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10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
ABGB §1494;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Liska und die Hofräte Dr. Knell, Dr. Müller, Dr. Novak und Dr. Händschke als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Schwächter, über die Beschwerde des F in G, vertreten durch seinen Sachwalter J in G, dieser vertreten durch Dr. C, Rechtsanwalt in G, gegen den auf Grund eines Beschlusses des Unterausschusses des zuständigen Verwaltungsausschusses des Landesarbeitsamtes Steiermark ausgefertigten Bescheid vom 26. August 1992, betreffend Notstandshilfe, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Aus der vorliegenden Beschwerde und der beigeschlossenen Ausfertigung des angefochtenen Bescheides ergibt sich nachstehender Sachverhalt:
Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers auf Notstandshilfe ab. Nach der Bescheidbegründung habe der Beschwerdeführer am 10. Februar 1992 beim zuständigen Arbeitsamt einen Antrag auf Notstandshilfe gestellt. Diesem Antrag habe das Arbeitsamt mit Bescheid vom 13. Februar 1992 deshalb keine Folge gegeben, weil gemäß § 33 Abs. 5 AlVG Notstandshilfe nur gewährt werden könne, wenn sich der Arbeitslose innerhalb dreier Jahre nach Erschöpfung des Anspruches auf Arbeitslosengeld um die Notstandshilfe bewerbe. Da der Beschwerdeführer Arbeitslosengeld nur bis 29. Dezember 1987 bezogen habe, hätte er entsprechend dem § 33 Abs. 5 AlVG den Antrag auf Notstandshilfe bis spätestens 29. Dezember 1990 stellen müssen. In der Berufung gegen diesen Bescheid habe der Sachwalter des Beschwerdeführers eingewendet, die von der erstinstanzlichen Behörde herangezogenen Abweisungsgründe kämen im Beschwerdefall nicht zum Tragen, weil der Beschwerdeführer seit dem Jahre 1973 unter Sachwalterschaft stehe und der gesetzliche Vertreter dem Verfahren nie beigezogen worden sei. Diese Einwände rechtfertigten aber keine andere Entscheidung. Kriterium der rechtmäßigen Einbringung eines Antrages auf Notstandshilfe sei es nämlich, daß dieser innerhalb einer Dreijahresfrist nach Erschöpfung des Anspruches auf Arbeitslosengeld zu stellen sei. Läge freilich einer der im § 16 AlVG taxativ aufgezählten Ruhenstatbestände vor (wie z.B. Aufenthalt des Arbeitslosen im Ausland), so bewirkte dies nicht nur das Ruhen einer Leistung aus der Arbeitslosenversicherung, sondern hemmte auch den Ablauf der dreijährigen Frist des § 33 Abs. 5 AlVG. Solche Umstände seien aber im Beschwerdefall nicht gegeben. Der Sachwalter habe selbst bekanntgegeben, daß der Beschwerdeführer vom 30. Dezember 1987 bis 10. November 1990 unsteten Aufenthaltes (nur) in Österreich gewesen sei, wobei nicht bekannt sei, womit er seinen Lebensunterhalt bestritten habe. Da es sich bei § 33 Abs. 5 AlVG um eine materiellrechtliche und nicht eine verfahrensrechtliche Bestimmung handle, sei das nicht innerhalb der Frist geltend gemachte Recht auf Gewährung von Notstandshilfe untergegangen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, nach der sich der Beschwerdeführer insbesondere in seinem Recht verletzt erachtet, daß in einem Verfahren nach dem AlVG sein gesetzlicher Vertreter beigezogen werde, sodaß ihm ohne dessen Mitwirkung keine Säumnisfolgen - insbesondere auch nicht jene des § 33 Abs. 5 AlVG - zur Last fallen könnten. In Ausführung dieses Beschwerdepunktes bringt der Beschwerdeführer - zusammengefaßt - vor, er sei mit Beschluß des Bezirksgerichtes vom 19. Dezember 1973 wegen Geisteskrankheit beschränkt entmündigt worden; mit Beschluß des Bezirksgerichtes vom 5. Februar 1987 sei K und mit Beschluß desselben Gerichtes vom 5. September 1990 der nunmehr einschreitende gesetzliche Vertreter zum Sachwalter gemäß § 273 Abs. 3 Z. 3 ABGB bestellt worden. Gemäß § 9 AVG sei daher mangels von Sonderbestimmungen im AlVG die persönliche Rechts- und Handlungsfähigkeit des Beschwerdeführers nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechts zu beurteilen. Dementsprechend sei auch § 1494 ABGB anzuwenden, wonach die Ersitzungs- oder Verjährungszeit gegen solche Personen, welche aus Mangel ihrer Geisteskräfte ihre Rechte selbst zu verwalten unfähig sind, sofern diesen Personen keine gesetzlichen Vertreter bestellt sind, nicht anfingen. Die einmal angefangene Ersitzungs- oder Verjährunszeit laufe zwar fort; sie könne aber nie früher als binnen zwei Jahren nach den gehobenen Hindernissen vollendet werden. Bei der dreijährigen Frist § 33 Abs. 5 AlVG handle es sich zwar nicht um eine Verjährungs-, sondern um eine Ausschluß- oder Präklusivfrist, von der herrschenden Lehre und Rechtsprechung würden jedoch die Vorschriften über die Verjährung hinsichtlich der Ausschlußfristen weitgehend analog herangezogen. Im Hinblick darauf sei die Auffassung der belangten Behörde, es handle sich bei der Bestimmung des § 33 Abs. 5 AlVG um eine materiell- und keine verfahrensrechtliche Bestimmung, unrichtig. Unter Bedachtnahme auf diese rechtlichen Grundsätze könne die Frist des § 33 Abs. 5 AlVG gegenüber dem Beschwerdeführer noch nicht abgelaufen sein. Dieser habe nämlich bis zum 29. Dezember 1987 Arbeitslosengeld bezogen und sei anschließend bis November 1990 unsteten Aufenthaltes gewesen. Zu seinem Sachwalter habe er keinen Kontakt gehabt. Daher habe dieser auch nicht vom Ende des Arbeitslosengeldbezuges Kenntnis erlangt. Der Beschwerdeführer habe vielmehr den Sachwalter erst nach Erhalt des erstinstanzlichen Bescheides über den Sachverhalt informiert, worauf sich der Sachwalter zum Arbeitsamt begeben, den Sachverhalt dargelegt und um Zustellung des Bescheides zu seinen Handen ersucht habe. Sowohl die erstinstanzliche als auch die belangte Behörde hätten es aber trotz dieser Einwendungen des Sachwalters unterlassen, weitere Ermittlungen, insbesondere hinsichtlich der Handlungsfähigkeit des Beschwerdeführers im fraglichen Zeitraum, vorzunehmen. Die belangte Behörde sei vielmehr, ausgehend von der unzutreffenden Rechtsansicht über die Rechtsnatur des § 33 Abs. 5 AlVG, zum Schluß gelangt, der Anspruch des Beschwerdeführers auf Notstandshilfe sei erloschen. Wie sich jedoch aus den obigen Ausführungen klar ersehen lasse, sei der Beschwerdeführer erstmals im Verfahren vor der belangten Behörde durch seinen bestellten Sachwalter ordnungsgemäß vertreten worden.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 33 Abs. 5 AlVG in der im Beschwerdefall noch anzuwendenden Fassung vor der Novelle BGBl. Nr. 416/1992 kann Notstandshilfe nur gewährt werden, wenn sich der Arbeitslose innerhalb dreier Jahre nach Erschöpfung des Anspruches auf Arbeitslosengeld oder Karenzurlaubsgeld um die Notstandshilfe bewirbt.
Der Beschwerdeführer stellt nicht in Abrede, daß sein Anspruch auf Arbeitslosengeld mit Ablauf des 29. Dezember 1987 erschöpft war, jedenfalls im Zeitraum bis 31. Dezember 1990 (§ 33 Abs. 2 AVG) kein Ruhenstatbestand des § 16 AlVG vorlag, und er erstmals am 10. Februar 1992 einen Antrag auf Notstandshilfe gestellt hat; er bringt überdies in der Beschwerde selbst vor, daß für ihn auch im Zeitraum vom 30. Dezember 1987 bis 31. Dezember 1990 ein gesetzlicher Vertreter bestellt war.
Ausgehend von diesem Sachverhalt ist eine Rechtsverletzung des Beschwerdeführers durch den angefochtenen Bescheid nicht gegeben. Selbst wenn nämlich, wie der Beschwerdeführer meint, § 1494 ABGB auf die Frist des § 33 Abs. 5 AlVG anwendbar sein sollte (die Frage kann im Beschwerdefall auf sich beruhen), wäre für den Beschwerdeführer angesichts des Umstandes, daß für ihn auch im relevanten Zeitraum vom 30. Dezember 1987 bis 31. Dezember 1990 ein gesetzlicher Vertreter bestellt war, nichts gewonnen, weil nach dem eindeutigen Wortlaut des § 1494 ABGB die Hemmung der Ersitzung und Verjährung nur dann Platz greift, wenn die danach schutzwürdigen Personen keinen (im konkreten Fall vertretungsbefugten) gesetzlichen Vertreter haben, nicht aber schon dann, wenn der gesetzliche Vertreter vom Beginn bzw. Lauf einer solchen Frist keine Kenntnis hat (vgl. Schubert in Rummel, ABGB2 Rz 1 zu § 1494 ABGB; die übrigen vom Beschwerdeführer in der Beschwerde zitierten Literaturstellen und Entscheidungen des OGH besagen nichts Gegenteiliges). Mangels der Behauptung, daß im relevanten Zeitraum ein Ruhenstatbestand nach § 16 AlVG vorgelegen bzw. ein Antrag auf Notstandshilfe gestellt worden sei, braucht aber auch nicht geprüft zu werden, ob, wie die belangte Behörde meint, im Falle eines Ruhenstatbestandes die Frist des § 33 Abs. 5 AlVG verlängert werde, und ob diese Frist als eine materiell- oder verfahrensrechtliche Frist zu werten ist.
Ist aber demnach davon auszugehen, daß die Dreijahresfrist des § 33 Abs. 5 AlVG bereits am 31. Dezember 1990 abgelaufen ist und daher nach diesem Zeitpunkt entsprechend dieser Bestimmung keine Notstandshilfe mehr gewährt werden konnte, so ist der Beschwerdeführer auch dadurch, daß sein Sachwalter dem erstinstanzlichen Verfahren nicht zugezogen wurde, in keinem Recht verletzt.
Da somit schon der Inhalt der vorliegenden Beschwerde erkennen läßt, daß die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1993:1992080233.X00Im RIS seit
18.10.2001