TE Vwgh Beschluss 1993/1/13 91/12/0153

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Veröffentlicht am 13.01.1993
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
72/01 Hochschulorganisation;

Norm

AVG §56;
UOG 1975 §31 Abs3;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Herberth und Dr. Germ als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Steiner, über die Beschwerde des Dr. W in X, vertreten durch Dr. A, Rechtsanwalt in W, gegen die Erledigung des Bundesministers für Wissenschaft und Forschung vom 26. Juli 1990, Zl. 85 130/4-I/A/12/90, betreffend dienstliche Verwendung, den Beschluß gefaßt:

Spruch

Die Beschwerde wird zurückgewiesen

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer ist seit 1. November 1978 auf die Planstelle eines ao Universitätsprofessors für klassische Archäologie an der Geisteswissenschaftlichen Fakultät der Universität Wien ernannt. Gleichzeitig wurde gemäß § 31 Abs. 8 des Universitäts-Organisationsgesetzes (UOG), BGBl. Nr. 258/1975, iVm § 30 Abs. 4 UOG festgelegt, daß der Beschwerdeführer dem (nunmehrigen) Institut für Klassische Archäologie an der Geisteswissenschaftlichen Fakultät der Universität Wien und dem Österreichischen Archäologischen Institut (nunmehr ein Institut nach § 24 des Forschungsorganisationsgesetzes, BGBl. Nr. 341/1981) angehört. Die Lehrverpflichtung des Beschwerdeführers wurde mit sechs Semesterwochenstunden festgesetzt und weiters festgelegt, daß zu den Dienstpflichten des Beschwerdeführers die Betreuung des Institutes und der Stipendiaten in Athen (von Wien aus), die Fortsetzung der Grabungen in Belevi-Ephesos, Aigeira-Phelloe/Pelloponnes (Gesamtleitung) und in Aguntum/Osttirol (Leitung) gehören.

Im verfahrensgegenständlichen Zusammenhang befindet sich bei den Akten des Verwaltungsverfahrens weiters folgendes an den Beschwerdeführer gerichtete Schreiben des Vorsitzenden der Kommission, die vom Fakultätskollegium zur Beratung der Abänderung des Aufgabenbereiches des Beschwerdeführers eingesetzt worden ist, vom 7. Juni 1990:

"Sehr geehrter Herr Professor

Hiermit darf ich Ihnen den Beschluß der vom Fakultätskollegium zur Beratung der Abänderung Ihres Aufgabenbereiches eingesetzten Kommission zur Kenntnis bringen:

Die Fakultät dankt dem Ministerium für die beabsichtigte Zuweisung der vollen Planstelle, die derzeit von A.O.Prof.Dr. W besetzt ist, an das Institut für Klassische Archäologie der Universität Wien und stimmt der beabsichtigten Änderung des Aufgaben- und Forschungsbereiches (unter Forschung ist jede Arbeit von der Prospektion bis zur wissenschftlichen Edition zu verstehen) des Genannten zu. Gleichzeitig nimmt die Fakultät zur Kenntnis, daß der Abschluß der im Schreiben des BMfWF GZ. 85 130/1-I/A/12/90 vom 13.2.1990 genannten Forschungsarbeiten (Ephesos - Areal der Basilika auf dem Staatsmarkt, Aigeira - Areal des sogenannten "Gymnasiums", des Töpferbezirks und des Stadions, sämtliche Kulturschichten bis zum gewachsenen Boden, sowie Aguntum) von Herrn Prof. W unter Wahrung der nationalen und internationalen Bestimmungen gesichert ist.

Mit kollegialen Grüßen:

Der Vorsitzende der Kommission

(Unterschrift)

O.Prof.Dr. H"

Dieses Schreiben ist weiters vom Schriftführer und einer Reihe anderer Personen gezeichnet und trägt darüber hinaus handschriftlich den Vermerk: "einverstanden: Unterschrift des Beschwerdeführers".

Mit Schreiben des Dekans der Geisteswissenschaftlichen Fakultät der Universität Wien vom 13. Juni 1990 wurde das vorher wiedergegebene Schreiben mit folgendem Begleitschreiben der belangten Behörde vorgelegt:

"Der unterfertigte Dekan übermittelt hiemit den Beschluß des Fakultätskollegiums aus der Sitzung vom 11. Juni 1990 bezgl. der Abänderung des Aufgabenbereiches von A.o.Univ.Prof.Dr. W:

Die Fakultät dankt dem Ministerium für die beabsichtigte Zuweisung der vollen Planstelle, die derzeit von A.o.Prof.Dr. W besetzt ist, an das Institut für Klassische Archäologie der Universität Wien und stimmt der beabsichtigten Änderung des Aufgaben- und Forschungsbereiches (unter Forschung ist jede Arbeit von der Prospektion bis zur wissenschaftlichen Edition zu verstehen) des Genannten zu.

Gleichzeitig nimmt die Fakultät zur Kenntnis, daß der Abschluß der im Schreiben des BMfWF GZ. 85 130/1-I/A/12/90 vom 13.2.1990 genannten Forschungsarbeiten (Ephesos - Areal der Basilika auf dem Staatsmarkt, Aigeira - Areal des sogenannten "Gymnasiums", des Töpferbezirks und des Stadions, sämtliche Kulturschichten bis zum gewachsenen Boden, sowie Aguntum) von Herrn Prof. W unter Wahrung der nationalen und internationalen Bestimmungen gesichert ist.

Herrn Prof. W wurde dieser Beschluß vorgelegt, er hat sich mit der Abänderung einverstanden erklärt und dies durch seine Unterschrift bestätigt (siehe Beilage).

D e r D e k a n :"

Daraufhin erging von der belangten Behörde folgende Erledigung:

"Unter Bezugnahme auf Ihr Ernennungsdekret vom 27. Oktober 1978, GZ 1.004/2-14/78 teilt das Bundesministerium

für Wissenschaft und Forschung mit:

Die seinerzeit gemäß § 31 Abs. 8 im Zusammenhang mit § 30 Abs. 4 des Universitäts-Organisationsgesetzes erfolgte Doppelzuteilung zum (seinerzeitigen) Institut für Alte Geschichte und Klassische Archäologie UND dem Österreichischen Archäologischen Institut wird gemäß § 31 Abs. 3 letzter Satz UOG insoferne abgeändert, als mit Wirksamkeit vom 1. September 1990 Ihre Angehörigkeit zum Österreichischen Archäologischen Institut aufgehoben wird und Sie somit ausschließlich dem Institut für Klassische Archäologie an der Geisteswissenschaftlichen Fakultät der Universität angehören. Ihre seinerzeit erfolgte, zusätzliche Festlegung von Dienstpflichten - neben Ihren Dienstpflichten als Außerordentlicher Universitätsprofessor - nämlich die Betreuung des Institutes und der Stipendiaten in Athen (von Wien aus), die Fortsetzung der Grabungen in Belevi-Ephesos, Aigeira-Phelloe/Pelloponnes (Gesamtleitung) und Aguntum/Osttirol (Leitung) werden aufgehoben.

Gleichzeitig wird festgestellt, daß der Abschluß der Ihrerseits bereits begonnenen Forschungsarbeiten, insbesondere die Endpublikation Ihrer Forschungen in Ephesos, (Areal der Basilika auf dem Staatsmarkt), die Aufarbeitung der im Jahre 1987/1988 entdeckten Funde in Aigeira, insbesondere die Dokumentation über das Gymnasium, den Töpferbezirk und das Stadion sowie der Abschluß Ihrer Forschungen in Aguntum im Rahmen Ihrer nunmehrigen Tätigkeit als dem Institut für Klassische Archäologie an der Geisteswissenschaftlichen Fakultät der Universität Wien zugeordneter außerordentlicher Universitätsprofessor zu gewährleisten ist.

Bei einer erforderlichenfalls notwendigen Anwesenheit an den, in den Zuständigkeitsbereich des Österreichischen Archäologischen Institutes fallenden Grabungsorten ist das Einvernehmen mit dem jeweils zuständigen Grabungsleiter (des ÖAI) herzustellen.

Die weitere Benützung Ihres derzeitigen Dienstzimmers bleibt, wie dem Schreiben des Direktors des Österreichischen Archäologischen Institutes, Hofrat Honorarprofessor Dr. G, vom 9. Februar 1990 zu entnehmen ist, auch weiterhin gewährleistet.

F.d.R.d.A.: Wien, 26. Juli 1990 unleserliche Unterschrift Für den Bundesminister:

Dr. Popelak"

Der daraufhin vom Beschwerdeführer beim Verfassungsgerichtshof gestellte Antrag auf Verfahrenshilfe wurde mangels Vorlage eines Vermögensbekenntnisses durch den Beschwerdeführer nach Aufforderung zurückgewiesen.

Der Beschwerdeführer erhob daraufhin mit Schreiben vom 29. April 1991 beim Verfassungsgerichtshof Beschwerde, verbunden mit einer Eventualbeschwerde an den Verwaltungsgerichtshof.

Der Verfassungsgerichtshof lehnte die Behandlung der Beschwerde mit Beschluß vom 10. Juni 1991 ab und trat antragsgemäß die Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof ab.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde und die von der belangten Behörde erstattete Gegenschrift erwogen:

Der Beschwerdeführer sieht sich durch die als Bescheid gewertete angefochtene Erledigung in seinen Rechten aus dem Ernennungsdekret zum A.o. Universitätsprofessor als Leiter von Forschungseinrichtungen, nämlich der Grabungen Ephesos, Aigeira und Aguntum verletzt.

Gemäß § 34 Abs. 1 VwGG sind Beschwerden, die sich wegen Versäumung der Einbringungsfrist oder wegen offenbarer Unzuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes nicht zur Verhandlung eignen oder denen offenbar die Einwendung der entschiedenen Sache oder der Mangel der Berechtigung zur Erhebung der Beschwerde entgegensteht, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluß zurückzuweisen. Ein Beschluß nach Abs. 1 ist gemäß Abs. 3 der genannten Bestimmung in jeder Lage des Verfahrens zu fassen.

Gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG erkennt der Verwaltungsgerichtshof über Beschwerden, mit denen die Rechtswidrigkeit von Bescheiden der Verwaltungsbehörden behauptet wird. Nach Art. 131 Abs. 1 B-VG kann gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit Beschwerde erheben, wer durch den Bescheid in seinen Rechten verletzt zu sein behauptet, nach Erschöpfung des Instanzenzuges.

Voraussetzung für die Zulässigkeit einer Beschwerde vor dem Verwaltungsgerichtshof ist daher das Vorhandensein eines letztinstanzlichen Bescheides einer Verwaltungsbehörde und die Behauptung des Beschwerdeführers, durch diesen Bescheid in seinen Rechten verletzt zu sein.

Für den Geltungsbereich des hier gemäß § 1 Abs. 1 des Dienstrechtsverfahrensgesetzes anzuwendenden § 58 AVG ergibt sich insbesondere, daß jeder Bescheid ausdrücklich als solcher zu bezeichnen ist sowie einen Spruch, eine Begründung und die Rechtsmittelbelehrung zu enthalten hat.

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. insbesondere den Beschluß eines verstärkten Senates vom 15. Dezember 1977, Slg. NF Nr. 9458/A) kann auf die ausdrückliche Bezeichnung als Bescheid nur dann verzichtet werden, wenn sich aus dem Spruch EINDEUTIG ergibt, daß die Behörde nicht nur einen individuellen Akt der Hoheitsverwaltung gesetzt hat, sondern auch, daß sie normativ, also entweder rechtsgestaltend oder rechtsfeststellend, eine Angelegenheit des Verwaltungsrechtes entschieden hat. Der normative Inhalt muß sich aus der Formulierung der behördlichen Erledigung zweifelsfrei ergeben. Wenn aus dem Inhalt einer Erklärung dies nicht eindeutig geschlossen werden kann oder es sich um nicht in Bescheidform zu erlassende Verfahrensanordnungen, Dienstaufträge oder organisatorische Maßnahmen handelt oder in jedem Fall, in dem der Inhalt einer behördlichen Erledigung Zweifel über den Bescheidcharakter entstehen läßt, ist die ausdrückliche Bezeichnung als Bescheid für den Bescheidcharakter der Erledigung essentiell. Nur dann, wenn der Inhalt einer behördlichen Erledigung also keinen Zweifel darüber aufkommen läßt, daß die Behörde die Rechtsform des Bescheides gewählt hat, ist die ausdrückliche Bezeichnung als Bescheid nach der für sich allein gesehen unabdingbaren Norm des § 58 Abs. 1 AVG für das Vorliegen eines Bescheides nicht wesentlich.

Im vorliegenden Beschwerdefall trägt die vom Beschwerdeführer angefochtene Erledigung keine Bescheid-Bezeichnung; nach dem ausdrücklichen Wortlaut des ersten Satzes dieser Erledigung liegt eine "Mitteilung" vor.

Gemäß § 31 Abs. 3 UOG hat die belangte Behörde den Aufgabenbereich des A.o. Universitätsprofessors, insbesondere dessen Lehrverpflichtung nach dem durch die Studienvorschriften gegebenen Bedarf, die Forschungsaufgaben und die Funktion in der Verwaltung einer Lehr- und Forschungseinrichtung auf Antrag des zuständigen Kollegialorganes erstmalig festzusetzen. Nach Bedarf hat die belangte Behörde den Aufgabenbereich auf Antrag des zuständigen Kollegialorganes und nach Anhörung des betroffenen Außerordentlichen Universitätsprofessors zu ändern.

Wenn sich auch aus der Festsetzung des Aufgabenbereiches Schlußfolgerungen für die konkreten Dienstpflichten des A.o. Universitätsprofessors ergeben, so ist dies als Organisationakt von dem dienstrechtlichen Ernennungsakt zu unterscheiden. Der Organisationsakt hat gegenüber dem dienstrechtlichen Ernennungsakt geringere Bestandskraft, denn er ist mit den im letzten Satz des § 31 Abs. 3 UOG enthaltenen Einschränkungen jedenfalls Abänderungen zugänglich, ohne daß hiedurch in den rechtskräftigen Ernennungsakt eingegriffen würde (vgl. in diesem Zusammenhang Schäffer, in: Strasser, Grundfragen der Universitätsorganisation I, Seite 29 ff).

Auch ausgehend von der genannten Regelung des Universitäts-Organisationsgesetzes ist die vom Beschwerdeführer als Bescheid gewertete Erledigung lediglich als eine Mitteilung über eine Organisationsmaßnahme zu werten.

Zusätzlich ist zu bedenken, daß für den ao Universitätsprofessor die Ausnahmebestimmung des § 173 Abs. 1 Z. 4 BDG 1979 gilt, nach der die §§ 40 und 41 (Verwendung) nicht anzuwenden sind, sodaß ein ao Universitätsprofessor in diesem Sinne keinen rechtlichen Schutz vor qualifizierten Verwendungsänderungen genießt bzw. kein Recht auf bescheidmäßige Verfügung einer solchen Verwendungsänderung besitzt.

Da in jedem Fall, in der der Inhalt einer Erledigung Zweifel über den Bescheidcharakter entstehen läßt, die ausdrückliche Bezeichnung als Bescheid für den Bescheidcharakter wesentlich ist, und es im vorliegenden Fall schon daran mangelt, erübrigt sich eine weitere Auseinandersetzung mit der Frage, ob und inwieweit überhaupt eine Berechtigung bzw. Verpflichtung der belangten Behörde zu einer bescheidmäßigen Erledigung in diesem Zusammenhang bestanden hat. Die Beschwerde mußte daher gemäß § 34 Abs. 1 und Abs. 3 VwGG zurückgewiesen werden.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Pauschalierungsverordnung BGBl. Nr. 104/1991.

Schlagworte

Bescheidbegriff Mangelnder Bescheidcharakter Belehrungen Mitteilungen

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1993:1991120153.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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