Index
L55004 Baumschutz Landschaftsschutz Naturschutz Oberösterreich;Norm
NatSchG OÖ 1982 §39 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kirschner und die Hofräte Dr. Puck, Dr. Waldner, Dr. Novak und Dr. Bumberger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Kopp, über die Beschwerde des J in M, vertreten durch Dr. C, Rechtsanwalt in R, gegen den Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom 18. Juli 1991, Zl. N-101863/1-I/Ko-1991, betreffend Versagung einer naturschutzbehördlichen Bewilligung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Land Oberösterreich Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Schriftsatz vom 19. Dezember 1990 beantragte der Beschwerdeführer bei der Bezirkshauptmannschaft die nachträgliche Erteilung der naturschutzrechtlichen Bewilligung für zwei auf seinem Firmenareal auf den Parzellen 639 und 248/4, KG X, aufgestellte Werbetafeln.
Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft vom 12. April 1991 wurde dieser Antrag abgewiesen. In der Begründung heißt es unter anderem, der Bezirksbeauftragte für Natur- und Landschaftsschutz habe in seinem Gutachten schlüssig und nachvollziehbar dargelegt, daß diese Werbetafeln einen störenden Eingriff in das Landschaftsbild darstellten.
Der Beschwerdeführer berief.
Die belangte Behörde holte ein Gutachten des Landesbeauftragten für Natur- und Landschaftsschutz ein. Dieses lautet:
"Die Parzellen 639 und 248/4 liegen ca. 500 m südöstlich der Ortschaft H in einer Entfernung von ca. 60 m südlich der Trasse der Innkreisautobahn. Seitens des Konsenswerbers wurden im nordöstlichen Eckbereich des Grst. 639 zwei Werbetafeln mit der Aufschrift "Baumschule G in M" errichtet, wobei eine Tafel parallel zur nördlichen Grundgrenze der Parzelle 639 ausgerichtet wurde, die zweite Tafel senkrecht dazu, parallel zur westlichen Grenze des Grst. 248/4 situiert wurde. Die Tafeln weisen jeweils eine Länge von ca. 10 m und eine Höhe von ca. 80 cm auf und wurden auf je 13 Rohrstehern (in Anpassung an das Gelände) in einer Höhe von 1,5 bis 2 m über dem anstehenden Gelände montiert. Für den Schriftzug wurde eine gelbe Farbgebung auf grünem Hintergrund gewählt.
Befund:
Die Landschaft im Umfeld der Autobahntrasse stellt sich als leicht hügelige Agrarzone mit intensiver Acker-Grünlandwirtschaft dar. Die landwirtschaftlichen Produktionsflächen werden durch Waldflächen in den Hangbereichen und wenig produktive Senken sowie durch größere Gehölzgruppen gegliedert. Die vereinzelten landwirtschaftlichen Anwesen bzw. Dorfgebiete weisen eine kompakte Struktur auf, fügen sich durch den umgebenden Baumschleier gut in die Landschaft ein und verstärken den rein agrarisch geprägten Charakter dieser Landschaft. Die gegenständliche Parzelle kommt im Randbereich ausgedehnter Feldflächen südlich der Autobahntrasse zu einem Waldstreifen, der sich senkrecht zur Straßentrasse erstreckt, zu liegen, und wird als Verschulungsfläche für Zierbäume bzw. Sträucher und Laubbäume genutzt. Die Autobahntrasse wird in diesem Bereich in leichter Hochlage geführt und stellt dadurch eine starke Zäsur in der sanft modellierten Landschaft dar. Die verfahrensgegenständlichen Werbetafeln sind vor allem von der Autobahntrasse aus gut einsehbar und sind im engeren und weiteren Umfeld die einzigen Einrichtungen dieser Art. Gutachten:
Wie aus dem Befund entnommen werden kann, ist der Standort, auf dem die Tafeln errichtet wurden, Teil einer relativ vielfältigen, rein agrarisch geprägten Kulturlandschaft. Die landschaftliche Charakteristik dieses Raumes wird primär durch die Bewirtschaftungsform, die Geländemodellierung und die vorhandene vertikale Gliederung durch die vorhandenen Gehölzbestände konstituiert. Wenngleich die in ca. 60 m nördlicher Entfernung in Hochlage verlaufende Autobahn eine starke künstliche Zäsur in der Landschaft darstellt und damit auch eine starke Vorbelastung des Landschaftsbildes vorgegeben ist, kann die Wirkung der beiden Werbetafeln dennoch keinesfalls als vernachlässigbar bezeichnet werden. Vielmehr stellen diese Einrichtungen, insbesondere von der Autobahn aus betrachtet, auf Grund ihrer flächenhaften Wirkung weithin sichtbare und im Landschaftsbild wirksame künstliche Raumfaktoren dar, die in starken Kontrast zu den natürlichen Raumelementen des Umfeldes treten. Auf Grund dieser Wirkung werden die Tafeln als Fremdkörper in der Landschaft wahrgenommen.
Ziel des Landschaftsschutzes außerhalb der verdichteten Siedlungsräume muß es sein, eine Durchsetzung der offenen Landschaft mit künstlichen Gestaltungselementen dieser Art möglichst hintanzuhalten. Nur dadurch ist es langfristig möglich, das charakteristische Erscheinungsbild des agrarisch geprägten Raumes und damit auch dessen Erholungswert für die Allgemeinheit zu erhalten. Das Vorhaben widerspricht diesem Ziel grundlegend und ist daher nicht nur auf Grund seiner singulären Wirkung im konkreten Standort, sondern auch auf Grund der zu erwartenden Folgewirkungen in vergleichbaren Situationen aus fachlicher Sicht entschieden abzulehnen."
Mit Bescheid vom 18. Juli 1991 wies die belangte Behörde unter Heranziehung dieses Gutachtens die Berufung des Beschwerdeführers ab.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend gemacht wird.
Der Beschwerdeführer bringt vor, die im Verfahren beigezogenen Gutachter räumten ein, daß die beiden Werbetafeln für Nichtbenutzer der Autobahn verhältnismäßig wenig in Erscheinung treten, daß sie jedoch für die Autobahnbenutzer eine wesentliche Störung des charakteristischen Landschaftsbildes darstellten. Die Wahrnehmung der Werbetafeln durch Autobahnbenutzer rechtfertige aber noch nicht die Annahme, daß dadurch öffentliche Interessen an der Erhaltung des Landschaftsbildes verletzt würden. Ob dies nämlich der Fall sei, sei überwiegend aus dem Blickwinkel der Bewohner der Umgebung zu betrachten. Es sei unzulässig, sich auf Benutzer der Autobahn zu berufen, die mit ihren Fahrzeugen selbst die Umwelt verschmutzten und für die die Autobahn errichtet worden sei, welche ihrerseits die Umwelt belaste. Nach § 1 des O.ö. Natur- und Landschaftsschutzgesetzes sei es Ziel dieses Gesetzes, die heimische Natur und Landschaft in ihren Lebens- oder Erscheinungsformen zu erhalten, sie zu gestalten und zu pflegen und dadurch dem Menschen eine ihm angemessene bestmögliche Lebensgrundlage zu sichern. Es solle also den in der Umgebung wohnenden Menschen eine bestmögliche Lebensgrundlage gesichert werden. Autobahnbenutzer, welche mit ihren Fahrzeugen selbst die Umwelt erheblich belasteten, könnten durch diese Bestimmung nicht geschützt sein.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in einer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Nach § 9 Abs. 1 des Oberösterreichischen Natur- und Landschaftsschutzgesetzes 1982, LGBl. Nr. 80/1982 (O.ö. NSchG 1982), bedarf außerhalb geschlossener Ortschaften die Errichtung, Aufstellung, Anbringung, Änderung und der Betrieb von Werbeeinrichtungen einer Bewilligung der Behörde. Die Bestimmungen über Eingriffe im Bereich von Gewässern (§§ 5 und 6) sowie über Eingriffe nach dem IV. Abschnitt werden von den Sonderbestimmungen für Werbeeinrichtungen nicht berührt.
Nach § 9 Abs. 4 O.ö. NSchG 1982 ist eine Bewilligung gemäß Abs. 1 - erforderlichenfalls auch unter Bedingungen, befristet oder mit Auflagen - zu erteilen, wenn weder durch Größe, Form, Farbgebung oder Lichtwirkung der Werbeeinrichtung noch durch deren Errichtung, Aufstellung, Anbringung, Änderung oder Betrieb am vorgesehenen Ort die öffentlichen Interessen an der Erhaltung des Landschaftsbildes verletzt werden noch eine Beeinträchtigung des Erholungswertes der Landschaft zu erwarten ist. Ansonsten ist eine Bewilligung zu versagen.
Eines der Ziele des § 9 Abs. 4 O.ö. NSchG 1982 ist die Erhaltung des Landschaftsbildes und damit die Hintanhaltung von Eingriffen in das Landschaftsbild. Die Bestimmung weist damit sowohl von der Zielsetzung wie auch von der verwendeten Gesetzesterminologie ("öffentliche Interessen an der Erhaltung des Landschaftsbildes") her weitgehende Ähnlichkeit mit § 5 Abs. 1 O.ö. NSchG 1982 auf, sodaß die zu der letztgenannten Bestimmung ergangene Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch auf § 9 Abs. 4 O.ö. NSchG 1982 übertragen werden kann. Nach dieser Judikatur ist unter Landschaftsbild das Bild einer Landschaft von jedem möglichen Blickpunkt zu Lande, zu Wasser und in der Luft zu verstehen (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 26. September 1988, Zl. 87/10/0174, vom 24. September 1990, Zlen. 89/10/0251, 0252, und vom 16. Mai 1988, Zl. 88/10/0027 u.a.). Für die Bejahung eines der Erhaltung des Landschaftsbildes zuwiderlaufenden Eingriffes ist es nicht entscheidend, von welchem Punkt aus das den Eingriff darstellende Objekt einsehbar bzw. nicht einsehbar ist und ob es nur aus der Nähe oder auch aus weiterer Entfernung wahrgenommen werden kann (vgl. das hg. Erkenntnis vom 17. März 1986, Slg. NF 12069/A u.a.).
Dem Gutachten des Landesbeauftragten für Natur- und Landschaftsschutz ist - ebenso wie jenem des Bezirksbeauftragten - zu entnehmen, daß die Werbetafeln des Beschwerdeführers in starkem Kontrast zur sie umgebenden Landschaft stehen, als Fremdkörper wirken und mit dem charakteristischem Erscheinungsbild des agrarisch geprägten Raumes in Widerspruch stehen. Dies wird durch die vom Beschwerdeführer im Zuge des Verwaltungsverfahrens vorgelegten Lichtbilder bestätigt. Von wo aus diese Werbeeinrichtungen sichtbar sind, ist nach der oben wiedergegebenen Judikatur zum Begriff der Erhaltung des Landschaftsbildes unerheblich. Durch die Werbetafeln werden daher die öffentlichen Interessen an der Erhaltung des Landschaftsbildes verletzt.
Aus den angeführten Erwägungen war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.
Soweit Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes zitiert wurden, die in der Amtlichen Sammlung der Erkenntnisse und Beschlüsse dieses Gerichtshofes nicht veröffentlicht sind, wird auf Art. 14 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes, BGBl. Nr. 45/1965, hingewiesen.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1993:1991100200.X00Im RIS seit
20.11.2000