TE Vwgh Erkenntnis 1993/1/20 92/01/1049

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Veröffentlicht am 20.01.1993
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

AsylG 1991 §18 Abs1;
AVG §71 Abs1 Z1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Großmann und die Hofräte Dr. Dorner, Dr. Kremla, Dr. Steiner und Dr. Mizner als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Lammer, über die Beschwerde des T in L, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in L, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 20. Oktober 1992, Zl. 4.340.281/1-III/13/92, betreffend Asylgewährung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Unbestritten ist, daß der Asylantrag des Beschwerdeführers - eines Staatsangehörigen von Bangladesh - vom 29. Juli 1992 mit Bescheid des Bundesasylamtes, Außenstelle Eisenstadt, vom selben Tag gemäß § 17 Abs. 1 und 3 Z. 1 und 3 Asylgesetz 1991 als offensichtlich unbegründet abgewiesen und dieser Bescheid dem Beschwerdeführer auch noch an diesem Tag zugestellt wurde, sodaß der letzte Tag zur rechtzeitigen Einbringung einer Vorstellung gemäß § 17 Abs. 2 leg. cit. der 5. August 1992 gewesen wäre, eine solche Vorstellung von ihm aber erst am 27. August 1992 erhoben und damit der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand sowie der Antrag, der Vorstellung die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, verbunden wurde. Weiters ergibt sich aus der Beschwerde und der ihr angeschlossenen Ausfertigung des angefochtenen Bescheides, daß mit Bescheid der genannten Behörde vom 31. August 1992 der Wiedereinsetzungsantrag und der Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung abgewiesen, die Vorstellung zurückgewiesen und die dagegen erhobene Berufung des Beschwerdeführers mit Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 20. Oktober 1992 abgewiesen wurde.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:

Gemäß § 71 Abs. 1 Z. 1 AVG ist unter anderem gegen die Versäumung einer Frist auf Antrag der Partei, die durch die Versäumung einen Rechtsnachteil erleidet, die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn die Partei glaubhaft macht, daß sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis verhindert war, die Frist einzuhalten und sie kein Verschulden oder nur ein minderer Grad des Versehens trifft. Diese Voraussetzung trifft aber - wie die belangte Behörde richtig erkannt hat - im vorliegenden Beschwerdefall nicht zu.

Der Beschwerdeführer hat seinen Wiedereinsetzungsantrag - entsprechend der Begründung des angefochtenen Bescheides und von ihm unwidersprochen - damit begründet, daß ihm der Bescheid vom 29. Juli 1992 im Polizeigefangenenhaus Steyr zugestellt worden sei, er der deutschen Sprache nicht mächtig sei und er den Bescheidinhalt nicht verstanden habe. Da er auch nicht die Möglichkeit gehabt habe, eine sprachkundige Person beizuziehen, die ihm Inhalt und Bedeutung des ihm zugestellten Papiers erklärt hätte, sei er nicht in der Lage gewesen, fristgerecht ein Rechtsmittel zu erheben. Erst am 20. August 1992 sei er von einem Mitarbeiter von Amnesty International darüber in Kenntnis gesetzt und hiedurch in die Lage versetzt worden, ein Rechtsmittel zu ergreifen. Er sei daher ohne sein Verschulden durch ein für ihn unabwendbares Ereignis an der Wahrung der Rechtsmittelfrist gehindert gewesen.

Dem hat die belangte Behörde die Aktenlage entgegengehalten, wonach dem Beschwerdeführer im Zuge der Zustellung des Bescheides vom 29. Juli 1992 "der Bescheid und die Rechtsmittelbelehrung" mittels Dolmetsch in bengalischer Sprache zur Kenntnis gebracht worden sei. In Anbetracht dessen habe seiner Behauptung, er sei erst am 20. August 1992 über den Inhalt und die Bedeutung dieses Bescheides aufgeklärt worden, kein Glauben geschenkt werden können. Da er somit über den Inhalt des Bescheides und insbesondere die Möglichkeit, binnen einer Woche das Rechtsmittel der Vorstellung zu erheben, mündlich in seiner Muttersprache informiert worden sei, habe er keinesfalls durch den bloßen Umstand, daß der Bescheid in einer ihm nicht verständlichen Sprache abgefaßt gewesen sei, ohne sein Verschulden an der rechtzeitigen Einbringung eines Rechtsmittel gehindert gewesen sein können. Sollte er aber tatsächlich Inhalt und Bedeutung des Bescheides nicht verstanden haben, so wäre ihm dies angesichts des Umstandes, daß er eine Belehrung in seiner Muttersprache erhalten habe und als Partei in einem Verwaltungsverfahren zu einem besonderen Maß an Mühe und Aufmerksamkeit verpflichtet sei, als grobe Fahrlässigkeit anzulasten.

Der Beschwerdeführer bringt demgegenüber vor, daß es zutreffen möge, über die ihm zustehende Rechtsmittelmöglichkeit (bereits bei Zustellung des Bescheides) informiert worden zu sein. Tatsächlich habe er aber keine Möglichkeit gehabt, eine Vorstellung einzubringen. Nochmals sei festgehalten, daß er sich im Zeitpunkt der Bescheidzustellung in Schubhaft befunden habe "und somit von der Außenwelt abgeschnitten war". Er sei weder der deutschen Sprache noch einer der Amtssprachen der UNO mächtig und habe daher in keiner zulässigen Sprache ein Rechtsmittel ergreifen können. Erst durch den Besuch eines Mitarbeiters von Amnesty International, der den Kontakt zu einem Rechtsanwalt hergestellt habe, sei er in die Lage versetzt worden, dieses Rechtsmittel einzubringen. Dieser Umstand stelle "zweifellos einen tauglichen Wiedereinsetzungsgrund im Sinne des § 71 AVG dar".

Diesem Vorbringen kann schon deshalb kein Erfolg beschieden sein, weil sich der Beschwerdeführer in seinem Wiedereinsetzungsantrag auf die nunmehr zusätzlich ins Treffen geführten Umstände nicht gestützt hat und das Vorliegen von Wiedereinsetzungsgründen nur in dem Rahmen zu untersuchen ist, der durch die Behauptungen des Beschwerdeführers gesteckt ist (vgl. unter anderem das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 30. April 1980, Zl. 53/80). Der Beschwerdeführer geht - entgegen dem Vorbringen im Wiedereinsetzungsantrag - davon aus, daß er bereits am 29. Juli 1992 entsprechende Kenntnis über den Inhalt und die Bedeutung des betreffenden Bescheides sowie über seine Rechtsmittelmöglichkeit erhalten habe, was im gegebenen Zusammenhang genügt, mag auch der Bestimmung des § 18 Abs. 1 letzter Satz Asylgesetz 1991, wonach Bescheiden, die einem Asylwerber, der der deutschen Sprache nicht hinreichend kundig ist, zuzustellen sind, eine Übersetzung des Spruches und der Rechtsmittelbelehrung in einer ausreichend verständlichen Sprache anzuschließen ist, nicht entsprochen worden sein. Im übrigen wäre aber für den Standpunkt des Beschwerdeführers auch unter Berücksichtigung des von ihm nun geltend gemachten Wiedereinsetzungsgrundes nichts zu gewinnen, weil er gar nicht dargetan hat, daß er (wenn er sich auch damals in Schubhaft befunden hat) überhaupt einen Versuch unternommen hat, rechtzeitig ein Rechtsmittel zu erheben.

War demnach die Abweisung des Wiedereinsetzungsantrages gerechtfertigt, so entsprach auch die Zurückweisung der Vorstellung als verspätet dem Gesetz.

Was schließlich die vom Beschwerdeführer gleichfalls bekämpfte Abweisung seines Antrages, der Vorstellung die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, anlangt, so kann die Rechtsfrage, ob eine derartige aufschiebende Wirkung - wie die belangte Behörde entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers vermeint - auf Grund des § 17 Abs. 2 zweiter Satz Asylgesetz 1991 in Verbindung mit § 57 Abs. 2 zweiter Satz AVG ausgeschlossen ist, unerörtert bleiben, wäre doch eine Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung der Vorstellung bei Erlassung des angefochtenen Bescheides jedenfalls nicht mehr in Betracht gekommen.

Da somit der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt, daß die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Damit erübrigte sich auch eine Entscheidung des Berichters über den (zur Zl. AW 92/01/0276 protokollierten) Antrag, der Beschwerde gemäß § 30 Abs. 2 VwGG die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1993:1992011049.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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