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L34007 Abgabenordnung Tirol;Norm
FAG 1979 §15 Abs3 Z4;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kirschner und die Hofräte Dr. Kramer, Dr. Wetzel, Dr. Puck und Dr. Gruber als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Schidlof, über die Beschwerde des Z in E, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in P, gegen den Bescheid der Tiroler Landesregierung vom 9. Oktober 1990, Zl. Ib-8042/1-1990, betreffend Kanalanschlußgebühr (mitbeteiligte Partei: Gemeinde Kirchdorf in Tirol), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bundesland Tirol Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Laut unbestrittenem Beschwerdevorbringen wurde mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Gemeinde vom 13. November 1989 dem Beschwerdeführer die Baubewilligung für den Anbau eines Wohnhauses an das bestehende Wirtschaftsgebäude des Anwesens "O" auf den Grundstücken Nr. n1/1, n2/1 und n3 der EZ n4, KG X, erteilt.
Mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Gemeinde vom 11. April 1990 wurde dem Beschwerdeführer für den mit dem vorgenannten Bescheid bewilligten Neubau eine Kanalanschlußgebühr gemäß den "§§ 2 und 4 der Kanalgebührenordnung der Gemeinde Kirchdorf in Tirol" von S 57.970,-- einschließlich Umsatzsteuer (Bemessungsgrundlagen:
Gesamtfläche der Geschosse des Gebäudes von 527,29 m2 mal Einheitssatz von S 100,--) zur Zahlung vorgeschrieben.
In der gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung bekämpfte der Beschwerdeführer die Abgabenfestsetzung als überhöht. Anderen Abgabepflichtigen gegenüber sei nur ein Einheitssatz von S 75,-- angewendet worden.
Diese Berufung wurde zunächst mittels Berufungsvorentscheidung und - nach rechtzeitiger Stellung eines Antrages auf Entscheidung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz - mittels Berufungsentscheidung als unbegründet abgewiesen. In beiden Bescheiden heißt es, daß der seit 1. Jänner 1988 geltende Einheitssatz für die Kanalanschlußgebühr S 75,-- pro m2 betrage, wozu noch eine Erweiterungsgebühr von S 25,-- pro m2 komme.
In seiner gegen den Berufungsbescheid erhobenen Vorstellung führte der Beschwerdeführer aus, daß ein Gemeinderatsbeschluß nur dann Rechtsbestand haben könne, wenn er eine auf der Grundlage gesetzlicher Ermächtigung erlassene Verordnung darstelle. Da nicht festgestellt worden sei, ob die Kanalgebührenordnung der mitbeteiligten Gemeinde rechtswirksam zustande gekommen sei, werde das Vorliegen der hiefür bedeutsamen Tatsachen bestritten.
Mit dem vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid wurde die Vorstellung des Beschwerdeführers abgewiesen; dies im wesentlichen mit der Begründung, daß die Gemeinden durch § 15 Abs. 3 Z. 5 des Finanzausgleichsgesetzes 1989, BGBl. Nr. 687/1988, der in § 7 Abs. 5 des Finanz-Verfassungsgesetzes 1948, BGBl. Nr. 45, seine Grundlage habe, ermächtigt würden, durch Beschluß des Gemeinderates Gebühren für die Benützung von Gemeindeeinrichtungen und -anlagen, die - wie öffentliche Abwasserbeseitigungsanlagen - für Zwecke der öffentlichen Verwaltung betrieben würden, auszuschreiben. Die finanzausgleichsgesetzliche Ermächtigung versetzte die Gemeinden in die Lage, materielles Abgabenrecht zu schaffen. Auf der Grundlage des sogenannten "freien Beschlußrechtes" erlassene Verordnungen könnten Regelungen über die Entstehung der Gebührenpflicht, die Bemessungsgrundlage und den Gebührensatz, den Gebührenschuldner, die Fälligkeit und dergleichen enthalten. Verordnungen zur Ausschreibung von Benützungsgebühren seien solche "selbständige Verordnungen". Der Gemeinderat der mitbeteiligten Gemeinde habe die in Rede stehenden Regelungen in der örtlichen Kanalgebührenordnung getroffen (Beschluß vom 22. Dezember 1981, kundgemacht an der Gemeinde-Amtstafel vom 23. Dezember 1981 bis 11. Jänner 1982, in der Fassung des Beschlusses vom 28. November 1989, kundgemacht an der Gemeinde-Amtstafel vom 29. November bis 13. Dezember 1989). Gegen die zitierten Beschlüsse des Gemeinderates der mitbeteiligten Gemeinde und deren Kundmachung bestünden keine Bedenken. Im übrigen habe der Beschwerdeführer nichts vorgebracht und es sei nichts hervorgekommen, was die Abgabenfestsetzung als bedenklich erscheinen ließe.
Mit Beschluß vom 11. Juni 1991, B 1294/90-3, lehnte der Verfassungsgerichtshof die vom Beschwerdeführer gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde ab und trat sie antragsgemäß dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab.
Vor dem Verwaltungsgerichtshof macht der Beschwerdeführer Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend.
Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die im Beschwerdefall maßgebenden Bestimmungen der noch auf der Grundlage des § 15 Abs. 3 Z. 4 FAG 1979 in Verbindung mit § 30 Abs. 1 Tiroler Gemeindeabgabengesetz 1935 in der Fassung der "Textverordnung" LGBl. Nr. 43/1935 erlassenen Kanalgebührenordnung vom 22. Dezember 1981 lauten auszugsweise wie folgt:
"§ 1
EINTEILUNG DER GEBÜHREN
Für die Benützung der Gemeindekanalanlage K erhebt die Gemeinde Gebühren, und zwar:
a) eine einmalige Anschlußgebühr
...
§ 2
ANSCHLUßGEBÜHREN
1. Die Gemeinde erhebt für die Errichtung des Kanalanschlusses eine Anschlußgebühr.
2. Die GEBÜHRENPFLICHT ERSTRECKT SICH:
a) auf alle im § 2 Abs. 2 der Kanalordnung angeführten Gebäude bzw. Grundstücke
b) auf alle im erschließbaren Bereich (§ 2 Abs. 2 der Kanalordnung) der Kanalanlage gelegenen unbebauten Baugrundstücke; Baugrundstücke sind als Bauland gewidmete Grundstücke.
3. Die Gebührenpflicht entsteht für jedes im Anschlußbereich einer projektierten Kanalanlage bebaute Grundstück oder gewidmete Baugrundstück (Parzelle) einen Monat nachdem mit dem Bau der Anlage in dem Bauabschnittsbereich in dem es liegt, begonnen wurde.
4. Die Gebührenpflicht für bebaute Grundstücke, die sich im Erschließungsbereich einer bereits fertiggestellten oder ausgebauten Kanalanlage befinden, entsteht mit der Rechtskraft der Aufforderung zum Anschluß, bei freiwilligem Anschluß mit dem Zeitpunkt der Antragstellung. Für unbebaute Baugrundstücke entsteht diese 1 Monat nach rechtskräftiger Baulandwidmung.
5. Bei An-, Neu-, Auf- und Umbauten und bei Wiederaufbau von abgerissenen oder zerstörten Bauten entsteht die Beitragspflicht nur insoweit, als die neue Bemessungsgrundlage den Umfang der früheren übersteigt. Voraussetzung ist allerdings, daß für das Gebäude bzw. Grundstücke die Anschlußgebühr bereits einmal errichtet wurde.
...
§ 4
BEMESSUNGSGRUNDLAGE UND HÖHE DER ANSCHLUßGEBÜHREN (§ 2)
1. Bemessungsgrundlage ist die verbaute Grundfläche vervielfacht mit der Anzahl der Geschosse, wobei Keller, ausgebaute oder ausbaufähige Dachgeschoße als je ein Geschoß gelten. Die Ausbaufähigkeit ist nach den Vorschriften der Tiroler Bauordnung zu beurteilen.
..."
Der Beschwerdeführer bringt zunächst vor, ein auf § 2 Z. 4 zweiter Satz KanalGebO gestützter Abgabenanspruch für im Jahre 1982 als Bauland gewidmete unbebaute Grundstücke hätte wegen mittlerweile eingetretener Bemessungsverjährung nicht festgesetzt werden dürfen bzw. hätten bei einer solchen Abgabenfestsetzung die seither erfolgten mehrfachen Gebührenerhöhungen nicht berücksichtigt werden dürfen.
Diesem Vorbringen ist entgegenzuhalten, daß die Verwaltungsinstanzen keinen Abgabentatbestand nach der in Rede stehenden Verordnungsstelle als verwirklicht angesehen und darauf gestützt die strittige Abgabenfestsetzung vorgenommen haben. Die Gebührenpflicht wurde vielmehr im Hinblick auf den dem Beschwerdeführer bewilligten Neubau eines Gebäudes gegründet, stützt sich also nicht auf den zweiten, sondern auf den ersten Satz der in Rede stehenden Verordnungsstelle.
Für den Fall einer auf den ersten Satz dieser Verordnungsstelle gestützten Abgabenfestsetzung bringt der Beschwerdeführer vor, daß seine Gebührenpflicht nur gegeben wäre, wenn die Anschlußpflicht seines Objektes gemäß § 9 Tiroler Kanalisationsgesetz, LGBl. Nr. 40/1985, festgestellt worden wäre; dies sei aber nicht geschehen. Der Beschwerdeführer zitiert in diesem Zusammenhang auch die Bestimmung des § 2 Z. 4 erster Satz KanalGebO, der zufolge die Gebührenpflicht bei einem freiwilligen Anschluß mit dem Zeitpunkt der Antragstellung entsteht, behauptet aber nicht, daß ein solcher freiwilliger Anschluß im Beschwerdefall nicht vorgenommen worden wäre.
Die belangte Behörde führte hiezu in ihrer Gegenschrift unwidersprochen aus, daß die TATSÄCHLICHE Errichtung des Kanalanschlusses im Zuge der Errichtung des Anbaues (Neubaues) des Wohngebäudes des Beschwerdeführers aus dem zur Beschwerdesache Zl. 91/17/0020 angeschlossenen Bauakt hervorgehe und vom Beschwerdeführer nie in Zweifel gezogen worden sei.
In der Tat wurde dem Beschwerdeführer nach der Aktenlage die bereits erwähnte Baubewilligung vom 13. November 1989 unter anderem unter der Auflage erteilt, daß die im Gebäude anfallenden Abwässer aus Bädern, Spülklosetts, Küchen usw. in die örtliche Kanalisation einzuleiten sind (Punkt 34 des Bescheides). Aus der Bauanzeige des Beschwerdeführers vom 4. April 1990 geht weiters hervor, daß er das genehmigte Bauvorhaben begonnen hat.
Da den Beschwerdeführer keine Rechtspflicht getroffen hat, das ihm bewilligte Bauvorhaben auch auszuführen, ist der vorliegende Sachverhalt unter dem Gesichtspunkt eines FREIWILLIGEN Anschlusses des Neubaues an eine Gemeindekanalisationsanlage zu beurteilen. Für die Abgabenpflicht maßgebend ist aber nicht der Zeitpunkt des tatsächlichen freiwilligen Anschlusses, sondern der Zeitpunkt der Antragstellung hiefür; als solcher kann in einem Fall wie dem vorliegenden nur der Zeitpunkt der Stellung des Bauansuchens angesehen werden.
Ausgehend von dem Gesagten und weiters davon, daß der Beschwerdeführer im gesamten Verwaltungsverfahren nichts gegen das Vorliegen der Voraussetzungen für das Bestehen der Abgabenpflicht dem Grunde nach vorgebracht hat, weswegen die dafür maßgebenden Sachverhaltselemente nicht weiter erhoben wurden, sowie schließlich davon, daß auch in der Beschwerde der freiwillige Anschluß des Neubaues an die Gemeindekanalisationsanlage nicht bestritten wird, vermag der Verwaltungsgerichtshof die strittige Abgabenfestsetzung nicht als rechtswidrig zu erkennen. Da somit auch kein wesentlicher Verfahrensmangel vorliegt, mußte die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abgewiesen werden.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 104/1991.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1993:1991170106.X00Im RIS seit
13.11.2001