Index
82 GesundheitsrechtNorm
B-VG Art7 Abs1 / Verordnung Satzungen des Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer für Stmk §16 Abs1 Beitrags- und UmlagenO der Ärztekammer für Stmk §22 ÄrzteG §81 Abs1Leitsatz
Keine Verletzung des Gleichheitsrechtes durch die Rückleistungsregelung für bestimmte Beitragsleistungen zur Altersversorgung der Ärzte; keine Unsachlichkeit des Ausschlusses des Rückersatzes in bestimmten FällenSpruch
Der Beschwerdeführer ist durch den angefochtenen Bescheid weder in einem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht noch wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in seinen Rechten verletzt worden.
Die Beschwerde wird abgewiesen und dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung darüber abgetreten, ob der Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid in einem sonstigen Recht verletzt worden ist.
Begründung
Entscheidungsgründe:
1. Mit Bescheid des Beschwerdeausschusses der Ärztekammer für Steiermark vom 21. Dezember 1989, Z B340/89, wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf Rückerstattung seiner Beiträge zur Ergänzungsleistung für §-2-Kassenärzte (d.s. steiermärkische Ärzte, die in einem Vertragsverhältnis zur Gebietskrankenkasse, zur Versicherungsanstalt des österreichischen Bergbaues oder zu Betriebskrankenkassen stehen und die Leistungen für Versicherte dieser Krankenversicherungsträger mit letzteren direkt verrechnen) abgewiesen.
Begründend wurde dazu ausgeführt, daß §16 Abs1 der Satzungen des Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer für Steiermark (im folgenden: SWF) nur für zwei Fälle einen Rückersatz von Beitragsleistungen vorsehen würde; nämlich dann, wenn eine Streichung aus der Ärzteliste erfolge oder die Befreiung von der Beitragspflicht satzungsgemäß ausgesprochen werde. Da für den vorliegenden Fall aber keine dieser beiden Alternativen zutreffe - letztere insbesondere deshalb nicht, weil hier eine Befreiung nicht erst bescheidmäßig zu verfügen gewesen sei, sondern der Entfall der Beitragsleistungspflicht schon dem Grunde nach vielmehr bereits unmittelbar aus der freiwilligen Vertragsauflösung selbst resultiere (eine "Befreiung" sei eben etwas anderes als von vornherein überhaupt "Nicht-zahlen-müssen") -, sei das Begehren des Antragstellers abzuweisen gewesen.
2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde, mit der die Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz durch Anwendung rechtswidriger genereller Normen geltendgemacht und die Aufhebung des angefochtenen Bescheides begehrt wird.
Mit Wirkung vom 31. Dezember 1988 habe der Beschwerdeführer seinen Vertrag mit den steiermärkischen §-2-Krankenversicherungsträgern gekündigt, er sei aber weiterhin als praktischer Arzt tätig und damit auch Mitglied der Ärztekammer für Steiermark. Gemäß §5 Abs1 SWF habe er bis zum 31. Dezember 1988 Beiträge zur Ergänzungsleistung in den Teilfonds für §-2-Kassenärzte zu entrichten gehabt. Da der Beschwerdeführer aber seit dem 1. Jänner 1989 aus diesem Teilfonds nicht mehr leistungsberechtigt sei, komme ihm somit gemäß §16 Abs1 SWF ein Anspruch auf Rückersatz der in diesen Teilfonds geleisteten Beträge zu. In diesem Sinne müsse §16 Abs1 SWF verfassungskonform interpretiert werden, da ansonsten jene Kammerangehörigen, die freiwillig ihren Vertrag mit den §-2-Krankenversicherungsträgern kündigen, etwa gegenüber jenen (ehemaligen) Kammerangehörigen, die - zB aus disziplinären Gründen - aus der Ärzteliste gestrichen werden, in einer sachlich nicht gerechtferigten Weise benachteiligt wären: Käme doch letzteren ein Anspruch auf Rückersatz zu, ersteren hingegen nicht. Aber auch für die ansonsten resultierende Benachteiligung gegenüber den satzungsgemäß von der Beitragspflicht befreiten Kammerangehörigen wäre kein sachlicher Grund erkennbar.
3. Die belangte Behörde hat eine Gegenschrift erstattet, in der sie die Abweisung der Beschwerde begehrt.
Wenn die einen Rückersatz normierende Bestimmung des §16 Abs1 SWF in gleicher Weise wie auch §22 der Beitrags- und Umlagenordnung der Ärztekammer für Steiermark (im folgenden: BUO) jeweils von der Intention geprägt sei, daß dem Kammerangehörigen in weiterer Folge kein Anspruch auf Altersversorgung oder auf Versorgung aus dem Wohlfahrtsfonds mehr zustehe, so entspreche dies nicht nur den Anordnungen des §81 Abs1 des Ärztegesetzes 1984 (im folgenden: ÄrzteG), sondern unter gleichheitsrechtlichen Gesichtspunkten auch in besonderer Weise dem Versicherungsprinzip. Danach bildeten nämlich die Angehörigen eines Berufsstandes eine Riskengemeinschaft, sodaß ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen Leistung und Gegenleistung nicht gefordert sei. Außerdem stelle sich der Wohlfahrtsfonds der steiermärkischen Ärztekammer als ein einheitliches Ganzes dar, der - wenn er auch aus verschiedenen Quellen, darunter auch aus den Beiträgen der §-2-Kassenärzte, gespeist würde - entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers nicht in "Teilfonds" zerlegt werden könne. Die SWF müßten daher dem "Teilfonds Ergänzungsleistungen der §-2-Kassenärzte" auch kein Sonderschicksal dergestalt bereiten, daß die aus diesen Ergänzungsleistungen resultierenden Mittel ausschließlich den Einzahlern zugutekommen dürften. Im besonderen sei auch darauf hinzuweisen, daß die SWF selbst in den Fällen, wo diese einen Anspruch auf Rückersatz vorsehen, diesen nicht auf die Ergänzungsleistungen der §-2-Kassenärzte beziehen; §16 Abs1 SWF ordne vielmehr ausdrücklich an, daß derartige Ergänzungsleistungen bei der Berechnung des Überweisungsbetrages von vornherein außer Betracht zu bleiben hätten, sodaß im Ergebnis nach den SWF ein Rückersatz derselben für keinen Fall vorgesehen sei. Im übrigen, d. h. soweit er sich nicht auf die Beitragspflicht zu Ergänzungsleistungen für §-2-Kassenärzte beziehe, sei aber der in §16 Abs1 SWF vorgesehene Rückersatz deshalb als sachlich gerechtfertigt anzusehen, weil sowohl bei der Streichung eines Kammermitgliedes aus der Ärzteliste als auch bei einer satzungsgemäß ausgesprochenen Befreiung von der Beitragsleistung jeglicher weitere Versorgungsanspruch (arg. "ohne weiteren Leistungsanspruch" in §16 Abs1 SWF) erlöschen würde und damit in diesen Fällen der Wohlfahrtsfonds jeweils vollständig entlastet erscheine, während dieser Effekt bei einer Kündigung des Vertrages mit den §-2-Krankenversicherungsträgern gerade nicht eintreten würde.
4. Der Verfassungsgerichtshof hat über die - zulässige - Beschwerde erwogen:
4.1. §16 Abs1 der SWF lautet:
"(1) Verlegt ein Kammerangehöriger seinen Berufssitz, seinen Dienstort oder seinen Wohnsitz (§40 Abs3 Zi. 1 ÄG), dauernd in den Bereich einer anderen Ärztekammer, ist ein Betrag in der Höhe von mindestens 70 v.H. der von ihm zum Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer für Steiermark entrichteten Beträge der nunmehr zuständigen Ärztekammer zu überweisen. Die für bestimmte Zwecke (Todfallsbeihilfe, Krankenbeihilfe, Ergänzungsleistung für §-2-Kassenärzte usw.) satzungsgemäß vorgesehenen Beitragsteile bleiben bei der Berechnung des Überweisungsbetrages außer Betracht. Bei Streichung eines Kammerangehörigen aus der Ärzteliste oder bei satzungsgemäß ausgesprochener Befreiung von der Beitragspflicht ohne weiteren Leistungsanspruch, gebührt ihm der Rückersatz in sinngemäßer Anwendung der vorstehenden Bestimmungen in Höhe von 50 v.H. für die auf die Grund- und Ergänzungsleistung entfallenden Beitragsteile und in Höhe von 100 v.H. für die auf die Zusatzleistung und Erweiterte Zusatzleistung entfallenden Beitragsteile. Erfolgt die Streichung aufgrund eines erklärten dauernden oder zeitweiligen Verzichtes oder einer länger als zwei Jahre dauernden Einstellung der beruflichen Tätigkeit, für die eine Berechtigung zur selbständigen Ausübung des ärztlichen Berufes erforderlich ist (§32 Abs2 Zi. 1 u. 3 ÄG), gebührt dieser Rückersatz nach Ablauf von drei Jahren ab dem Verzicht bzw. der Einstellung der Berufsausübung, soferne nicht zwischenzeitig eine neuerliche Eintragung in die Ärzteliste erfolgt oder ein Anspruch auf Leistungen aus dem Wohlfahrtsfonds besteht (§81 Abs1 ÄG)."
4.2. Bereits mit seinem Erkenntnis VfSlg. 10898/1986 hat der Verfassungsgerichtshof bezüglich einer der vorliegenden vergleichbaren Fallkonstellation ausgesprochen, daß für den Gesetzgeber unter dem Gesichtspunkt des Gleichheitsgebotes keine Veranlassung zur Erlassung einer Regelung besteht, nach der die an den kammereigenen Versorgungsfonds (rechtmäßig) geleisteten Beiträge im Falle der Beendigung der Zugehörigkeit zu diesem Fonds rückzuerstatten wären. Der Verfassungsgerichtshof sieht sich unter dem Gesichtspunkt des vorliegenden Beschwerdefalles nicht dazu veranlaßt, von diesem Standpunkt abzugehen.
Ist der Gesetzgeber somit grundsätzlich nicht dazu verhalten, für den Fall des gänzlichen Wegfalles von Leistungsansprüchen gegenüber dem Wohlfahrtsfonds den Rückersatz bisheriger nicht realisierter Beitragsleistungen vorzusehen, so kann es aus dem Blickwinkel des vorliegenden Falles (dieser betrifft keine Übersiedlung, sodaß schon mangels Präjudizialität die Frage der Verfassungsmäßigkeit der hierauf bezugnehmenden Regelungen nicht zu erörtern ist), also soweit nach §81 Abs1 ÄrzteG bzw. §16 Abs1 SWF und §22 BUO für bestimmte Zwecke Beitragsleistungen angeordnet, jedoch ein Rückersatz nicht vorgesehen ist, nur darum gehen, die Sachkonformität dieser Rückleistungsregelung zu beurteilen. Wenn nun nach den hier maßgeblichen Regelungen der Rückersatz nur für Konstellationen vorgesehen ist, wo der Beitragspflichtige gegenüber dem Wohlfahrtsfonds in der Folge überhaupt nicht mehr leistungsberechtigt ist und der Fonds von einer künftigen Leistungspflicht vollständig entlastet wird - bei der bloßen Vertragskündigung eines §-2-Kassenarztes trifft dies jedenfalls nicht zu -, so erscheint diese Anordnung jedenfalls nicht unsachlich; ob sie in allen Fällen als befriedigend empfunden wird, kann - da ein Exzeß nicht vorliegt - nicht mit dem Maß des Gleichheitssatzes gemessen werden (vgl. VfSlg. 10455/1985).
Aus der Sicht des vorliegenden Beschwerdefalles bestehen somit keine Bedenken dahingehend, daß sich der angefochtene Bescheid auf verfassungswidrige Rechtsgrundlagen stützt. Es ist daher ausgeschlossen, daß der Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in seinen Rechten verletzt werden konnte.
4.2. Eine Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz könnte nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (zB VfSlg. 10413/1985) angesichts der verfassungsrechtlichen Unbedenklichkeit der Rechtsgrundlage nur vorliegen, wenn die Behörde der angewendeten Rechtsvorschrift fälschlicherweise einen gleichheitswidrigen Inhalt unterstellt oder wenn sie bei Erlassung des Bescheides Willkür geübt hat. Derartige Behauptungen werden vom Beschwerdeführer gar nicht aufgestellt; auch im verfassungsgerichtlichen Verfahren haben sich keine in diese Richtung weisenden Anhaltspunkte ergeben.
4.3. Die Beschwerde war daher abzuweisen und antragsgemäß dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung darüber abzutreten, ob der Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid in sonstigen Rechten verletzt worden ist.
Dies konnte gemäß §19 Abs4 Z1 und 2 VerfGG in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen werden.
Schlagworte
Ärzte VersorgungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1990:B178.1990Dokumentnummer
JFT_10099076_90B00178_00