TE Vwgh Erkenntnis 1993/1/14 92/18/0453

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Veröffentlicht am 14.01.1993
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Index

41/02 Melderecht;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;
49/05 Reisedokumente Sichtvermerke;

Norm

FrPolG 1954 §14 Abs1;
FrPolG 1954 §14b;
FrPolG 1954 §2 Abs1;
FrPolG 1954 §3 Abs1 idF 1987/575;
FrPolG 1954 §3 Abs2 Z2;
MeldeG 1972 §16 Z1;
MeldeG 1972 §3 Abs1;
MeldeG 1972 §6 Abs1;
PaßG 1969 §23 Abs1;
PaßG 1969 §40 Abs1;
Sichtvermerkszwang Aufhebung Türkei 1955 Art1 Abs3;
Sichtvermerkszwang Aufhebung Türkei 1955 Art3;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Stoll, Dr. Zeizinger, Dr. Sauberer und Dr. Graf als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Wildmann, über die Beschwerde des T in N, vertreten durch Dr. K, Rechtsanwalt in N, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich vom 23. September 1992, Zl. Fr 816/92, betreffend Aufenthaltsverbot, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde gegen den Beschwerdeführer, einen türkischen Staatsangehörigen, gemäß § 3 Abs. 1 und Abs. 2 Z. 6 und 7 in Verbindung mit § 4 Fremdenpolizeigesetz ein bis zum 31. März 1997 befristetes Aufenthaltsverbot für ganz Österreich erlassen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:

Die belangte Behörde ging in der Begründung ihres Bescheides - unter anderem - davon aus, daß der Beschwerdeführer bereits bei seiner am 10. Jänner 1990 ohne Sichtvermerk erfolgten Einreise in das Bundesgebiet die Absicht hatte, hier einen längeren Aufenthalt zu nehmen und eine Beschäftigung auszuüben, und sich - am 22. Jänner 1990 - nicht innerhalb der gesetzlichen Frist von drei Tagen nach der Unterkunftnahme polizeilich angemeldet hat. Diese Feststellungen werden vom Beschwerdeführer nicht bekämpft. Unbestritten ist ferner, daß er zweimal wegen der Übertretungen nach "§ 14b Abs. 1" Fremdenpolizeigesetz rechtskräftig bestraft wurde.

Allein schon das sich aus diesem Sachverhalt ergebende Fehlverhalten des Beschwerdeführers läßt die in § 3 Abs. 1 umschriebene Annahme gerechtfertigt erscheinen, liegen dem Beschwerdeführer doch neben den beiden rechtskräftigen Bestrafungen wegen Übertretungen des Fremdenpolizeigesetzes noch Verstöße gegen das Paßgesetz 1969 und das Meldegesetz 1972 zur Last:

Gemäß § 23 Abs. 1 Paßgesetz 1969 (in der Fassung vor der Novelle BGBl. Nr. 190/1990) bedürfen Fremde zur Einreise in das Bundesgebiet außer einem gültigen Reisedokument eines österreichischen Sichtvermerkes, soweit nicht durch zwischenstaatliche Vereinbarungen anderes bestimmt ist. Nach Art. 1 Abs. 3 des bis 16. Jänner 1990 in Kraft gestandenen österreichisch-türkischen Abkommens über die Aufhebung des Sichtvermerkszwanges, BGBl. Nr. 194/1955, müssen die Staatsangehörigen jedes der beiden Vertragsstaaten, welche wünschen, sich in der Türkei bzw. in Österreich niederzulassen oder dort länger als drei Monate Aufenthalt zu nehmen, noch vor ihrer Einreise in das Land unbedingt von den türkischen oder österreichischen diplomatischen oder konsularischen Vertretungsbehörden den erforderlichen Sichtvermerk einholen. Art. 3 des genannten Abkommens sieht vor, daß die österreichischen und die türkischen Staatsangehörigen, die sich nach der Türkei bzw. nach Österreich zu begeben wünschen, um dort ein Gewerbe, einen Beruf oder eine andere auf Gewinn gerichtete Beschäftigung auszuüben, nicht in den Genuß der Bestimmungen des Art. 1 des Abkommens kommen und auf jeden Fall gehalten sind, im voraus von den zuständigen diplomatischen und konsularischen Vertretern der beiden in Rede stehenden Staaten den erforderlichen Sichtvermerk zu erlangen. Gemäß § 40 Abs. 1 Paßgesetz 1969 begeht eine Verwaltungsübertretung, wer entgegen den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes in das Bundesgebiet einreist, insoweit nicht ein gerichtlich strafbarer Tatbestand vorliegt. Da der Beschwerdeführer nach den unbekämpft gebliebenen Sachverhaltsfeststellungen der belangten Behörde bereits im Zeitpunkt seiner Einreise in das Bundesgebiet die Absicht hatte, hier einen längeren Aufenthalt zu nehmen und eine Beschäftigung auszuüben, hätte er aufgrund der dargestellten Rechtslage eines österreichischen Sichtvermerkes bedurft. Durch die ohne Sichtvermerk vorgenommene Einreise machte er sich der Übertretung nach § 40 Abs. 1 Paßgesetz 1969 schuldig.

Gemäß § 3 Abs. 1 des bis zum 1. März 1992 in Kraft gestandenen Meldegesetzes 1972 ist, sofern in diesem Bundesgesetz nichts anderes bestimmt ist, innerhalb von drei Tagen bei der Meldebehörde anzumelden, wer in einer Wohnung Unterkunft nimmt. Die Meldepflicht trifft - von hier nicht in Betracht kommenden Ausnahmen abgesehen - gemäß § 6 Abs. 1 leg. cit. den Unterkunftnehmer. Gemäß § 16 Z. 1 leg. cit. begeht eine Verwaltungsübertretung, wer die ihn nach den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes treffende Meldepflicht nicht oder nicht fristgerecht erfüllt. Durch die nach den unbekämpft gebliebenen Sachverhaltsfeststellungen der belangten Behörde nicht innerhalb der Frist des § 3 Abs. 1 Meldegesetz 1972 erfolgte Anmeldung verwirklichte der Beschwerdeführer den Tatbestand der angeführten Verwaltungsübertretung.

Wenngleich die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 Z. 2 zweiter Fall Fremdenpolizeigesetz nicht erfüllt sind, weil nur zwei rechtskräftige Bestrafungen des Beschwerdeführers wegen Übertretungen des Fremdenpolizeigesetzes vorliegen, reicht das dem Beschwerdeführer anzulastende zusätzliche Fehlverhalten, welches zu Bestrafungen nach dem Paßgesetz 1969 und dem Meldegesetz 1972 hätte führen müssen, aus, um entsprechend dem Gewicht des Gesamtverhaltens die in § 3 Abs. 1 Fremdenpolizeigesetz umschriebene Annahme zu rechtfertigen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 9. Juli 1992, Zl. 92/18/0179). Bei dieser Sachlage kann dahingestellt bleiben, ob auch die Voraussetzungen nach § 3 Abs. 2 Z. 6 und 7 Fremdenpolizeigesetz gegeben sind. Ein Eingehen auf das diesbezügliche Vorbringen in der Beschwerde erübrigte sich daher.

Zu der im Grunde des § 3 Abs. 3 Fremdenpolizeigesetz vorgenommenen Interessenabwägung führte die belangte Behörde aus, daß der Beschwerdeführer bisher keiner erlaubten Erwerbstätigkeit nachgegangen sei. Sein berufliches Fortkommen - er habe angegeben, den Beruf eines Friseurs erlernt und vor seiner Ausreise aus der Türkei als Hilfskoch gearbeitet zu haben - sei auch außerhalb des Bundesgebietes gewährleistet. Im Bundesgebiet habe er keine Angehörigen. Seine Gattin lebe in der Türkei. Durch eine Beteiligung an einer "Firma" (gemeint: Gesellschaft mit beschränkter Haftung) sei nicht unbedingt seine Anwesenheit im Bundesgebiet erforderlich. Während seines bisherigen Aufenthaltes sei er nur für ein halbes Jahr im Besitz einer gültigen Aufenthaltsberechtigung gewesen. Nach dem Gewicht der maßgebenden öffentlichen Interessen wögen die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von der Erlassung des Aufenthaltsverbotes unverhältnismäßig schwerer als seine Auswirkungen auf die Lebenssituation des Beschwerdeführers. Dem vermag der Beschwerdeführer nichts Entscheidendes entgegenzusetzen. Wenn er vorbringt, daß er am 10. Dezember 1990 einen Antrag auf Erteilung eines Sichtvermerkes gestellt habe, über den erst nach acht Monaten abgesprochen worden sei, und daraus abzuleiten versucht, daß der Zeitraum seines rechtmäßigen Aufenthaltes in Österreich "daher viel länger" gewesen sei, so unterliegt er insofern einem Rechtsirrtum, als der nicht durch einen nach den paßrechtlichen Vorschriften erforderlichen Sichtvermerk gedeckte Aufenthalt eines Fremden im Bundesgebiet während der Dauer des Verfahrens auf Ausstellung eines (neuen) Sichtvermerkes jedenfalls ein unerlaubter ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom 4. September 1992, Zl. 92/18/0350).

Da somit bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt, daß die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1993:1992180453.X00

Im RIS seit

06.08.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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