Index
L71074 Gastgewerbe Sperrzeiten Sperrstunde Oberösterreich;Norm
GewO 1973 §198 Abs2;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Salcher und die Hofräte Dr. Weiss und DDr. Jakusch als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Cerne, über die Beschwerde des H in B, vertreten durch Dr. M, Rechtsanwalt in B, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 14. April 1992, Zl. Ge-52.730/2-1992/Ra/Kai, betreffend Übertretung der Gewerbeordnung 1973, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 11.540,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn vom 25. September 1991 wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, er habe als Gastgewerbetreibender die Betriebsräume seines Lokales "X" in B, am 17. Juni 1990 in der Zeit von 06.00 Uhr bis 08.00 Uhr offengehalten und somit die auf 06.00 Uhr festgesetzte Sperrstunde um 2 Stunden überschritten. In diesem Zeitraum hätten sich noch ca. 10 Gäste im Lokal befunden. Der Beschwerdeführer habe folglich diesen Personen entgegen den gesetzlichen Vorschriften während der Sperrzeit ein weiteres Verweilen in seinen Betriebsräumen gestattet (Punkt 1 des Schuldspruches; Punkt 2 ist nicht Gegenstand des vorliegenden verwaltungsgerichtlichen Verfahrens). Der Beschwerdeführer habe dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:
"1. §§ 1 Abs. 1 lit. f, 3 Abs. 1 lit. c Sperrzeitenverordnung LGBl. Nr. 73/1977, (Sperrzeitenverordnung 1978) iVm 368 Z. 11 GewO 1973, BGBl. Nr. 50/1974 i.d.g.F."
Zu 1. wurde über den Beschwerdeführer gemäß § 368 Z. 11 GewO 1973 eine Geldstrafe in der Höhe von S 2.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 72 Stunden) verhängt.
Dagegen erhob der Beschwerdeführer Berufung.
Mit Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 14. April 1992 wurde die Berufung gemäß § 66 Abs. 4 AVG in Verbindung mit § 24 VStG sowie § 368 Z. 11 GewO 1973 in Verbindung mit § 1 Abs. 1 lit. f und § 3 Abs. 1 lit. c der Sperrzeiten-Verordnung 1978 abgewiesen und das erstbehördliche Straferkenntnis mit der Ergänzung bestätigt, daß das gegenständliche Lokal in der Betriebsart einer Bar geführt werde.
Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsstrafverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag auf Abweisung der Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof erachtet sich der Beschwerdeführer in dem Recht verletzt, bei der gegebenen Sach- und Rechtslage der ihm zur Last gelegten Verwaltungsübertretung nicht schuldig erkannt und dafür nicht bestraft zu werden.
Gemäß § 368 Z. 11 GewO 1973 begeht eine Verwaltungsübertretung, wer die Bestimmungen des § 198 Abs. 2 oder der gemäß § 198 Abs. 1 erlassenen Verordnungen über Sperrstunden und Aufsperrstunden nicht einhält. Nach § 198 Abs. 1 GewO 1973 hat der Landeshauptmann den Zeitpunkt, in dem die Gastgewerbebetriebe geschlossen werden müssen (Sperrstunde), und den Zeitpunkt, in dem sie geöffnet werden dürfen (Aufsperrstunde), für die einzelnen Betriebsarten der Gastgewerbe durch Verordnung festzulegen. In § 1 Abs. 1 der Sperrzeiten-Verordnung 1978, LGBl. für Oberösterreich Nr. 73/1977, wurden in sechs Punkten (lit. a bis f) für verschiedene Betriebsarten die Sperrstunde und die Aufsperrstunde festgelegt, u.a. in lit. f die Sperrstunde mit 06.00 Uhr für die Betriebsart Bar.
Gemäß § 198 Abs. 2 GewO 1973 hat der Gastgewerbetreibende die Betriebsräume und die allfälligen sonstigen Betriebsflächen, ausgenommen die der Beherbergung dienenden, während des Zeitraumes zwischen den in Abs. 1 festgelegten Sperr- und Aufsperrstunden geschlossen zu halten. Während dieser Sperrzeit darf er Gästen weder den Zutritt zu diesen Räumen und zu diesen Flächen noch dort ein weiteres Verweilen gestatten und die Gäste auch nicht in anderen Räumen oder auf anderen sonstigen Flächen gegen Entgelt bewirten. Die Gäste sind rechtzeitig auf den Eintritt der Sperrstunde aufmerksam zu machen; sie haben den Betrieb spätestens zur Sperrstunde zu verlassen.
Die Bestimmungen des § 198 Abs. 2 GewO 1973 und des § 1 Abs. 1 der Sperrzeiten-Verordnung 1978 sind Gebots- bzw. Verbotsnormen. Daß ein Zuwiderhandeln gegen diese Normen eine Verwaltungsübertretung bewirkt, ergibt sich aus der vorangeführten Strafbestimmung des § 368 Z. 11 GewO 1973. Diese Strafbestimmung ist in Verbindung mit § 198 Abs. 2 GewO 1973 und der entsprechenden Bestimmung der Sperrzeiten-Verordnung 1978 die Verwaltungsvorschrift im Sinne des § 44a Z. 2 VStG, die durch die dem Beschwerdeführer zur Last gelegte Tat verletzt worden sein konnte (vgl. u.a. die hg. Erkenntnisse vom 10. Dezember 1991, Zl. 91/04/0115 und Zl. 91/04/0201).
Die als erwiesen angenommene Tat (§ 44a Z. 1 VStG) wurde im angefochtenen Bescheid in Verbindung mit dem erstbehördlichen Straferkenntnis u.a. dahin umschrieben, daß der Beschwerdeführer Gästen ein weiteres Verweilen gestattet habe. Was die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens anlangt, ist der Beschwerdeführer darauf hinzuweisen, daß im Einspruch gegen die Strafverfügung und in der Berufung von ihm selbst zugestanden worden war, daß er - wie er angeführt hatte, zu Zwecken des Wartens auf ein Taxi - Gästen das Verbleiben im Lokal nach Eintritt der Sperrstunde gestattet habe. Der Verwaltungsgerichtshof vermag nicht zu erkennen, daß hinsichtlich dieses maßgebenden Sachverhaltes über das Zugeständnis des Beschwerdeführers selbst hinaus noch weitere Beweise aufzunehmen gewesen wären.
Es war nicht rechtswidrig, wenn die belangte Behörde in diesem Sachverhalt ein Zuwiderhandeln gegen die im zweiten Satz des § 198 Abs. 2 GewO 1973 mit den Worten "noch dort ein weiteres Verweilen gestatten" festgelegte Verpflichtung erblickte.
Gleichwohl ist der vorliegenden Beschwerde Erfolg beschieden.
Nach § 44a Z. 2 VStG hat der Spruch eines Straferkenntnisses die Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, zu enthalten. Obwohl im vorliegenden Fall im Schuldspruch auf Tatbestandselemente des § 198 Abs. 2 GewO 1973, nämlich auf das Offenhalten und insbesondere auf das Gestatten eines weiteren Verweilens Bezug genommen wurde, wurde diese Bestimmung weder im erstbehördlichen Straferkenntnis noch im angefochtenen Bescheid als ein Teil der durch die Tat verletzten Verwaltungsvorschrift bezeichnet. Insoweit auf § 3 Abs. 1 lit. c der Sperrzeiten-Verordnung 1978, welche auf § 198 Abs. 2 GewO 1973 verweist, Bezug genommen wurde, ist festzuhalten, daß es sich um einen in der Verordnung enthaltenen deklarativen Hinweis, nicht jedoch um die im gegebenen Zusammenhang als verletzt in Betracht kommende Gesetzesbestimmung des § 198 Abs. 2 GewO 1973 handelt (siehe hiezu die bereits vorstehend angeführten beiden
hg. Erkenntnisse vom 10. Dezember 1991).
Der angefochtene Bescheid leidet daher im Hinblick auf § 44a Z. 2 VStG an Rechtswidrigkeit seines Inhaltes. Er war somit gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991. Die Abweisung des Mehrbegehrens betrifft nicht erforderlichen Stempelgebührenaufwand.
Schlagworte
Mängel im Spruch Nichtangabe der verletzten Verwaltungsvorschrift Mängel im Spruch unvollständige Angabe der verletzten VerwaltungsvorschriftEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1993:1992040124.X00Im RIS seit
20.09.2001