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90/01 Straßenverkehrsordnung;Norm
StVO 1960 §20 Abs2;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Baumgartner und die Hofräte Dr. Bernard und DDr. Jakusch als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Strohmaier, über die Beschwerde des H in W, vertreten durch Dr. Z, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Wiener Landesregierung vom 4. Mai 1992, Zl. MA 64-10/977/91/Str, betreffend Übertretungen der StVO 1960, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird, soweit der Beschwerdeführer zweier Verwaltungsübertretungen nach § 38 Abs. 5 StVO 1960 schuldig erkannt und dafür bestraft wurde, einschließlich der damit verbundenen Kostenaussprüche, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Im übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.
Die Bundeshauptstadt (Land) Wien hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 11.420,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid vom 4. Mai 1992 wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, am 27. Juli 1990 um 20.15 Uhr 1.) in Wien 23., Laxenburger Straße zwischen Großgrünmarkt Inzersdorf und Ober-Laaer-Straße als Lenker eines dem Kennzeichen nach bestimmten Kombinationskraftwagens die im Ortsgebiet zulässige Höchstgeschwindigkeit erheblich überschritten, 2.) in Wien 23., Laxenburger Straße, Kreuzung Kolbegasse, und 3.) in Wien 23., Laxenburger Straße, Kreuzung Draschestraße, jeweils das Rotlicht der für seine Fahrtrichtung maßgeblichen Verkehrslichtsignalanlage nicht beachtet zu haben, indem er trotzdem in die Kreuzung eingefahren sei. Er habe dadurch zu
1.) eine Verwaltungsübertretung nach § 20 Abs. 2 StVO 1960 und zu 2.) und 3.) je eine Verwaltungsübertretung nach § 38 Abs. 5 leg. cit. begangen, weshalb über ihn Geldstrafen (Ersatzfreiheitsstrafen) verhängt wurden.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsstrafverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Zutreffend macht der Beschwerdeführer geltend, es sei ihm innerhalb der Verjährungsfrist des § 31 VStG lediglich die Verwaltungsübertretung nach § 20 Abs. 2 StVO 1960 zur Last gelegt worden. Hinsichtlich der Verwaltungsübertretungen nach § 38 Abs. 5 leg. cit. seien ihm innerhalb dieser Frist lediglich Tathandlungen zur Last gelegt worden, die am 20. Juli 1990 begangen worden seien. Es trifft nämlich nicht zu, wie die belangte Behörde in der Gegenschrift darzutun versucht, daß dem Beschwerdeführer mit den Ladungen vom 13. November 1990 und vom 18. Jänner 1991 am 27. Juli 1990 begangene Verwaltungsübertretungen nach § 38 Abs. 5 StVO 1960 in einer den Anforderungen des § 32 Abs. 2 VStG entsprechenden Weise zur Last gelegt wurden. Denn keine der beiden Ladungen enthält eine Darstellung der dem Beschwerdeführer zur Last gelegten Tat; es wurde vielmehr der Gegenstand der Ladung lediglich mit den Worten "Vorfall vom 27.07.1990 in Wien 23., - Ihr Einspruch" umschrieben.
Die belangte Behörde belastete daher den angefochtenen Bescheid dadurch mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit, daß sie dem Beschwerdeführer entgegen der Bestimmung des § 31 Abs. 1 VStG zwei Verwaltungsübertretungen nach § 38 Abs. 5 StVO 1960 zur Last legte, obwohl diesbezüglich gegen ihn innerhalb der Verjährungsfrist keine geeignete Verfolgungshandlung vorgenommen wurde.
Soweit der Beschwerdeführer aber seine Verurteilung wegen der Verwaltungsübertretung nach § 20 Abs. 2 StVO 1960 bekämpft, vermag er mit seinem Vorbringen eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht darzutun.
Es trifft zunächst nicht zu, daß der Beschwerdeführer in seiner Berufung gegen das erstbehördliche Straferkenntnis den Antrag stellte, zum Beweis dafür, daß der von ihm gelenkte Kombinationskraftwagen "die Geschwindigkeitsbeschränkung nicht überschritten haben kann", Befund und Gutachten einzuholen. Zwar brachte der Beschwerdeführer im erstbehördlichen Strafverfahren vor, der von ihm gelenkte Kraftwagen habe aus technischen Gründen die behauptete Geschwindigkeit von 140 km/h gar nicht erreichen können. Dieses Vorbringen hielt er allerdings in seiner Berufung nicht mehr aufrecht. In der Berufung stellte er lediglich - ohne Bezugnahme auf ein bestimmtes Sachverhaltsvorbringen - den "Antrag auf Einholung von Befund und Gutachten darüber, daß das Kfz die Geschwindigkeitsbeschränkung nicht überschritten hat". Unter diesen Umständen bedeutet es keine Verletzung von Verfahrensvorschriften, wenn die belangte Behörde ein solches Gutachten nicht einholte.
Im übrigen läßt das Vorbringen in der Berufung gegen das erstbehördliche Straferkenntnis erkennen, daß der Beschwerdeführer davon ausging, der Meldungsleger habe die dem Beschwerdeführer zur Last gelegten Verwaltungsübertretungen von einem (fixen) Standort an der Straße aus wahrgenommen. Demgegenüber ergibt sich schon aus der Anzeige, der sowohl die Behörde erster Instanz als auch die belangte Behörde folgten, daß die vom Beschwerdeführer eingehaltene Fahrgeschwindigkeit von 140 km/h vom Meldungsleger durch Nachfahren mit einem Motorrad festgestellt wurde, das mit einem geeichten Tachometer ausgestattet war. Die belangte Behörde hatte daher auch keinen Anlaß, dem Antrag des Beschwerdeführers "auf Durchführung eines Lokalaugenscheines zum Beweis dafür, daß vom Standpunkt des Meldungslegers aus die Fahrgeschwindigkeit des Kfz nicht feststellbar war", zu folgen.
Wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung dargetan hat, ist die Geschwindigkeitsermittlung durch Nachfahren mit einem Kraftfahrzeug in gleichbleibendem Abstand in einem Fall wie dem vorliegenden, wo es sich um eine Geschwindigkeitsüberschreitung um 90 km/h (140 km/h gegenüber erlaubten 50 km/h) handelt, auch dann eine geeignete Methode zur Feststellung einer Geschwindigkeitsüberschreitung, wenn der Tachometer am nachfahrenden Kraftfahrzeug nicht geeicht war (vgl. das hg. Erkenntnis vom 15. Februar 1991, Zl. 90/18/0233). Es bildet daher auch keinen zur Aufhebung des angefochtenen Bescheides führenden Verfahrensmangel, daß die belangte Behörde es unterließ, hinsichtlich des Tachometers des vom Meldungsleger verwendeten Motorrades den Eichschein beizuschaffen.
Schließlich enthalten die Akten des Verwaltungsstrafverfahrens keinen konkreten Hinweis darauf, daß dieser Tachometer funktionsunfähig gewesen sei. Es bedurfte daher auch zur Überprüfung dieses Umstandes nicht der Einholung eines entsprechenden Gutachtens. Abgesehen davon muß die Wahrnehmung der Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit bei einem derart exorbitanten Ausmaß der Überschreitung einem Sicherheitswacheorgan selbst ohne Zuhilfenahme technischer Hilfmittel zugebilligt werden, sodaß selbst eine allenfalls festgestellte Funktionsuntüchtigkeit des fraglichen Tachometers an der Verläßlichkeit der Feststellung der Überschreitung der zulässigen Geschwindigkeit nichts ändern könnte.
Aus den dargelegten Gründen war der angefochtene Bescheid hinsichtlich der dem Beschwerdeführer zur Last gelegten Verwaltungsübertretungen nach § 38 Abs. 5 StVO 1960 gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben. Im übrigen war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Von der Durchführung der beantragten Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 4 und 6 VwGG abgesehen werden.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991. Das Mehrbegehren war abzuweisen, weil die Beschwerde nur zweifach einzubringen war.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1993:1992020261.X00Im RIS seit
12.06.2001