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32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht;Norm
BAO §110 Abs2;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Schubert und die Hofräte Dr. Pokorny, Dr. Fellner, Dr. Hargassner und Mag. Heinzl als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Cerne, über die Beschwerde der C-G.m.b.H. in W, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid (Berufungsentscheidung) der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom 13. Juli 1992, GZ. 6/2-2093/91-09, betreffend Zurücknahme einer Berufung gemäß § 275 BAO, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Nach einer vorläufigen Abgabenfestsetzung schrieb das Finanzamt mit endgültigen Bescheiden vom 5. Juni 1990 Umsatz-, Körperschaft- und Gewerbesteuer für 1987 vor.
Gegen diese Bescheide wurde Berufung eingebracht und darin angekündigt, daß die Begründung der Berufung nachgereicht werde.
Mit Bescheid vom 9. August 1990 wurde die Beschwerdeführerin unter Hinweis auf § 250 BAO aufgefordert, die näher bezeichneten inhaltlichen Mängel der Berufung bis zum 30. September 1990 zu beheben.
Mit einem Schriftsatz vom 1. Oktober 1990 wurde die Verlängerung der genannten Frist bis zum 15. Oktober 1990 beantragt.
Mit Bescheid vom 10. Oktober 1990 erklärte das Finanzamt die Berufung als zurückgenommen.
In der Berufung gegen diesen Bescheid wurde die Ansicht vertreten, die Berufung gegen den Umsatz-, Körperschaft- und Gewerbesteuerbescheid 1987 gelte auf Grund des Ansuchens, die Mängelbehebungsfrist "bis zum 15. November 1990" zu verlängern, nicht als zurückgenommen.
Mit dem in Beschwerde gezogenen Bescheid wurde die Berufung betreffend Zurücknahme der Berufung gegen die in Rede stehenden Abgabenbescheide als unbegründet abgewiesen. Die belangte Behörde wies darauf hin, daß die Frist zur Behebung der Mängel der Berufung gegen die Abgabenbescheide - da der als Fristende angeführte 30. September 1990 ein Sonntag gewesen sei - am 1. Oktober 1990 abgelaufen sei. Die Mängel der Berufung seien aber bis zum 1. Oktober 1990 nicht behoben worden.
In der Beschwerde gegen diesen Bescheid wird dessen
inhaltliche Rechtswidrigkeit geltend gemacht.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die Frist zur Behebung von Mängeln einer Berufung ist zwar verlängerbar, einem dementsprechenden Antrag kommt jedoch keine hemmende Wirkung zu. Die Erfüllung eines Mängelbehebungsauftrages kann nicht schon dann als fristgerecht angesehen werden, wenn zwar innerhalb der von der Abgabenbehörde gesetzten Frist ein Fristverlängerungsansuchen gestellt, jedoch erst nach Ablauf der von der Abgabenbehörde gesetzten Frist dem Mängelbehebungsauftrag entsprochen wird, wobei das Fristverlängerungsansuchen noch nicht abgewiesen worden ist. Denn sonst stünde es im Belieben des Abgabepflichtigen, Fristsetzungen seitens der Abgabenbehörden zu unterlaufen. Der Abgabepflichtige kann auch nicht darauf vertrauen, daß eine bereits gesetzte Frist verlängert wird. Es spielt daher für die zu lösende Frage keine Rolle, wenn die Abgabenbehörde über einen Antrag auf Verlängerung der Mängelbehebungsfrist nicht abspricht, sondern gemäß § 275 BAO vorgeht (vgl. die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 28. Februar 1989, 86/14/0026, vom 7. September 1990, 89/14/0232, und vom 12. Jänner 1993, 92/14/0213). Die Abgabenbehörde erster Instanz, deren Bescheid von der belangten Behörde im Instanzenweg bestätigt wurde, war daher im Recht, wenn sie mit dem bereits am 15. Oktober 1990 zugestellten Bescheid die Zurücknahme der Berufung ausgesprochen hat.
Im übrigen wird von der Beschwerdeführerin übersehen, daß im Schriftsatz vom 1. Oktober 1990 nicht um Fristverlängerung bis 15. November 1990, sondern nur um eine solche bis zum 15. Oktober 1990 angesucht worden ist.
Den Einwendungen der Beschwerdeführerin gegen das Ausmaß der Fristverlängerung ist entgegenzuhalten, daß eine Fristbemessung den besonderen Verhältnissen sachgerecht Rechnung tragen und so ausreichend sein muß, daß der Berufungswerber in die Lage versetzt wird, dem Auftrag ordnungsgemäß nachzukommen (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 14. September 1992, 91/15/0135, mit weiterem Hinweis). Im Beschwerdefall ist erkennbar, daß das Verfahren zur Bemessung der Umsatz-, Körperschaft- und Gewerbesteuer 1987 aus Gründen, die von der Abgabepflichtigen zu verantworten sind, außerordentlich lange angedauert hat: So wurden die Abgabenerklärungen für 1987 nach zahlreichen Fristverlängerungen und Erinnerungen erst im Oktober 1989 eingereicht. Die Veranlagung erfolgte zunächst nur vorläufig (Bescheide vom 28. November 1989). Ein entsprechender Bedenkenvorhalt ebenfalls vom 28. November 1989 wurde von der Beschwerdeführerin trotz mehrfacher Verlängerung der vom Finanzamt gesetzten Frist bis zur Erlassung der endgültigen Bescheide nicht beantwortet. Unter Beachtung dieser Umstände kann die von der Behörde gesetzte Frist zur Mängelbehebung (ab Zustellung des Mängelbehebungsauftrages rund sechs Wochen) keinesfalls als nicht ausreichend angesehen werden.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1993:1992130215.X00Im RIS seit
20.11.2000