TE Vwgh Erkenntnis 1993/1/20 92/01/0798

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Veröffentlicht am 20.01.1993
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
22/02 Zivilprozessordnung;
27/04 Sonstige Rechtspflege;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §52;
AVG §7 Abs1;
SVDolmG 1975 §10 Abs1 Z1;
SVDolmG 1975 §10 Abs2 Z1 lite;
SVDolmG 1975 §2 Abs2 Z2;
VwGG §42 Abs2 Z3 lita;
ZPO §355;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Großmann und die Hofräte Dr. Dorner, Dr. Kremla, Dr. Steiner und Dr. Mizner als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Lammer, über die Beschwerde des E in W, vertreten durch Dr. D, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Präsidenten des Oberlandesgerichtes Wien vom 6. Juli 1992, Zl. Jv 4664-5b/92, betreffend Entziehung der Eigenschaft als allgemein beeideter gerichtlicher Sachverständiger, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 505,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer war beim Handelsgericht Wien in der Liste der allgemein beeideten Sachverständigen für die Fachgebiete 42,70 Teppiche, Vorhänge udgl. und 81,50 Tapezierer- und Dekorateurarbeiten einschließlich Materialien eingetragen.

Mit Eingabe vom 12. November 1990 rügte Rechtsanwalt Dr. P, daß der Beschwerdeführer in zwei Fällen betreffend die Innenausstattung der Wohnung einer Prozeßpartei Befund und Gutachten erstattet hätte, obwohl er zuvor für diese Prozeßpartei in der verfahrensgegenständlichen Wohnung als Tapezierer und Raumausstatter tätig gewesen sei. Der Beschwerdeführer habe diesen Umstand dem Gericht verschwiegen, was seine Ablehnung wegen Befangenheit verhindert habe.

Mit Note vom 29. November 1990 wurde der Beschwerdeführer daraufhin von der erstinstanzlichen Behörde unter Anschluß einer Kopie der Eingabe Dris. Armstark zur Stellungnahme binnen drei Wochen "zwecks Prüfung der Voraussetzungen gemäß § 10 Sachverständigen- und Dolmetschergesetz (SDG)" aufgefordert.

Der Beschwerdeführer verantwortete sich dazu schriftlich wie folgt:

"Betreffend Ihre Anfrage des Schreibens Herrn Dr. P vom 12.11.1990 teile ich Ihnen wie folgt mit:

Die Firma S Handelsgesellschaft m.b.H. gliedert sich in ihrer Struktur in zwei Gruppen, Raumausstattung, Tapezierer und Elektrotechnik-Heizungsbau.

Als Geschäftsführer und Sachverständiger bin ich für Tapeten- und Raumausstattung zuständig. Für Heizungsbau und Elektrotechnik ist der Geschäftsführer Ing. B zuständig.

Festgestellt und festgehalten soll werden, daß die Firma S zu keiner Zeit und nie Tapetenarbeiten bzw. Bodenbelagsarbeiten bei Frau I ausgeführt hat.

Richtig ist es, daß seitens der Firma S bei Frau I eine Deckenheizung eingebaut wurde. Der Zeitpunkt liegt jedoch schon erheblich zurück. Festhalten möchte ich jedoch, daß ich ein Privatgutachten zu erstellen abgelehnt habe. Dennoch wurde ich seitens des Gerichtes mit der Durchführung des Beweissicherungsverfahrens und Gutachtens beauftragt. Da ich mich in meiner Eigenschaft als Tapezierer nicht involtiert fühle, da keine wie immer gearteten Tapetenarbeiten durchgeführt wurden und somit für mich kein causaler Zusammenhang bestand habe ich auftragsgemäß nach bestem Wissen und Gewissen das Beweissicherungsverfahren sowie das Gutachten erstellt.

Anzumerken wäre jedoch, daß die festgestellte Schadenssumme nur S 35301.69 beträgt. Da ich ja feststellen konnte, d. die Heizungsanlage zum Zeitpunkt der Erstellung keinen Schaden aufwies. Da meines Wissens die Heizung auch nicht entfernt werden mußte und auch nicht wieder hergestellt wurde ist es mir an sich unerfindbar wie es zu dem Betrag von S 64641.17 kommen konnte. Unverständlich ist mir, auch wieso d. Beklagten ein Nachteil entstehen konnte, wissend, daß andere Sachverständige die Heizung mit hoher Wahrscheinlichkeit liquidiert hätten. Ich habe daher aufgrund meines Wissens der Beklagten XY eine erhebliche Summe erspart. Wo darin eine Parteinahme oder Bevorzugung der Klägerin liegen sollte ist an sich nicht leicht einsehbar.

Als Sachverständiger bin ich mir wohl meiner moralischen Verpflichtung und Eid bewußt, sodaß eine Parteinahme grundsätzlich auszuschließen ist. Enttäuscht als Sachverständiger bin ich lediglich über die niedrige akademische Würde des Herrn Dr. P, denn es ist schon ein starkes Stück Unverfrorenheit einen Sachverständigen derartiges zu unterstellen.

Ich stelle daher fest, daß ich mir keinerlei Fehlverhalten schuldig fühle und ersuche daher das Schreiben von Dr. P striktest abzuweisen."

Einer Vorladung zur Einvernahme für den 3. Februar 1992 leistete der Beschwerdeführer ohne Entschuldigung keine Folge.

Nach Beischaffung der betreffenden Gerichtsakten entzog daraufhin der Präsident des Handelsgerichtes Wien mit Bescheid vom 13. Februar 1992 dem Beschwerdeführer die Eigenschaft als allgemein beeideter gerichtlicher Sachverständiger.

Dagegen berief der Beschwerdeführer, wobei er folgendes vorbrachte:

"In dem angeführten Verfahren 35 Nc 9/87 des Bezirksgerichtes Inneres Stadt Wien und 19 Cg/89 des Landesgerichtes f. ZRS. in Wien, habe ich 11.12.1990 ausführlich dargelegt das es sich hierbei um eine unglückliches zusammen treffen von unterschiedlichen Berufssparten im Betrieb handelte. Im gegenständlichen Fall war der Kunde in der Datenbank für Heizung geführt so daß ein Zusammenhang mit Raumausstattung sprich Tapetenarbeiten nicht gegeben war es wurden auch nach meinen Unterlagen keine ausgeführt so daß ich keinen gemeinsamen Zusammenhang sah was sich als Fehler erwiesen hat, für den ich mich entschuldigt habe, da er unabsichtlich war. Ich kann jedoch nochmals versichern das ich das Gutachten emortionslos und ohne Ansehen der Person gewissenhaft erstellt habe.

Betreffend Geschäftsführung gibt es im Betrieb zwei, einen für Elektrotechnik -Heizung Herrn Ing. B für die Raumausstattung E. Im übrigen verweise ich darauf das unmöglich ist sich an jeden einzelnen Kunden zu erinnern, da es ja sich um Kunden handelt nie wieder kommen. Grund die hergestellte Heizung ist auf Lebensdauer servicelos. Nebenbei waren bereits fast 4 Jahre vergangen.

Für das unentschuldigte Fernbleiben vom Einvernahmetermin beim Vizepräsidenten des HG.Wien möchte ich mich in aller Form entschuldigen und bin darüber sehr zerknirscht.

Ursache: In Kenntnis der Vorladung zu einen Gesprächstermin habe ich am 03.01.92 im HG.Wien unter Klappe 205 angerufen um kund zu tun das der Termin in Kollision mit einen bereits Fixtermin im Landesgericht St.Pölten steht, leider war die hie für zuständige Angestellte im Urlaub bis 07.01.1992 vom 06. bis 17.01.1992 war ich nicht in Wien, nach dem ich am 03.01.1992 nicht neu Kalendieren konnte mangels Bezugsperson habe ich vergessen eine neue Kalendierung zu vereinbaren für das ich mich nochmals entschuldige.

Im weiteren wende ich ein das einen Entziehungsbescheid ein Ermittlungsverfahren (§ 37 ff AVG) voranzugehen hat, in dem auch Stellungnahmen der gesetzlichen Interessenvertretungen und des Hauptverbandes der allgemein beeideten gerichtlichen Sachverständigen einzuholen sind. (vgl. Kramer-Schmidt, SDG-GebAG 1975, 2 Auflage, Anm. 1 zu § 10 SDG). In meinen Fall ist eine Anhörung der Kammern und des Hauptverbandes der allgemein beeideten gerichtlichen Sachverständigen unterblieben.

Ich beantrage, daher d. angefochtenen Bescheid vom 13. Februar 1992 ersatzlos aufzuheben."

Mit Bescheid vom 6. Juli 1992 gab die belangte Behörde der Berufung des Beschwerdeführers gegen den erstinstanzlichen Bescheid keine Folge. Sie traf dazu im wesentlichen folgende Feststellungen:

Die "S" Handelsgesellschaft m.b.H. (vormals M Gesellschaft m.b.H.) habe in der Wohnung Top 17 des Hauses K 77, in W, in den Jahren 1983 und 1984 im Auftrag der I eine Deckenheizungsanlage installiert. E (der Beschwerdeführer) sei Gesellschafter der "S" Handelsgesellschaft m.b.H. und zum Zeitpunkt der Erteilung des Auftrages und der Ausführung der Arbeiten neben Ing. B allein zeichnungs- und vertretungsbefugter Geschäftsführer gewesen.

Der Beschwerdeführer habe in der Beweissicherungssache der Antragstellerin I gegen die Antragsgegnerin XY zu 35 Nc 9/87 des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien am 22. Juni 1987 nach vorausgegangener Befundaufnahme an Ort und Stelle Befund und Gutachten über den Zustand von Dachdeckenheizung, Elektroinstallationen, Tapezierung, Bodenbeläge, Einrichtungsgegenstände und Fensterstöcke sowie zum Ausmaß des wegen Durchnässung des Flachdaches im Bereich der Decke entstandenen Schadens in der Wohnung Top 17 des Hauses K 77, in W erstattet. Weiters habe er in der Rechtssache der klagenden Partei I gegen die beklagte Partei XY wegen S 64.641,17 s.A. zu 19 Cg 8/89 (vormals 14 Cg 272/87) des Landesgerichtes für ZRS Wien als Sachverständiger am 27. Februar 1989 dieses Gutachten vorgetragen und vollinhaltlich aufrecht erhalten. Ihm sei bei Erstattung und Vortrag des Gutachtens bewußt gewesen, daß die Heizung in der durch Wassereinbruch beschädigten Dachdecke über Auftrag der I von der "S" Handelsgesellschaft m.b.H. installiert worden sei. Er habe dies den Gerichten aber nicht mitgeteilt.

Rechtlich vertrat die belangte Behörde dazu nach Wiedergabe der §§ 2 Abs. 2 Z. 1 lit. e und § 10 Abs. 1 Z. 1 SDG im Ergebnis die Auffassung, daß dem Beschwerdeführer die erforderliche Vertrauenswürdigkeit mangle, weil ein vorangegangenes Geschäftsverhältnis des Sachverständigen mit einer Prozeßpartei seine Unparteilichkeit ausschließe. Im durchgeführten Ermittlungsverfahren sei das rechtliche Gehör des Beschwerdeführers gewahrt worden, weil ihm die Anzeige zur Stellungnahme übermittelt worden sei und er sich dazu auch schriftlich geäußert habe. Weitere Ermittlungen seien entbehrlich gewesen, weil der Beschwerdeführer zur Frage seiner Vertrauenswürdigkeit nichts vorgebracht habe, was durch ein erweitertes Ermittlungsverfahren zu überprüfen gewesen wäre.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Verwaltungsgerichtshofbeschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften. Der Beschwerdeführer erachtet sich in seinem Recht verletzt, nicht aus der Liste der allgemein beeideten gerichtlichen Sachverständigen gestrichen zu werden.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 10 Abs. 1 Z. 1 SDG ist die Eigenschaft als allgemein beeideter gerichtlicher Sachverständiger vom Präsidenten des Gerichtshofes I. Instanz durch Bescheid zu entziehen, wenn sich herausstellt, daß die Voraussetzungen für die Eintragung, mit Ausnahme der nach § 2 Abs. 2 Z. 2, seinerzeit nicht gegeben gewesen oder später weggefallen sind.

Gemäß § 2 Abs. 2 Z. 1 lit. e leg. cit. muß für die Eintragung in die Sachverständigenliste für ein bestimmtes Fachgebiet die Vertrauenswürdigkeit gegeben sein.

Was zunächst die Verfahrensrüge betrifft, die belangte Behörde habe ohne Tatsachengrundlage die Feststellung getroffen, der Beschwerdeführer sei sich bei Erstattung und Vortrag seines Gutachtens bewußt gewesen, daß die Heizung in der durch Wassereinbruch beschädigten Dachdecke über Auftrag der I von der "S" Handelsgesellschaft m.b.H. installiert worden sei, ist der Beschwerdeführer darauf hinzuweisen, daß sich dieser Umstand eindeutig aus den vorgelegten Verwaltungsakten, insbesondere aus der schriftlichen Stellungnahme des Beschwerdeführers vom 11. Dezember 1990 ebenso wie aus der erhobenen Berufung ergibt. Gerade der Umstand, daß der Beschwerdeführer nach seinen eigenen Angaben die Erstattung eines Privatgutachtens in der betreffenden Angelegenheit abgelehnt hat und daß er die Frage eines "kausalen Zusammenhanges" zwischen den Tapetenarbeiten und der Heizungsinstallation erwogen hat, zeigt deutlich, daß er sich desjenigen Umstandes bewußt war, den die belangte Behörde zum Inhalt ihrer Feststellungen machte.

Die Beschwerde wirft dem angefochtenen Bescheid des weiteren eine Aktenwidrigkeit vor, und zwar betreffend die Feststellung, die "S" Handelsgesellschaft m.b.H. habe in der Wohnung Top Nr. 17 des Hauses K 77, in W, in den Jahren 1983 und 1984 im Auftrag der I eine Deckenheizungsanlage installiert. Dazu legte der Beschwerdeführer im verwaltungsgerichtlichen Verfahren eine Rechnungskopie vom 30. Juli 1985 vor, die eine Person namens AI als Adressatin nennt und behauptet, diese Person sei Auftraggeberin der Arbeiten gewesen.

Dazu ist darauf hinzuweisen, daß sich aus den Verwaltungsakten, vor allem auch aus der schriftlichen Stellungnahme des Beschwerdeführers vom 11. Dezember 1990 lediglich I als Werkbestellerin ergibt. Der Name AI hingegen ist nicht aktenkundig. Die gerügte Tatsachenfeststellung im angefochtenen Bescheid steht daher mit dem Akteninhalt voll im Einklang. Eine Aktenwidrigkeit liegt aber nur dann vor, wenn die Behörde Feststellungen getroffen hat, die in der Aktenlage keine Deckung finden (vgl. die bei Dolp, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit3 Seite 593 Abs. 3 referierte hg. Judikatur). Die erstmals in der Verwaltungsgerichtshofbeschwerde aufgestellte Behauptung, nicht I sondern AI sei Auftraggeberin der Arbeiten gewesen, stellt eine unzulässige und daher unbeachtliche Neuerung dar (§ 41 Abs. 1 VwGG).

Die weiteren Ausführungen zum Beschwerdegrund der Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften laufen zunächst darauf hinaus, die belangte Behörde hätte ein Ermittlungsverfahren durchführen, den Beschwerdeführer vernehmen und ihm Parteiengehör gewähren müssen. Mit Rücksicht darauf, daß der Beschwerdeführer durch Zustellung einer Kopie des Schreibens Dris. P in ausreichender Weise von den gegen ihn erhobenen Vorwürfen in Kenntnis gesetzt wurde, daß er weiters Gelegenheit hatte, sich sowohl schriftlich als auch mündlich zu äußern und daß er auch in seiner Berufung nur dahin argumentierte, ihn treffe an der eingetretenen Situation kein Verschulden, wurde einerseits das rechtliche Gehör des Beschwerdeführers gewahrt und war die belangte Behörde andererseits nicht gehalten, weitere Ermittlungen anzustellen.

Schließlich rügt der Beschwerdeführer, der angefochtene Bescheid leide an diversen Begründungsmängeln, weil nicht erörtert worden sei, inwieweit das von ihm erstattete Gutachten korrekt gewesen sei, inwieweit dabei die Deckenheizung eine Rolle gespielt habe, ob die erwähnten verschiedenen Personen (offenbar I und AI) ident seien, ob nicht untersuchte Verwandtschaftsverhältnisse dem Beschwerdeführer zuzurechnen seien und inwieweit es vertretbar sei, daß er sich nach vier Jahren nicht mehr an eine Kundschaft erinnert habe.

Dazu ist zu sagen, daß der angefochtene Bescheid mit aller Deutlichkeit darlegt, auf welche Fakten gestützt die belangte Behörde den Entzugstatbestand der nicht mehr gegebenen Vertrauenswürdigkeit angenommen hat. Ein Begründungsmangel liegt daher keinesfalls vor.

Da die übrigen vom Beschwerdeführer ins Treffen geführten Argumente (wie noch gezeigt werden wird) bei der Beurteilung der Vertrauenswürdigkeit im vorliegenden Fall keine Rolle spielen, mußte die belangte Behörde auch keine Ermittlungen in der vom Beschwerdeführer jetzt aufgezeigten Richtung anstellen.

In Darstellung des Beschwerdegrundes der inhaltlichen Rechtwidrigkeit vermeint der Beschwerdeführer, selbst wenn ihm sein Verhalten vorwerfbar wäre, sei es nicht so gravierend, daß es bei ihm deshalb an der erforderlichen Vertrauenswürdigkeit mangle. Hierin irrt der Beschwerdeführer in zweifacher Weise:

Nach ständiger hg. Judikatur betrifft die Frage der Vertrauenswürdigkeit eines Sachverständigen seine persönlichen Eigenschaften. Bei Ausmittlung des Maßes der Vertrauenswürdigkeit ist ein strenger Maßstab anzulegen, weil die rechtssuchende Bevölkerung auch vom Sachverständigen, dem bei der Wahrheitsfindung im gerichtlichen Verfahren eine sehr bedeutsame Rolle zukommt, erwarten darf, daß nicht der leiseste Zweifel an seiner Gesetzestreue, Korrektheit, Sorgfalt und Charakterstärke sowie an seinem Pflichtbewußtsein besteht. Es ist unmaßgeblich, in welchen Bereichen die Ursachen für den Verlust der Vertrauenswürdigkeit gelegen sind, weil es nur darauf ankommt, ob das erforderliche Maß an Vertrauenswürdigkeit dem Sachverständigen überhaupt zukommt oder nicht (vgl. z.B. die hg. Erkenntnisse vom 2. März 1988, Zl. 87/01/0214, 19. Oktober 1983, Zl. 82/01/0239 und vom 1. April 1981, Zl. 01/0669/80). Daraus folgt zunächst, daß bei Anlegung des gebotenen strengen Maßstabes der von der belangten Behörde festgestellte Sachverhalt (wonach durch ein Unternehmen, dessen Mitgeschäftsführer der Beschwerdeführer war und ist, gerade in jener Wohnung, die der Beschwerdeführer dann als gerichtlicher Sachverständiger zu begutachten hatte, Arbeiten über Auftrag einer der Prozeßparteien durchgeführt wurden) durchaus geeignet ist, in objektiver Hinsicht Zweifel an der Unbefangenheit des Beschwerdeführers als Sachverständiger und damit an seiner Korrektheit zu erwecken. Ein Sachverständiger muß nämlich sein Amt so ausüben, daß auch der Schein einer Parteilichkeit vermieden wird (vgl. z.B. Fasching, Kommentar III, 488 Anm. 2 zu § 355 ZPO).

Mit Rücksicht darauf, daß es dem Beschwerdeführer nach den getroffenen Feststellungen auch durchaus vorwerfbar ist, einen Befangenheitsgrund verschwiegen zu haben, erweist sich der angefochtene Bescheid als frei von den behaupteten Rechtswidrigkeiten, weshalb die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen war.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG i.V.m. der VO BGBl. Nr. 104/1991.

Schlagworte

Befangenheit von SachverständigenSachverständiger Bestellung Auswahl Enthebung (Befangenheit siehe AVG §7 bzw AVG §53)

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1993:1992010798.X00

Im RIS seit

05.03.2001

Zuletzt aktualisiert am

16.11.2010
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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