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L37153 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag InteressentenbeitragNorm
AVG §8;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Draxler und die Hofräte DDr. Hauer, Dr. Degischer, Dr. Giendl und Dr. Kail als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Stöckelle, über die Beschwerde des J in M, vertreten durch Dr. W, Rechtsanwalt in K, gegen den Gemeinderat der Marktgemeinde A wegen Verletzung der Entscheidungspflicht in einer Bausache, zu Recht erkannt:
Spruch
In Anwendung des § 42 Abs. 4 VwGG und des § 73 AVG wird der auf § 113 der NÖ Bauordnung 1976 gestützte Antrag des Beschwerdeführers vom 24. Oktober 1990 auf Erlassung eines baupolizeilichen Auftrages abgewiesen.
Die Marktgemeinde A hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 11.420,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
In seiner Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof führt der Beschwerdeführer aus, daß er in einer Eingabe vom 24. Oktober 1990 an den Bürgermeister der Marktgemeinde A den Antrag gestellt habe, für eine auf einem Nachbargrundstück errichtete Silofräsanlage einen Demolierungsauftrag zu erlassen. Mit Schriftsatz vom 3. Oktober 1991 habe der Beschwerdeführer den Antrag auf Übergang der Zuständigkeit an die belangte Behörde gestellt. Da auch über diesen Devolutionsantrag nicht entschieden worden ist, erhob der Beschwerdeführer die am 1. Juli 1992 beim Verwaltungsgerichtshof zur Zl. 92/05/0142 protokollierte Säumnisbeschwerde. Er verwies darauf, daß zwar in der Zwischenzeit ein Baubewilligungsverfahren eingeleitet, jedoch weder über seinen Devolutionsantrag noch über den Antrag auf Erteilung der Baubewilligung entschieden worden sei.
Mit Verfügung vom 15. Juli 1992 leitete der Verwaltungsgerichtshof gemäß § 35 Abs. 3 VwGG das Vorverfahren ein. Die Beschwerde wurde der belangten Behörde mit dem Auftrag zugestellt, gemäß § 36 Abs. 2 VwGG innerhalb der Frist von drei Monaten den versäumten Bescheid zu erlassen und eine Abschrift des Bescheides dem Verwaltungsgerichtshof vorzulegen oder anzugeben, warum eine Verletzung der Entscheidungspflicht nicht vorliegt, und dazu gemäß § 36 Abs. 1 VwGG die Akten des Verwaltungsverfahrens vorzulegen. Die belangte Behörde wurde auf die Bestimmung des § 38 Abs. 2 VwGG hingewiesen, wonach der Verwaltungsgerichtshof im Falle des Unterbleibens einer fristgerechten Aktenvorlage berechtigt ist, allein auf Grund der Behauptungen des Beschwerdeführers zu erkennen.
Diese Verfügung wurde der belangten Behörde am 21. Juli 1992 zugestellt.
In einer Eingabe vom 14. Oktober 1992 ersuchte die belangte Behörde für die Erlassung des Bescheides um Fristverlängerung bis 30. November 1992. Zur Begründung wurde ausgeführt, daß die gegenständliche Bausache auf der Tagesordnung der Gemeinderatssitzung am 30. September 1992 gestanden sei. Da bei dieser Sitzung fünf Mitglieder des Gemeinderates entschuldigt abwesend gewesen seien, der Bürgermeister, der Vizebürgermeister und ein weiteres Gemeinderatsmitglied wegen Befangenheit an der Entscheidung nicht hätten mitwirken dürfen, sei die Beschlußfähigkeit des Gemeinderates nicht mehr gegeben gewesen. Die nächste Sitzung des Gemeinderates werde erst Ende November 1992 stattfinden.
Mit Verfügung vom 24. Oktober 1992 wies der Verwaltungsgerichtshof den Antrag der belangten Behörde mit der Begründung ab, daß die Voraussetzungen für eine Fristverlängerung nach § 36 Abs. 2 Satz 2 VwGG nicht vorgelegen seien. So fehle jeder Hinweis darauf, aus welchem Grund die Erledigung des Antrages des Beschwerdeführers erst in der Gemeinderatssitzung vom 30. September 1992 hätte erfolgen sollen, nachdem die Verfügung des Verwaltungsgerichtshofes der belangten Behörde schon am 21. Juli 1992 zugestellt worden sei. Es sei auch nicht einzusehen, aus welchen Gründen eine Gemeinderatssitzung nicht auch noch innerhalb der eingeräumten Frist von drei Monaten im Oktober anberaumt worden sei, um auf diese Weise die Frist zu wahren. Es hätten keine in der Sache gelegenen Gründe dafür nachgewiesen werden können, daß der belangten Behörde eine fristgerechte Erlassung des Bescheides nicht möglich gewesen sei.
Mit Verfügung vom 19. November 1992 verwies der Verwaltungsgerichtshof darauf, daß entgegen der Verfügung vom 15. Juli 1992 weder der versäumte Bescheid noch die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt worden seien. Die belangte Behörde wurde aufgefordert, innerhalb einer Frist von zwei Wochen den Bescheid, falls ein solcher erlassen worden sei, in Abschrift vorzulegen oder die Akten des Verwaltungsverfahrens zu übersenden. Neuerlich wurde auf die Bestimmung des § 38 Abs. 2 VwGG hingewiesen.
Mit Schreiben vom 26. November 1992, beim Verwaltungsgerichtshof am 2. Dezember 1992 eingelangt, legte die belangte Behörde nunmehr einen Bescheid vom 26. November 1992 vor, mit welchem den Nachbarn des Beschwerdeführers die baubehördliche Bewilligung zur Errichtung der strittigen Silofräsanlage erteilt wurde. Mit diesem Bescheid erfolgte kein Abspruch über den Antrag des Beschwerdeführers auf Erlassung eines Demolierungsauftrages. Dieser Bescheid wurde auch dem Vertreter des Beschwerdeführers zugestellt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Zunächst ist auf Grund des genannten Baubewilligungsbescheides vom 26. November 1992 davon auszugehen, daß die strittige Silofräsanlage jedenfalls ein nach der NÖ Bauordnung 1976 bewilligungspflichtiges Vorhaben ist, durch welches der Beschwerdeführer im Hinblick auf die damit verbundene Lärmentwicklung in seinen subjektiv-öffentlichen Nachbarrechten beeinträchtigt sein kann. Unter diesen Voraussetzungen wäre aber die Baubehörde erster Instanz verpflichtet gewesen, über den Antrag des Beschwerdeführers zu entscheiden. Da der Bürgermeister als Baubehörde erster Instanz durch über sechs Monate über den Antrag nicht entschieden hat, stellte der Beschwerdeführer zu Recht einen Devolutionsantrag an die belangte Behörde als die sachlich in Betracht kommende Oberbehörde im Sinne des § 73 AVG. Da auch die belangte Behörde durch über sechs Monate keine Entscheidung fällte, hat der Beschwerdeführer eine nach § 27 VwGG zulässige Säumnisbeschwerde an den Verwaltungsgerichtshof erhoben.
Innerhalb der vom Verwaltungsgerichtshof eingeräumten Frist zur Nachholung des versäumten Bescheides hat die belangte Behörde keine Entscheidung getroffen. Der nunmehr vorgelegte Baubewilligungsbescheid vom 26. November 1992 hat keine Entscheidung über den Antrag des Beschwerdeführers auf Erlassung eines baupolizeilichen Auftrages zum Inhalt. Der Verwaltungsgerichtshof hatte daher auf Grund der nunmehr gegebenen Sach- und Rechtslage den Antrag des Beschwerdeführers zu erledigen.
Nach § 113 Abs. 2 Z. 3 der NÖ Bauordnung 1976 kommt die Erlassung eines baupolizeilichen Abbruchsauftrages nur dann in Betracht, wenn für die Baulichkeit keine baubehördliche Bewilligung vorliegt. Da die belangte Behörde mit Bescheid vom 26. November 1992 die strittige Silofräsanlage baubehördlich bewilligt hat, war die Erlassung eines baupolizeilichen Beseitigungsauftrages nicht mehr zulässig. Der Antrag des Beschwerdeführers war daher abzuweisen.
Der Zuspruch von Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff. VwGG und die Verordnung BGBl. Nr. 104/1991. Die Abweisung des Mehrbegehrens betrifft den Antrag auf Zuerkennung des Ersatzes nicht erforderlicher Stempelgebühren.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1993:1992050142.X00Im RIS seit
03.05.2001Zuletzt aktualisiert am
07.08.2009