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001 Verwaltungsrecht allgemein;Norm
BDG 1979 §102 Abs2;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hoffmann und die Hofräte Mag. Meinl, Dr. Fürnsinn, Dr. Germ und Dr. Höß als Richter, im Beisein des Schriftführers Kommissär Mag. Fritz, über die Beschwerde des J in W, vertreten durch Dr. R, Rechtsanwalt in W, gegen den Spruchpunkt 1 des Bescheides der Disziplinarkommission beim Bundesministerium für Arbeit und Soziales vom 5. August 1992, Zl. Dk/2-7/1992, betreffend Einleitung eines Disziplinarverfahrens nach § 123 Abs. 1 BDG 1979 zu Recht erkannt:
Spruch
Die Punkte 1.a) und b) des angefochtenen Bescheides werden wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben; im übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 11.390,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Der Beschwerdeführer steht als Oberrat in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund; seine Dienststelle ist das Bundesministerium für Arbeit und Soziales.
Nach dem Sachverhaltsvorbringen des Beschwerdeführers - soweit dem als Information über den Aufgabenbereich, bezogen auf die Problematik des Falles, Bedeutung zukommen kann - ist er dort seit 1976 tätig und wurde im Dezember 1989 zum Leiter des Referates für Öffentlichkeitsarbeit in der Sektion III bestellt. Damit ist dem Beschwerdeführer in verantwortlicher Weise die Auftragsvergabe zur Erstellung von Videospots, Kinofilmen, Inseraten, etc. zugekommen.
Bereits mit Bescheid der belangten Behörde vom 4. Mai 1992 wurde gegen den Beschwerdeführer wegen des Verdachtes von Dienstpflichtverletzungen nach § 43 BDG 1979 im Zusammenhang mit der Vergabe von Aufträgen ein Disziplinarverfahren gemäß § 123 Abs. 1 BDG 1979 eingeleitet und gleichzeitig gemäß § 114 Abs. 1 BDG 1979 unterbrochen. Dieser Einleitungsbeschluß wurde vom Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 25. September 1992, Zl. 92/09/0173, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben. Im Interesse der Vermeidung weiterer Wiederholungen wird auf dieses Erkenntnis hingewiesen.
Nach den vorgelegten Akten des Verwaltungsverfahrens wurde von der Dienstbehörde mit Schreiben vom 28. Juli 1992 eine weitere Disziplinaranzeige gegen den Beschwerdeführer wie folgt erstattet:
"Durch die Innenrevision (Abteilung I/C/3) des BMAS wurde eine Prüfung weiterer Vergabeakten, die von Oberrat J erledigt wurden, durchgeführt. Diese Prüfung ergab, daß in den Jahren 1987 bis 1990 in fünf Fällen Aufträge zur Herstellung von Video- bzw. Kinospots im Rahmen der Öffentlichkeitsarbeit für die AMV an die Firma H vergeben wurden. In diesen Fällen wurden die Leistungen nicht öffentlich ausgeschrieben und die Bestimmungen der ÖNORM A 2050 nicht eingehalten (siehe Beilagen).
Es wird daher wegen des nicht auszuschließenden Verdachtes der Verletzung von weiteren Dienstpflichten, insbesondere gem. § 43 Abs. 1 BDG 1979, durch den genannten Beamten die Disziplinaranzeige ausgedehnt.
Die Staatsanwaltschaft Wien wird gleichzeitig gem. § 84 der Strafprozeßordnung 1975 in Kenntnis gesetzt. Eine Sachverhaltsdarstellung erfolgte auch an die Wirtschaftspolizei."
Angeschlossen waren als Beilagen Übersichten über alle im Bereich der belangten Behörde in den letzten Jahren vergebenen Aufträge zur Herstellung bzw. zum Ankauf von Verwertungsrechten von Video- bzw. Filmspots im Rahmen der Öffentlichkeitsarbeit der Arbeitsmarktverwaltung unter besonderer Darstellung der vom Beschwerdeführer vorgenommenen Vergaben.
Nach ergänzenden Erhebungen, insbesondere zur Frage der Zahl der möglichen Anbieter derartiger Leistungen, erging der nunmehr angefochtene Bescheid mit folgendem Spruch:
"1.
Gegen J, Oberrat des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales, ist gemäß § 123 Abs. 1 BDG 1979 ein Disziplinarverfahren durchzuführen. Dies wegen des Verdachtes auf Dienstpflichtverletzungen im Zusammenhang mit der Vergabe von Aufträgen zur Herstellung von Video- bzw. Kinospots im Rahmen der Öffentlichkeitsarbeit der Arbeitsmarktverwaltung an Herrn H oder von diesem beherrschte Unternehmen in den Jahren 1987 bis 1990; dabei handelt es sich um
a)
Herstellung einer Videokassette über das Service und das Leistungsangebot der AMV (Zl. 35.042/12-III/B/7/87 vom 23.2.1987),
b)
Herstellung einer Videokassette mit dem Thema 'Arbeitsmarktbetreuung - Innovation im Kampf gegen die Arbeitslosigkeit' (Zl. 35.042/109-III/S/12/89 vom 3.4.1989),
c)
Herstellung eines Videospots mit dem Thema 'Arbeitsmarktbezogene Bildungsmaßnahmen'
(Zl. 35.042/140-12b/90 vom 28.5.1990),
d)
Herstellung eines Kinospots mit dem Thema 'Arbeitsmarktbezogene Bildungsmaßnahmen'
(Zl. 35.042/141-12b/90 vom 28.5.1990), sowie
e)
Herstellung eines Videospots mit dem Thema '10-Punkte Programm für ältere Arbeitnehmer'
(Zl. 35.042/228-1b/90 vom 5.9.1990),
wobei der begründete Verdacht besteht, daß diese Aufträge nicht öffentlich ausgeschrieben wurden und die Bestimmungen der Ö-Norm A 2050 nicht eingehalten worden sind und weiters dadurch, daß diese Aufträge ausschließlich an Herrn H oder von diesem beherrschte Unternehmen erteilt worden sind, diese somit möglicherweise gesetzwidrig bei der Auftragsvergabe bevorzugt worden seien.
2.
Das Disziplinarverfahren gegen Oberrat J wird gemäß § 114 BDG 1979 unterbrochen."
Zur Begründung wird nach Hinweis auf den seinerzeitigen Einleitungsbeschluß und auf die neuerliche Disziplinaranzeige im wesentlichen weiter ausgeführt, die Überprüfung von Auftragsvergaben durch den Beschwerdeführer in den Jahren 1987 bis 1990 habe ergeben, daß der Beschwerdeführer bei den im Spruch bezeichneten Auftragsvergaben die Leistungen nicht öffentlich ausgeschrieben und die Bestimmungen der Ö-Norm 2050 nicht eingehalten habe. Weiters habe sich der Verdacht der Verletzung von Bestimmungen des Strafgesetzbuches (§ 302 ff) ergeben.
Die belangte Behörde gehe davon aus, daß eine Verjährung nicht eingetreten sei, weil der Verdacht bestehe, daß das Verhalten des Beschwerdeführers - die ausschließliche Vergabe von Aufträgen an Herrn H oder von diesem beherrschte Unternehmen ohne Einhaltung der einschlägigen Ausschreibungsvorschriften - nur Teile eines einzelnen fortgesetzten Deliktes seien, weshalb eine Verjährung nicht eingetreten sei. Auf Grund dieser rechtswidrigen Vorgangsweise bei der Auftragsvergabe bei Filmen für die Öffentlichkeitsarbeit der Arbeitsmarktverwaltung ergebe sich der begründete Verdacht, der Beschwerdeführer habe Dienstpflichtverletzungen, insbesondere im Sinne des § 43 BDG 1979 begangen, sodaß er nach den §§ 91 ff BDG 1979 zur Verantwortung zu ziehen sei.
Die Sektion I des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales habe am 28. Juli 1992 mit der Disziplinaranzeige unter einem die Staatsanwaltschaft Wien gemäß § 84 StPO in Kenntnis gesetzt und eine Sachverhaltsdarstellung an die Wirtschaftspolizei übermittelt. In Anwendung des § 114 BDG 1979 sei daher das Disziplinarverfahren bis zum Abschluß des strafgerichtlichen Verfahrens zu unterbrechen.
Nur gegen den Spruchpunkt 1 dieses Bescheides richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit der die kostenpflichtige Aufhebung wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften begehrt wird.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verfahrens vorgelegt, eine Gegenschrift erstattet und die kostenpflichtige Abweisung beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Nach § 43 Abs. 1 BDG 1979 ist der Beamte verpflichtet, seine dienstlichen Aufgaben unter Beachtung der geltenden Rechtsordnung treu, gewissenhaft und unparteiisch mit den ihm zur Verfügung stehenden Mitteln aus eigenem zu besorgen. Nach Abs. 2 der genannten Bestimmung hat der Beamte in seinem gesamten Verhalten darauf Bedacht zu nehmen, daß das Vertrauen der Allgemeinheit in die sachliche Wahrnehmung seiner dienstlichen Aufgaben erhalten bleibt.
Gemäß § 109 Abs. 1 BDG 1979 hat der unmittelbar oder mittelbar zur Führung der Dienstaufsicht berufene Vorgesetzte (Dienstvorgesetzte) bei jedem begründeten Verdacht einer Dienstpflichtverletzung die zur vorläufigen Klarstellung des Sachverhaltes erforderlichen Erhebungen zu pflegen und sodann unverzüglich im Dienstwege der Dienstbehörde Disziplinaranzeige zu erstatten. Gemäß § 109 Abs. 3 hat die Dienstbehörde, sofern es sich nicht um eine Selbstanzeige handelt, eine Abschrift der Disziplinaranzeige unverzüglich dem Beschuldigten zuzustellen.
Auf Grund der Disziplinaranzeige oder des Berichtes des Dienstvorgesetzten hat die Dienstbehörde gemäß § 110 Abs. 1 BDG 1979
1.
eine Disziplinarverfügung zu erlassen oder
2.
die Disziplinaranzeige an den Vorsitzenden der Disziplinarkommission und an den Disziplinaranwalt weiterzuleiten.
Der Vorsitzende der Disziplinarkommission hat gemäß § 123 Abs. 1 BDG 1979 nach Einlangen der Disziplinaranzeige die Disziplinarkommission zur Entscheidung darüber einzuberufen, ob ein Disziplinarverfahren durchzuführen ist. Notwendige Ermittlungen sind von der Dienstbehörde im Auftrag der Disziplinarkommission durchzuführen. Hat die Disziplinarkommission die Durchführung eines Disziplinarverfahrens beschlossen, so ist dieser Beschluß gemäß § 123 Abs. 2 dem beschuldigten Beamten, dem Disziplinaranwalt und der Dienstbehörde zuzustellen. Gegen die Einleitung des Disziplinarverfahrens ist kein Rechtsmittel zulässig.
Nach § 118 Abs. 1 BDG 1979 ist das Disziplinarverfahren mit Bescheid einzustellen, wenn
1. der Beschuldigte die ihm zur Last gelegte Dienstpflichtverletzung nicht begangen hat oder Umstände vorliegen, die die Strafbarkeit ausschließen,
2. die dem Beschuldigten zur Last gelegte Tat nicht erwiesen werden kann oder keine Dienstpflichtverletzung darstellt,
3. Umstände vorliegen, die die Verfolgung ausschließen, oder
4. die Schuld des Beschuldigten gering ist, die Tat keine oder nur unbedeutende Folgen nach sich gezogen hat und überdies eine Bestrafung nicht geboten ist, um den Beschuldigten von der Verletzung der Dienstpflichten abzuhalten oder der Verletzung von Dienstpflichten durch andere Beamte entgegenzuwirken.
Nach § 94 Abs. 1 BDG 1979 darf der Beamte wegen einer Dienstpflichtverletzung nicht mehr bestraft werden, wenn gegen ihn nicht
1. innerhalb von sechs Monaten, gerechnet von dem Zeitpunkt zu dem der Disziplinarbehörde die Dienstpflichtverletzung zur Kenntnis gelangt ist, oder
2. innerhalb von drei Jahren gerechnet von dem Zeitpunkt der Beendigung der Dienstpflichtverletzung eine Diziplinarverfügung erlassen oder ein Disziplinarverfahren vor der Disziplinarkommission eingeleitet wurde.
Abs. 2 und 3 (letzter idF der 3. BDG-Novelle 1991, BGBl. Nr. 12/1992) dieser Bestimmung regeln abschließend, in welchen Fällen der Lauf der in Abs. 1 genannten Fristen gehemmt wird.
Auf das Disziplinarverfahren findet - von Ausnahmen abgesehen, die im Beschwerdefall nicht in Betracht kommen - das AVG Anwendung (§ 105 Z. 1 BDG 1979), soweit in diesem Abschnitt des Beamten-Dienstrechtsgesetzes nicht anderes bestimmt ist.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis vom 13. November 1985, Slg. N.F. Nr. 11.938/A, dargelegt, daß die dem Einleitungsbeschluß nach § 123 BDG 1979 zukommende rechtliche Bedeutung darin gelegen ist, dem einer Dienstpflichtverletzung beschuldigten Beamten gegenüber klarzustellen, hinsichtlich welcher Dienstpflichtverletzung ein Disziplinarverfahren eingeleitet wird. Dies ist schon deshalb erforderlich, um klarzustellen, hinsichtlich welcher Dienstpflichtverletzung ein Disziplinarverfahren innerhalb der Verjährungsfristen eingeleitet wurde.
Die im Zusammenhang mit dem Einleitungsbeschluß genannten Ermittlungen haben dabei das Ziel, zu klären, ob die Voraussetzungen für die Einleitung eines Disziplinarverfahrens gegeben sind. Für die Einleitung des Verfahrens reicht es aus, wenn genügende Verdachtsgründe gegen den Beamten vorliegen, die die Annahme einer Dienstpflichtverletzung rechtfertigen. Ferner ist von der Disziplinarkommission zu prüfen, ob keine Einstellungsgründe gegeben sind. Die Disziplinarkommission hat in dem der Einleitung vorausgehenden Verfahren nicht positiv zu prüfen, ob eine schuldhafte Dienstpflichtverletzung begangen wurde, sondern - negativ - zu erheben, ob nicht offenkundig ein Grund für die Einstellung des Verfahrens vorliegt. Die Kommission muß somit bei Fällung des Einleitungsbeschlusses noch nicht völlige Klarheit darüber haben, ob ein bestimmter Beamter eine Dienstpflichtverletzung begangen hat. Erst im nachfolgenden Verfahren ist ausdrücklich vorgesehen, daß der Sachverhalt "ausreichend" zu klären ist (vgl. Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 15. September 1989, Zl. 89/09/0113).
Für den Einleitungsbeschluß nach § 123 BDG 1979 kommen die Bestimmungen des § 58 Abs. 1 und 2 AVG insofern zur Anwendung, als er - neben der Rechtsmittelbelehrung - einen Spruch und eine Begründung zu enthalten hat. Im Spruch des Einleitungsbeschlusses ist das dem Beschuldigten zur Last gelegte Verhalten, das als Dienstpflichtverletzung erachtet wurde, nur in groben Umrissen zu beschreiben. Die einzelnen Fakten müssen nicht bestimmt, d.h. in den für eine Subsumtion relevanten Einzelheiten beschrieben werden. In der Begründung des Einleitungsbeschlusses ist darzulegen, warum sich nach dem geschilderten Verhalten der Verdacht einer Dienstpflichtverletzung ergibt (ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, vgl. beispielsweise Erkenntnis vom 30. Oktober 1991, Zl. 90/09/0192, mit weiteren Judikaturhinweisen).
Der Beschwerdeführer sieht sich durch den Spruchpunkt 1. des angefochtenen Bescheides in seinem Recht darauf, daß nicht ohne Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen der §§ 91 ff BDG 1979 ein Disziplinarverfahren eingeleitet wird (gemäß § 123 leg. cit. die Durchführung eines Disziplinarverfahrens verfügt wird), und zwar zumindest teilweise trotz gemäß § 94 BDG 1979 eingetretener Verjährung, durch unrichtige Anwendung dieser Bestimmungen sowie der Vorschriften über die Sachverhaltsermittlung, das Parteiengehör und die Bescheidbegründung verletzt.
In Ausführung dieses Beschwerdepunktes bringt der Beschwerdeführer im wesentlichen als Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften vor, es sei ihm völlig unerfindlich, welchen sachlichen Grund es für die durch den angefochtenen Bescheid bzw. die vorangehende Disziplinaranzeige "vorgenommene Auswahl geben" sollte. Im fraglichen Zeitraum seien eine Reihe weiterer Vergaben erfolgt, bei welchen in jeder Beziehung in völlig gleicher Weise vorgegangen, also insbesondere auch nicht öffentlich ausgeschrieben worden sei und die auch in denselben Preisrahmen gefallen wären bzw. ein annähernd gleiches Preis-Leistungsverhältnis gehabt hätten. Das tatsächlich herangezogene Auswahlkriterium sei anscheinend gewesen, daß in den verfahrensgegenständlichen Fällen die Auftragsvergabe an die Firma H erfolgt sei. Das wäre verständlich, wenn es irgendeinen, auch nur den geringsten Anhaltspunkt dafür gebe, daß diese Firma bevorzugt worden wäre oder daß es auch nur einen einzigen anderen Aspekt gäbe, der "ihre Behandlung" durch den Beschwerdeführer oder die Vergabefälle, bei denen sie zum Zug gekommen sei, von den anderen unterscheide. Nichts von dem treffe jedoch zu; die genannte Firma sei selbstverständlich wie die anderen Anbieter auch nur beauftragt worden, wenn sie Bestbieter gewesen sei, und die belangte Behörde selbst behaupte auch gar nichts anderes. Es gebe vielmehr nur zwei Verdachtsmomente, nämlich, daß keine öffentliche Ausschreibung stattgefunden habe und daß der Beschwerdeführer die Bestimmungen der Ö-Norm 2050 nicht eingehalten habe. Letzteres werde mit keinem weiteren Wort konkretisiert, sodaß als faßbarer Vorwurf nur die Nichtdurchführung öffentlicher Ausschreibungen bleib Der Beschwerdeführer macht weiters Begründungsmängel in rechtlicher (- Rechtscharakter der Ö-Norm A 2050 -) und in sachverhaltsmäßiger Hinsicht (- beschränkte Ausschreibung sei ständige Verwaltungspraxis gewesen -) geltend.
Dieses Vorbringen kann der Beschwerde nicht zum Erfolg verhelfen.
Der angefochtene Einleitungsbeschluß wird der an eine solche im Verdachtsbereich zu setzende Maßnahme noch hinlänglich gerecht. Es ergibt sich aus dem Spruch des angefochtenen Bescheides eindeutig, hinsichtlich welcher Vergabevorgänge der Verdacht von Dienstpflichtverletzungen besteht und daher ein Disziplinarverfahren - mit weiteren Erhebungen - eingeleitet wird. Weiters ist zu entnehmen, worin die belangte Behörde den Verdacht der Dienstpflichtverletzung sieht, nämlich darin, daß lediglich eine beschränkte Ausschreibung durchgeführt wurde, obwohl nach der ÖNORM A 2050 eine öffentliche Ausschreibung geboten gewesen wäre. Ein weiterer Vorwurf liegt darin, daß die Firma H in diesem Zusammenhang bei der Auftragsvergabe möglicherweise gesetz-(bzw. ÖNORM A 2050) widrig bevorzugt worden ist. Wie der Beschwerdeführer bereits im dritten Satz der Beschwerde selbst einräumt, ist die Auswahl der Fälle nicht völlig unerfindlich, sondern bezieht sich auf bestimmte Auftragsvergaben an die Firma H. Darauf, daß auch in anderen Fällen, in denen nur eine beschränkte Ausschreibung durchgeführt wurde, ebenfalls ein Disziplinarverfahren durchgeführt werden müßte, hat der Beschwerdeführer jedenfalls keinen Anspruch. Das Faktum der beschränkten Ausschreibung anstelle der grundsätzlich vorgesehenen öffentlichen Ausschreibung wird in der Beschwerde nicht in Abrede gestellt und findet auch in den Verwaltungsakten Deckung. Die nähere Auseinandersetzung in sachverhaltsmäßiger und rechtlicher Hinsicht wird Gegenstand des künftigen Verfahrens sein. Im Beschwerdefall ist jedenfalls keine Behinderung des Beschwerdeführers in seinen Rechtsverfolgungsmöglichkeiten gegeben bzw. erkennbar gewesen.
Zur behaupteten inhaltlichen Rechtswidrigkeit des Einleitungsbeschlusses führt der Beschwerdeführer im wesentlichen aus, die beiden ersten entscheidungsgegenständlichen Vergabefälle (1.a) und b) des Einleitungsbeschlusses) beträfen Vorgänge aus dem Monat Februar 1987 bzw. April 1989. Davon ausgehend sei somit die Verjährungsfrist des § 94 Abs. 1 Z. 2 BDG 1979 bei Verfahrenseinleitung bereits abgelaufen gewesen.
Dieses Vorbringen ist berechtigt.
Die belangte Behörde ging in ihrem Einleitungsbeschluß davon aus, daß es sich bei den einzelnen Vergabeakten um ein fortgesetztes Delikt handelt. Dieser von Lehre und Rechtsprechung entwickelte Typus einer scheinbaren Realkonkurrenz (siehe Anmerkung 28 ff zu § 28 StGB, Leukauf-Steininger, Kommentar zum Strafgesetzbuch3 und Stolzlechner, Das Fortsetzungsdelikt im Verwaltungsstrafrecht, in ZfV 1981/5, und die dort angegebene Rechtsprechung) entspricht der mitunter gegebenen praktischen Unmöglichkeit, bei "Serienbegehung" jede einzelne Begehungshandlung nachträglich festzustellen, obwohl bei natürlicher Betrachtung ohnedies eine Einheit vorliegt. Voraussetzung für das Vorliegen eines fortgesetzten Deliktes sind im vorliegenden Rechtsbereich "Disziplinarrecht" - der herrschenden Betrachtungsweise im Strafrecht folgend - sowohl objektive als auch subjektive Faktoren. Als objektive Voraussetzungen müssen gegeben sein:
1.
Gleichartige Einzelhandlungen,
2.
Angriff auf dasselbe Rechtsgut,
3.
die einzelnen Handlungen dürfen nicht durch einen großen
Zeitraum unterbrochen sein (zeitlicher Zusammenhang),
4. räumliche Kontinuität.
Darüber hinaus müssen die Einzelakte im Sinne der subjektiven Komponente von einem einheitlichen Willensentschluß (Gesamtvorsatz) getragen sein. Der Gesamtvorsatz muß den erstrebten Gesamterfolg der Tat in seinen wesentlichen Umrissen umfassen. Der allgemeine Entschluß, eine Reihe gleichartiger strafbarer Handlungen bei jeder sich bietenden Gelegenheit zu begehen, reicht nicht aus, um auf der inneren Tatseite Fortsetzungszusammenhang zu begründen.
Im Beschwerdefall sind die im Spruchpunkt 1.a) und b) genannten Auftragsvergaben vom jeweils nächstfolgenden Auftrag zeitlich mehr als zwei Jahre bzw. als ein Jahr entfernt. Bereits diese Feststellung zeigt, daß der nach den allgemeinen Überlegungen für das Vorliegen eines fortgesetzten Deliktes notwendige zeitliche Zusammenhang im vorher dargestellten Sinne nicht gegeben ist. Es erübrigt sich damit eine Auseinandersetzung mit der Frage des Gesamtvorsatzes und inwieweit in diesem Zusammenhang eine weitergehende Erhebungs- und Begründungspflicht der belangten Behörde bestanden hätte.
Demnach sind die unter 1.a) und b) dem Beschwerdeführer angelasteten Handlungen gemäß § 94 Abs. 1 Z. 2 BDG 1979 verjährt. Dafür, daß ein Hemmungstatbestand nach § 94 Abs. 2 vorgelegen wäre, gibt es ebenso wie für die Anwendung des Abs. 4 der genannten Bestimmung, die eine strafgerichtliche Verurteilung voraussetzt, keinen Ansatzpunkt.
Aus den vorher dargestellten Gründen war der nur in seinem Punkt 1. angefochtene Bescheid hinsichtlich lit. a und b gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben; im übrigen war die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Pauschalierungsverordnung BGBl. Nr. 104/1991. Das Mehrbegehren war abzuweisen, weil die Vorlage der Beschwerde in zweifacher Ausfertigung ausreichend gewesen wäre.
Soweit in der Amtlichen Sammlung nicht veröffentlichte Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes genannt sind, wird auf Art. 14 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes, BGBl. Nr. 45/1965, hingewiesen.
Schlagworte
Stempelgebühren Kommissionsgebühren Barauslagen des Verwaltungsgerichtshofes Nicht erforderliche NICHTERFORDERLICHE Schriftsatzausfertigungen und BeilagenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1993:1992090286.X00Im RIS seit
11.07.2001