beratungstätigkeiten, wie der kaufmännischen Buchführung, Rechnungsabschlüsse, Kostenrechnung, Kalkulation u.a. im gesamten Bereich der wirtschaftlichen Unternehmungen. Daß daraus direkter Nutzen aus dem Fremdenverkehr erzielt wird, wird auch im Antrag des VwGH nicht behauptet. Durch die wirtschaftliche Orientierung der Tätigkeit der Steuerberater ist aber auch eine starke Verknüpfung mit der Fremdenverkehrswirtschaft gegeben, was schon aus der Tatsache hervorgeht, daß Steuerberater (Wirtschaftstreuhänder) ihre Tätigkeit in allen Bereichen entfalten können, die in der Anlage zum Fremdenverkehrsabgabegesetz 1976 aufgezählt sind. In den Abgabegruppen A und B zum Fremdenverkehrsabgabegesetz sind weitgehend Unternehmungen aufgezählt, die direkten Nutzen aus dem Fremdenverkehr ziehen, allenfalls noch bestimmte Erzeugungsunternehmungen, nicht aber Dienstleistungsunternehmungen. Wenn nun ab der Abgabegruppe C Unternehmungen aufgezählt sind, die indirekten Nutzen aus dem Fremdenverkehr ziehen, so scheint die Einreihung der Steuerberater (Wirtschaftstreuhänder) in die Abgabegruppe C deshalb gerechtfertigt, weil durch den Fremdenverkehr eine Vielzahl neuer Geschäftsmöglichkeiten für diesen Tätigkeitsbereich entsteht.

Rechtsanwälte sind berechtigt, in allen gerichtlichen und außergerichtlichen und allen öffentlichen und privaten Angelegenheiten zu vertreten. Zu den Hauptgebieten der Rechtsanwälte zählt unter anderem das Zivilrecht, darunter das Ehe(Scheidungs-)recht, Kindschaftsrecht, Erbrecht, Strafrecht, aber auch der gesamte Verwaltungsbereich. Das Aufgabengebiet der Rechtsanwälte umfaßt somit ein sehr weites Feld, welches zu großen Teilen keine primär wirtschaftliche Orientierung hat, wie z.B. im Bereich des Eherechtes, des Kindschaftsrechtes, des Erbrechtes, in welchen Bereichen durch den Fremdenverkehr auch grundsätzlich eine Umsatzsteigerung daher kaum eintritt. Der Fremdenverkehr ist maßgeblich mit der Wirtschaft verknüpft. Wenn auch Fälle eines direkten Nutzens aus dem Fremdenverkehr für Rechtsanwälte denkbar sind, so spielt dieser direkte Nutzen jedoch nur eine untergeordnete Rolle. Der im Antrag des VwGH angeführte Fall der Begehung von Delikten im Zusammenhang mit dem Fremdenverkehr und der daraus resultierenden Vertretungstätigkeit wird eher als Ausnahmefall anzusehen sein. Die Zahl der Verkehrsunfälle wird durch den Fremdenverkehr sicherlich erhöht und damit auch die daraus resultierende Vertretungstätigkeit im Rahmen der Schadensabwicklung. Diese Tätigkeit kommt jedoch primär den Vertragsanwälten der Versicherungen, nicht aber den Rechtsanwälten allgemein zugute, da der nicht am Unfallort wohnende Fremde sich fast ausschließlich des von der Versicherung vorgeschlagenen Anwaltes bedient. Dieser aus dem Fremdenverkehr resultierende Nutzen wird daher in eine Durchschnittsbetrachtung nicht einzubeziehen sein.

Der Aufgabenbereich der Notare, deren Tätigkeit vor allem der Abschluß und die Beurkundung von Rechtsgeschäften und Rechtserklärungen, sowie der Erlag von Geld und Wertpapieren bildet, ist zwar gegenüber dem der Rechtsanwälte etwas eingeschränkt. Grundsätzlich gilt aber auch hier, daß das weite Berufsgebiet maßgeblich auch Bereiche abdeckt, die wenig fremdenverkehrsorientiert sind, insbesondere der Bereich für Erbschaftsangelegenheiten. Darüber hinaus ist für Notare ein direkter Nutzen kaum zu erwarten.

Da der Steuerberater ein viel stärker in der Wirtschaft orientiertes Aufgabengebiet hat als der Rechtsanwalt oder Notar und die durch den Fremdenverkehr bewirkte Geschäftssteigerung in einer wesentlich größeren Vielzahl erwartet werden kann, erscheint eine differenzierte Einreihung der Steuerberater (Wirtschaftstreuhänder) in die Abgabegruppe C und der Notare und Rechtsanwälte in die Abgabegruppe E gerechtfertigt."

2.a) Nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (zB VfSlg. 6205/1970, 7082/1973 und 11025/1986 mit Hinweisen auf weitere Vorjudikatur) - von der abzugehen kein Anlaß besteht - ist es sachlich gerechtfertigt, die Höhe einer Fremdenverkehrsabgabe vom Ausmaß des (unmittelbaren oder mittelbaren) Fremdenverkehrsnutzens abhängig zu machen und diesen Nutzen aus dem Umsatz des Abgabepflichtigen abzuleiten. Die Annahme, daß Angehörige freier Berufe (etwa Ärzte oder Rechtsanwälte) aus dem Fremdenverkehr bei einer Durchschnittsbetrachtung überhaupt keinen Nutzen ziehen, ist verfehlt.

"Der Umstand allein, daß das Verhältnis des Umsatzes zum Fremdenverkehrsnutzen und jenes des Fremdenverkehrsnutzens der in den einzelnen Gruppen zusammengefaßten Unternehmenstypen zum Nutzen der jeweils einer anderen Gruppe zugeordneten Unternehmenstypen auch als Durchschnittsgrößen nicht exakt zu bestimmen sind, macht eine Festlegung dieser Verhältnisse durch den Gesetzgeber noch nicht unsachlich oder willkürlich. Unsachlichkeit oder Willkür und damit ein Widerspruch zu Art7 B-VG läge nur dann vor, wenn diese Feststellung mit den tatsächlichen Verhältnissen offenkundig gar nicht übereinstimmen könnte oder wollte" (VfSlg. 7082/1973).

b) Von all dem geht auch der Verwaltungsgerichtshof aus. Er erblickt jedoch eine offenkundige, sachlich nicht zu rechtfertigende Ungleichbehandlung darin, daß vergleichbare Gruppen rechtsberatender Berufe in bezug auf die Abgabenhöhe verschieden behandelt würden.

Zwar ist weder nachweisbar, ob die Annahme, von der der Gesetzgeber ausgeht (daß nämlich die Steuerberater und Wirtschaftstreuhänder doppelt so hohen Nutzen aus dem Fremdenverkehr ziehen wie die Notare und Rechtsanwälte), zutrifft, noch ob jene, auf der die Bedenken des Verwaltungsgerichtshofes beruhen, richtig ist; beide Annahmen sind aber nicht unvertretbar.

Der Verfassungsgerichtshof könnte - wie oben dargetan - dem Gesetzgeber nur entgegentreten, wenn dessen Annahmen mit den tatsächlichen Verhältnissen offenbar gar nicht übereinstimmten.

Davon kann aber keine Rede sein: Immerhin sind - wie die Kärntner Landesregierung (plausibel) ausführt (s.o. III.B.1.b) - bei einer (zulässigen) Durchschnittsbetrachtung - Steuerberater und Wirtschaftstreuhänder im Regelfall laufend und überwiegend für solche Klienten tätig, die ihrerseits im bedeutenden Ausmaß direkten Nutzen aus dem Fremdenverkehr ziehen. Damit ist eine starke (wenngleich bloß mittelbare) Verknüpfung der Steuerberater und Wirtschaftstreuhänder mit dem Fremdenverkehr gegeben. Sie kann in der Regel mehr ins Gewicht fallen, als jene der Notare und Rechtsanwälte, deren Tätigkeit vielfach nur gelegentlichen und geringen Konnex mit dem Fremdenverkehr hat.

Die vom Verwaltungsgerichtshof geäußerten Bedenken treffen also nicht zu.

Dem Antrag war mithin keine Folge zu geben.

3. Dies konnte gemäß §19 Abs1 erster Satz VerfGG ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung beschlossen werden.

Schlagworte

VfGH / Präjudizialität, Fremdenverkehr, Abgaben Fremdenverkehr, Berufe freie

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1990:G21.1990

Dokumentnummer

JFT_10099371_90G00021_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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