Index
L10011 Gemeindeordnung Gemeindeaufsicht Gemeindehaushalt Burgenland;Norm
AVG §66 Abs4;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kirschner und die Hofräte Dr. Kramer, Dr. Wetzel, Dr. Puck und Dr. Gruber als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Schidlof, über die Beschwerde des JS und der AS in T, beide vertreten durch Dr. L, Rechtsanwalt in F, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Neusiedl am See vom 5. Juni 1991, Zl. II-Sch-7-1991, betreffend Kanalanschlußbeitrag (mitbeteiligte Partei: Gemeinde T),
1.) zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde des Erstbeschwerdeführers wird als unbegründet abgewiesen.
2.) den Beschluß gefaßt:
Die Beschwerde der Zweitbeschwerdeführerin wird zurückgewiesen.
Die Beschwerdeführer haben dem Bundesland Burgenland zu gleichen Teilen Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Gemeinde vom 24. Oktober 1989 wurde dem Erstbeschwerdeführer "gemäß § 5 des Burgenl. Kanalabgabegesetzes, LGBl. 41/1984 in Verbindung mit § 150 der Bgld. Landesabgabenordnung LGBl. Nr. 2/1963 in der geltenden Fassung und in Verbindung mit der Verordnung des Gemeinderates der Gemeinde T vom 16. September 1989 ... als Eigentümer des Grundstückes 2282/24 der KG T ein Beitrag für den Anschluß an die Kanalisationsanlage" dieser Gemeinde in Höhe von S 98.839,44 (einschließlich Umsatzsteuer) zur Zahlung vorgeschrieben.
Die gegen diesen Bescheid vom Erstbeschwerdeführer erhobene, nicht im Verwaltungsakt befindliche Berufung wurde mit Bescheid des Gemeinderates der mitbeteiligten Gemeinde vom 19. Februar 1990 als unbegründet abgewiesen.
Die gegen diesen Bescheid offenbar nur vom Erstbeschwerdeführer erhobene, nicht im Verwaltungsakt befindliche Vorstellung wurde mit dem vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen, an beide Beschwerdeführer gerichteten Bescheid ebenfalls als unbegründet abgewiesen. Zu der der Abgabenfestsetzung zugrunde liegenden Verordnung des Gemeinderates der mitbeteiligten Gemeinde vom 16. September 1989 und zur behaupteten Verletzung des Äquivalenzprinzips wurde in der Begründung des Vorstellungsbescheides folgendes ausgeführt:
"Gemäß § 2 Abs. 1 Kanalabgabegesetz 1984, LGBl. Nr. 41/1984, sind die Gemeinden ermächtigt, durch Verordnung des Gemeinderates Kanalisationsbeiträge (Erschließungsbeitrag, vorläufiger Anschlußbeitrag, Anschlußbeitrag, Ergänzungsbeitrag, vorläufiger Nachtragsbeitrag, Nachtragsbeitrag) zur Deckung der Errichtungskosten der Kanalisationsanlage nach den Bestimmungen dieses Abschnittes zu erheben. An Kanalisationsbeiträgen darf jedoch jeweils insgesamt nicht mehr erhoben werden, als den von der Gemeinde geleisteten oder voranschlagsmäßig zu leistenden Aufwendungen für die Kanalisationsanlage entspricht.
Die Verordnung des Gemeinderates von T vom 16.9.1989, mit welcher die Einhebung des Kanalanschlußbeitrages verfügt wurde, ist von der Landesregierung geprüft und ordnungsgemäß kundgemacht worden. Auf welche Weise der Beitragssatz festzusetzen ist, bestimmt § 3 leg. cit., diese Vorschrift ist durch die genannte Verordnung eingehalten worden.
Zur Überprüfung einer Verordnung auf Ihre Gesetzmäßigkeit, welche überdies bereits von der Aufsichtsbehörde geprüft wurde, ist der Verfassungsgerichtshof und nicht die erkennende Behörde befugt. Mit den Ausführungen hinsichtlich Kanalfinanzierung, Baukosten, Mehreinnahmen etc. vermag der Vorstellungswerber also nichts zu gewinnen, da dies allenfalls im Rahmen eines Verordnungsprüfungsverfahrens vor dem Verfassungsgerichtshof von Bedeutung sein könnte.
Zur behaupteten Verletzung des Äquivalenzprinzips wird festgehalten: Es liegt - wie der Verfassungsgerichtshof in ständiger Rechtssprechung (z.B. Slg. 8188/1977) ausgesprochen hat - im Wesen der Beiträge, daß sie ihre Grenzen in der Höhe der Aufwendungen finden, die für die Kanalisationsanlage erforderlich sind. Deshalb dürfen die gesamten Erträge der Kanalisationsbeiträge nicht höher sein als die Kosten, die der Gemeinde durch die Schaffung der Kanalisationsanlage erwachsen. Die Summe der Einnahmen darf sonach die Summe der Ausgaben abzüglich Subventionen nicht übersteigen. Dieses Kostendeckungsprinzip hat der Gemeinderat bei der Festsetzung des Beitragssatzes zu beachten. Eine Verletzung dieses Grundsatzes muß zur Aufhebung der Abgabenverordnung durch die Aufsichtsbehörde oder den Verfassungsgerichtshof führen.
Hinsichtlich eines einzelnen Grundstückes besteht zwischen dem Nutzen aus der Kanalisationsanlage und der Höhe der Gebühren kein Äquivalenzprinzip, z.B. kommt es nicht darauf an, ob ein Gebäude angeschlossen ist sondern nur darauf, ob eine Anschlußpflicht besteht."
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde. Ihrem gesamten Vorbringen zufolge erachten sich die Beschwerdeführer durch die Abgabenfestsetzung der Höhe nach in ihren Rechten verletzt, die Zweitbeschwerdeführerin darüber hinaus auch dadurch, daß ihr gegenüber eine Vorstellungsentscheidung erlassen worden sei, obwohl sie im vorangegangenen gemeindebehördlichen Abgabenverfahren nicht als Abgabenschuldnerin in Anspruch genommen worden sei.
Der Verwaltungsgerichtshof hat zunächst geprüft, ob die Beschwerde der Zweitbeschwerdeführerin zulässigerweise erhoben worden ist oder nicht; dies ist aus folgenden Erwägungen zu verneinen:
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist eine Bescheidbeschwerde wegen Fehlens der Beschwerdeberechtigung dann zurückzuweisen, wenn der Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid unabhängig von der Frage seiner Gesetzmäßigkeit in einem Recht nicht verletzt sein kann (vgl. z.B. den Beschluß eines verstärkten Senates vom 13. Juli 1956, VwSlg. Nr. 4127/A).
Die Möglichkeit einer Rechtsverletzung in der Sphäre der Zweitbeschwerdeführerin durch den angefochtenen Bescheid ist im Beschwerdefall deswegen auszuschließen, weil die Gemeindeabgabenbehörden ihr gegenüber weder einen Abgabenbescheid erlassen haben noch auch die ihrem Ehegatten gegenüber erlassenen Bescheide ihr gegenüber Wirkung entfalten. Selbst wenn die Zweitbeschwerdeführerin neben ihrem Ehegatten gegen den obersten gemeindebehördlichen Abgabenbescheid Vorstellung erhoben haben sollte, hätte die belangte Behörde ihre Vorstellung zurückweisen müssen. Dadurch, daß die belangte Behörde ihr gegenüber die Vorstellung nicht zurückgewiesen, sondern abgewiesen hat, konnte die Beschwerdeführerin jedoch nicht in ihren Rechten verletzt werden; letzteres gilt auch für den nach der Aktenlage offenbar vorliegenden Fall, daß die Zweitbeschwerdeführerin gar keine Vorstellung erhoben hat, sie aber dennoch in der abweislichen Vorstellungsentscheidung als Adressat dieses Bescheides angeführt und ihr dieser Bescheid auch zugestellt wurde (vgl. hiezu den hg. Beschluß vom 29. April 1988, Zl. 87/17/0105).
Die Beschwerde der Zweitbeschwerdeführerin war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG mangels Möglichkeit einer Rechtsverletzung in ihrer Sphäre durch den angefochtenen Bescheid zurückzuweisen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde des Erstbeschwerdeführers erwogen:
Die Beschwerde macht der belangten Behörde zum Vorwurf, diese hätte zu Unrecht nicht ermittelt, ob zum Zeitpunkt der Erlassung der Verordnung des Gemeinderates der mitbeteiligten Gemeinde vom 16. September 1989 die Errichtungskosten der Kanalisationsanlage hinsichtlich des Bauteiles 5 schon abgerechnet gewesen seien und ob der Mobil- und Campingplatz bei Ermittlung der Berechnungsfläche (als Grundlage für den mit dieser Verordnung festgesetzten Beitragssatz) berücksichtigt worden sei. Ohne derartige Feststellungen bestehe aber die Gefahr, daß ein überhöhter Beitragssatz angewendet und damit auch eine überhöhte Abgabenfestsetzung bestätigt worden sei.
Obwohl sich dieses Vorbringen hauptsächlich gegen die Gesetzmäßigkeit der in Rede stehenden Verordnung richtet, nimmt der Verwaltungsgerichtshof zugunsten des Erstbeschwerdeführers an, daß die Beschwerde insofern auch eine in die Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes fallende (einfach-gesetzliche) Rechtswidrigkeit behauptet, als der belangten Behörde der Vorwurf gemacht wird, bei der bescheidförmigen Konkretisierung dieser Verordnung Feststellungen im angefochtenen Bescheid zu Unrecht unterlassen zu haben. Nur diese Deutung bewahrt auch die Beschwerde des Erstbeschwerdeführers vor einer Zurückweisung, weil andernfalls die Entscheidung über die Beschwerde in die Zuständigkeit des Verfassungsgerichtshofes fiele, der gemäß Art. 144 Abs. 1 erster Satz B-VG in der Fassung BGBl. Nr. 302/1975 über Beschwerden gegen Bescheide der Verwaltungsbehörden erkennt, soweit der Beschwerdeführer durch den Bescheid ... wegen Anwendung einer gesetzwidrigen Verordnung, eines verfassungswidrigen Gesetzes oder eines rechtswidrigen Staatsvertrages in seinen Rechten verletzt zu sein behauptet (vgl. z.B. den hg. Beschluß vom 18. April 1986, Zl. 86/17/0035, und die dort zitierten Beschlüsse).
Der einzig verbleibende Beschwerdevorwurf, die belangte Behörde hätte im angefochtenen Bescheid die Entscheidungsgrundlagen der Verordnung anzuführen gehabt, entbehrt jedoch einer gesetzlichen Grundlage und kann somit der Beschwerde nicht zum Erfolg verhelfen.
Der Verwaltungsgerichtshof hegt gegen die im Beschwerdefall präjudiziellen Bestimmungen der angewendeten Verordnung aus Anlaß des vorliegenden Beschwerdefalles keine Bedenken, die einen Antrag an den Verfassungsgerichtshof auf Aufhebung dieser Bestimmungen rechtfertigten; denn selbst wenn das Vorbringen des Erstbeschwerdeführers richtig sein sollte, daß die Baukosten des Bauabschnittes 5 der gemeindeeigenen Kanalisationsanlage für die Berechnung des Beitragssatzes nicht hätten angesetzt werden dürfen und daß die Fläche des Camping- und Mobilheimplatzes in die Berechnungsfläche hätte aufgenommen werden müssen, so könnten sich daraus Bedenken gegen die in Rede stehenden Rechtsvorschriften nur dann ergeben, wenn der Beitragssatz von S 105,--/m2 mit der Verordnung gesetzwidrig (überhöht) festgesetzt worden wäre; dies wird aber nicht einmal in der Beschwerde behauptet.
Aus diesen Erwägungen mußte die Beschwerde des Erstbeschwerdeführers gemäß 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abgewiesen werden.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich - im Rahmen des gestellten Antrages - auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 104/1991.
Schlagworte
Inhalt der Berufungsentscheidung Voraussetzungen der meritorischen Erledigung Zurückweisung (siehe auch §63 Abs1, 3 und 5 AVG) Rechtliche Wertung fehlerhafter Berufungsentscheidungen Rechtsverletzung durch solche EntscheidungenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1993:1991170115.X00Im RIS seit
06.08.2001