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001 Verwaltungsrecht allgemein;Norm
AZG §14 Abs2;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Zeizinger und Dr. Graf als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Wildmann, über die Beschwerde des H in P, vertreten durch Dr. A, Rechtsanwalt in E, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom August 1991 (genaues Datum fehlt), Zl. VII/2a-V-1331/1/1-91, betreffend Bestrafung wegen Übertretungen des Arbeitszeitgesetzes, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde der Beschwerdeführer je einer Übertretung des § 14 Abs. 2 und des § 15 Abs. 1 Arbeitszeitgesetz schuldig erkannt, weil er es als zur Vertretung nach außen Berufener einer näher bezeichneten Gesellschaft m.b.H. zu verantworten habe, daß hinsichtlich eines namentlich genannten Arbeitnehmers dieser Gesellschaft an neun im einzelnen bezeichneten Tagen zwischen 9. April und 2. Mai 1990 die zulässige Lenkzeit von 8 Stunden zwischen zwei Ruhepausen überschritten und am 3. Mai 1990 nach einer ununterbrochenen Lenkzeit von 4 Stunden keine Lenkpause eingelegt worden sei. Über den Beschwerdeführer wurden gemäß § 28 Abs. 1 Arbeitszeitgesetz Geldstrafen (Ersatzfreiheitsstrafen) verhängt.
Begründend führte die belangte Behörde aus, zur Einhaltung der Bestimmungen des Arbeitszeitgesetzes sei der Arbeitgeber bzw. dessen Bevollmächtigter verpflichtet. Dieser habe ein dem konkreten Betrieb entsprechendes Maßnahmen- und Kontrollsystem einzurichten, um die Einhaltung der Vorschriften betreffend die Arbeitszeit sicherzustellen. Die Glaubhaftmachung seiner Schuldlosigkeit sei dem Beschwerdeführer nicht gelungen. Er habe lediglich vorgebracht, nicht selbst die Weisung zur Überschreitung der Arbeitszeit erteilt zu haben und im übrigen die Chauffeure immer wieder aufgefordert und erinnert zu haben, die Bestimmungen des Arbeitszeitgesetzes einzuhalten. Es wäre ihm zumutbar gewesen, die Fahraufträge so exakt zu erstellen, daß die Einhaltung der gesetzlichen Bestimmungen wahrscheinlich bzw. gewährleistet sei. Die Vernehmung des Beschwerdeführers sei im Hinblick auf das von ihm erstattete Vorbringen, mit dem seine Schuldlosigkeit nicht dargetan worden sei, nicht erforderlich gewesen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:
1. Wie bereits in der Berufung gegen das erstinstanzliche Straferkenntnis bringt der Beschwerdeführer auch im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof vor, keine Weisung zur Überschreitung der Lenkzeiten oder zur Nichteinhaltung der Lenkpause erteilt und die Chauffeure wiederholt zur Einhaltung der Bestimmungen des Arbeitszeitgesetzes aufgefordert zu haben. Außerdem habe er die Fahrtenbücher der Chauffeure regelmäßig kontrolliert und bei Verstößen die Chauffeure regelmäßig an die Einhaltung der gesetzlichen Bestimmungen erinnert.
Mit diesen Ausführungen vermag der Beschwerdeführer nicht seine Schuldlosigkeit im Sinne des § 5 Abs. 1 zweiter Satz VStG glaubhaft zu machen. Gerade deshalb, weil in der Regel eine unmittelbare Kontrolle der Einhaltung von Arbeitszeitvorschriften durch Lenker seitens des Arbeitgebers nicht zumutbar ist, kommt der Verpflichtung des Arbeitgebers, ein dem konkreten Betrieb entsprechendes Kontrollsystem einzurichten und darüber hinaus alle sonstigen im konkreten Betrieb möglichen und zumutbaren Maßnahmen zu treffen, die erforderlich sind, um die Einhaltung der Arbeitszeit sicherzustellen, wozu es zum Beispiel gehört, die Arbeitsbedingungen und Entlohnungsmethoden so zu gestalten, daß sie keinen Anreiz zur Verletzung der Arbeitszeitvorschriften darstellen, besondere Bedeutung zu. Nur wenn der Arbeitgeber im obgenannten Sinne glaubhaft macht, daß ein Verstoß gegen Arbeitszeitvorschriften durch einen Lenker trotz Bestehens und Funktionierens eines solchen, von ihm im einzelnen darzulegenden Systems ohne sein Wissen und seinen Willen erfolgt ist, kann ihm der Verstoß in verwaltungsstrafrechtlicher Hinsicht nicht zugerechnet werden (siehe das hg. Erkenntnis vom 20. Juli 1992, Zl. 91/19/0201, mit weiterem Judikaturhinweis).
Der Beschwerdeführer hat im Verwaltungsstrafverfahren, aber auch in der Beschwerde nicht behauptet, ein Maßnahmen- und Kontrollsystem eingerichtet zu haben, das geeignet ist, unter vorhersehbaren Umständen die Übertretung von Arbeitnehmerschutzvorschriften zu verhindern. Die Erteilung von allgemeinen Weisungen an die Arbeitnehmer betreffend die Einhaltung derartiger Bestimmungen genügt diesen Anforderungen ebensowenig wie die vom Beschwerdeführer behauptete Kontrolle der Fahrtenbücher und die Erteilung von Ermahnungen im Falle der Feststellung von Verstößen. Da das Vorbringen des Beschwerdeführers nicht geeignet war, seine Schuldlosigkeit im Sinne des § 5 Abs. 1 VStG darzutun, bedurfte es nicht seiner Vernehmung durch die belangte Behörde. Der vom Beschwerdeführer im Unterbleiben seiner Vernehmung erblickte Verfahrensmangel liegt demnach nicht vor.
2. Der Beschwerdeführer meint, die am 3. Mai 1990 erfolgte Übertretung des § 15 Abs. 1 Arbeitszeitgesetz könne ihm deshalb nicht angelastet werden, weil es sich dabei um den einzigen diesbezüglichen Vorwurf handle und der Chauffeur bei der Beanstandung den Gendarmeriebeamten gegenüber erklärt habe, er habe die Lenkpause wegen einer Sperre der Westautobahn nicht eingehalten. Der Verstoß sei demnach ohne sein Wissen und seinen Willen erfolgt.
Der Beschwerdeführer läßt bei diesem Vorbringen außer acht, daß für die Strafbarkeit seines diesbezüglichen Verhaltens (ebenso wie bei der Übertretung des § 14 Abs. 2 Arbeitszeitgesetz) gemäß § 5 Abs. 1 erster Satz VStG Fahrlässigkeit genügt, weshalb es unerheblich ist, daß die Übertretung ohne Wissen und Willen des Beschwerdeführers begangen wurde. Die Glaubhaftmachung seiner Schuldlosigkeit im Sinne des § 5 Abs. 1 zweiter Satz VStG ist ihm im Hinblick auf die unter Punkt 1 enthaltenen Erwägungen auch hinsichtlich dieser Übertretung nicht gelungen. Selbst wenn es sich dabei um die erstmalige diesbezügliche Beanstandung gehandelt haben sollte, wäre für ihn dadurch nichts gewonnen, weil ihn die Verpflichtung zur Einrichtung eines entsprechenden Maßnahmen- und Kontrollsystems bereits vor dieser Übertretung getroffen hat.
Auf die Annahme der belangten Behörde, der Beschwerdeführer wäre in der Lage gewesen, im vorhinein die Fahraufträge mit exakter Festlegung der Stehzeit, Ruhezeit und Fahrzeit zu erstellen, sowie die diesbezüglichen Ausführungen in der Beschwerde brauchte nicht weiter eingegangen zu werden, weil es zunächst Aufgabe des Beschwerdeführers gewesen wäre, im einzelnen darzutun, worin das von ihm eingerichtete Maßnahmen- und Kontrollsystem besteht. Erst dann wäre zu beurteilen gewesen, ob dieses im Sinne der Ausführungen unter Punkt 1 geeignet ist, Übertretungen von Arbeitnehmerschutzvorschriften unter vorhersehbaren Umständen zu verhindern.
3. Aus den dargelegten Gründen war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.
Schlagworte
Verantwortung für Handeln anderer Personen Besondere Rechtsgebiete Arbeitsrecht ArbeiterschutzEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1993:1991190275.X00Im RIS seit
19.02.2002