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10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
AuslBG §3 Abs1 idF 1990/450;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hoffmann und die Hofräte Dr. Fürnsinn und Dr. Höß als Richter, im Beisein des Schriftführers Kommissär Mag. Fritz, über die Beschwerde der E & Co GmbH in W, vertreten durch Dr. W, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Landesarbeitsamtes Wien vom 20. Juli 1992, Zl. IIc/6702 B, betreffend Nichterteilung einer Beschäftigungsbewilligung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat der beschwerdeführenden Partei Aufwendungen in der Höhe von S 11.660,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Nach Ausweis der Akten des Verwaltungsverfahrens beantragte die beschwerdeführende Partei, die im "Export-Import-Comp. Trading" tätig ist, am 3. Mai 1992 beim Arbeitsamt Angestellte für den am 5. August 1965 geborenen ägyptischen Staatsangehörigen A für die berufliche Tätigkeit als Verkaufshilfskraft ohne spezielle Kenntnisse mit einer Stundenentlohnung von S 63,30 brutto die Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz, BGBl. Nr. 218/1975 (AuslBG).
Diesen Antrag wies das genannte Arbeitsamt mit Bescheid vom 21. Mai 1992 unter Berufung auf § 4 Abs. 3 Z. 4 und § 4 Abs. 6 in Verbindung mit § 4 Abs. 1 AuslBG ab. In Verbindung mit der Begründung ergibt sich, daß die Behörde erster Instanz ihre Entscheidung auf drei Versagungsgründe stützte:
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Den Versagungsgrund nach § 4 Abs. 3 Z. 4 AuslBG sah das Arbeitsamt dadurch erfüllt, daß die stundenweise Entlohnung (des als Angestellten zu beschäftigenden beantragten Ausländers) nicht dem Kollektivvertrag für Angestellte entspreche, sodaß nicht die Gewähr gegeben erscheine, daß der Arbeitgeber die Lohn- und Arbeitsbedingungen einschließlich der sozialversicherungsrechtlichen Vorschriften einhalte.
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Ferner spreche die Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes (§ 4 Abs. 1 AuslBG) gegen die Erteilung der Beschäftigungsbewilligung: Auf Grund der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens sei davon auszugehen, daß auf dem maßgebenden Teilarbeitsmarkt der Verkaufshelfer/innen Arbeitssuchende vorgemerkt seien und für eine Ermittlung in Betracht kämen.
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Schließlich führte die Behörde erster Instanz (nach Wiedergabe des § 4 Abs. 6 AuslBG) aus, der Vermittlungsausschuß habe die Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung nicht befürwortet; darüberhinaus habe das Ermittlungsverfahren ergeben, daß keine der in § 4 Abs. 6 Z. 2 bis 4 AuslBG vorgesehenen Voraussetzungen (bei deren Erfüllung die einhellige Befürwortung des Vermittlungsausschusses entbehrlich sei) vorliege, weshalb spruchgemäß zu entscheiden gewesen sei.
In ihrer innerhalb offener Frist erhobenen Berufung rügte die beschwerdeführende Partei im wesentlichen, es sei kein ihr erkennbares Ermittlungsverfahren durchgeführt worden, da ihr dessen Ergebnis nicht zur Stellungnahme übermittelt worden sei. Wäre sie einbezogen worden, wäre hervorgekommen, daß sie vierbis fünfmal beim Arbeitsamt nachgefragt habe, es mögen ihr für den betreffenden Teilarbeitsmarkt in Frage kommende Arbeitssuchende geschickt werden und sich keine einzige inländische Arbeitskraft gefunden habe, die dazu bereit gewesen wäre, bei der beschwerdeführenden Partei vorzusprechen. Die Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes hätte es daher geradezu notwendig gemacht, die beantragte Beschäftigungsbewilligung zu erteilen. Auf Grund welcher Unterlagen der Vermittlungsausschuß die Erteilung der Beschäftigungsbewilligung nicht befürwortet habe, sei nicht nachvollziehbar. Es werde offenbar auf die Interessen der Beschwerdeführerin nicht entsprechend Rücksicht genommen, auch wenn sie ihren Bedarf am inländischen Arbeitsmarkt überhaupt nicht decken könne. Auch sei im Bescheid nicht festgehalten worden, ob die Landeshöchstzahl im Monat Mai für Wien bereits ausgeschöpft worden sei oder nicht.
Nach der Aktenlage wies die belangte Behörde mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 20. Juli 1992 ohne weiteres Ermittlungsverfahren die Berufung gemäß "§ 66 Abs. 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz (AVG), BGBl. Nr. 172/1950, in Verbindung mit § 4 Abs. 6 i.V. mit § 4 Abs. 1 und § 13a AuslBG in der Fassung der Novelle vom 27.12.1991, BGBl. Nr. 684/1991" ab und bestätigte den erstinstanzlichen Bescheid. Nach Wiedergabe der §§ 3 Abs. 1 und 2, 4 Abs. 1 und 2 und 4b AuslBG, führte die belangte Behörde im wesentlichen aus, an der Vermittlung von dieser (das heißt der in § 4b AuslBG genannten) Personen bestehe im Hinblick auf die für einen Großteil dieser Personen aus öffentlichen Mitteln zu erbringenden Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung ein dringendes öffentliches Interesse; diesem Personenkreis sei daher primär die Eingliederung in den Arbeitsprozeß zu ermöglichen. Es sei festgestellt worden, daß die von der beschwerdeführenden Partei beantragte Arbeitskraft nicht diesem Personenkreis angehöre.
Überdies sei für das Kalenderjahr 1992 vom Bundesminister für Arbeit und Soziales gemäß § 13a Z. 3 AuslBG zur Sicherung der Bundeshöchstzahl gemäß § 12a AuslBG die Landeshöchstzahl für das Bundesland Wien mit Verordnung vom 28. November 1991, BGBl. Nr. 598, mit 95.000 festgesetzt worden, wobei diese Zahl laut offizieller Statistik des Bundesministeriums seit Jahresbeginn bei weitem überschritten sei. Dies habe zur Folge, daß bei Anträgen auf Erteilung der Beschäftigungsbewilligung in jedem Fall die Voraussetzungen des § 4 Abs. 1 UND zusätzlich auch die des § 4 Abs. 6 AuslBG zu prüfen seien. Nach Wiedergabe des § 4 Abs. 6 Z. 1 bis 3 AuslBG führte die belangte Behörde aus, es seien weder im Ermittlungsverfahren Gründe festgestellt noch in der Berufung der beschwerdeführenden Partei vorgebracht worden, die einen Tatbestand des § 4 Abs. 6 AuslBG zur Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung erfüllt hätten. Die Begründung enthält auch noch folgende Ausführung: "Weiters wird darauf hingewiesen, daß bei Angestellten die Entlohnung nach Stundenlohnsätzen nicht zulässig ist".
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem nach § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Nach § 3 Abs. 1 AuslBG in der Fassung BGBl. Nr. 450/1990 darf ein Arbeitgeber, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, einen Ausländer nur beschäftigen, wenn ihm für diesen eine Beschäftigungsbewilligung erteilt wurde.
Nach § 4 Abs. 1 AuslBG ist die Beschäftigungsbewilligung, soweit im folgenden nicht anderes bestimmt ist, zu erteilen, wenn die Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes die Beschäftigung zuläßt und wichtige öffentliche oder gesamtwirtschaftliche Interessen nicht entgegenstehen.
Bezüglich der Prüfung der Arbeitsmarktlage im Sinne des § 4 Abs. 1 AuslBG ist im § 4b AuslBG (in der Fassung BGBl. Nr. 450/1990) festgelegt, daß die Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes die Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung nur zuläßt, wenn für den zu besetzenden Arbeitsplatz keine Personen, die bestimmt genannten begünstigten Gruppen (Inländer, Flüchtlinge, Ausländer mit Anspruch auf Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung, Ausländer bei denen berücksichtigungswürdige Gründe vorliegen ...) in der mit der Aufzählung vorgegebenen Reihenfolge angehören, vermittelt werden können.
§ 4 Abs. 6 AuslBG (Z. 1 in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 684/1991, die übrigen Bestimmungen in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 450/1990) lautet:
"Über bestehende Kontingente (§ 12) hinaus sowie nach Überschreitung der Landeshöchstzahlen (§§ 13 und 13a) dürfen Beschäftigungsbewilligungen nur erteilt werden, wenn die Voraussetzungen der Abs. 1 und 3 vorliegen und
1.
bei Kontingentüberziehung und bei Überschreitung der Landeshöchstzahl der Vermittlungsausschuß gemäß § 44a des Arbeitsmarktförderungsgesetzes, BGBl. Nr. 31/1969, in der jeweils geltenden Fassung, einhellig die Erteilung der Beschäftigungsbewilligung befürwortet, oder
2.
die Beschäftigung des Ausländers aus besonders wichtigen Gründen, insbesondere
a)
als Schlüsselkraft zur Erhaltung von Arbeitsplätzen inländischer Arbeitnehmer, oder
b)
in Betrieben, die in strukturell gefährdeten Gebieten neu gegründet wurden, oder
c)
als dringender Ersatz für die Besetzung eines durch Ausscheiden eines Ausländers frei gewordenen Arbeitsplatzes, oder
d)
im Bereich der Gesundheits- oder Wohlfahrtspflege
erfolgen soll, oder
3.
öffentliche oder gesamtwirtschaftliche Interessen die Beschäftigung des Ausländers erfordern, oder
4.
die Voraussetzungen des § 18 Abs. 3 in Verbindung mit Abs. 4 gegeben sind."
Vorab ist zu klären, auf welche Versagungsgründe die belangte Behörde ihren angefochtenen Bescheid gestützt hat.
Auszugehen ist dabei vom Spruch des angefochtenen Bescheides, der sich nur auf § 4 Abs. 6 in Verbindung mit § 4 Abs. 1 und § 13a AuslBG beruft. Im Zusammenhang mit der sich darauf beziehenden Begründung geht der Verwaltungsgerichtshof davon aus, daß die belangte Behörde - abweichend von der Behörde erster Instanz - die Versagung der Beschäftigungsbewilligung auf zwei Gründe stützt:
1. Auf § 4 Abs. 1 AuslBG:
Der von der beschwerdeführenden Partei beantragte Ausländer gehöre nicht dem im Sinn des § 4b AuslBG begünstigt zu vermittelnden Personenkreis an; derzeit stünden Personen für die Ersatzkraftstellung zur Verfügung, an deren Vermittlung im Hinblick auf die von einem Großteil dieser Personen aus öffentlichen Mitteln zu erbringenden Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung ein dringendes öffentliches Interesse bestehe.
2. Auf § 4 Abs. 6 in Verbindung mit der auf § 13a AuslBG gestützten Verordnung des Bundesministers für Arbeit und Soziales, BGBl. Nr. 598/1991:
Wegen der Überschreitung der Landeshöchstzahl für Wien für das Kalenderjahr 1992 nach der zitierten Verordnung sei im Beschwerdefall das (erschwerte) Verfahren nach § 4 Abs. 6 AuslBG anzuwenden. Keine der demnach nach den Z. 1 bis 3 (die Z. 4 kommt im Beschwerdefall von vornherein nicht in Betracht) dieser Bestimmung alternativ zu erfüllenden zusätzlichen Voraussetzungen sei gegeben.
Hingegen hat sich die belangte Behörde nach dem Spruch - abweichend von der Behörde erster Instanz - nicht mehr auf den Versagungstatbestand nach § 4 Abs. 3 Z. 4 AuslBG (Gegebensein der Gewähr der Einhaltung der Lohn- und Arbeitsbedingungen einschließlich der sozialversicherungsrechtlichen Vorschriften) berufen. Dafür war sie nach § 66 Abs. 4 AVG auch zuständig, weil sie im Rahmen des Gegenstandes des Berufungsverfahrens den erstinstanzlichen Bescheid sowohl im Spruch als auch in der Begründung in jeder Richtung abändern konnte. Dem Hinweis in der Begründung des angefochtenen Bescheides, bei Angestellten sei die Entlohnung nach Stundenlohnsätzen nicht zulässig, kommt daher keine normative Bedeutung zu, sodaß dahingestellt bleiben kann, ob die belangte Behörde ihre Entscheidung mit dieser Begründung auch auf § 4 Abs. 3 Z. 4 AuslBG hätte stützen können.
ad 1) Zur Versagung nach § 4 Abs. 1 AuslBG
Soweit die Behörde die Versagung der beantragten Beschäftigungsbewilligung im Ergebnis mit dem Vorhandensein von Ersatzkräften, die im Bezug von Arbeitslosengeld stünden, begründet, trifft es im Sinne des § 4b AuslBG zu, daß inländische und ausländische Arbeitssuchende, die Anspruch auf Leistungen der Arbeitslosenversicherung haben, sofern sie die objektiv berechtigten Anforderungen an den zu besetzenden Arbeitsplatz erfüllen, vorrangig zu vermitteln sind (vgl. dazu das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 25. September 1992, Zl. 92/09/0072, und die dort zitierte Vorjudikatur).
Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu § 4 Abs. 1 AuslBG, die im gegenständlichen Zusammenhang nur im Hinblick auf die mit der Novelle BGBl. Nr. 450/1990 erfolgte Einfügung des § 4b bezüglich der bevorzugt zu vermittelnden Personen zu modifizieren ist, muß auf Grund eines ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahrens, das von Amts wegen unter Beteiligung des Antragstellers durchzuführen ist, vorerst festgestellt sein, für welche Beschäftigung diese Bewilligung konkret beantragt wurde und ob die Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes - unter Beachtung der Regelung des § 4b AuslBG - diese konkrete Beschäftigung (des für sie in Aussicht genommenen Ausländers) zuläßt. Das wird immer dann der Fall sein, wenn nicht feststeht, daß für die Beschäftigung wenigstens eine der bevorzugt zu vermittelnden Personen entsprechend der in § 4b AuslBG enthaltenenen Reihenfolge zur Verfügung steht, die bereit und fähig ist, diese Beschäftigung zu den gestellten (gesetzlich zulässigen) Bedingungen auszuüben (vgl. dazu das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 26. September 1991, Zl. 91/09/0090, sowie vom 25. September 1992, Zl. 92/09/0072).
Gemäß § 58 Abs. 2 des nach Art. II Abs. 2 lit. d Z. 41 EGVG anwendbaren AVG sind Bescheide zu begründen, wenn dem Standpunkt der Partei nicht vollinhaltich Rechnung getragen wird. In der Begründung sind gemäß § 60 AVG die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammenzufassen.
Den dargelegten Anforderungen entspricht weder das von der belangten Behörde abgeführte Verfahren noch die Begründung des angefochtenen Bescheides.
Die belangte Behörde ist überhaupt nicht auf das Vorbringen der beschwerdeführenden Partei in deren Berufung eingegangen, sie habe mehrfach erfolglos beim Arbeitsamt nachgefragt, es mögen ihr Arbeitssuchende geschickt werden. Andererseits ist die belangte Behörde selbst nicht davon ausgegangen, die beschwerdeführende Partei habe die Stellung einer Ersatzkraft unbegründet abgelehnt. Es bleibt daher im Beschwerdefall die rechtserhebliche Frage ungeklärt, ob es taugliche Ersatzkräfte zur Deckung der von der beschwerdeführenden Partei geltend gemachten Arbeitskräftebedarfes gibt und bejahendenfalls, ob deren Einstellung von der beschwerdeführenden Partei aus Gründen, die von dieser zu vertreten sind, unterblieben ist.
Der aufgezeigte Verfahrensmangel wäre nur dann ohne Bedeutung, wenn die Versagung der beantragten Beschäftigungsbewilligung in dem von der belangten Behörde weiters herangezogenen Tatbestand nach § 4 Abs. 6 AuslBG seine Deckung fände.
ad 2) Zur Versagung nach § 4 Abs. 6 AuslBG:
Zutreffend geht die belangte Behörde davon aus, daß bei Überschreitung der Landeshöchstzahl ein erschwertes Verfahren nach § 4 Abs. 6 zur Anwendung kommt, weil in diesem Fall neben den Voraussetzungen nach § 4 Abs. 1 und 3 noch eine weitere Voraussetzung nach § 4 Abs. 6 vorliegen muß.
Die beschwerdeführenden Partei hat in ihrer Berufung gerügt, es sei ihr aus dem Bescheid der Behörde erster Instanz nicht erkennbar, daß im Mai 1992 (Zeitpunkt der Antragstellung und Bescheiderlassung) die Landeshöchstzahl überschritten gewesen sei. Sie hat damit die Anwendungsvoraussetzungen für das erschwerte Verfahren nach § 4 Abs. 6 AuslBG bestritten. Dieses Berufungsvorbringen war auch zutreffend, da der erstinstanzliche Bescheid - soweit er sich auf § 4 Abs. 6 AuslBG berufen hat - zwar die Überschreitung der Landeshöchstzahl (für Wien für das Kalenderjahr 1992) stillschweigend voraussetzte, dazu aber keinerlei konkrete Angaben gemacht, ja nicht einmal auf die Verordnung des Bundesministers für Arbeit und Soziales, BGBl. Nr. 598/1991, hingewiesen hat.
Bei dieser Verfahrenslage hätte die belangte Behörde die beschwerdeführende Partei vor Erlassung des angefochtenen Bescheides davon in Kenntnis setzen müssen, daß die Landeshöchstzahl für Wien für das Kalenderjahr 1992 überschritten ist, weil die beschwerdeführende Partei selbst nicht in der Lage ist, zu erkennen, ob die Landeshöchstzahl überschritten ist.
Dies hat die belangte Behörde aber nach der Aktenlage unterlassen und sich in der Begründung mit der allgemein gehaltenen Feststellung begnügt, die maßgebliche Landeshöchstzahl für Wien sei nach der offiziellen Statistik des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales bereits seit Jahresbeginn 1992 bei weitem überschritten und weder das Ermittlungsverfahren noch die Berufung habe Gründe dafür ergeben, daß ein Tatbestand im Sinne des § 4 Abs. 6 erfüllt sei.
Damit hat die belangte Behörde der beschwerdeführenden Partei aber die Möglichkeit genommen, das Zutreffen dieser Voraussetzungen zu prüfen. Erst mit der Bekanntgabe des Überschreitens der Landeshöchstzahl wäre die beschwerdeführende Partei gehalten gewesen, Gründe vorzubringen, die für die Erteilung der Beschäftigungsbewilligung im erschwerten Verfahren im Sinne des § 4 Abs. 6 AuslBG maßgebend hätten sein können.
Die zu den Tatbestandsvoraussetzungen nach § 4 Abs. 1 und 6 AuslBG getroffenen Aussagen beziehen sich nicht auf entsprechend konkrete Sachverhaltsfeststellungen und sind daher nicht nachprüfbar bzw. nicht in einem mängelfreien Verfahren im Sinne der §§ 58, 60 und 67 AVG erfolgt.
Der angefochtene Bescheid mußte daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben werden.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 1 Z. 1 und 2 VwGG in Verbindung mit Art. I A Z. 1 der Pauschalierungsverordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 104/1991. Die Abweisung des Mehrbegehrens betrifft überhöht geltend gemachte Stempelgebühren.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1993:1992090284.X00Im RIS seit
20.11.2000