TE Vwgh Erkenntnis 1993/1/22 91/17/0075

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Veröffentlicht am 22.01.1993
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Index

L37049 Ankündigungsabgabe Wien;
001 Verwaltungsrecht allgemein;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AnkündigungsabgabeG Wr 1948 §3 Abs2;
AnkündigungsabgabeG Wr 1983 §3 Abs2;
AVG §56;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kirschner und die Hofräte Dr. Wetzel, Dr. Puck, Dr. Höß und Dr. Gruber als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Schidlof, über die Beschwerde des Vereins M in W, vertreten durch Dr. A, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Abgabenberufungskommission der Bundeshauptstadt Wien vom 10. April 1991, Zl. MD-VfR-V 3/91, betreffend Befreiung von der Ankündigungsabgabe, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Die Bundeshauptstadt Wien hat dem beschwerdeführenden Verein Aufwendungen in der Höhe von S 11.630,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid wurde das Ansuchen des beschwerdeführenden Vereins um Befreiung von der Ankündigungsabgabe für die Plakatwerbung ab Herbst 1990 "gemäß § 3 Abs. 2 des Beschlusses des Wiener Gemeinderates vom 26. April 1985 über die Ausschreibung einer Abgabe von öffentlichen Ankündigungen im Gebiet der Stadt Wien, veröffentlicht im Amtsblatt der Stadt Wien vom 23. Mai 1985, Nr. 21, abgewiesen." Diese Verordnungsstelle setze nach ihrem Inhalt voraus, daß keine Erwerbsabsichten vorlägen und die Ankündigungen ausschließlich oder vorwiegend wissenschaftlichen, gemeinnützigen oder Bildungszwecken dienten. Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 23. November 1990, Zl. 87/17/0359, dargelegt habe, handle es sich bei dieser Norm um eine sachliche und nicht um eine persönliche Befreiungsvorschrift. Es sei daher nicht erforderlich, aber auch nicht entscheidend, daß der Ankündigende selbst die Voraussetzungen für eine Gemeinnützigkeit im Sinne des § 32 f WAO erfülle. Es sei vielmehr zu prüfen (gewesen), ob die Ankündigung auf Grund ihrer sachlichen Beschaffenheit als solche anzusehen sei, auf die die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 der zitierten Verordnungsstelle zuträfen. Der Verwaltungsgerichtshof habe bereits mit Erkenntnis vom 6. Mai 1964, Zl. 154/64, festgehalten, daß jedes Theater seinem Wesen nach dem Zweck diene, dem Zuschauer einen ästhetischen Genuß oder eine Unterhaltung zu bieten. Dies schließe die Annahme, daß der Bildungszweck ein ausschließlicher oder überwiegender sei, aus. Dies müsse auch für den Fall musikalischer Veranstaltungen gelten. Dazu komme, daß im Beschwerdefall nicht davon gesprochen werden könne, daß keine Erwerbsabsicht vorliege, da in der Ankündigung für den Kartenverkauf für die angeführten Veranstaltungen geworben worden sei. Selbst wenn im Rahmen der angekündigten Veranstaltungen kein Gewinn erzielt worden sei, ändere dies nichts daran, daß durch den Kartenverkauf die Absicht offenkundig sei, Einnahmen zu erzielen. Dazu komme, daß die Ankündigung eine Werbung für ein österreichisches Kreditinstitut enthalte, sodaß schon unter diesem Gesichtspunkt nicht davon ausgegangen werden könne, daß die Ankündigung ohne Erwerbsabsicht erfolgt sei. Auf die Erwerbsabsicht eines Affichierungsunternehmens komme es hingegen ganz allgemein nicht an, weil diese Erwerbsabsicht in der Ankündigung anders als bei der Werbung für ein Kreditunternehmen keinen Niederschlag finde.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes erhobene Beschwerde. Nach seinem Vorbringen erachtet sich der beschwerdeführende Verein in dem Recht auf Befreiung von der Ankündigungsabgabe verletzt.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat unter Bedachtnahme auf die vom beschwerdeführenden Verein erstattete Replik erwogen:

Vorauszuschicken ist, daß sich der beschwerdeführende Verein in seiner Beschwerde u.a. auf einen Bescheid des Magistrates der Stadt Wien vom 6. Dezember 1962 stützt, mit dem seinem Ansuchen vom 4. November 1962, seine Ankündigungen (Plakatwerbung) von der Ankündigungsabgabe zu befreien, gemäß § 3 Abs. 2 des Wiener Ankündigungsabgabengesetzes vom 23. Jänner 1948, LGBl. für Wien Nr. 7, stattgegeben worden sei. Mit diesem Hinweis werde auch das (im verwaltungsgerichtlichen Verfahren geltende) Neuerungsverbot nicht verletzt, "da dieser Umstand im Vorbringen inkludiert ist, das wir im Abgabenverfahren getätigt haben, darüberhinaus aktenkundig ist oder zumindest aktenkundig sein müßte und das Vorbringen jedenfalls die Abgabenbehörde im Zweifel zu entsprechenden Erhebungen veranlassen hätte müssen, da die Einhebung der Ankündigungsabgabe in derartigen Fällen formlos über die GEWISTA erfolgt und die behauptete Befreiung daher einen entsprechenden Feststellungsbescheid (vgl. das besagte Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes Zl. 87/17/0359) mit "Dauerwirkung" geradezu voraussetzt". Im Hinblick auf diesen Bescheid sei das mit dem angefochtenen Bescheid abgewiesene Ansuchen überflüssigerweise gestellt worden, hätte aber jedenfalls nicht abgewiesen werden dürfen.

Hiezu führt die belangte Behörde in ihrer Gegenschrift lediglich aus, daß dieser Hinweis des beschwerdeführenden Vereins versagen müsse, weil sich der Bescheid vom 6. Dezember 1962 auf das Wiener Ankündigungsabgabegesetz stütze, während dem angefochtenen Bescheid der Beschluß des Wiener Gemeinderates über die Ausschreibung einer Abgabe von öffentlichen Ankündigungen im Gebiet der Stadt Wien vom 26. April 1985 zugrunde liege. Außerdem dürfe der Spruch eines Bescheides im Zweifelsfalle nicht so angelegt (richtig wohl: ausgelegt) werden, daß die Behörde eine gesetzwidrige Entscheidung getroffen hätte. Auch nach der im Jahre 1962 geltenden Rechtslage sei es nicht zulässig gewesen, eine Befreiung von der Ankündigungsabgabe ohne Bezug auf eine bestimmte Ankündigung zu erteilen und es sei im konkreten Fall dieser Bezug durch den Verweis auf das Ansuchen vom 4. November 1962 hergestellt worden.

Dem hält der beschwerdeführende Verein in seiner Replik zur Gegenschrift entgegen, daß das Wiener Ankündigungsabgabegesetz 1983 lediglich eine Wiederverlautbarung des Wiener Ankündigungsabgabegesetzes, LGBl. Nr. 7/1948, darstelle und daß auch der Gemeinderatsbeschluß vom 26. April 1985 seinerseits im Wiener Ankündigungsabgabegesetz 1983 wurzle; darüber hinaus könne auch durch einen Gemeinderatsbeschluß nicht in rechtskräftige Bescheide eingegriffen werden. Der Spruch des nach wie vor gültigen Bescheides vom 6. Dezember 1962 sei eindeutig und gebe zu keinen Zweifeln Anlaß. Selbst wenn es, was bestritten werde, nach der Rechtslage im Jahre 1962 nicht zulässig gewesen sein sollte, eine Befreiung ohne Bezug auf eine bestimmte Ankündigung zu erteilen, so sei der Spruch des rechtskräftigen Bescheides solange bindend, solange der Bescheid dem Rechtsbestand angehöre. Das Ansuchen des beschwerdeführenden Vereins vom 4. Dezember 1962 habe aber auf generelle Befreiung für alle Ankündigungen (Plakatwerbung) gelautet und sei mit dem genannten Bescheid positiv erledigt worden.

Auf Grund dieses Vorbringens des beschwerdeführenden Vereins - im verwaltungsgerichtlichen Verfahren hatte er schon vorgebracht, er sei von der Ankündigungsabgabe "in ununterbrochener Folge seit dem Jahre 1949" befreit gewesen, hätte es der belangten Behörde oblegen, auch den besagten Bescheid des Magistrates der Stadt Wien vom 6. Dezember 1962 als Teil der Verwaltungsakten dem Verwaltungsgerichtshof vorzulegen, was aber unterblieben ist. Da die belangte Behörde die Verwaltungsakten insofern unvollständig vorgelegt hat, der Gerichtshof aber schon in seiner Einleitungsverfügung vom 14. Juni 1991 auf die Bestimmung des § 38 Abs. 2 und 3 VwGG hingewiesen hat, wonach der Verwaltungsgerichtshof im Falle des Unterbleibens einer fristgerechten Aktenvorlage bzw. des Unterbleibens einer fristgerechten Mitteilung, daß keine Akten vorliegen, berechtigt ist, allein auf Grund der Beschwerdebehauptungen zu erkennen, geht der Verwaltungsgerichtshof in der Folge davon aus, daß dem beschwerdeführenden Verein schon mit Bescheid vom 6. Dezember 1962 mit Wirkung "pro futuro" eine Befreiung von der Ankündigungsabgabe rechtskräftig erteilt worden ist, die die von ihm mit Ansuchen vom 18. September 1990 neuerlich begehrte, aber nunmehr im Instanzenzug nicht mehr bewilligte Befreiung umfaßt. Daß sich dieser Bescheid ausschließlich auf das Wiener Ankündigungsabgabegesetz (1948), der angefochtene Bescheid dagegen auf den bereits mehrfach erwähnten Beschluß des Wiener Gemeinderates vom 26. April 1985 stützt, ändert nichts daran, daß die mit Bescheid vom 6. Dezember 1962 rechtskräftig entschiedene Rechtssache auch die mit dem angefochtenen Bescheid entschiedene Rechtssache umfaßt, weil sich neben der Sachlage auch die maßgebende Rechtslage nicht geändert hat, stimmen doch die im Beschwerdefall bedeutsamen Rechtsvorschriften des Wiener Ankündigungsabgabegesetzes aus dem Jahr 1948 und des Beschlusses des Wiener Gemeinderates vom 26. April 1985 - diesem liegt wiederum das Wiener Ankündigungsabgabegesetz 1983, welches eine Wiederverlautbarung des Wiener Ankündigungsabgabegesetzes aus dem Jahr 1948 darstellt, zugrunde - jedenfalls inhaltlich überein. Darauf, ob der Bescheid vom 6. Dezember 1962 zu Recht oder zu Unrecht erlassen worden ist bzw. ob die Abgabenbefreiung "auf Dauer" hätte erteilt werden dürfen, kommt es nicht an, weil die RechtsWIRKUNGEN eines Bescheides von den RechtsVORAUSSETZUNGEN, unter denen er hätte erlassen werden dürfen, zu unterscheiden sind. Im Hinblick darauf ist daher auch nicht maßgebend, daß sich nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes eine gesonderte Antragstellung und ein gesonderter Abspruch über einen solchen Antrag auf Befreiung von der Ankündigungsabgabe hauptsächlich dann als zweckmäßig erweist, wenn die Befreiung für einen BESTIMMTEN ZEITRAUM begehrt wird, im Beschwerdefall aber die Befreiung nach dem Beschwerdevorbringen AUF DAUER gewährt wurde.

Im Hinblick auf die Rechtskraft des Bescheides vom 6. Dezember 1962 hätte dem beschwerdeführenden Verein eine Befreiung von der Ankündigungsabgabe im bescheidgegenständlichen Umfang jedenfalls nicht versagt werden dürfen. Der diese Abgabenbefreiung dennoch versagende angefochtene Bescheid mußte daher, ohne daß es noch erforderlich gewesen wäre, auf das übrige Beschwerdevorbringen näher einzugehen, gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben werden.

Von der Durchführung der vom beschwerdeführenden Verein beantragten Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abgesehen werden.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 104/1991.

Schlagworte

Zeitpunkt der Bescheiderlassung Eintritt der Rechtswirkungen

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1993:1991170075.X00

Im RIS seit

11.07.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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