Index
L81705 Baulärm Salzburg;Norm
AVG §58 Abs2;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Onder und die Hofräte Dr. Giendl und Dr. Kratschmer als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Stöckelle, über die Beschwerde des H in G, vertreten durch Dr. R, Rechtsanwalt in S, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Salzburg vom 2. Juni 1992, Zl. UVS-17/2/3-1992, betreffend Übertretung nach dem Salzburger Baupolizeigesetz (weitere am Verfahren beteiligte Partei: Salzburger Landesregierung), zu Recht erkannt:
Spruch
Der Bescheid wird im Umfang seiner Anfechtung, das ist hinsichtlich des Ausspruchs über die verhängte Geld- bzw. Ersatzarreststrafe und der Kosten des Berufungsverfahrens wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Das Land Salzburg hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 11.870,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft vom 20. Dezember 1991 wurde über den Beschwerdeführer wegen Übertretung des § 23 Abs. 1 lit. a und Abs. 4 in Verbindung mit § 12 Abs. 1 und 2 lit. a des Salzburger Baupolizeigesetzes eine Geldstrafe in der Höhe von S 100.000,-- (Ersatzarrest 14 Tage) sowie ein Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens mit der Begründung verhängt, weil er in der Zeit vom 22. März 1989 bis 3. Juni 1991 auf Teilflächen der Grundstücke nn/1 und nn/2, je KG Y, auf dem dort befindlichen Rohbau den Dachstuhl und die Scheune aufgebaut habe, ohne daß für die Errichtung des gesamten Gebäudes eine baubehördlliche Bewilligung vorgelegen sei. Die dagegen eingebrachte Berufung des Beschwerdeführers hat die belangte Behörde mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 2. Juni 1992 abgewiesen.
Gegen diesen Bescheid, jedoch ausdrücklich nur gegen das Strafausmaß richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.
Die belangte Behörde beantragte in ihrer Gegenschrift die
kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Grundlage für die Bemessung der Höhe der Strafe ist nach § 19 Abs. 1 VStG stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.
Nach § 19 Abs. 2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.
Die belangte Behörde ist der Begründung ihres Bescheides zufolge davon ausgegangen, daß der Rohbau noch vom Vater des nunmehrigen Beschwerdeführers errichtet wurde. Zum Vorbringen des Beschwerdeführers, daß die Nichteinhaltung der naturschutzbehördlichen und der baubehördlichen Bewilligungen sein Vater zu verantworten hätte und er selbst darauf vertraut habe, daß alles in Ordnung sei und er nach Übernahme der Liegenschaft im Jahre 1989 bloß den Dachstuhl auf den bereits vorhandenen Rohbau und den Scheunenzubau errichtet habe, führte die belangte Behörde aus, er könne mit diesem Vorbringen nichts für sich gewinnen, da baubehördliche Bewilligungen dingliche Wirkung hätten. Es sei daher belanglos, wer die Bauführung eigenmächtig vorgenommen habe. Der Rechtsnachfolger hafte auch für den vom Rechtsvorgänger geschaffenen Zustand eines Baues. Zum Verschulden wurde ausgeführt, daß gemäß § 5 Abs. 1 VStG zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten genüge. Der Beschwerdeführer habe zumindest fahrlässig gehandelt, als er nach Übernahme der Liegenschaft samt Rohbau nicht weiter überprüft habe, ob sämtliche behördliche Bewilligungen vorlägen. Aufgrund der Beweisergebnisse habe die Berufungsbehörde jedoch weit eher annehmen müssen, daß der Beschwerdeführer mit bedingtem Vorsatz gehandelt habe. Zur Strafhöhe wurde ausgeführt, daß das Salzburger Baupolizeigesetz einen Strafrahmen bis S 200.000,-- vorsehe, die verhängte Strafe ohnedies bloß die Hälfte davon betrage, das Bauen ohne Vorliegen von behördlichen Bewilligungen jedoch einen äußerst schweren Eingriff in die Rechtsordnung darstelle.
Milderungsgründe seien nicht bekannt geworden, hingegen sei eine einschlägige Vorstrafe im Jahre 1989 als erschwerend zu berücksichtigen. Der Beschwerdeführer sei grundbücherlicher Hälfteeigentümer von Liegenschaften von einerseits 28000 m2 im Grünland und andererseits von 600 m2 im Bauland, sodaß die Höhe der Strafe auch bei verhältnismäßig geringen Privatentnahmen aus einem Sägereibetrieb und bei Sorgepflichten für die Ehefrau und ein Kind angemessen sei.
Aus dem angefochtenen Bescheid und dem vorgelegten Verwaltungsstrafakt geht hervor, daß für ein Bauvorhaben Ausnahmebewilligung gemäß § 19 ROG, eine naturschutzbehördliche Bewilligung und eine Baubewilligung erteilt wurden, jedoch in der Folge das tatsächlich errichtete Gebäude nach Südost verschoben und um 90 Grad gedreht wurde.
Wenngleich der belangten Behörde darin zuzustimmen ist, wenn sie das Vorliegen von bedingtem Vorsatz angenommen hat, weil der Beschwerdeführer nach seinem eigenen Vorbringen die Tatbildverwirklichung für möglich gehalten und sich mit ihr abgefunden hat, so hat sie sich dennoch mit dem gemäß § 19 Abs. 1 VStG zu berücksichtigenden Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und dem Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat, nicht ausreichend auseinandergesetzt. Der lapidare Hinweis, daß das Bauen ohne Vorliegen von behördlichen Bewilligungen einen äußert schweren Eingriff in die Rechtsordnung darstellt, wird der Besonderheit des vorliegenden Falles nicht gerecht und läßt insbesondere jede Auseinandersetzung damit vermissen, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Überdies hat sie die gemäß § 19 Abs. 1 VStG anzuwendenden Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sowie die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten nicht ausreichend berücksichtigt. Sie hat sich weder damit auseinandergesetzt, inwieweit die Tat auf eine gegenüber rechtlich geschützten Werten ablehnende oder gleichgültige Einstellung des Täters oder inwieweit sie auf äußere Umstände oder Beweggründe zurückzuführen war, durch die sie auch einem mit den rechtlich geschützten Werten verbundenen Menschen naheliegen könnte (§ 32 Abs. 2 des Strafgesetzbuches).
Gleichzeitig mit der Berufung hatte der Beschwerdeführer Einkommensteuerbescheide aus dem Jahre 1989 und 1990, sowie die Kopie einer Forderungsanmeldung beim Landesgericht Salzburg und eine Bestätigung des Landeskrankenhauses Salzburg über die Asthmaerkrankung seiner Tochter vorgelegt. Aus dem Steuerbescheid für das Jahr 1990 ergab sich ein Jahreseinkommen von S 35.267,--. Da nicht auszuschließen ist, daß die Behörde bei ausreichender Berücksichtigung der oben aufgezeigten Umstände und bei Berücksichtigung der ungünstigen Einkommens-, und Familienverhältnisse, selbst bei Vorliegen von Liegenschaftsbesitz im Grünland und einem Bauplatz, zu einem anderen Bescheidergebnis gekommen wäre, war der angefochtene Bescheidteil wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b VwGG aufzuheben.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.
Mit der Erledigung der Beschwerde ist der Antrag, dieser die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, gegenstandslos geworden.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1993:1992060215.X00Im RIS seit
03.05.2001