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41/02 Passrecht Fremdenrecht;Norm
AsylG 1991 §1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Großmann und die Hofräte Dr. Dorner, Dr. Kremla, Dr. Steiner und Dr. Mizner als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Lammer, über die Beschwerde des B in W, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 22. Juni 1992, Zl. 4.328.650/3-III/13/92, betreffend Asylgewährung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 505,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug gemäß § 66 Abs. 4 AVG ergangenen Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 22. Juni 1992 wurde ausgesprochen, daß Österreich dem Beschwerdeführer - einem jugoslawischen Staatsangehörigen, der am 8. November 1991 in das Bundesgebiet eingereist ist - kein Asyl gewähre.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:
Der (bereits damals anwaltlich vertretene) Beschwerdeführer hat in seinem (zugleich von seiner Mutter und seiner Schwester gestellten) schriftlichen Asylantrag vom 20. November 1991 angegeben, Reservist der jugoslawischen Armee zu sein. Sein Vater sei Sudanese, seine Mutter Serbin. Da man ihm seine teilweise afrikanische Abstammung ansehe, sei er während seiner Militärdienstleistung und auch im privaten Bereich Anfeindungen ausgesetzt gewesen. Am 6. Oktober 1991 habe das lokale Armeebüro bei ihm zu Hause angerufen, worauf jedoch seine Mutter und seine Schwester wahrheitswidrig angegeben hätten, daß er ortsabwesend sei. Man habe seiner Mutter aufgetragen, ihm auszurichten, daß er sich bei der Militärbehörde zu melden habe. Da er damit gerechnet habe, sofort zur Armee einberufen zu werden, habe er seinen Heimatort (Bor in Serbien) verlassen und sei in Belgrad bei Bekannten untergetaucht. Daraufhin sei er mit seiner Mutter und seiner Schwester über Ungarn und Österreich nach Rom gereist. Dort habe er jedoch keine Möglichkeit gehabt zu bleiben, weshalb er nach Wien gekommen sei. Seine religiöse Überzeugung lasse es nicht zu, im Bürgerkrieg unschuldige Menschen zu töten. Weiters sei ein Ende des bewaffneten Konfliktes nicht abzusehen. Die kriegerischen Auseinandersetzungen würden ohne die Beachtung internationaler Abkommen über die Kriegsführung ausgetragen, und die Inszenierung und Fortführung der Kampfhandlungen würden Kriegsverbrechen darstellen. Der Beschwerdeführer wäre der Gefahr ausgesetzt gewesen, völkerrechtswidrig töten zu müssen. Da er deutlich als "Halbafrikaner" erkennbar sei, würde er von seinen Vorgesetzten nachteilig behandelt werden und keine Überlebenschancen haben. Aus diesen Gründen habe er seinem Einberufungsbefehl nicht Folge leisten können. Im Falle seiner Rückkehr nach Jugoslawien hätte er mit einer strengen Bestrafung, im schlechtesten Falle sogar mit der Todesstrafe zu rechnen. Weiters wäre er nicht nur strafrechtlicher Verfolgung ausgesetzt, sondern würde auch von serbischen Fanatikern an Leib und Leben bedroht. Diese Angaben hat der Beschwerdeführer anläßlich seiner niederschriftlichen Befragung am 9. Jänner 1992 und in seiner Berufung gegen den erstinstanzlichen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 18. Februar 1992 im wesentlichen wiederholt.
Wenn die belangte Behörde auf Grund dieser Angaben zur Auffassung gelangt ist, der Beschwerdeführer habe nicht hinreichend dargetan, daß er sich aus wohlbegründeter Furcht, aus einem der im § 1 Z. 1 Asylgesetz 1991 (in Übereinstimmung mit Art. 1 Abschnitt A Z. 2 der Genfer Flüchtlingskonvention) angeführten Gründe verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befinde, und er sei daher nicht als Flüchtling im Sinne dieser Gesetzesstelle anzusehen, so kann ihr nicht mit Erfolg entgegengetreten werden. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. beispielsweise das Erkenntnis vom 14. Oktober 1992, Zl. 92/01/0394, mit weiteren Judikaturhinweisen) stellt die Furcht vor einer wegen Desertion oder Wehrdienstverweigerung drohenden - unter Umständen auch strengen - Bestrafung für sich allein noch keinen Grund für die Anerkennung als Flüchtling dar. Der Einwand des Beschwerdeführers, daß es bei ihm angesichts der bekannten Ereignisse in seinem Heimatland nicht bloß - wie die belangte Behörde meine - um die "Einberufung zur Armee" und auch nicht um die "Leistung von Kriegsdienst" gegangen sei, vermag - ungeachtet der allenfalls zu erwartenden Art seines Einsatzes und der schrecklichen Kriegsgeschehnisse in seinem Heimatland - daran nichts zu ändern, daß er als Reservist, unabhängig vom Vorliegen von Konventionsgründen, wie andere auch zum Dienst in der Armee seines Heimatlandes eingezogen werden sollte. Der Beschwerdeführer hat nie behauptet, daß diese ihn treffende Maßnahme auf seine Eigenschaft als "Halbafrikaner" und demnach auf rassische Gründe zurückzuführen gewesen sei. Er hat daraus, daß er aus diesen Gründen insbesondere während seiner (nach der Aktenlage in der Dauer eines Jahres ab Dezember 1988 zurückgelegten) Militärdienstzeit (nicht näher bezeichneten) "Anfeindungen" ausgesetzt gewesen sei, nach Beendigung seines Militärdienstes keine Konsequenzen gezogen, jene also selbst nicht als so intensiv empfunden, daß dadurch ein weiterer Verbleib in seinem Heimatland für ihn unerträglich gewesen wäre. Die Behauptung des Beschwerdeführers, daß die ihm daraus erwachsenden Benachteiligungen, auch unter Berücksichtigung der in seinem Heimatland nunmehr herrschenden Situation, ein darüber hinausgehendes Ausmaß angenommen hätten und er im Zuge des ihm bevorstehenden weiteren Militärdienstes deshalb eine höhere Gefahr zu gewärtigen gehabt habe als andere Angehörige der Armee seines Heimatlandes, für die diese Eigenschaft (der Rasse) nicht zutrifft, beruht lediglich auf Vermutungen und erscheint daher nicht objektiv begründet. Auch die von ihm geltend gemachten Verfahrensmängel sind daher nicht wesentlich.
Da sich somit die Beschwerde als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1993:1992010767.X00Im RIS seit
20.11.2000