TE Vwgh Erkenntnis 1993/1/12 92/14/0177

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Veröffentlicht am 12.01.1993
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht;
32/02 Steuern vom Einkommen und Ertrag;
50/05 Kammern der gewerblichen Wirtschaft;

Norm

BAO §299 Abs1 lita;
B-VG Art18 Abs2;
GewStG §15 Abs1;
HKG 1946 §57;
HKG 1946 §57e Abs2;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Schubert und die Hofräte Dr. Hnatek, Dr. Karger, Dr. Baumann und Mag. Heinzl als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Cerne, über die Beschwerde der H-GmbH & Co KG in W, vertreten durch Dr. J, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Oberösterreich vom 29. Oktober 1992, Zl. 253/1-3/Re-1992, betreffend aufsichtsbehördliche Aufhebung eines Bescheides des Finanzamtes über die Festsetzung von Zuschlägen an Bundes- und Landeskammerumlage zur Gewerbesteuer 1991, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 11.420,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Beschwerdeführerin erhob beim Finanzamt gegen dessen Bescheid über die Festsetzung der Gewerbesteuer Berufung, soweit für Zuschläge an Bundeskammerumlage 5 Prozent und an Landeskammerumlage 14 Prozent des einheitlichen Gewerbesteuermeßbetrages vorgeschrieben worden waren, und beantragte, die angefochtene Entscheidung dahin abzuändern, daß die genannten Zuschläge nicht vorgeschrieben werden. Zur Begründung dieses Begehrens brachte die Beschwerdeführerin unter Hinweis auf § 57 HKG vor, daß die Ausgaben der Fachgruppen und der Fachverbände primär durch Anteile an Einverleibungsgebühren, Gebühren für Sonderleistungen und sonstige Einnahmen zu decken seien; erst dann, wenn mit diesen Einnahmen nicht das Auslangen gefunden werden könne, dürfe eine Grundumlage vorgeschrieben werden. Wenn diese Einnahmen zusammen nicht ausreichten, sei ein Zuschlag zur Gewerbesteuer vorgesehen. Im vorliegenden Fall sei die Festsetzung der Grundumlage durch Beschluß des Vorstandes der Kammer der gewerblichen Wirtschaft für Oberösterreich vom 15. April 1991 mit 4,1 Promille der Bruttolohn- und -gehaltssumme erfolgt. Es könne nicht nachvollzogen werden, wie hoch die nicht gedeckten Ausgaben 1991 seien und wie der Zuschlag zur Gewerbesteuer ermittelt worden sei. Die Anführung eines Prozentsatzes scheine dem Gesetz nicht zu genügen. Ergänzend brachte die Beschwerdeführerin im Berufungsverfahren noch vor, daß sie die Höhe des Zuschlages bekämpfe und ihrer Anfechtung nur dann Erfolg beschieden sein könne, wenn die zugrundeliegende Verordnung wegen Gesetzwidrigkeit aufgehoben werde. Die Einwendungen richteten sich daher gegen die Höhe des Anspruches; es liege daher keine Bestreitung dem Grunde nach im Sinne des § 57e Abs. 2 HKG vor. Die Kammermitgliedschaft der Beschwerdeführerin sei nicht bestritten.

Das Finanzamt wies die Berufung durch Berufungsvorentscheidung mit der Begründung ab, die Festsetzung der Höhe der Landes- und Bundeskammerumlage sei für 1991 von den zuständigen Organen der Kammern mit 14 Prozent bzw. 5 Prozent beschlossen und bekanntgegeben worden.

Dementsprechend seien die Zuschläge bei der Ermittlung der Gewerbesteuer berücksichtigt worden. Die zu entrichtende Umlage sei daher, soweit vom Finanzamt überprüfbar, ordnungsgemäß festgesetzt worden.

Die Beschwerdeführerin beantragte hierauf die Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz.

Mit dem nun vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid hob die belangte Behörde in Ausübung ihres Aufsichtsrechtes die Berufungsvorentscheidung gemäß § 299 Abs. 1 lit. a BAO auf. Die Abgabenbehörden wirkten bei der Einhebung der Umlage gleichsam nur als Inkassant, der verpflichtet sei, die Umlage in der ihm bekanntgegebenen Höhe einzuheben. Der Berufungsantrag sei mit einem solchen gleichzusetzen, der die Zuschlagspflicht im Sinne des § 57e Abs. 2 HKG dem Grunde nach bekämpfe. Da somit die Landeskammer über das gegenständliche Rechtsmittel zu entscheiden habe, sei das Finanzamt zur Erledigung der Berufung unzuständig gewesen.

Die Beschwerdeführerin erachtet sich durch diesen Bescheid in ihrem Recht auf gesetzmäßige Erledigung ihrer Berufung durch die Abgabenbehörden verletzt. Sie behauptet inhaltliche Rechtswidrigkeit mit der Begründung, ein Fall des § 57e Abs. 2 HKG, in dem die Kammerumlagepflicht dem Grunde nach bestritten sei, liege nicht vor, weil diese Bestimmung nur Fälle erfasse, in denen die Kammermitgliedschaft bekämpft werde. Die Beschwerdeführerin habe in ihrer Berufung den Bescheid nur hinsichtlich der Höhe der Umlage bekämpft. Die Beschwerdeführerin beantragt deshalb die Aufhebung des angefochtenen Bescheides.

Der belangten Behörde wurde gemäß § 35 Abs. 2 VwGG Gelegenheit gegeben, alles vorzubringen, was geeignet sei, das Vorliegen der behaupteten Rechtsverletzung als nicht gegeben erkennen zu lassen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der belangten Behörde ist es in ihrer Stellungnahme nicht gelungen, die sich schon aus dem angefochtenen Bescheid ergebende, in der Beschwerde behauptete Rechtsverletzung als nicht gegeben erkennen zu lassen.

Gemäß § 57 Abs. 1 und 2 HKG sind die Landeskammerumlage und die Bundeskammerumlage, die jeweils als Zuschläge zur Gewerbesteuer zu entrichten sind, von den Finanzbehörden des Bundes gemeinsam mit dieser Steuer vorzuschreiben und einzuheben.

Daraus ergibt sich, daß den Finanzbehörden des Bundes beim individuellen Vollzug grundsätzlich die gleichen Aufgaben wie bei der Vorschreibung und Einhebung der Gewerbesteuer zukommen, dies mit der Ausnahme, daß gemäß § 57e Abs. 2 HKG über Rechtsmittel, mit denen die Kammerumlagepflicht dem Grunde nach bestritten wird, die Landeskammer zu entscheiden hat.

Das Gesetz stellt in der zitierten Beschränkung der funktionellen Zuständigkeit der Abgabenbehörden im Rechtsmittelverfahren nicht auf die Unterscheidung zwischem dem Grund des UmlagenANSPRUCHES, für dessen Entstehen ein Umlagenfestsetzungsbeschluß der Kammer eine Voraussetzung bilden könnte, einerseits und dessen Höhe anderseits ab, sondern auf die KammerumlagePFLICHT dem Grunde nach, die ihrerseits ein Tatbestandsmerkmal für die Entstehung des Umlagenanspruches bildet.

Die Kammerumlagepflicht trifft - wie sich aus § 57 HKG entnehmen läßt - dem Grunde nach die Kammermitglieder. Die Kammerumlagepflicht ist daher nur dann dem Grunde nach bestritten, wenn die Kammermitgliedschaft bestritten wird (vgl. das hg. Erkenntnis vom 16. Dezember 1986, 86/14/0090).

Die belangte Behörde erkennt in ihrer Stellungnahme richtig, daß die Festsetzung der Höhe der Kammerumlage durch die zuständigen Organe der Kammer ein hoheitlicher, genereller Verwaltungsakt und damit eine Verordnung ist (vgl. diesbezüglich zur Einverleibungsgebühr z.B. die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 23. April 1992, 92/09/0045 und 92/09/0062), deren Überprüfung auf ihre Gesetzmäßigkeit der Verwaltungsbehörde nicht zusteht.

Die in § 57e Abs. 1 HKG vorgesehene Bekanntgabe der Höhe der Kammerumlage an die Finanzlandesdirektionen dient der Verwaltungsvereinfachung, ändert aber nichts daran, daß für die Abgabenbehörden des Bundes bei der Vorschreibung der Umlagen rechtlicher Maßstab nur die Verordnung und nicht eine - allenfalls unrichtige - Bekanntgabe des Verordnungsinhaltes durch die Kammer ist. Eine andere Auslegung der genannten Gesetzesstelle wäre mit dem Rechtsschutzsystem des Bundes-Verfassungsgesetzes unvereinbar.

Die in der Berufung von der Beschwerdeführerin gegen die Gesetzmäßigkeit der Umlagenfestsetzungsverordnungen der Kammerorgane vorgetragenen Bedenken stellen daher keine Bestreitung der Kammerumlagepflicht dem Grunde nach im Sinne des § 57e Abs. 2 HKG dar. Es handelt sich dabei um ein Vorbringen, das mit Anspruch auf Erledigung und damit Aussicht auf Erfolg erst in einer Beschwerde gemäß Art. 144 B-VG an den Verfassungsgerichtshof gegen den Bescheid der Abgabenbehörde letzter Instanz vorgetragen werden könnte, wenn die Beschwerdeführerin damit behauptet, wegen Anwendung einer gesetzwidrigen Verordnung in ihrem Recht auf Unterbleiben der betreffenden Vorschreibung von Umlage verletzt worden zu sein.

Die in der Stellungnahme der belangten Behörde vertretene Meinung, bei Richtigkeit der Ansicht der Beschwerdeführerin müßte die Finanzlandesdirektion als Berufungsbehörde umfangreiche Nachforschungen über die gesamte Gebarung der Kammer der gewerblichen Wirtschaft anstellen, ist somit verfehlt.

Die belangte Behörde hat daher die Zuständigkeit des Finanzamtes zur Erledigung der Berufung zu Unrecht verneint und solcherart die Rechtslage verkannt.

Da die Wirksamkeit der Berufungsvorentscheidung gemäß § 276 Abs. 1 BAO durch den Vorlageantrag nicht berührt wurde, wird die Beschwerdeführerin im Rahmen des oben erwähnten Beschwerdepunktes durch den angefochtenen Bescheid in ihrem Recht auf Erledigung der Berufung durch die Abgabenbehörde verletzt.

Der angefochtene Bescheid mußte deshalb gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufgehoben werden.

Die Entscheidung über Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 104/1991.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1993:1992140177.X00

Im RIS seit

11.07.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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