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L6 Land- und ForstwirtschaftNorm
B-VG Art7 Abs1 / VerwaltungsaktLeitsatz
Keine willkürliche Versagung der grundverkehrsbehördlichen Genehmigung eines Liegenschaftserwerbs aufgrund der Annahme mangelnder Selbstbewirtschaftung (Schafzucht) iS des §4 lita Bgld GVG; keine Verletzung der LiegenschaftserwerbsfreiheitSpruch
Die Beschwerdeführer sind durch den angefochtenen Bescheid weder in einem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht noch wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in ihren Rechten verletzt worden.
Die Beschwerde wird abgewiesen.
Begründung
Entscheidungsgründe:
I. 1. Die Beschwerdeführer erwarben mit Kaufvertrag vom 5. Jänner 1988 die (landwirtschaftlichen) Grundstücke Nr. 4636 in EZ 368, Grundbuch Oberschützen, im Ausmaß von 4.463 m2und Nr. 3061 in EZ 325, Grundbuch Willersdorf, im Ausmaß von 13.830 m2. Die Grundverkehrskommission bei der Bezirkshauptmannschaft Oberwart versagte mit Bescheid vom 27. Juli 1988 diesem Rechtsgeschäft unter Berufung auf §4 lita und b des (Bgld.) Landesgrundverkehrsgesetzes, LGBl. 11/1955 idgF (im folgenden: LGVG), die Zustimmung.
Die Grundverkehrslandeskommission für das Land Burgenland wies die gegen diesen Bescheid eingebrachte Berufung der Beschwerdeführer mit Bescheid vom 19. Juni 1989 ab, änderte jedoch den erstinstanzlichen Bescheid dahingehend, daß dem Rechtsgeschäft die Zustimmung gemäß §4 lita zweiter Fall LGVG versagt wurde. Begründend wurde im wesentlichen ausgeführt, es bestehe zwar kein hinreichender Grund für die Annahme, daß die Beschwerdeführer die Grundstücke nur zur Kapitalsanlage oder zu dem Zweck erwerben, um sie als Ganzes oder mit Gewinn weiter zu veräußern (was nach §4 litb LGVG zur Versagung der grundverkehrsbehördlichen Zustimmung führen müßte), doch sei nach den Umständen anzunehmen, daß die Beschwerdeführer die Grundstücke nicht selbst bewirtschaften würden.
2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, auf Art144 Abs1 B-VG gestützte Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, mit der die Verletzung der verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz und auf Freiheit des Liegenschaftserwerbes geltend gemacht und die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides begehrt wird.
3. Die Grundverkehrslandeskommission als belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und in einer Gegenschrift die Abweisung der Beschwerde beantragt.
II. Der Verfassungsgerichtshof hat erwogen:
1. Gemäß §15 letzter Satz LGVG entscheidet über Berufungen (gegen Entscheidungen der Grundverkehrsbezirkskommissionen) die Grundverkehrslandeskommission in oberster Instanz. §16 Abs2 zweiter Satz LGVG bestimmt außerdem, daß die Bescheide der Grundverkehrslandeskommission weder der Aufhebung noch der Abänderung im Verwaltungsweg unterliegen. Der Instanzenzug ist daher erschöpft. Da auch die übrigen Prozeßvoraussetzungen vorliegen, ist die Beschwerde zulässig.
2. Sie ist jedoch nicht begründet.
a) Das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz kann nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (zB VfSlg. 9186/1981, 9727/1983, 10.516/1985) durch den Bescheid einer Verwaltungsbehörde nur verletzt werden, wenn dieser auf einer mit dem Gleichheitsgebot in Widerspruch stehenden Rechtsgrundlage beruht, wenn die Behörde der angewendeten Rechtsvorschrift fälschlicherweise einen gleichheitswidrigen Inhalt unterstellt oder wenn sie bei der Erlassung des Bescheides Willkür geübt hat.
Der angefochtene Bescheid stützt sich inhaltlich auf §3 Abs1 LGVG und auf den diese Vorschrift konkretisierenden §4 lita zweiter Fall LGVG. Nach §3 Abs1 LGVG soll die land- und forstwirtschaftliche Bodenfläche des Landes möglichst erhalten bleiben. Die Übertragung des Eigentums, die Einräumung eines Fruchtgenußrechtes oder die Verpachtung ist daher nur zuzulassen, wenn sie dem allgemeinen Interesse an der Erhaltung, Stärkung oder Schaffung eines leistungsfähigen Bauernstandes oder eines wirtschaftlich gesunden mittleren oder kleinen landwirtschaftlichen Grundbesitzes nicht widerspricht. §4 LGVG führt einzelne Tatbestände an, bei deren Vorliegen "einem Rechtsgeschäft im Sinne des §1 Abs1" (es handelt sich dabei um die auch in §3 Abs1 LGVG genannten Arten von Rechtsgeschäften) "die Zustimmung insbesondere zu versagen" ist. §4 lita LGVG enthält zwei konkrete Versagungstatbestände: Danach ist die Zustimmung insbesondere zu versagen, wenn das Grundstück ohne hinreichenden Grund der land- und forstwirtschaftlichen Nutzung entzogen oder jemandem überlassen würde, der es nicht selbst bewirtschaften wird.
b) Gegen die Bestimmungen des §3 Abs1 und des §4 lita LGVG bestehen, wie der Verfassungsgerichtshof in den Erkenntnissen vom 28. Juni 1988, B837/87 und B838/87, unter Hinweis auf Vorjudikatur zu vergleichbaren Bestimmungen anderer Landesgesetze ausgesprochen hat, weder im Hinblick auf Art18 B-VG noch - bei der gebotenen verfassungskonformen Auslegung - aus der Sicht des Grundrechtes auf Freiheit des Liegenschaftserwerbes und des Gleichheitsgrundsatzes (vgl. dazu etwa auch VfSlg. 5480/1967) Bedenken. Auch aus Anlaß des vorliegenden Beschwerdefalles sind beim Verfassungsgerichtshof Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit dieser Vorschriften nicht entstanden.
c) Ebensowenig kann davon die Rede sein, daß die belangte Behörde diesen Vorschriften bei der Erlassung des angefochtenen Bescheides einen Inhalt unterstellt hat, der sie, hätten sie ihn tatsächlich, verfassungswidrig erscheinen ließe.
d) Die belangte Behörde versagte die Zustimmung ausschließlich mit der Begründung, daß unter den gegebenen Umständen angenommen werden müsse, die Beschwerdeführer würden die erworbenen Grundstücke nicht selbst bewirtschaften. Dabei stützte sich die belangte Behörde insbesondere auf folgende, teilweise in einem von ihr durchgeführten ergänzenden Ermittlungsverfahren erhobene und aus dem Vorbringen der Beschwerdeführer selbst hervorgehende Umstände:
Die Beschwerdeführer - die Erstbeschwerdeführerin ist Pensionistin, der Zweitbeschwerdeführer ist pensionierter Lehrer an einer allgemeinbildenden höheren Schule - sind nach ihren eigenen Angaben Eigentümer land- und forstwirtschaftlicher Grundstücke im Ausmaß von 9.380 m2 und haben mit einem von der Grundverkehrsbehörde erster Instanz genehmigten Kaufvertrag weitere land- und forstwirtschaftliche Grundstücke im Ausmaß von
18.555 m2 erworben. Die Erstbeschwerdeführerin ist nach ihrem Vorbringen auf Grund jahrelanger Mitarbeit im landwirtschaftlichen Betrieb ihrer Eltern (nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges) mit landwirtschaftlichen Arbeiten vertraut. Die Beschwerdeführer, die die Mittel für ihren Lebensunterhalt nicht aus landwirtschaftlicher Tätigkeit erwerben - das Gegenteil wurde von ihnen nicht konkret dargetan -, bekunden die Absicht, auf den in ihrem Eigentum stehenden landwirtschaftlichen Grundstücken einschließlich der beschwerdegegenständlichen Grundstücke die Schafzucht zu betreiben. Mit dieser wurde - obwohl die Beschwerdeführer Eigentümer land- und forstwirtschaftlicher Grundstücke von einem nicht unerheblichen Ausmaß sind - bisher nicht begonnen. Nach dem Vorbringen der Beschwerdeführer sind die Voraussetzungen hiefür insofern gegeben, als der ihr Wohnhaus umgebende Garten im Ausmaß von rund 3.000 m2 eingezäunt ist. Die im Eigentum der Beschwerdeführer stehenden Grundstücke werden von ihnen nicht landwirtschaftlich genutzt, sondern lediglich in ihrem Auftrag zweimal jährlich gemäht, um sie vor dem Verwildern zu bewahren. Daß die Beschwerdeführer konkrete Vorbereitungen für die tatsächliche Aufnahme der Schafzucht in Angriff genommen hätten, haben sie nicht behauptet. Die in diesem Zusammenhang angeführte Einzäunung eines der in ihrem Eigentum stehenden Grundstücke - des erwähnten Hausgartens - kann nicht als ein darauf hindeutendes Indiz gewertet werden.
Wenn die belangte Behörde auf Grund dieser, im Zeitpunkt ihrer Entscheidung (s. VfSlg. 10.562/1985) gegebenen, aus dem Vorbringen der Beschwerdeführer selbst hervorgehenden Umstände zur Auffassung gelangte, es sei nicht anzunehmen, daß die Beschwerdeführer auf den beschwerdegegenständlichen Grundstücken tatsächlich die Schafzucht - mithin eine "Selbstbewirtschaftung" iS des §4 lita zweiter Fall LGVG - ausüben werden, kann ihr jedenfalls nicht der Vorwurf willkürlichen Vorgehens gemacht werden (vgl. in diesem Zusammenhang etwa VfSlg. 10.563/1985), mag ihre Auffassung, an den einschlägigen Vorschriften des LGVG gemessen, zutreffend sein oder nicht.
e) Schließlich kann allein aus dem Umstand, daß dem Erwerb anderer land- und forstwirtschaftlicher Grundstücke durch die Beschwerdeführer die Zustimmung der zuständigen Grundverkehrsbehörde erster Instanz erteilt, im vorliegenden Fall aber die grundverkehrsbehördliche Zustimmung von der belangten Behörde versagt wurde, nicht auf ein willkürliches Vorgehen der belangten Behörde geschlossen werden, weil es sich um völlig verschiedene Verfahrensgegenstände handelt (s. in diesem Zusammenhang etwa VfSlg. 10.925/1986).
Die von den Beschwerdeführern behauptete Verletzung im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz hat somit nicht stattgefunden.
f) Das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf Freiheit des Liegenschaftserwerbes (Art6 StGG) richtet sich, wie der Verfassungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung betont hat (vgl. etwa VfSlg. 7539/1975, mwH, 10.896/1986), nur gegen jene historischen Beschränkungen, die ehemals zugunsten bestimmter bevorrechtigter Klassen bestanden haben. Einschränkungen des Liegenschaftsverkehrs allgemeiner Art, wie sie die Grundverkehrsgesetze enthalten, werden dadurch nicht ausgeschlossen (vgl. etwa VfSlg. 9682/1983).
Die belangte Behörde hat dem LGVG keinen Inhalt beigemessen, der über solche grundverkehrsgesetzliche Beschränkungen hinausgehen würde (VfSlg. 7198/1973, 7546/1975, 10.825/1986). Sie hat insbesondere die Zustimmung nicht deshalb versagt, um einen Landwirt beim Erwerb der Grundstücke zu bevorzugen. Dadurch würde freilich, wie der Verfassungsgerichtshof wiederholt erkannt hat (s. etwa VfSlg. 10.797/1986, 11.411/1987), das durch Art6 StGG gewährleistete Recht verletzt werden.
Dafür, daß im vorliegenden Fall derartiges geschehen wäre, findet sich weder im Spruch noch in der Begründung des angefochtenen Bescheides ein Anhaltspunkt. Die belangte Behörde versagte die Zustimmung vielmehr, wie bereits unter II. 2.d erwähnt, aus dem alleinigen Grund, daß eine Selbstbewirtschaftung der erworbenen Grundstücke durch die Beschwerdeführer nicht erwartet werden könne.
Die Beschwerdeführer sind somit durch den angefochtenen Bescheid auch nicht im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Freiheit des Liegenschaftserwerbes verletzt worden.
3. Die behaupteten Verletzungen verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte haben somit nicht stattgefunden.
4. Das Verfahren hat nicht ergeben, daß die Beschwerdeführer in einem von ihnen nicht geltend gemachten verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht verletzt worden sind.
Die Beschwerde war daher abzuweisen.
5. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 erster Satz VerfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.
Schlagworte
Grundverkehrsrecht, SelbstbewirtschaftungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1990:B859.1989Dokumentnummer
JFT_10099076_89B00859_00