TE Vwgh Erkenntnis 1993/1/26 91/14/0033

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Veröffentlicht am 26.01.1993
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
20/01 Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch (ABGB);
32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht;
32/02 Steuern vom Einkommen und Ertrag;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

ABGB §1220;
ABGB §1225;
ABGB §1231;
AVG §45 Abs2;
BAO §167 Abs2;
EStG 1972 §34 Abs1;
EStG 1972 §34 Abs2;
EStG 1972 §34 Abs3;
EStG 1972 §34;
VwGG §41 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Schubert sowie die Hofräte Dr. Hnatek, Dr. Karger, Dr. Baumann und Mag. Heinzl als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Cerne, über die Beschwerde des Dr. Werner M als Erbe nach Dr. Winfried M, vertreten durch Dr. W, Rechtsanwalt in X, gegen den Bescheid (Berufungsentscheidung) der Finanzlandesdirektion für Oberösterreich, Berufungssenat I, vom 30. November 1990, Zl 6/61/7-BK/S-1990, betreffend Einkommensteuer für das Jahr 1987, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen im Betrag von 3.035 S binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Vater des Beschwerdeführers, ein Rechtsanwalt, begehrte in seiner Einkommensteuererklärung für das Jahr 1987, aus dem Titel der außergewöhnlichen Belastung im Sinn des § 34 EStG 1972 einen Betrag von 190.000 S anzuerkennen. Diesen Betrag habe er am 14. Dezember 1987 als Heiratsausstattung an seine Söhne Dr. Walther M (Eheschließung am 31. März 1982, Hingabe von 100.000 S) und Dr. Werner M (Eheschließung am 7. Juni 1985, Hingabe von 90.000 S) überwiesen. Die dementsprechenden Überweisungsbelege schloß er der Erklärung bei.

Nach Durchführung eines Ermittlungsverfahrens wies das Finanzamt den Antrag auf Berücksichtigung einer außergewöhnlichen Belastung mit der Begründung ab, die bloß mündliche Vereinbarung, die Heiratsausstattungen würden erst dann hingegeben, wenn sich die Söhne Eigenheime schafften, reiche nicht aus, die verspätete Hingabe der Heiratsausstattungen als zwangsläufig anzusehen. Überdies sei die Verehelichung des Dr. Walther M bereits fünf Jahre vor der Hingabe der Heiratsausstattung erfolgt, weswegen der zeitliche Zusammenhang zwischen der Verehelichung und der Hingabe der Heiratsausstattung nicht mehr gegeben sei.

Mit Berufung wurde eingewendet, die generelle Ablehnung der Beweiskraft mündlicher Vereinbarungen durch das Finanzamt widerspreche dem Gesetz und sei schon deshalb rechtswidrig. Überdies führe diese Vorgangsweise zu sachlich nicht gerechtfertigten, verfassungsrechtlich bedenklichen Differenzierungen. Für Vereinbarungen zwischen Angehörigen bestünden weder spezielle Beweislastregeln noch generelle Vermutungen, sondern allenfalls gewisse Prüfungsmaßstäbe, welche nur dann zum Tragen kämen, wenn die Abgabenbehörde bereits auf Grund anderer Umstände Zweifel am Inhalt der Vereinbarungen oder an der Richtigkeit von Tatsachenbehauptungen habe. Weiters sei die Begründung, der zeitliche Zusammenhang zwischen der Verehelichung des Dr. Walther M und der Hingabe der Heiratsausstattung sei nicht gegeben, rechtswidrig, weil ein derartiger zeitlicher Zusammenhang weder zivil- noch abgabenrechtlich Voraussetzung für die Leistung des Dotationspflichtigen und der damit verbundenen Zwangsläufigkeit sei.

Mit Schreiben vom 26. Juni 1990 setzte der Beschwerdeführer die belangte Behörde davon in Kenntnis, daß ihm die Verlassenschaft nach seinem in der Zwischenzeit verstorbenen Vater rechtskräftig eingeantwortet und er somit legitimiert sei, das Abgabenverfahren fortzusetzen. In Ergänzung des Sachverhaltes führte er im wesentlichen aus, der Dotationspflichtige sei anläßlich der Verehelichung seiner Söhne sowohl im Jahr 1982 als auch im Jahr 1985 wirtschaftlich in der Lage gewesen, die gesetzlichen Heiratsausstattungen zu leisten. Da aber weder er noch sein Bruder im Zeitpunkt der jeweiligen Verehelichung einen Bedarf auf Hingabe einer Heiratsausstattung gehabt hätten, sei mit dem Dotationspflichtigen vereinbart worden, diese erst dann zu leisten, wenn sich der jeweilige Dotationsberechtigte ein Eigenheim schaffe. Diese Vereinbarung sei getroffen worden, weil auf Grund der Erkrankung des Dotationspflichtigen einerseits dessen wirtschaftliche Leistungsfähigkeit verringert und sein Einkommen durch Untersuchungs- und Behandlungskosten erheblich belastet worden sei, anderseits die Gefahr bestanden habe, daß es bei ihm zu einer temporären oder gar dauernden Erwerbsunfähigkeit hätte kommen können, wodurch überdies die wirtschaftliche Existenz der Mutter des Beschwerdeführers, die als Angestellte in der Kanzlei des Dotationspflichtigen beschäftigt gewesen sei, gefährdet gewesen wäre. Hinsichtlich der rechtlichen Voraussetzung zur Anerkennung einer außergewöhnlichen Belastung vertrat der Beschwerdeführer die Ansicht, eine Vereinbarung, auf Grund derer eine Heiratsausstattung später hingegeben werde, betreffe lediglich die Zahlungsmodalität. Dies ändere aber nichts an der auf dem Gesetz beruhenden Leistungspflicht. Für die spätere Hingabe der Heiratsausstattungen seien insofern triftige Gründe vorgelegen, als seitens des Dotationspflichtigen Vorsorge für seine und für die materielle Existenz seiner Ehegattin getroffen hätte werden müssen. Die Dotationsberechtigten seien hingegen ihren Eltern gegenüber im Rahmen des familiären Beistandes rechtlich und sittlich verpflichtet gewesen, der geschlossenen Vereinbarung zuzustimmen. Die Hingabe des Betrages von 190.000 S im Streitjahr führe daher zu einer außergewöhnlichen Belastung im Sinn des § 34 EStG 1972.

Über Vorhalt der belangten Behörde legte der Beschwerdeführer die Krankenversicherungspolizze seines Vaters sowie die Satzung der Versorgungseinrichtung der Rechtsanwaltskammer für Oberösterreich vor und wies in diesem Zusammenhang insbesondere darauf hin, daß die Rechtsanwaltskammer unter bestimmten Voraussetzungen zwar eine Berufsunfähigkeitsrente leiste, jedoch bei einer - auch weitgehenden und dauerhaften - Einschränkung der Berufsfähigkeit hingegen keine Versorgungsleistungen erbringe. Weiters brachte er noch vor, seine Mutter habe erst ab 1. Jänner 1986 einen Anspruch auf eine - verhältnismäßig geringe - Pension aus der gesetzlichen Pensionsversicherung erworben. Ihr Vermögen habe im wesentlichen in einem Hälfteanteil an einer Liegenschaft (anteiliger Einheitswert 29.000 S) bestanden.

In weiterer Folge legte der Beschwerdeführer noch ein ärztliches Attest über die Erkrankung seines Vaters bzw deren prognostizierten Verlauf und drei Lohnzettel seiner Mutter für die Jahre 1982, 1985 und 1987 vor.

In den Verwaltungsakten befindet sich das eidesstättige Vermögensbekenntnis nach dem Vater des Beschwerdeführers, aus dem sich ein Reinnachlaß von 2,741.801 S ergibt.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung unter Hinweis auf die hg Rechtsprechung primär mit der Begründung ab, es liege kein triftiger Grund für die verspätete Hingabe einer Heiratsausstattung vor, wenn ein Dotationsberechtigter das Geld nicht "brauche". Weiters maß sie dem Argument, für die zu erwartenden Krankheitskosten habe der Dotationspflichtige Vorsorge treffen müssen, keine entscheidungsrelevante Bedeutung bei, weil dessen Krankenversicherung offensichtlich alle bzw einen Großteil der Krankheitskosten abgedeckt habe. Der Dotationspflichtige habe nämlich in den Jahren 1983 bis 1988 keinen Antrag auf Berücksichtigung einer außergewöhnlichen Belastung aus dem Titel Krankheitskosten gestellt und überdies im Jahr 1984 einen Pkw im Wert von 294.518,75 S angeschafft. Es sei auch kein Beweis für die Behauptung vorgelegt worden, der Dotationspflichtige habe auf Grund seines schlechten Gesundheitszustandes Vorsorge für die materielle Existenz seiner Ehegattin getroffen. Dieser Behauptung widerspreche auch die Tatsache, daß der Dotationspflichtige den Beschwerdeführer zum Alleinerben eingesetzt habe, weswegen die Ehegattin lediglich ihren Pflichtteil zu fordern berechtigt gewesen sei.

Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof erachtet sich der Beschwerdeführer im Recht auf Berücksichtigung der Heiratsausstattungen als außergewöhnliche Belastung verletzt und macht sowohl inhaltliche Rechtswidrigkeit als auch Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie beantragte, die Beschwerde möge als unbegründet kostenpflichtig abgewiesen werden.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 34 Abs 1 EStG 1972 werden auf Antrag außergewöhnliche Belastungen, die dem Steuerpflichtigen zwangsläufig (Abs 3) erwachsen, insoweit vor Berechnung der Steuer vom Einkommen abgezogen, als sie die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit wesentlich beeinträchtigen (Abs 4). Aufwendungen, die zu den Betriebsausgaben, Werbungskosten oder Sonderausgaben gehören, bleiben außer Betracht.

Gemäß Abs 3 leg cit erwächst die Belastung dem Steuerpflichtigen zwangsläufig, wenn er sich ihr aus tatsächlichen, rechtlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann. .....

Wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung ausgeführt hat, müsse das Merkmal der Zwangsläufigkeit im Sinn des § 34 Abs 3 leg cit nicht nur dem Grund und der Höhe nach gegeben sein, sondern dürfe der Aufwand auch nicht willkürlich in ein anderes Kalenderjahr verlagert werden, als in jenes, in dem die Zahlung zu leisten gewesen wäre. Nach den §§ 1220 ff ABGB wird eine Heiratsausstattung im Zeitpunkt der Eheschließung fällig. Ob der Dotationsberechtigte das Geld in diesem Zeitpunkt dringend zur Deckung eines bestimmten Aufwandes benötigt oder nicht, ist unmaßgeblich. Die Zahlung in einem späteren Kalenderjahr als dem der Eheschließung kann nur dann als zwangsläufig angesehen werden, wenn für diese spätere Zahlung triftige Gründe vorliegen (vgl das hg Erkenntnis vom 18. März 1992, 89/14/0213, mwA).

Der Beschwerdeführer stellt nicht in Abrede, daß der Dotationspflichtige sowohl im Jahr 1982 als auch im Jahr 1985 wirtschaftlich in der Lage gewesen ist, die gesetzlichen Heiratsausstattungen zu leisten. Damit ist aber das Schicksal der Beschwerde bereits entschieden. Daß die beiden Dotationsberechtigten das Geld im Zeitpunkt ihrer Eheschließungen nicht benötigt haben, ist irrelevant. Die BLOßE BESORGNIS des Dotationspflichtigen, die bei ihm diagnostizierte Krankheit könnte seine wirtschaftliche Leistungsfähigkeit verringern, sein Einkommen durch Untersuchungs- und Behandlungskosten erheblich belasten sowie seine und die materielle Existenz seiner Ehegattin gefährden, stellt keinen triftigen Grund für den vereinbarten Zahlungsaufschub dar. Darzutun wäre vielmehr auch gewesen, daß der Dotationspflichtige aus dem (für die außergewöhnliche Belastung maßgeblichen) Einkommen jener Jahre, in denen die Heiratsausstattungen fällig waren, auch tatsächlich - etwa durch Ansammlung entsprechender Barmittel - Vorsorge gegen die Folgen aus der zu besorgenden künftigen krankheitsbedingten wirtschaftlichen Beeinträchtigung getroffen hat. Wie die belangte Behörde zu Recht ausgeführt hat, wurde die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Dotationspflichtigen durch die Krankheit nicht beeinflußt. Die nur behauptete, jedoch nicht konkretisierte Vorsorge für die materielle Existenz der Ehegattin des Dotationspflichtigen führt nicht dazu, die Verschiebung des Zeitpunktes der Leistung der Ausstattung um mehr als fünf bzw zwei Jahre als zwangsläufig anzusehen. Von einer derartigen Vorsorge kann auch dann keine Rede sein, wenn in einem im Jahr 1984 vom Dotationspflichtigen errichteten Testament die Ehegattin auf den Pflichtteil verwiesen wird.

Der Verfahrensrüge des Beschwerdeführers kann schließlich deshalb kein Erfolg beschieden sein, weil schon der aus den von ihm vorgelegten Unterlagen gewonnene und unbestrittene Sachverhalt keine andere Entscheidung in der Sache zugelassen hätte.

Die gerügte Nichteinvernahme des Zeugen Dr. Walther M geht ins Leere. Als Beweisthema der Zeugeneinvernahme wurde nämlich das gesamte schriftliche Vorbringen angegeben, dem die belangte Behörde ohnedies Glauben geschenkt hat. Die Einvernahme des Dr. Walther M war daher entbehrlich.

Was die unkonkretisierten Ausführungen des Beschwerdeführers zur Beweiswürdigung betrifft, genügt es darauf hinzuweisen, daß diese der Überprüfung durch den Verwaltungsgerichtshof nur dahin unterliegt, ob der Sachverhalt genügend erhoben wurde und ob die hiebei angestellten Erwägungen schlüssig sind (vgl. Dolp, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit3, S 549). Von einem ungenügend erhobenen Sachverhalt kann jedoch dann keine Rede sein, wenn die belangte Behörde in einem auf die Gewährung einer abgabenrechtlichen Begünstigung abzielenden Verfahren ihre Entscheidung ausschließlich auf das Vorbringen des Abgabepflichtigen stützt. Der Beschwerdeführer zeigt auch nicht auf, was er vorgebracht hätte, falls die belangte Behörde weitere Fragen an ihn gestellt hätte. Mit Fragen wie "warum hat mich die belangte Behörde nicht aufgefordert ..." oder Ausführungen wie "ebensogut ist zB denkbar ..." wird nicht dargetan, Verfahrensvorschriften seien außer acht gelassen worden, bei deren Einhaltung die belangte Behörde zu einem anderen Bescheid hätte kommen können. Daß im vorliegenden Fall die von der belangten Behörde angestellten Erwägungen schlüssig sind, ergibt sich aus den obigen Ausführungen.

Die Beschwerde erweist sich somit insgesamt als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs 1 VwGG abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl Nr 104/1991.

Schlagworte

Beschwerdepunkt Beschwerdebegehren Entscheidungsrahmen und Überprüfungsrahmen des VwGH Allgemein freie Beweiswürdigung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1993:1991140033.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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