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20/01 Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch (ABGB);Norm
ABGB §509;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Simon und die Hofräte Dr. Wetzel, Dr. Karger, Dr. Steiner und Dr. Mizner als Richter, im Beisein des Schriftführers Oberkommissär Mag. Wochner, über die Beschwerde des M in K, vertreten durch Dr. W, Rechtsanwalt in B, gegen den Bescheid der FLD f. Stmk vom 16.10.1991, Zl. B 306-3/90, betreffend Wiederaufnahme des Verfahrens hinsichtlich Umsatzsteuer 1986/87/88, Umsatzsteuer 1988 und 1989, Einkommensteuer 1986/87/88 und Vorauszahlungen an Einkommensteuer für 1991 und die Folgejahre, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Zwischen den Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens ist die rechtliche Beurteilung eines Scheidungsvergleichs vom 16. April 1986 und einer Fruchtgenußvereinbarung vom 11. Mai 1988 strittig.
Der Beschwerdeführer ist zusammen mit seiner ehemaligen Ehegattin je zur Hälfte Miteigentümer der Liegenschaft EZ nn1 KG X, auf der er auch seinen Gewerbebetrieb führt.
Auf Grund eines Mietvertrages, den er am 28. März 1977 mit der Gemeinschaft der Miteigentümer über das im Haus gelegene Geschäftslokal Tür Nr. 1 samt Lagerraum abgeschlossen hatte, machte er zunächst die Mietaufwendungen, die die von ihm betrieblich genutzte Liegenschaftshälfte seiner Gattin betrafen, als Betriebsausgaben geltend. Den übrigen Mietern gegenüber traten die beiden Miteigentümer unter der Bezeichnung "Hausgemeinschaft M und Mitbesitzer" auf.
Am 16. April 1986 wurde im Zuge der Scheidung der Ehe des Beschwerdeführers gemäß § 55a EheG ein Vergleich geschlossen, der betreffend die Liegenschaft auszugsweise folgenden Wortlaut hat:
"... 4.) Beide Antragsteller vereinbaren nun, daß die
Eigentumsverhältnisse in EZ nn1 Köflach ... unverändert zu
bleiben haben ...
Weiters wird vereinbart, daß von der Liegenschaft EZ nn1 KG X Einnahmen aus Vermietungen anfallen und daß die Zweitantragstellerin dem Erstantragsteller die alleinige Verwaltung dieser Liegenschaft überlassen wird. Der Erstantragsteller verpflichtet sich, einen monatlichen Betrag von S 12.000,-- an die Zweitantragstellerin ab sofort bis an ihr Lebensende zu bezahlen, und zwar mit der Einschränkung, daß diese Leistungen auf die Dauer zu erbringen sind, als der Erstantragsteller die Miteigentumsrechte an dieser Liegenschaft besitzt. Der Erstantragsteller verpflichtet sich, sämtliche Abgaben, Steuern und Versicherungsprämien, die bei der Verwaltung dieses Hauses anfallen sowie Erhaltungskosten alleine zu tragen, sodaß der Betrag von S 12.000,-- monatlich, den er an die Zweitantragstellerin zu leisten hat, dieser rein verbleibt und sie lediglich hievon die Einkommensteuer zu tragen hat ..."
Am 11. Mai 1988 schloß der Beschwerdeführer mit seiner Tochter O eine Vereinbarung, die auszugsweise folgenden Inhalt hat:
"... 1. An der Liegenschaft EZ nn1 KG X sind Herr M und dessen geschiedene Ehegattin, Frau P, je zur Hälfte bücherliche Eigentümer.
Auf Grund des rechtskräftigen Scheidungsvergleiches vom 16.4.1986 ist hinsichtlich der Aufteilung der Nutzungen und Lasten des genannten Objektes, sowie hinsichtlich der Verwaltung des genannten Objektes, eine Regelung dahingehend getroffen worden, daß Frau P in pauschaler Abgeltung der Nettoerträge der genannten Liegenschaft monatlich einen Betrag von Netto S 12.000,-- ausbezahlt erhält, während Herrn M alle zukünftigen Nettoeinkünfte zustehen jedoch mit der Verpflichtung, zur Gänze für die gesamte Instandhaltung und Erhaltung der auf der genannten Liegenschaft befindlichen Baulichkeiten sowie für sämtliche Abgaben, Steuern, Versicherungsprämien und sonstigen öffentlichrechtlichen Abgaben aufzukommen hat mit der Verpflichtung, seine Miteigentümerin diesbezüglich schad- und klaglos zu halten und Herr M ausdrücklich das alleinige Verwaltungsrecht hinsichtlich der genannten Liegenschaft eingeräumt worden ist.
2. Herr M räumt hiemit seiner Tocher, Frau O, unter Berücksichtigung dieser mit der Miteigentümerin, Frau P bestehenden oben genannten Vereinbarung hinsichtlich der ihm im Zuge der genannten Vereinbarung zugewiesenen Rechte und Pflichten das Fruchtgenußrecht gemäß den Bestimmungen des ABGB ein, welches Recht Frau O unter einem annimmt.
3. Das Recht der Fruchtnießung hat bereits am 1. Mai 1988 begonnen und wird grundsätzlich auf unbestimmte Dauer eingeräumt.
Beide Vertragsteile verzichten jedoch unter einem ausdrücklich auf einen Widerruf bzw. Aufgabe dieses Fruchtgenußrechtes bis zum 31. Dezember 1993. In der Folge kann das Fruchtgenußrecht dann unter Einhaltung einer sechsmonatigen Benachrichtigungsfrist mittels eingeschriebenen Briefes an den jeweiligen Vertragspartner zum Ende eine Kalenderjahres ohne Angabe von Gründen widerrufen bzw. aufgegeben werden.
4. Für die Einräumung dieses Fruchtgenußrechtes verpflichtet sich die Fruchtnießerin:
a) an Herrn M, beginnend mit dem Monat Mai 1988, ein monatliches Entgelt im Betrag von S 2.000,-- zuzüglich der gesetzlichen Umsatzsteuer (derzeit 20 %) ohne Wertsicherung bis spätestens zum Ende des jeweiligen Kalendermonats, das erste Mal somit bis spätestens 31. Dezember 1988 abzugsfrei auszubezahlen bzw. auf ein von ihm bekanntgegebenes Konto zu überweisen;
b) aus eigenem für die notwendige Erhaltung und Instandhaltung sowie Sanierung der auf der o.g. Liegenschaft befindlichen Baulichkeiten, insbesondere der darin bestehenden Bestandobjekte, aus den Erträgnissen des Fruchtgenusses aufzukommen mit der Verpflichtung, die Liegenschaftseigentümer diesbezüglich schad- und klaglos zu halten.
Diesbezüglich verpflichtet sich Frau O gegenüber ihrem Vater, Herrn M, zur Sicherstellung der für diese Instandhaltung und Erhaltung sowie Sanierung notwendigen finanziellen Mittel 70 % des ihr nach Abzug des an Herrn M monatlich zu entrichtenden Fruchtgenußentgeltes sowie des der Frau P laut o. a. Vereinbarung zustehenden Pauschalabgeltungsbetrages von
S 12.000,-- verbleibenden Nettoertrages aus dem Titel des Fruchtgenußrechtes auf ein analog den Bestimmungen des § 16 WEG 1975 zu eröffnendes und zu verwaltendes Konto einzuzahlen und diese Beträge nach Weisung der Hausverwaltung für diese angeführten Investitionen zu verwenden; sollte bei Beendigung des Fruchtgenußrechtes diese Rücklage nicht zur Gänze verwendet worden sein, steht der zu diesem Zeitpunkt verbliebene Restbetrag der Fruchtnießerin uneingeschränkt zu;
c) Herrn M das ihm bisher zustehende Recht der alleinigen unentgeltlichen Verwaltung des Objektes EZ nn1 KG X zu gewähren, welches Recht nur aus wichtigen Gründen widerrufen werden kann;
d) Herrn M hinsichtlich des o.a. Instandhaltungskontos zur Ausübung seiner Verwaltungstätigkeit über dessen Verlangen eine entsprechend Rechnung zu legen.
Eine grundbücherliche Sicherstellung des Fruchtgenußrechtes wird nicht vereinbart."
Ebenfalls am 11. Mai 1988 teilte die "Hausgemeinschaft O und Mitbesitzer" den Mietern des Hauses folgendes mit:
"Die Miteigentumsgemeinschaft O und Mitbesitzer gibt bekannt, daß (sie) mit Stichtag 1. Mai 1988 die bestehenden Mietverträge mit der bis zum Stichtag 30. April 1988 bestehende Hausgemeinschaft M und Mitbesitzer, mit allen Rechten und Pflichten übernommen hat.
Wir teilen weiters mit, daß Anspruchspartner für die Rechte und Pflichten aus den Mietverträgen, nun die Miteigentumsgemeinschaft O und Mitbesitzer ist und daß Herr M von der Miteigentumsgemeinschaft O und Mitbesitzer, die Verwaltung des Objektes übertragen wurde.
Wir verweisen weiters darauf, daß die Mieten ab dem Zeitraum Mai 1988 auf das neueröffnete Konto lautend auf die Miteigentumsgemeinschaft O und Mitbesitzer zu überweisen sind."
Unterfertigt ist diese Mitteilung vom Beschwerdeführer mit der Klausel "O und Mitbesitzer Hausgemeinschaft i.V. M".
Der Beschwerdeführer machte ab Mai 1988 die gesamten Mietaufwendungen als Betriebsausgaben geltend.
Anläßlich einer für die Jahre 1986 bis 1988 durchgeführten Betriebsprüfung wurden die Mietaufwendungen ab Juni 1986 nicht als Betriebsausgaben anerkannt, da ab diesem Zeitpunkt die "Hausgemeinschaft M und Mitbesitzer" nach Ansicht des Prüfers zu bestehen aufgehört habe. Auch der der Tochter des Beschwerdeführers im Mai 1988 eingeräumte Fruchtgenuß wurde steuerlich nicht anerkannt, ebenso nicht der Vorsteuerabzug.
Das Finanzamt nahm mit Bescheiden vom 26. November 1990 die Verfahren betreffend Einkommensteuer und Umsatzsteuer für die Jahre 1986 bis 1988 wieder auf und setzte in Anlehnung an die im Prüfungsbericht vertretene Rechtsansicht die Einkommen- und Umsatzsteuer neu fest; ebenso die Umsatzsteuer für das Jahr 1989.
Dagegen berief der Beschwerdeführer, wobei er der Berufung einen "Ergänzungsschriftsatz zu unzureichend dokumentierter Vertragsverhältnisse" folgenden Inhaltes anschloß:
"Frau P, derzeit wohnhaft in Reuttlingen - BRD und Herr M, derzeit wohnhaft in L halten fest, daß anläßlich der einvernehmlichen Auflösung ihrer Ehe beim Bezirksgericht mit Schriftsatz vom 16.4.1986 auch Regelungen betreffend die Liegenschaft mit dem Hause EZ nn1 KG X getroffen wurden.
Hiezu ist ergänzend festzuhalten, daß die Aufnahme der vermögensrechtlichen Regelung hinsichtlich der Liegenschaft EZ nn1 KG X in der Scheidungsfolgenvereinbarung nicht erforderlich gewesen wäre, nachdem das Liegenschaftsvermögen als Unternehmensvermögen im Sinne des § 82 Ehegesetz anzusehen war, und somit nicht der Aufteilung im Sinne der §§ 81 ff Ehegesetz unterlag.
Die geschiedenen Ehegatten halten in diesem Schriftsatz fest, daß die im Scheidungsvergleich betreffend die Liegenschaft mit dem Hause EZ nn1 KG X getroffenen Vereinbarungen sehr oberflächlich und unvollständig dokumentiert wurden, und aus diesem Grunde mit diesem Ergänzungsschriftsatz die unzureichend dokumentierten Vertragsverhältnisse ergänzend schriftlich fixiert werden.
Die geschiedenen Ehegatten halten ausdrücklich fest, daß erfolgende schriftliche Fixierung keine Wirkung für die Vergangenheit entfaltet, sondern daß die bisher tatsächlich durchgeführten und mündlich getroffenen Vereinbarungen lediglich auch für die Zukunft ausdrücklich bestätigt werden.
Im Scheidungsvergleich vom 16.4.1986 wurde vereinbart, daß Herr M die alleinige Verwaltung der Liegenschaft EZ nn1 KG X übertragen wird, und sich dieser verpflichtet an Frau P einen Betrag in der Höhe von S 12.000,-- bis an ihr Lebensende zu bezahlen, jedoch mit der Einschränkung, daß dieser Betrag nur solange zu erbringen ist, als Frau P die Miteigentumsrechte an dieser Liegenschaft besitzt.
In weiterer Folge wurde festgehalten, daß Herr M für die laufenden Abgaben, Steuern und Versicherungsprämien die bei der Verwaltung dieses Hauses anfallen, sowie die Erhaltungskosten zu tragen hat, und daß der Betrag von monatlich S 12.000,-- Frau P rein verbleibt.
Frau P und Herr M halten fest, daß ohne genaueste Abrechnung und Festlegung eines Verwaltungshonorars für Herrn M und unter Einbeziehung der zu erwartenden und auch bisher zu- und abgeflossenen Einnahmen und Ausgaben in pauschaler Abgeltung der Betrag von S 12.000,-- vereinbart wurde.
Die mündlich getroffenen Vereinbarungen haben auch dahin gehend gelautet, daß im Falle des Verlustes von Mieteinnahmen, sei es durch Aufkündigung der Mietverträge durch die Mieter bzw. der Unvermietbarkeit von Teilen des Mietobjektes oder der Uneinbringlichkeit von Mietzinsen eine Verminderung des Pauschalabgeltungsbetrages im Ausmaß von 50 % der entgangenen Mieterträge zu erfolgen hat.
Die mündlich getroffenen Vereinbarungen haben auch dahin gehend gelautet, daß bei notwendigen Sanierungsmaßnahmen des Mietobjektes die über die laufende Instandhaltung hinausgehen z. B. Großreparaturen usw. beide Ehegatten die Kosten für diese Sanierungsmaßnahmen je zur Hälfte zu tragen haben.
Es wurde weiters mündlich vereinbart, daß bei Großschäden, anfallende mögliche Kosten, welche keine Deckung in der zu leistenden Versicherungsentschädigung finden, von den geschiedenen Ehegatten zu gleichen Teilen getragen werden, und daß jegliche Belastung des Miteigentumsanteiles von Frau P ohne schriftliche Zustimmung der Miteigentümerin ausgeschlossen ist.
Frau P und Herr M halten abschließend nochmals fest, daß es sich nun bei diesen nachträglichen schriftlichen Fixierungen um solche handelt, die auf einem bloß mündlich geschlossenen Vertrag basieren, und es sich hier nicht um die Anerkennung rückwirkender Vereinbarungen, sondern um die Beweisbarkeit unzureichend dokumentierter Vertragsverhältnisse handelt."
In einer an das Finanzamt am 30. April 1991 erteilten Weisung brachte die belangte Behörde folgende Rechtsansicht zum Ausdruck: Dem Betriebsprüfer sei insoweit zu folgen, als dem Beschwerdeführer im Scheidungsvergleich ein entgeltlicher Fruchtgenuß an der Liegenschaftshälfte seiner Gattin eingeräumt worden sei, sodaß die Einkunftsquelle ab diesem Zeitpunkt dem Beschwerdeführer zur Gänze zuzurechnen sei. Daran habe sich auch im Jahr 1988 nichts geändert, weil an die Tochter des Beschwerdeführers keine Einkunftsquelle übertragen worden sei. Daraufhin erließ das Finanzamt am 12. Juli 1991 Bescheide gemäß § 295 Abs. 1 BAO, mit denen Einkommensteuer für die Streitjahre und Einkommensteuervorauszahlungen für 1991 und die Folgejahre festgesetzt wurde.
Mit der nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung betreffend Einkommensteuer 1986 teilweise Folge und wies die Berufung im übrigen als unbegründet ab.
Rechtlich vertrat die belangte Behörde dazu folgende Auffassung:
Auf Grund des Scheidungsvergleichs vom 16. April 1986 sei davon auszugehen, daß dem Beschwerdeführer an der Liegenschaftshälfte seiner geschiedenen Gattin ein Fruchtgenuß eingeräumt und ihm daher die Einkunftsquelle als solche übertragen worden sei. Er habe einerseits als Verwalter der Liegenschaft die Möglichkeit, auf die Einkommenserzielung Einfluß zu nehmen und trage andererseits das allleinige Unternehmerrisiko, wohingegen seine geschiedene Gattin als Miteigentümerin unabhängig von der Höhe der Einnahmen nur einen fixen Betrag von S 12.000,-- monatlich erhalte.
Dem "Ergänzungsschriftsatz" vom 27. Dezember 1990 sprach die belangte Behörde unter Hinweis darauf, daß er mit dem Inhalt des Scheidungsvergleiches in Widerspruch stehe, die Glaubwürdigkeit ab. Es sei nicht anzunehmen, daß der Inhalt dieses Schriftsatzes schon im Jahr 1986 mündlich vereinbart worden sei; dies insbesondere wegen der im Scheidungsvergleich ausdrücklich getroffenen Regelung, daß der Beschwerdeführer ausnahmslos sämtliche Aufwendungen für die Liegenschaft zu tragen habe. Es sei daher davon auszugehen, daß den Beschwerdeführer allein das wirtschaftliche Risiko der Ertragserzielung aus der Liegenschaft treffe und ihm daher die gesamte Liegenschaft als Einkunftsquelle zuzurechnen sei. Dies habe zur Folge, daß ab dem Scheidungsvergleich auch nicht mehr die Hausgemeinschaft, sondern der Beschwerdeführer Vermieter der Liegenschaft sei. Der Mietaufwand sei daher nicht als Betriebsausgabe anzuerkennen. Ebenso sei der Vorsteuerabzug aus den Mietzinszahlungen nicht zulässig, weil die Hausgemeinschaft ab dem Abschluß des Scheidungsvergleiches nicht mehr als Unternehmerin anzusehen sei.
Zur Vereinbarung des Beschwerdeführers mit seiner Tochter vom 11. Mai 1988 vertrat die belangte Behörde die Auffassung, es komme darauf an, ob hinter der behaupteten Abtretung der Einkunftsquelle nicht tatsächlich nur eine Abtretung der Einkünfte verborgen sei, weil der Fruchtgenußbesteller die maßgeblichen Dispositionsbefugnisse gar nicht aufgegeben habe. Genau das treffe im Falle des Beschwerdeführers zu. Er behaupte zwar, seiner Tochter den Fruchtgenuß hinsichtlich seiner Liegenschaftshälfte eingeräumt zu haben, habe sich aber selbst nicht nur das alleinige Verwaltungsrecht betreffend die gesamte Liegenschaft zurückbehalten, sondern seine Tochter außerdem verpflichtet, 70 % des ihr nach Abzug des an ihn monatlich zu entrichtenden Fruchtgenußentgeltes sowie des an die geschiedene Gattin des Beschwerdeführers zustehenden Pauschalbetrages von S 12.000,-- verbleibenden Nettobetrages auf ein Konto einzuzahlen und diese Beträge nach Weisung der Hausverwaltung für Investitionen zu verwenden. Die Tochter des Beschwerdeführers habe sich weiters verpflichten müssen, dem Beschwerdeführer hinsichtlich des genannten Kontos zur Ausübung seiner Verwaltungstätigkeit eine entsprechende "Verfügungsfähigkeit" einzuräumen, sodaß er dieses Konto im Rahmen seiner Verwaltung zur Instandhaltung, Erhaltung und Sanierung des Objektes in Anspruch nehmen könne. Von der Übertragung einer Einkunftsquelle an die Tochter des Beschwerdeführers könne somit keine Rede sein, weil sie keine Möglichkeit habe, auf die Einkunftserzielung irgend einen Einfluß zu nehmen. Die bloße Mitteilung an die Mieter, daß ab Mai 1988 die Hausgemeinschaft O und Mitbesitzer in alle Rechte und Pflichten der bis dahin bestehenden Hausgemeinschaft M und Mitbesitzer eingetreten sei, ändere nichts an der Tatsache, daß auch ab Mai 1988 weiterhin der Beschwerdeführer allein über die wirtschaftliche Nutzung der Liegenschaft bestimme.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften. Der Beschwerdeführer erachtet sich in seinem Recht auf "gesetzeskonforme Anwendung der ertragssteuerrechtlichen, umsatzsteuerrechtlichen und verfahrensrechtlichen Gesetzesbestimmungen insofern verletzt, als durch denkunmögliche oder zumindest unrichtige Auslegung der vorgelegten Urkunden, dieser in den Jahren 1986, 1987 und 1988 mit einer erhöhten Einkommensteuerschuld belastet wurde bzw. für das Jahr 1991 eine erhöhte Einkommensteuervorauszahlung festgesetzt wurde und hinsichtlich der Jahre 1986, 1987, 1988, 1989 und 1990 durch Nichtanerkennung von Vorsteuerbeträgen mit einer erhöhten Umsatzsteuerzahllast belastet wurde". Die erfolgte Wiederaufnahme ist nicht Gegenstand des Beschwerdepunktes.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Einkünfte i.S. des § 2 Abs. 2 EStG 1972 sind nach ständiger hg. Judikatur und herrschender Lehre demjenigen zuzurechnen, dem die Einkunftsquelle zuzurechnen ist. Zurechnungssubjekt ist derjenige, der aus der entsprechenden Tätigkeit das Unternehmerrisiko trägt (vgl. z.B. Doralt, Einkommensteuergesetz, Kommentar I Rz 142 zu § 2 EStG und die dort zitierte Literatur und hg. Judikatur). Betreffend die Einräumung eines Fruchtgenusses ist unbestritten, daß der Fruchtnießer originäre Einkünfte i.S. des § 2 Abs. 3 EStG 1972 beziehen kann, jedoch ist dafür Voraussetzung, daß sich die Einräumung des Fruchtgenusses als Übertragung einer Einkunftsquelle darstellt (vgl. dazu die hg. Erkenntnisse vom 4. März 1986, Zlen. 85/14/0133 und 85/14/0134, MietSlg. 38.892 = ÖStZB 1987, 3 bzw. 58). Entscheidend ist dabei allerdings nicht die Überlassung allein der Einkünfte, sondern die Frage, wer die DISPOSITION ZUR ERZIELUNG DER EINKÜNFTE zu treffen in der Lage ist. Eine Einkunftsquelle kann immer erst dann als überlassen gelten, wenn der Nutzungsberechtigte auf die Einkunftserzielung Einfluß nehmen kann. Der Fruchtgenußberechtigte muß auf die Einkunftserzielung Einfluß nehmen können, indem er am Wirtschaftsleben teilnimmt (allenfalls durch einen Bevollmächtigten) und die Nutzungsmöglichkeiten nach eigenen Intentionen gestaltet (vgl. Doralt aaO. Rz 146).
In diesem Sinn ist, was zunächst die Beurteilung des Scheidungsvergleiches vom 16. April 1986 anlangt, der belangten Behörde im Ergebnis nicht entgegenzutreten. Zwar läßt sich aus dieser Vereinbarung nicht die Einräumung der Dienstbarkeit des Fruchtgenusses gemäß § 509 ABGB ableiten, weil es dazu insbesondere einer Verbücherung dieses Rechtes bedurft hätte (vgl. z.B. Petrasch in Rummel, ABGB I2 Rz 1 zu § 509 ABGB), jedoch ist zu beachten, daß der Beschwerdeführer mit dem Scheidungsvergleich betreffend die Verwaltung der Liegenschaft auf Dauer seines Miteigentums die uneingeschränkte und unwiderrufliche Dispositionsbefugnis eingeräumt erhielt und voll auf eigenes Risiko zu wirtschaften instand gesetzt wurde. Seiner geschiedenen Gattin verblieb nur der Anspruch auf einen monatlich konstanten Betrag von S 12.000,--. Damit aber stand seit dem Scheidungsvergleich allein dem Beschwerdeführer jene Position zu, die es ermöglicht, über die Einkunftsquelle nach eigenen Intentionen maßgeblich zu disponieren. Die bis dahin auch als Unternehmer im steuerrechtlichen Sinn bestandene Miteigentumsgemeinschaft zwischen dem Beschwerdeführer und seiner (geschiedenen) Gattin hörte damit ungeachtet des Grundbuchstandes steuerrechtlich zu bestehen auf, weil die geschiedene Gattin des Beschwerdeführers und damit die Gemeinschaft als solche ab dem Scheidungsvergleich keinerlei Unternehmerwagnis mehr traf (vgl. z.B. Kranich-Siegl-Waba, Mehrwertsteuerhandbuch5, 41 vorletzter Absatz sowie im Kommentar zur Mehrwertsteuer II Rz 185 zu § 2 UStG und insbesondere die das dort zitierte hg. Erkenntnis vom 22. Februar 1989, Zl. 84/13/0001). Daran vermag auch nichts zu ändern, daß den Mietern gegenüber weiterhin die "Hausgemeinschaft" als Vermieter auftrat.
Daraus folgt, daß der Beschwerdeführer ab dem Abschluß des Scheidungsvergleiches zu Unrecht einerseits die Mietaufwendungen für die Liegenschaftshälfte seiner geschiedenen Gattin als Betriebsausgaben geltend machte und andererseits für die entrichteten Zahlungen Vorsteuerabzug in Anspruch nahm. Für das Recht zum Vorsteuerabzug kommt es nämlich gem. § 12 Abs. 1 Z. 1 UStG u.a. auf die Unternehmereigenschaft des Rechnungsausstellers an; dieser (die "Hausgemeinschaft") ist aber nach dem Gesagten nicht Unternehmer.
Daran ändert auch der vom Beschwerdeführer im Berufungsverfahren vorgelegte "Ergänzungsschriftsatz" nichts, dem die belangte Behörde in schlüssiger Weise die Glaubwürdigkeit versagt hat. Besagter Schriftsatz steht nämlich zum Inhalt des Scheidungsvergleiches, insbesondere zur Frage, wer notwendige Investitionen für die Liegenschaft zu tragen hat und wie sich ein Verlust an Mieteinnahmen auszuwirken hat, in offenem Widerspruch, sodaß von einer bloßen Präzisierung bzw. deklarativen Dokumentation der seinerzeitigen Vereinbarung keine Rede ist.
Auch betreffend die ebenfalls nicht verbücherte Fruchtgenußvereinbarung zwischen dem Beschwerdeführer und seiner Tochter vom 11. Mai 1988 ist die belangte Behörde im Recht. Zwar können zivilrechtlich auch ideelle Teile einer Sache Gegenstand eines Fruchtgenusses sein und entsteht durch die Einräumung dieser Dienstbarkeit auf einem ideellen Anteil zwischen dem Fruchtgenußberechtigten und den (übrigen) Miteigentümern der unbelasteten Anteile eine Rechtsgemeinschaft (vgl. Petrasch aaO Rz 2 unter Berufung auf SZ 25/233 und MietSlg. 32.036), jedoch vermag dies im vorliegenden Fall noch nicht dazu zu führen, daß ab Mai 1988 eine "Hausgemeinschaft O und Mitbesitzer", also eine Gemeinschaft zwischen der Tochter des Beschwerdeführers und seiner geschiedenen Gattin steuerlich als Zurechnungssubjekt der Einkunftsquelle und als Unternehmer im steuerrechtlichen Sinn anzuerkennen wäre.
Es darf nämlich nicht außer acht gelassen werden, daß der Beschwerdeführer auf Grund der Vereinbarung vom 11. Mai 1988 folgende Position einnimmt: Er hat das alleinige und nur aus wichtigen Gründen widerrufbare Recht zur Verwaltung der Liegenschaft; er hat ferner gegenüber der Fruchtgenußberechtigten ein Weisungsrecht betreffend alle Investitionen zur Instandhaltung, Erhaltung und Sanierung des Objektes und das Verfügungsrecht über das nach Punkt IV lit. b der Vereinbarung zu errichtende Konto. Damit aber verblieb das Dispositionsrecht über die Einkunftsquelle beim Beschwerdeführer und wurde im Ergebnis der Fruchtgenußberechtigten nur ein Teil der Einkünfte daraus abgetreten. I.S. der referierten hg. Judikatur (Erkenntnisse vom 4. März 1986) blieb daher der Beschwerdeführer selbst Zurechnungssubjekt der Einkunftsquelle und mangelt es in Anwendung der gemäß § 21 BAO gebotenen wirtschaftlichen Betrachtungsweise der allenfalls zivilrechtlich bestehenden, aus der rein obligatorisch berechtigten Fruchtnießerin und der geschiedenen Ehegattin des Beschwerdeführers gebildeten Gemeinschaft auch an der durch das Unternehmerwagnis ausgezeichneten Unternehmereigenschaft i.S. des UStG und des EStG (vgl. Kranich-Siegl-Waba aaO.), woran - wie oben schon ausgeführt - woran sich dadurch nichts ändert, daß die behauptete Gemeinschaft den Mietern gegenüber als Vermieter aufgetreten ist.
Der angefochtene Bescheid erweist sich somit als frei von der behaupteten inhaltlichen Rechtswidrigkeit.
Was die behauptete Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften anlangt, ist dem Beschwerdeführer zu entgegnen, daß die belangte Behörde keinesfalls von einem "völlig anderen Sachverhalt" ausgegangen ist als das Finanzamt, ohne dazu Parteiengehör gewährt zu haben. Dem Beschwerdeführer ist in diesem Zusammenhang zu entgegnen, daß die belangte Behörde die Vereinbarungen vom 16. April 1986 bzw. 11. Mai 1988 und den vom Beschwerdeführer selbst im Berufungsverfahren vorgelegten "ergänzenden Schriftsatz" vom 27. Dezember 1990 ihrer Entscheidung zugrunde gelegt und eine entsprechende rechtliche Würdigung vorgenommen hat. Dazu mußte sie aber dem Beschwerdeführer kein besonderes Gehör gewähren (vgl. z.B. Stoll, BAO Handbuch 273 Abs. 1).
Da sich der angefochtene Bescheid somit auch als frei von den behaupteten Verfahrensmängeln erweist, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG i.V.m. der VO BGBl. Nr. 104/1991.
Schlagworte
Parteiengehör AllgemeinEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1993:1992150024.X00Im RIS seit
27.11.2000