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40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
AVG §45 Abs2;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Baumgartner und die Hofräte Dr. Bernard und DDr. Jakusch als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Strohmaier, über die Beschwerde des A in W, vertreten durch Dr. R, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom 11. September 1992, Zl. UVS-03/15/01398/91, betreffend Übertretung des Kraftfahrgesetzes 1967, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 11.540,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, er habe es als Zulassungsbesitzer eines dem Kennzeichen nach bestimmten Kraftfahrzeuges unterlassen, der Behörde (der Bezirkshauptmannschaft Hollabrunn) über ihr schriftliches Verlangen vom 3. April 1991 bekanntzugeben, wer dieses Kraftfahrzeug am 8. November 1990 zu einem bestimmten Zeitpunkt auf einer näher umschriebenen Straßenstelle gelenkt hat. Dadurch habe er eine Übertretung nach § 103 Abs. 2 KFG 1967 begangen. Über ihn wurde eine Geldstrafe (Ersatzfreiheitsstrafe) verhängt.
In seiner an den Verwaltungsgerichtshof gerichteten Beschwerde macht der Beschwerdeführer Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend und beantragt die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides. Die belangte Behörde hat eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Gerichtshof hat erwogen:
Der Beschwerdeführer hat der Bezirkshauptmannschaft Hollabrunn innerhalb der ihm zur Auskunftserteilung gesetzten
Frist mit Schreiben vom 15. April 1991 mitgeteilt: "Ihre Anfrage beantworte ich dahingehend, daß mein Auto am 2.9.1990, dem Tag meiner Einlieferung in das Spital .... beim Wohnhaus abgestellt war, daß ich es nicht vermietet habe und daß ich nicht weiß, wer es am 8.11.1990 gelenkt hätte." Er hat ferner auf seinen Einspruch gegen eine Strafverfügung der Bezirkshauptmannschaft Hollabrunn vom 19. März 1991 betreffend Übertretung nach § 20 Abs. 2 StVO 1960 am 8. November 1990 verwiesen, in dem er ausgeführt hatte, daß er sich vom 2. September 1990 bis zum 21. November 1990 wegen eines Herzinfarktes in stationärer Krankenhausbehandlung befunden habe.
Daß der Beschwerdeführer den Tatbestand des § 103 Abs. 2 KFG 1967 insofern erfüllt hat, als er weder die Person des Lenkers noch diejenige Person, die den Lenker bekanntgeben kann, genannt hat, bestreitet er nicht. Er macht aber geltend, daß ihn an der Unterlassung der rechtzeitigen Bekanntgabe (in seiner Berufung gegen das Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Wien vom 16. Oktober 1991 benannte er eine solche Person) kein Verschulden treffe. Er hat dazu ausgeführt, daß er sich wegen eines Herzinfarktes vom 2. September bis 21. November 1990 in stationärer Krankenhausbehandlung befunden habe, daß er das Kraftfahrzeug in der Garage seines Wohnahuses abgestellt gehabt habe und daß zu seiner Wohnung, in der der KFZ-Schlüssel verwahrt gewesen sei, lediglich seine beiden Töchter und die Putzfrau Zugang gehabt hätten. Die Putzfrau und die eine Tochter kämen objektiv als Lenker des Kraftfahrzeuges nicht in Betracht und hätten ihm gegenüber das in Rede stehende Lenken am 8. November 1990 auch glaubhaft in Abrede gestellt. Hinsichtlich der zweiten Tochter - die er dann auch, wenngleich verspätet, als Lenkerin bezeichnet hat - brachte er vor, sie hätte zwar keinen Wohnungsschlüssel, hätte sich diesen nach einer Panne des eigenen Kraftfahrzeuges "auf Umwegen" verschafft und sich so den Autoschlüssel besorgt. Sie hätte "auf Grund des Zeitablaufes zunächst keine Erinnerung" daran gehabt und ihm "gegenüber daher auch wiederholt verneint, das Auto gelenkt zu haben".
Die belangte Behörde übergeht in der Begründung des angefochtenen Bescheides den zuletzt zitierten Hinweis völlig. Sie geht vielmehr davon aus, daß der Beschwerdeführer seine zweite Tochter vor Beantwortung der Lenkeranfrage auf die gegenständliche Angelegenheit überhaupt nicht angesprochen habe. Sie hätte sich aber mit dieser Verantwortung auseinandersetzen müssen. Sollte es nämlich zutreffen, daß der Beschwerdeführer von einer der hiefür in Betracht kommenden Personen unrichtig informiert worden ist, so kann es ihm nicht ohne weiteres als Verschulden angerechnet werden, wenn er diese unrichtige Information in den Inhalt seiner Auskunft an die Behörde hat einfließen lassen. Die Behörde hätte diese Ausführungen auf ihre Glaubwürdigkeit hin einer Würdigung unterziehen müssen, dies allenfalls nach der Durchführung von Beweisen.
Wie der Beschwerdeführer den KFZ-Schlüssel in seiner Wohnung aufbewahrt hatte, ist im gegebenen Zusammenhang einer Übertretung nach § 103 Abs. 2 KFG 1967 irrelevant.
Die belangte Behörde hat den maßgeblichen Sachverhalt unvollständig erhoben und Verfahrensvorschriften verletzt, bei deren Einhaltung sie zu einem anderen Bescheid hätte kommen können. Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG aufzuheben.
Der Zuspruch von Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991. Das Mehrbegehren war abzuweisen, weil die der Beschwerde angeschlossene Ausfertigung des erstinstanzlichen Straferkenntnisses nicht erforderlich war und die dafür entrichteten Stempelgebühren nicht ersetzt werden können.
Schlagworte
Beweismittel Beschuldigtenverantwortung freie BeweiswürdigungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1993:1992020304.X00Im RIS seit
19.03.2001