TE Vfgh Erkenntnis 1990/6/29 V203/88

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Veröffentlicht am 29.06.1990
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Index

L8 Boden- und Verkehrsrecht
L8100 Immission, Luftreinhaltung, Schwefelgehalt im Heizöl

Norm

B-VG Art18 Abs2 B-VG Art139 Abs5 / Fristsetzung Nö LuftreinhalteG §6 Abs8 Verordnung der Niederösterreichischen Landesregierung über die Überprüfung von Feuerungsanlagen vom 2.6.1987, LGBL 8100/1-0 §4 Abs1 Z2

Leitsatz

Aufhebung einer Bestimmung einer Durchführungsverordnung zum NöLuftreinhalteG als gesetzwidrig wegen Beschränkung der Möglichkeitzur Erteilung einer Befugnis zur Überprüfung von Feuerungsanlagen;gesetzwidriges Erfordernis eines Kursbesuches alsBefähigungsnachweis; Unmöglichkeit einer gesetzeskonformenInterpretation; Fristsetzung für das Außerkrafttreten deraufgehobenen Bestimmung

Spruch

Die Z2 des §4 Abs1 der Verordnung der Niederösterreichischen Landesregierung über die Überprüfung von Feuerungsanlagen vom 2. Juni 1987, LGBl. 8100/1-0, wird als gesetzwidrig aufgehoben.

Die Aufhebung tritt mit Ablauf des 15. Dezember 1990 in Kraft.

Die Niederösterreichische Landesregierung ist zur unverzüglichen Kundmachung dieser Aussprüche im Landesgesetzblatt verpflichtet.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1. Beim Verwaltungsgerichtshof ist ein Verfahren über eine Beschwerde der H F GesmbH gegen einen Bescheid der NÖ. Landesregierung anhängig, mit dem der H F GesmbH die Erteilung der Überprüfungsbefugnis gemäß §6 Abs8 des NÖ. Luftreinhaltegesetzes, LGBl. 8100-0, in Verbindung mit §4 Abs1 der Verordnung der NÖ. Landesregierung über die Überprüfung von Feuerungsanlagen, LGBl. 8100/1-0, verweigert wurde. In der Begründung dieses vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheides wurde unter anderem ausgeführt, daß H F als gewerberechtlicher Geschäftsführer der H F GesmbH keine Zeugnisse im Sinne des §4 Abs1 Z2 der Feuerungsanlagen-Überprüfungsverordnung beigebracht habe und daß in dieser Verordnung die Bewilligungsvoraussetzungen taxativ aufgezählt seien.

2. Aus Anlaß des geschilderten Beschwerdeverfahrens stellt der Verwaltungsgerichtshof den Antrag an den Verfassungsgerichtshof, "die Ziffer 2 des §4 Abs1 der Verordnung der Niederösterreichischen Landesregierung vom 2. Juni 1987, LGBl. 8100/1-0, als gesetzwidrig aufzuheben".

Zur Präjudizialität der angefochtenen Verordnungsbestimmung wird ausgeführt, daß die Voraussetzungen für die Bestellung der beschwerdeführenden Gesellschaft bzw. ihres Geschäftsführers als "befugter Fachmann" dem §6 Abs8 des NÖ. Luftreinhaltegesetzes und dem in dessen Ausführung ergangenen §4 Abs1 der Feuerungsanlagen-Überprüfungsverordnung, darunter insbesondere auch der Z2 dieser Verordnungsbestimmung zu entnehmen und daher vom Verwaltungsgerichtshof bei seiner Kontrolle des angefochtenen Bescheides auch anzuwenden seien.

Seine Bedenken gegen die Rechtmäßigkeit der angefochtenen Verordnungsbestimmung umschreibt der Verwaltungsgerichtshof dahin, daß §6 Abs8 des NÖ. Luftreinhaltegesetzes als positive Voraussetzung für die Anerkennung als befugter Fachmann den Besitz der erforderlichen Kenntnisse und Fertigkeiten verlange und daß das Gesetz drei alternative Möglichkeiten nenne, den Besitz der erforderlichen Kenntnisse und Fertigkeiten zu erweisen:

"1. eine Prüfung, 2. unbedenkliche Zeugnisse, 3. sonstige Nachweise einer erfolgreichen Zurücklegung einer entsprechenden Ausbildung. Demgegenüber schränkt §4 Abs1 Z2 der genannten Verordnung die Möglichkeit, die erforderlichen Kenntnisse und Fertigkeiten nachzuweisen, allein auf die Absolvierung eines Kurses, wobei der Kursbesuch durch ein Zeugnis über eine positiv abgeschlossene Prüfung nachzuweisen ist, ein; die beiden weiteren im Gesetz vorgesehenen Möglichkeiten - unbedenkliche Zeugnisse oder ein sonstiger Nachweis - werden von der Verordnung nicht mehr genannt."

Der Wortlaut der Verordnung lasse die Deutung nicht zu, daß außer Kurs und positiver Prüfung hierüber noch weitere Möglichkeiten des Nachweises des Besitzes der erforderlichen Kenntnisse und Fertigkeiten bestünden. Diese Beschränkung sei aber mit §6 Abs8 des NÖ. Luftreinhaltegesetzes nicht zu vereinbaren.

3. Die NÖ. Landesregierung hält in ihrer Äußerung vom 17. Jänner 1989 die angefochtene Verordnungsbestimmung nicht für gesetzwidrig und stellt daher den Antrag, §4 Abs1 Z2 der Verordnung über die Überprüfung von Feuerungsanlagen, LGBl. 8100/1-0, nicht als gesetzwidrig aufzuheben.

Zwar trifft es nach Meinung der NÖ. Landesregierung zu,

"daß der Wortlaut dieser Bestimmung die Auffassung nahelegt, der Verordnungsgeber habe die im NÖ. Luftreinhaltegesetz genannten Möglichkeiten über den Nachweis der erforderlichen Kenntnisse und Fertigkeiten auf den Nachweis einer erfolgreich absolvierten Ausbildung beschränkt."

Nach Meinung der NÖ. Landesregierung sei die in Prüfung gezogene Verordnungsbestimmung bei gesetzeskonformer Interpretation dahin zu verstehen,

"daß der hier vorgesehene Nachweis die weiteren, gesetzlich vorgesehenen Möglichkeiten über den Nachweis der erforderlichen Kenntnisse und Fertigkeiten nicht beschränkt. Vielmehr regelt die Verordnung lediglich den Nachweis einer erfolgreichen Ausbildung durch unbedenkliche Zeugnisse, nicht aber den Nachweis der erforderlichen Kenntnisse und Fertigkeiten durch 'sonstige Nachweise' im Sinne des §6 Abs8 leg.cit.

Ob die letztgenannten Voraussetzungen vorliegen, hat die Behörde unmittelbar aufgrund des §6 des NÖ. Luftreinhaltegesetzes zu entscheiden. Daraus folgt, daß §4 Abs1 der Verordnung dahin zu verstehen ist, daß die Bestellung zum Prüfer jedenfalls auszusprechen ist, wenn die hier genannten Voraussetzungen gegeben sind. Diese Bestimmung kann allerdings nicht dahin verstanden werden, daß nur bei Erfüllung dieser Voraussetzungen eine Bestellung zum Prüfer erfolgen darf."

Für den Fall der Aufhebung der angefochtenen Verordnungsbestimmung durch den Verfassungsgerichtshof beantragt die NÖ. Landesregierung,

"für das Außerkrafttreten eine Frist von sechs Monaten zu bestimmen, da in diesem Fall die Vollziehung des NÖ. Luftreinhaltegesetzes die Erlassung einer neuen Verordnung erfordert."

II. Der Verfassungsgerichtshof hat erwogen:

1. Der Verfassungsgerichtshof hat keinen Zweifel, daß der Verwaltungsgerichtshof bei seiner Entscheidung über die bei ihm anhängige Beschwerde wegen Nichtbestellung zum Prüfer von Feuerstätten gemäß §6 Abs8 NÖ. Luftreinhaltegesetz in Verbindung mit §4 Abs1 der Feuerungsanlagen-Überprüfungsverordnung auch die Z2 dieser Verordnungsbestimmung anzuwenden hat.

Das Verordnungsprüfungsverfahren gemäß Art139 Abs1 B-VG ist sohin zulässig.

2.a. §6 Abs1 des NÖ. Luftreinhaltegesetzes verlangt die periodische Überprüfung bestimmter Feuerstätten durch "befugte Fachleute". Gemäß §6 Abs7 Z4 des NÖ. Luftreinhaltegesetzes gelten als "befugte Fachleute" für bestimmte Feuerstätten u.a. "zur Ausübung dieser Überprüfung gemäß Abs8 befugte Gewerbetreibende". Die Voraussetzungen für die Befugnis von Gewerbetreibenden zur periodischen Überprüfung von Feuerungsanlagen hat die Landesregierung gemäß §6 Abs8 NÖ. Luftreinhaltegesetz durch Verordnung zu regeln. §6 Abs8 leg.cit. besagt weiter:

"....Die in Betracht kommenden Personen haben die erforderlichen Kenntnisse und Fertigkeiten zu besitzen, und es darf kein Zweifel an der ordnungsgemäßen Durchführung der Messungen bestehen. Die erforderlichen Kenntnisse und Fertigkeiten sind in einer Prüfung nachzuweisen, sofern nicht unbedenkliche Zeugnisse oder sonstige Nachweise der erfolgreichen Zurücklegung einer entsprechenden Ausbildung erbracht werden".

Zufolge §4 Abs1 der NÖ. Feuerungsanlagen-Überprüfungsverordnung werden Gewerbetreibende von der NÖ. Landesregierung zu Prüfern von Feuerstätten bestellt,

" ... , wenn sie

1. über eine Gewerbeberechtigung verfügen, die aufgrund des Gewerberechtsumfangs zur Überprüfung der in §6 Abs7 Z. 4 NÖ. Luftreinhaltegesetz genannten Feuerstätten berechtigt,

2. einen Kurs über Rauch- und Abgasmessungen einer fachlich geeigneten Stelle, z.B. Wirtschaftsförderungsinstitut der Handelskammer NÖ, besucht haben, wobei der Kursbesuch durch ein Zeugnis über eine positiv abgeschlossene Prüfung nachzuweisen ist und

3. über die erforderlichen Meßgeräte verfügen."

b. Die Bedenken des Verwaltungsgerichtshofes treffen zu.

§6 Abs8 des NÖ. Luftreinhaltegesetzes läßt die für die Überprüfung von Feuerstätten erforderlichen Kenntnisse und Fertigkeiten entweder "in einer Prüfung nachweisen" oder durch "unbedenkliche Zeugnisse" oder drittens durch "sonstige Nachweise der erfolgreichen Zurücklegung einer entsprechenden Ausbildung" erbringen.

Demgegenüber beschränkt §4 Abs1 Z2 der Feuerungsanlagen-Überprüfungsverordnung den Nachweis der für die Überprüfung von Feuerungsanlagen erforderlichen Kenntnisse und Fertigkeiten auf den Besuch eines "Kurs(es) über Rauch- und Abgasmessungen einer fachlich geeigneten Stelle", "wobei der Kursbesuch durch ein Zeugnis über eine positiv abgeschlossene Prüfung nachzuweisen ist". Diese Regelung hat einen abschließenden, jeden anderen Nachweis der für die Überprüfung von Feuerstätten erforderlichen Kenntnisse und Fertigkeiten ausschließenden Inhalt.

Den von der NÖ. Landesregierung in ihrer Äußerung angestellten Überlegungen zu einer gesetzeskonformen Interpretation der Feuerungsanlagen-Überprüfungsverordnung dahin, daß diese Verordnung "lediglich den Nachweis einer erfolgreichen Ausbildung durch unbedenkliche Zeugnisse, nicht aber den Nachweis der erforderlichen Kenntnisse und Fertigkeiten durch 'sonstige Nachweise' im Sinne des §6 Abs8 leg.cit." regelt, sodaß die Behörde unmittelbar aufgrund des §6 des NÖ. Luftreinhaltegesetzes zu entscheiden habe, ob die letztgenannten Voraussetzungen vorliegen, kann nicht gefolgt werden. §6 Abs8 NÖ. Luftreinhaltegesetz verpflichtet nämlich die Landesregierung zur Regelung der "für eine ordnungsgemäße Überprüfung erforderlichen Voraussetzungen für die Befugnis von Gewerbetreibenden" durch Verordnung. Die Art des Nachweises der für die Überprüfungsbefugnis erforderlichen Kenntnisse und Fertigkeiten von Gewerbetreibenden ist sohin zwingend durch Verordnung zu regeln. Lediglich soweit die Verordnung eine entsprechende Regelung enthält, ist der erforderliche Nachweis möglich und zulässig. Wenn die Feuerungsanlagen-Überprüfungsverordnung sohin nur einen bestimmten Ausbildungsweg und den Nachweis einer positiv abgeschlossenen Prüfung darüber als Voraussetzung für die Bestellung zum Prüfer von Feuerstätten anordnet, schließt sie damit jedenfalls den vom Gesetz für zulässig erklärten sonstigen Nachweis der erfolgreichen Zurücklegung einer entsprechenden Ausbildung für diese Tätigkeit aus.

Die Z2 des §4 Abs1 der Verordnung der NÖ. Landesregierung über die Überprüfung von Feuerungsanlagen, LGBl. 8100/1-0, ist daher antragsgemäß als gesetzwidrig aufzuheben.

4. Da es entsprechend den oben angestellten Überlegungen gemäß §6 Abs8 des NÖ. Luftreinhaltegesetzes unzulässig wäre, Prüfer zu bestellen, ohne daß die hiefür eine Voraussetzung bildenden Kenntnisse und Fähigkeiten in einer von der NÖ. Landesregierung erlassenen Verordnung geregelt sind, ist entsprechend der Anregung der NÖ. Landesregierung gemäß Art139 Abs5 letzter Satz B-VG vom Verfassungsgerichtshof für das Außerkrafttreten der als gesetzwidrig erkannten Verordnungsbestimmung eine Frist bis 15. Dezember 1990 zu setzen. Der NÖ. Landesregierung wird damit Gelegenheit gegeben, die vom Gesetz (§6 Abs8 erster Satz NÖ. Luftreinhaltegesetz) geforderte Regelung der erforderlichen Kenntnisse und Fertigkeiten als Voraussetzung für die Befugnis von Gewerbetreibenden zur Überprüfung von Feuerungsanlagen durch Verordnung neu zu treffen.

Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte gemäß §19 Abs4 erster Satz VerfGG 1953 abgesehen werden.

Schlagworte

Umweltschutz, DurchführungsV, Auslegung,Luftreinhaltung, Feuerungsanlagen Überprüfung, Befähigungsnachweis(bei Überprüfung von Feuerungsanlagen), VfGH / Fristsetzung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1990:V203.1988

Zuletzt aktualisiert am

13.08.2010
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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