TE Vwgh Erkenntnis 1993/1/14 91/19/0010

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Veröffentlicht am 14.01.1993
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
60/04 Arbeitsrecht allgemein;

Norm

AZG §12 Abs1;
AZG §14 Abs2;
AZG §16 Abs2;
VStG §5 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Zeizinger und Dr. Graf als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Wildmann, über die Beschwerde des H in P, vertreten durch Dr. A, Rechtsanwalt in E, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom 11. Dezember 1990, Zl. VII/2a-1331/0/2-90, betreffend Bestrafung wegen Übertretungen des Arbeitszeitgesetzes, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Landeshauptmannes von Niederösterreich (der belangten Behörde) vom 11. Dezember 1990 wurde der Beschwerdeführer jeweils einer Übertretung des § 16 Abs. 2, § 14 Abs. 2 und § 12 Abs. 1 Arbeitszeitgesetz schuldig erkannt, weil er es als zur Vertretung nach außen Berufener einer näher bezeichneten Gesellschaft m.b.H. zu verantworten habe, daß hinsichtlich eines namentlich bezeichneten Lenkers am 18. und 19. Juli 1989 durch eine Einsatzzeit von 31 Stunden und 45 Minuten die zulässige Einsatzzeit von 12 Stunden und durch eine Lenkzeit von 18 Stunden die zulässige Lenkzeit zwischen zwei Ruhepausen von 8 Stunden überschritten worden sei, und daß dem betreffenden Lenker am 18. Juli 1989 nur 5 Stunden ununterbrochene Ruhezeit, sohin weniger als die gesetzlich erforderliche ununterbrochene Mindestruhezeit von 10 Stunden gewährt worden seien. Über den Beschwerdeführer wurden gemäß § 28 Abs. 1 Arbeitszeitgesetz Geldstrafen (Ersatzfreiheitsstrafen) verhängt.

Begründend führte die belangte Behörde aus, als Tatort sei der Firmensitz angenommen worden, der mit dem Ort des Erfolges der strafbaren Handlungen nicht zusammenfallen müsse. Die Auffassung des Beschwerdeführers, der Lenker wäre zur Einhaltung des Arbeitszeitgesetzes verpflichtet gewesen, sei verfehlt, weil Normadressat dieses Gesetzes der Arbeitgeber oder dessen Bevollmächtigter sei. Zur Strafbarkeit der dem Beschwerdeführer zur Last gelegten Übertretungen genüge Fahrlässigkeit. Die Glaubhaftmachung der Schuldlosigkeit im Sinne des § 5 VStG sei dem Beschwerdeführer nicht gelungen. Die von ihm behaupteten Weisungen an die Lenker, die gesetzlichen Vorschriften einzuhalten, reichten in dieser Allgemeinheit und ohne ein effizientes Kontrollsystem, das vom Beschwerdeführer in seinen Einzelheiten darzulegen gewesen wäre, nicht aus, Übertretungen, wie sie dem Beschwerdeführer zur Last lägen, zu verhindern. Die Tatsache, daß bisher noch keine Bestrafung wegen einschlägiger Übertretungen erfolgt sei, enthebe den Beschwerdeführer nicht von der Pflicht zu einer entsprechenden Kontrolltätigkeit.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:

1. Der Beschwerdeführer meint, das Unterbleiben einer entsprechenden Kontrolltätigkeit könne ihm nicht vorgeworfen werden, weil vor dem gegenständlichen Vorfall noch nie eine Bestrafung erfolgt sei und außerdem eine Kontrolle erst nach Beendigung der Fahrt möglich sei.

Der Beschwerdeführer vermag mit diesen Ausführungen nicht seine Schuldlosigkeit im Sinne des § 5 Abs. 1 VStG glaubhaft zu machen. Gerade deshalb, weil in der Regel eine unmittelbare Kontrolle der Einhaltung von Arbeitszeitvorschriften durch Lenker seitens des Arbeitgebers nicht zumutbar ist, kommt der Verpflichtung des Arbeitgebers, ein dem konkreten Betrieb entsprechendes Kontrollsystem einzurichten und darüber hinaus alle sonstigen im konkreten Betrieb möglichen und zumutbaren Maßnahmen zu treffen, die erforderlich sind, um die Einhaltung der Arbeitszeit sicherzustellen, wozu es zum Beispiel gehört, die Arbeitsbedingungen und Entlohnungsmethoden so zu gestalten, daß sie keinen Anreiz zur Verletzung der Arbeitszeitvorschriften darstellen, besondere Bedeutung zu. Nur wenn der Arbeitgeber im obgenannten Sinne glaubhaft macht, daß ein Verstoß gegen Arbeitszeitvorschriften durch einen Lenker trotz Bestehens und Funktionierens eines solchen, von ihm im einzelnen darzulegenden Systems ohne sein Wissen und seinen Willen erfolgt ist, kann ihm der Verstoß in verwaltungsstrafrechtlicher Hinsicht nicht zugerechnet werden (siehe das hg. Erkenntnis vom 20. Juli 1992, Zl. 91/19/0201, mit weiterem Judikaturhinweis).

Dem Vorbringen des Beschwerdeführers im Verwaltungsstrafverfahren und auch in der Beschwerde ist nicht zu entnehmen, daß ein Kontrollsystem eingerichtet wurde und wie dieses konkret funktionieren sollte (vgl. zur diesbezüglichen Behauptungspflicht des Arbeitgebers unter anderem das hg. Erkenntnis vom 8. Juli 1991, Zl. 91/19/0086). Die seinen Ausführungen offenbar zugrunde liegende Auffassung, die Verpflichtung des Arbeitgebers zur Einrichtung eines entsprechenden Maßnahmen- und Kontrollsystems setze erst mit der ersten Bestrafung wegen einer Übertretung von Arbeitnehmerschutzvorschriften ein, ist verfehlt. Mit seinen Ausführungen, daß eine Kontrolle der gegenständlichen Fahrt erst nach deren Beendigung möglich gewesen sei, verkennt der Beschwerdeführer, daß ihn die Verpflichtung zur Einrichtung eines entsprechenden Maßnahmen- und Kontrollsystems bereits vor den gegenständlichen Übertretungen getroffen hat.

2. Soweit der Beschwerdeführer in der Beschwerde erstmals geltend macht, der Sitz des von ihm geleiteten Unternehmens sei nicht in P, X-Straße 2, sondern in P, X-Straße 22, gelegen, handelt es sich um eine im Grunde des § 41 Abs. 1 VwGG unzulässige Neuerung, hat er doch in der Berufung gegen das erstinstanzliche Straferkenntnis selbst behauptet, sich zur Tatzeit überwiegend in P, X-Straße 2, im Betrieb der von ihm vertretenen Gesellschaft aufgehalten zu haben. Es kann daher dahinstehen, ob in der Angabe einer allenfalls unrichtigen Hausnummer bei der Bezeichnung des Sitzes der Unternehmensleitung eine im Grunde des § 44a Z. 1 VStG relevante Verletzung von Rechten des Beschwerdeführers gelegen ist.

3. Aus den dargelegten Gründen war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.

Schlagworte

Verantwortung für Handeln anderer Personen Besondere Rechtsgebiete Arbeitsrecht Arbeiterschutz

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1993:1991190010.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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