TE Vwgh Erkenntnis 1993/1/20 92/01/1124

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Veröffentlicht am 20.01.1993
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;
49/01 Flüchtlinge;

Norm

AsylG 1991 §1;
AsylG 1991 §20 Abs1;
AsylG 1991 §25 Abs2;
AVG §66 Abs4;
FlKonv Art1 AbschnA Z2;
VwGG §41 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Großmann und die Hofräte Dr. Kremla und Dr. Mizner als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Lammer, über die Beschwerde des J in S, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in V, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 18. November 1992, Zl. 4.298.131/2-III/13/91, betreffend Asylgewährung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Der Beschwerdeführer, ein iranischer Staatsangehöriger, reiste am 8. Juli 1990 in das Bundesgebiet ein und stellte am 18. Juli 1990 einen Asylantrag. Bei der niederschriftlichen Befragung gab er an, er werde von seinem Heimatland nicht gesucht; er sei auch nicht politisch oder religiös verfolgt worden. Vor einem Monat sei er von seiner Ehegattin, mit der er fünfzehn Jahre lang verheiratet gewesen sei, geschieden worden. Vor ca. vier Jahren habe er entdeckt, daß seine Ehegattin ein Verhältnis mit einem Revolutionswächter (Pasdaran) habe. Dessen Vater, ein Ajatollah, habe ebenfalls eine hohe politische Funktion. Er habe in die Scheidung nicht eingewilligt; deshalb sei er vom Liebhaber seiner Frau und dessen Freund öfters geschlagen und bedroht worden. Dies habe er schließlich nicht mehr ertragen und vor ca. einem Monat in die Scheidung eingewilligt. Danach habe er ausreisen wollen. Er habe einen regulären Reisepaß und auch genügend Barmittel gehabt; seine frühere Frau, deren Freund und dessen Freunde hätten ihn jedoch niedergeschlagen und ihm Bargeld und Reisepaß abgenommen. Deshalb habe er aus dem Iran illegal ausreisen müssen. Er habe Angst um sein Leben, weil der Liebhaber seiner Frau ein Revolutionswächter und dessen Vater ein einflußreicher Ajatollah sei.

Die Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich stellte daraufhin mit Bescheid vom 30. November 1990 fest, daß der Beschwerdeführer nicht Flüchtling im Sinne des Asylgesetzes sei.

In seiner gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung wiederholte der Beschwerdeführer zunächst seine oben wiedergegebenen Angaben; darüber hinaus brachte er vor, die Pasdaran hätten sein Haus gestürmt und sein Fernsehgerät und viele andere Sachen mitgenommen. Sie hätten auch seine dreizehn Rassehunde getötet. Am Todestag Khomeinis hätten die Pasdaran von ihm verlangt, ein schwarzes Hemd anzuziehen und ein mit seinem eigenen Blut benetztes schwarzes Tuch vor die Haustüre zu hängen. Als er sich geweigert habe, dies zu tun, hätten die Pasdaran ihn verprügelt und mit dem Tod bedroht. Ab Dezember 1990 sei er wegen der falschen Anschuldigung, gegen das Regime aktiv gewesen zu sein, drei Monate lang im Gefängnis gewesen; dort sei er auch gefoltert worden. Ajatollah F. und dessen Sohn - der Liebhaber seiner Frau - hätten ihm die Freilassung für den Fall der Scheidung in Aussicht gestellt. Schließlich habe er sich damit einverstanden erklärt und sei freigelassen worden. Dennoch sei er weiterhin von Pasdaran verfolgt worden. Sie hätten ihn verprügelt und von ihm Geld verlangt. Dieses Leben und die ständigen Verfolgungshandlungen seien so unerträglich gewesen, daß er das Land illegal habe verlassen müssen. Den Paß hätten ihm die Pasdaran schon vorher abgenommen.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung des Beschwerdeführers ab. Nach Darlegung des Verfahrensganges und der Rechtslage vertrat die belangte Behörde begründend die Auffassung, die Behauptungen des Beschwerdeführers bezüglich des Ehebruches seiner Gattin seien nicht glaubwürdig, weil das iranische Recht für außereheliche sexuelle Beziehungen zu verheirateten Frauen "restriktive" Strafen bis hin zur Todesstrafe vorsehe. Das überschießende Berufungsvorbringen des Beschwerdeführers bedeute eine Steigerung seiner Behauptungen und sei daher nicht glaubhaft.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen hat:

Zunächst ist darauf zu verweisen, daß die Asylgewährung die Glaubhaftmachung wohlbegründeter Furcht, AUS GRÜNDEN DER RASSE,

RELIGION, NATIONALITÄT, ZUGEHÖRIGKEIT ZU EINER BESTIMMTEN

SOZIALEN GRUPPE ODER DER POLITISCHEN GESINNUNG verfolgt zu werden, voraussetzt (vgl. § 2 Abs. 1, § 3 in Verbindung mit § 1 Z. 1 Asylgesetz 1991). Der Beschwerdeführer hat im Verwaltungsverfahren erster Instanz keinen Sachverhalt vorgebracht, der erkennen ließe, daß die behauptete Verfolgung mit einem der soeben genannten Gründe im Zusammenhang gestanden wäre. Vielmehr kam es zu den behaupteten Übergriffen von Revolutionswächtern gegenüber dem Beschwerdeführer - dessen eigenen Angaben zufolge - in Verfolgung ausschließlich der Privatsphäre eines Revolutionswächters zuzurechnender Ziele ohne jeden Zusammenhang mit den oben angeführten, in § 1 Z. 1 Asylgesetz 1991 und Art. 1 Abschnitt A Z. 2 der Genfer Flüchtlingskonvention aufgezählten Gründen. Auch solche Maßnahmen, die unter dem Gesichtspunkt der Intensität des Eingriffes in Rechtsgüter des Beschwerdeführers die Qualifikation einer "Verfolgung" im Sinne des Asylrechtes aufweisen, stellen keinen hinreichenden Grund für die Gewährung von Asyl dar, wenn sie - wie im Beschwerdefall - mit Konventionsgründen nicht im Zusammenhang stehen. Es erübrigt sich daher auch eine Auseinandersetzung mit der von der Beschwerde aufgeworfenen Frage, ob die staatliche Gewalt im Iran von dem Pasdaran ausgeübt werde und die dem Beschwerdeführer widerfahrenen Übergriffe staatlichen Stellen zuzurechnen seien.

Der Beschwerdeführer hat somit - jedenfalls in erster Instanz - keinen asylbegründenden Sachverhalt vorgetragen. Für seinen Standpunkt wäre auch nichts zu gewinnen gewesen, wenn die belangte Behörde seine Behauptungen als glaubwürdig erachtet und ihrem Bescheid zugrunde gelegt hätte. Auf das Berufungsvorbringen hatte die belangte Behörde, soweit es über das Vorbringen in erster Instanz hinaus neue Tatsachen enthält, im Hinblick auf § 20 Abs. 1 Asylgesetz 1991, welche Vorschrift im Beschwerdefall gemäß § 25 Abs. 2 Asylgesetz 1991 anzuwenden war, nicht einzugehen.

Soweit der Beschwerdeführer unter dem Gesichtspunkt der Verletzung von Verfahrensvorschriften - ohne die Relevanz des behaupteten Verfahrensmangels darzutun - weiters geltend macht, es sei nicht überprüft worden, ob die Ehe mit einem armenischen Christen im Iran dieselben Rechtswirkungen erzeuge wie die Ehe zwischen Moslems, ist er darauf zu verweisen, daß diese Frage im Beschwerdefall mangels Zusammenhanges der behaupteten Verfolgung mit Konventionsgründen ohne Bedeutung war.

Da somit schon der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt, daß die behaupteten Rechtsverletzungen nicht vorliegen, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren als unbegründet abzuweisen.

Aus diesem Grund konnte auch eine Entscheidung über den zur Zl. AW 92/01/0312 protokollierten Antrag, der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, unterbleiben.

Schlagworte

Beschwerdepunkt Beschwerdebegehren Entscheidungsrahmen und Überprüfungsrahmen des VwGH Allgemein Sachverhalt Neuerungsverbot Besondere Rechtsgebiete Umfang der Abänderungsbefugnis Allgemein bei Einschränkung der Berufungsgründe beschränkte Parteistellung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1993:1992011124.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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