TE Vwgh Erkenntnis 1993/1/28 92/04/0131

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Veröffentlicht am 28.01.1993
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
40/01 Verwaltungsverfahren;
50/01 Gewerbeordnung;

Norm

GewO 1973 §367 Z17;
GewO 1973 §367 Z19;
GewO 1973 §370 Abs2;
GewO 1973 §39 idF 1988/399;
GewO 1973 §50 Abs1 Z2;
GewO 1973 §53 Abs1;
GewO 1973 §53a Abs1 idF 1988/399;
GewO 1973 §53a Abs2;
GewO 1973 §59 Abs2;
VStG §27 Abs1;
VStG §44a Z1;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Salcher und die Hofräte Dr. Weiss und DDr. Jakusch als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Cerne, über die Beschwerde des HM in G, vertreten durch Dr. N, Rechtsanwalt in V, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 15. April 1992, Zl. Ge-50.707/3-1992/Kie/Th, betreffend Übertretungen der Gewerbeordnung 1973, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft vom 8. April 1991 wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, er habe als gewerberechtlicher Geschäftsführer der P-Gesellschaft m.b.H., die seit 2. Februar 1990 in W Nr. 102 die Gewerbeberechtigung für das Fleischergewerbe besitze,

1. durch einen Angestellten am 19. November 1990 ohne Genehmigung und ohne Vorbestellung vor dem Haus in S, B 11, an

E Knacker, Leberkäse zum Selberbacken und Aufschnitt im Gesamtwert von S 250,-- sowie an die Familie K vor dem Haus in S, R 3, Rindfleisch zum Preis von S 59,-- je Kilo verkauft und dadurch das Feilbieten von Ort zu Ort entgegen den Bestimmungen der §§ 53 und 53a GewO 1973 ausgeübt sowie

2. durch den Angestellten F am 12. Oktober 1990 von Y vor dem Haus in T, H 8, eine Bestellung für 1,5 kg Kalbsbrust entgegengenommen, obwohl die Entgegennahme von Bestellungen auf Waren von Privatpersonen auf der Straße unzulässig sei.

Der Beschwerdeführer habe dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:

1.

§ 367 Z. 17 i.V.m. §§ 53 und 53a GewO 1973,

2.

§ 367 Z. 19 i.V.m. § 59 Abs. 2 GewO 1973.

Über den Beschwerdeführer wurde gemäß § 367 Z. 17 GewO 1973 eine Geldstrafe in der Höhe von S 10.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 10 Tage) und gemäß § 367 Z. 19 GewO 1973 ebenfalls eine Geldstrafe in der Höhe von S 10.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 10 Tage) verhängt.

Dagegen erhob der Beschwerdeführer Berufung.

Mit Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 15. April 1992 wurde der Berufung gemäß § 66 Abs. 4 AVG in Verbindung mit § 24 und § 19 VStG sowie § 367 Z. 17 i.V.m.

§ 53a GewO 1973 und § 367 Z. 19 i.V.m. § 59 Abs. 2 GewO 1973 insofern stattgegeben, als die Höhe der verhängten Geldstrafen auf je S 5.000,--, insgesamt somit S 10.000,--, die Ersatzfreiheitsstrafen auf je 5 Tage, insgesamt somit 10 Tage, herabgesetzt wurde. Im übrigen wurde das erstbehördliche Straferkenntnis mit der Maßgabe bestätigt, daß im Spruch unter Punkt 2 der Name "F" zu entfallen und es nunmehr zu lauten habe "durch einen Angestellten ...".

Zur Begründung wurde ausgeführt, der Beschwerdeführer bekämpfe das erstbehördliche Straferkenntnis im wesentlichen mit dem Vorbringen, daß die ihm angelasteten Taten durch die erhobenen Beweise nicht als erwiesen angesehen werden könnten. Die Zeugenaussage von E würde den Tatbestand des Hausierens nicht beweisen, da eine Zeugenaussage einer einfachen Frau aus der Landbevölkerung, die plötzlich wegen Einkaufs ihrer Wurst vor Gericht stünde, zu relativieren sei. Eine gewisse Fragetechnik würde auch eine Aussage des gleichen Sachverhaltes in der Form zustandebringen, daß die Zeugin aus dem Auto heraus gekauft hätte. E würde jedenfalls seit Monaten regelmäßig jeden Montag ihre im Tourenbuch des Zustelldienstes eingetragene Menge erhalten. X habe eindeutig ausgesagt, daß sie die Ware eine Woche vorher beim Lieferanten bestellt hätte. Diese Aussage sei aber von der Gewerbebehörde nicht erwähnt worden. Zusammenfassend habe der Beschwerdeführer festgestellt, daß die Warenlieferungen jedenfalls auf einem Liefervertrag basierten, da X und E regelmäßig jeden Montag zur gleichen Zeit ihre Waren entsprechend dem Tourenbuch geliefert bekämen. Darüber hinaus sei vom Beschwerdeführer ausgeführt worden, daß die P-Gesellschaft m.b.H. über mehr als 2.000 schriftliche Fixbestellungen verfügen würde. Des weiteren würden täglich zwischen 40 und 60 telefonische Bestellungen eingehen. Im erstbehördlichen Bescheid würde die Behörde Vorwürfe aufgreifen, die zum Gesamtumfang des Zustelldienstes tolerierbare Bagatellen darstellten und die überdies nur Randerscheinungen des Zustelldienstes auf Grund von Anlaufproblemen seien. Die Berufung enthalte in der Folge noch umfangreiche Ausführungen über die Organisationsstruktur des Betriebes und des Zustelldienstes der P-Gesellschaft m.b.H.

Im Zuge des zweitbehördlichen Ermittlungsverfahrens seien Y, CK und F zeugenschaftlich einvernommen worden, das Erhebungsergebnis sei dem Beschwerdeführer nachweislich zur Abgabe einer Stellungnahme zur Kenntnis gebracht worden.

Für die behördliche Entscheidung gehe zu 1. aus der Zeugenaussage der E vom 4. März 1991 hervor, daß ein Fahrverkäufer der P-Gesellschaft m.b.H. regelmäßig am Montag vor deren Haus in S, B 11, anhalte und Fleisch- und Wurstwaren zum Kauf anbiete. E habe weiters angegeben, daß sie die von ihr gekauften Waren nie vorher bestellt hätte, sondern immer vom Auto heraus kaufen würde, was sie gerade benötige. Am 19. November 1990 habe sie bei der Fleischerei P Knacker, Leberkäse zum Selberbacken sowie Aufschnitt aus dem Auto des Fahrverkäufers heraus gekauft. Wenngleich es sich bei E um eine einfache Frau aus der Landbevölkerung handeln möge, so bestehe doch kein Grund, ihrer unter Hinweis auf die Wahrheitspflicht erfolgten Zeugenaussage die Beweiskraft abzusprechen. Ihre Angaben seien widerspruchsfrei und glaubwürdig und stimmten zudem mit den Angaben der CK, welche im Rahmen des anläßlich der Berufung ergänzend durchgeführten Ermittlungsverfahrens zeugenschaftlich einvernommen worden sei, grundsätzlich überein. Auch CK habe ausgesagt, daß sie vielleicht einmal eine Ware vorher bestellt hätte, ansonsten jedoch immer die benötigten Waren aus dem Auto heraus kaufen würde; insbesondere sei ihre seinerzeitige Aussage, sie hätte am 19. November 1990 beim Fahrverkäufer der P-Gesellschaft m.b.H. Rindfleisch zum Preis von S 59,--/kg gekauft, ohne diese Ware vorher bestellt zu haben, als richtig anzusehen. Auf Grund der vorliegenden Zeugenaussagen könne somit davon ausgegangen werden, daß jedenfalls am 19. November 1991 vom Fahrverkäufer der P-Gesellschaft m.b.H. an E und CK die im Spruch des erstbehördlichen Straferkenntnisses angeführten Waren ohne Vorbestellung verkauft worden seien. Aus dem Vorbringen des Beschwerdeführers gehe hervor, daß bei den wöchentlich belieferten Kunden variierende Wünsche berücksichtigt würden, sodaß auch von diesen Kunden ohne Bestellung Einkäufe getätigt werden könnten. Diese Vorgangsweise möge durchaus im Interesse der belieferten Kunden an einer Nahversorgung mit notwendigen Lebensmitteln gelegen sein. Hiezu lege jedoch § 53a GewO 1973 eine Bewilligungspflicht fest. Da die P-Gesellschaft m.b.H. keine Bewilligung gemäß § 53a GewO 1973 erlangt habe, sei das Feilbieten im Umherziehen von Ort zu Ort entgegen dieser Bestimmung erfolgt. Die dem Beschwerdeführer im erstbehördlichen Straferkenntnis unter Punkt 1 zur Last gelegte Tat, die auf Grund der angeführten Zeugenaussagen als erwiesen anzusehen sei, erfülle daher den Tatbestand der Strafbestimmung des § 367 Z. 17 GewO 1973, sodaß die Verhängung einer Geldstrafe somit gerechtfertigt sei.

Zu 2. sei im Rahmen des anläßlich der Berufung ergänzend durchgeführten Ermittlungsverfahren Y als Zeugin befragt worden, ob sie am 12. Oktober 1990 beim Fahrverkäufer F eine Bestellung für 1,5 kg Kalbsbrust aufgegeben habe. Die Zeugin habe hiezu angegeben, daß sie am 19. Oktober 1990 1,5 kg Kalbsbrust beim Fahrverkäufer der P-Gesellschaft m.b.H. gekauft habe, welche sie am 12. Oktober 1990 beim Fahrverkäufer bestellt habe. Auf diese Art würde sie auch jetzt noch das Fleisch bei der "Fa. P" kaufen. F habe anläßlich seiner zeugenschaftlichen Einvernahme am 26. März 1992 ausgesagt, daß er Y nicht kenne und er noch nie im Auftrag der P-Gesellschaft m.b.H. in T im Rahmen des Auslieferns von Waren unterwegs gewesen sei. Daraus sei zwar zu folgern, daß dieser Angestellte nie im Gebiet T als Fahrverkäufer eingesetzt gewesen sei. Auf Grund der Zeugenaussage der Y könne jedoch eindeutig davon ausgegangen werden, daß es sich um einen Fahrverkäufer der P-Gesellschaft m.b.H. gehandelt habe. Da die P-Gesellschaft m.b.H. laut Aktenlage über etwa 10 Zustellfahrzeuge verfüge und demnach auch entsprechend viele Fahrer beschäftigt habe, sei an der Richtigkeit der Aussage der genannten Zeugin nicht zu zweifeln, zumal sie angebe, daß sie auf diese Weise auch jetzt noch das Fleisch bei der P-Gesellschaft m.b.H. kaufe und davon ausgegangen werden könne, daß die Zeugin wisse, bei wem sie die ganze Zeit über die Fleisch- und Wurstwaren kaufe. Andererseits werde vom Beschwerdeführer ja nicht behauptet, daß die Ortschaft T von der "Fa. P" nicht beliefert werde. Die dem Beschwerdeführer unter Punkt 2 des erstbehördlichen Straferkenntnisses vorgeworfene Tat erfülle daher den Tatbestand der Strafbestimmung des § 367 Z. 19 GewO 1973. Die Verhängung einer Geldstrafe sei daher auch in diesem Fall gerechtfertigt.

Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsstrafverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag auf Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof erachtet sich der Beschwerdeführer seinem Vorbringen zufolge in dem Recht verletzt, der ihm zur Last gelegten Verwaltungsübertretungen nicht schuldig erkannt und nicht hiefür bestraft zu werden.

Er trägt in Ausführung dieses Beschwerdepunktes vor, das Tatbestandsmerkmal des Feilbietens umfasse neben dem Anbieten der Ware deren Mitführen und die Bereitschaft, sie sogleich an jeden Kauflustigen zu verkaufen. Aus den Angaben der X vor der Behörde gehe eindeutig hervor, der Fahrverkäufer habe am 19. November 1990 die eine Woche vorher bei der P-Gesellschaft m.b.H. bestellte Ware ausgeliefert. X wohne im Hause B 12 in S. Unmittelbar daneben sei das Haus der E, B 11 in S, gelegen. Auf Grund der örtlichen Gegebenheiten halte der Fahrverkäufer sein Fahrzeug vor dem Haus B 11 an, wenn er sich zum Hause B 12 begebe. Nachdem X wöchentlich bei der Fa. P bestelle, komme auch das Auto wöchentlich nach S und halte dort vor den Häusern 11 bzw. 12. Diese Gelegenheit nehme E offensichtlich wahr, um beim Fahrverkäufer kleinere Einkäufe zu tätigen. Die Initiative für den Warenverkauf an E gehe daher von dieser aus und nicht vom Fahrverkäufer. Nicht dieser biete an, sondern die Kunde komme und wolle etwas. Andere Personen in B würden nicht beliefert, da sie nicht zu den Kunden der "Firma" zählten und auch nichts bestellt hätten. Von einem Feilbieten im Umherziehen von Ort zu Ort könne daher nicht gesprochen werden; eine Bereitschaft, an jeden Kauflustigen zu verkaufen, bestehe nicht, es handle sich vielmehr um einen als Einzelfall zu beurteilenden Vorfall und nicht um ein allgemeines Hausieren im Sinne des Gesetzes. Wie im angefochtenen Bescheid richtig dargestellt, werde das Hausieren von der Bevölkerung im allgemeinen abgelehnt und als Belästigung empfunden, dies deshalb, weil beim Hausieren regelmäßig versucht werde, den als Käufer in Frage kommenden Personen die Ware geradezu aufzudrängen. Das Gegenteil sei aber hier der Fall. Die Kunden empfänden es hier als Vorteil, nicht lange Anfahrtswege zu einem Supermarkt in Kauf nehmen zu müssen, sondern die benötigte Ware direkt ins Haus zugestellt zu erhalten. Wie bereits betont, zögen die Fahrverkäufer keineswegs planlos durch die Gegend und sie versuchten nicht, ihre Ware an den Mann zu bringen, sondern sie führen grundsätzlich nur die Kunden an, die Ware bestellt hätten. Aus diesem Grunde sei der Fahrverkäufer auch zu CK in R 3, S, gekommen. Trotz offensichtlicher Versuche des vernehmenden Beamten, das Gegenteil herauszubringen, habe CK erklärt, Ware bestellt zu haben, woraus sich ergebe, daß eine Kontaktaufnahme, die vom Kunden ausgegangen sei, jedenfalls erfolgt sein müsse (sonst käme der Verkäufer ja nicht hin). Die Erfüllung des Tatbestandes des Feilbietens von Ort zu Ort könne nicht dadurch festgestellt werden, daß etwa 2 Warenverkäufe völlig aus dem Zusammenhang herausgerissen beurteilt würden. Vielmehr seien Erhebungen in der Richtung anzustellen, in welcher Weise sich der Absatz von Waren in erheblichem Umfang vollzogen habe. Alles andere stelle den Versuch dar (offenbar auf Grund von Interventionen der Konkurrenz), die Erwerbsfreiheit in unzulässiger Weise einzuschränken. Das Unterbleiben dieser Erhebungen stelle einen Verfahrensmangel dar.

Was Punkt 2 des Schuldspruches (Entgegennahme von Bestellungen auf Waren von Privatpersonen auf der Straße) anlange, falle auf, daß im erstbehördlichen Verfahren exakt jene Person genannt worden sei, die die Bestellung entgegengenommen haben soll, während im angefochtenen Bescheid - nachdem sich die Unhaltbarkeit dieser Anschuldigung herausgestellt habe - die belangte Behörde sich die Sache insofern leicht gemacht habe, als der Name F zu entfallen hätte und durch einen anonymen Angestellten ersetzt worden sei. Diese Vorgangsweise sei unzulässig, da sie dem Konkretisierungsgebot widerspreche. Man gewinne hier den Eindruck, die belangte Behörde habe einen Schuldspruch um jeden Preis gewollt. Wenn man schon einen bestimmten Fahrverkäufer nicht habe nennen können, bzw. es der bisher Genannte nicht habe gewesen sein können, sei es eben irgendeiner gewesen. Es sei richtig, daß nach den Bestimmungen der Gewerbeordnung 1973 bei Verstößen die Strafen über den Geschäftsführer zu verhängen seien, soferne ein solcher der Behörde gegenüber bekanntgegeben sei. Dies könne aber nicht so weit gehen, daß in diesen Straferkenntnissen nicht jene Person genannt werde, die die Verwaltungsübertretung tatsächlich begangen habe. Schließlich sei der Geschäftsführer, der für Verstöße gegen die Gewerbeordnung den Kopf hinzuhalten habe, verpflichtet, umgehend den gesetzmäßigen Zustand herzustellen. Dazu sei unbedingt notwendig, daß er jene Person kenne, für deren Fehlverhalten er bestraft werde.

Schließlich sei auch die Bezirkshauptmannschaft zur Erlassung des erstbehördlichen Straferkenntnisses örtlich nicht zuständig gewesen, welchen Mangel die belangte Behörde hätte wahrnehmen müssen. Örtlich zuständig gemäß § 27 VStG sei die Behörde, in deren Sprengel die Verwaltungsübertretung begangen worden sei. Die Orte B und T lägen zweifellos im Bereich der Bezirkshauptmannschaft R, sodaß diese für das gegenständliche Verwaltungsstrafverfahren zuständig gewesen wäre. Lediglich wenn das Verfahren wesentlich vereinfacht oder beschleunigt würde, könne gemäß § 29a VStG die zuständige Behörde die Durchführung des Strafverfahrens auf eine andere sachlich zuständige Behörde übertragen, und zwar hinsichtlich des Strafverfahrens nur an jene sachlich zuständige Behörde, in deren Sprengel der Beschuldigte seinen Wohnsitz oder Aufenthalt habe, das sei aber G, wie aus der Adresse in den Straferkenntnissen zu entnehmen sei. Lediglich die P-Gesellschaft m.b.H. habe ihren Sitz in W, politischer Bezirk S, was aber nicht von Bedeutung sei, da gemäß § 370 GewO 1973 Geld- und Arreststrafen gegen den Geschäftsführer zu verhängen seien, sofern ein solcher der Behörde angezeigt worden sei. Daher sei nicht die P-Gesellschaft m.b.H. als Beschuldigter anzusehen, sondern der Beschwerdeführer.

Nach § 27 Abs. 1 VStG ist für die Durchführung von Verwaltungsstrafverfahren die Behörde örtlich zuständig, in deren Sprengel die Verwaltungsübertretung begangen worden ist, auch wenn der zum Tatbestand gehörende Erfolg in einem anderen Sprengel eingetreten ist.

Im Grunde des § 370 Abs. 2 GewO 1973 sind, wenn die Bestellung eines Geschäftsführers angezeigt oder genehmigt wurde (§ 39), Geld- und Arreststrafen gegen den Geschäftsführer zu verhängen. Die in § 370 Abs. 2 GewO 1973 vorgesehene Verhängung von Strafen gegen den Geschäftsführer hat zur Voraussetzung, daß sich ein im Hinblick auf eine Verwaltungsstrafnorm ergebender Unrechts- und Schuldvorwurf gegen den Geschäftsführer richtet. Insofern stellt dessen Verhalten in dessen für die Rechtmäßigkeit des Gewerbebetriebes bestehendem Verantwortungsbereich die Begehung der Verwaltungsübertretung dar.

Nach dem Spruch des diesbezüglich im Verwaltungsrechtszug bestätigten Straferkenntnisses wurde das unter Strafe gestellte Verhalten dem Beschwerdeführer als dem gewerberechtlichen Geschäftsführer der Gesellschaft m.b.H. zur Last gelegt. Zwar handelte der Beschwerdeführer in seinem gewerberechtlichen Verantwortungsbereich nach dem Spruchwortlaut jeweils "durch einen Angestellten", es war jedoch - wenn auch rückbezogen auf das Vorgehen des jeweiligen Angestellten - sein Verhalten, welches vom Schuldspruch als rechtswidrig und schuldhaft erfaßt wurde. Es war daher nicht rechtswidrig, wenn die belangte Behörde dieses den Gegenstand der Bestrafung bildende Verhalten des Beschwerdeführers als des gewerberechtlichen Geschäftsführers dem Tatort W Nr. 102 als dem Standort des Gewerbebetriebes der Gesellschaft m.b.H. zuordnete und somit von der örtlichen Zuständigkeit der Bezirkshauptmannschaft für die Erlassung des erstbehördlichen Straferkenntnisses ausging (vgl. hiezu u.a. den Sachverhalt im hg. Erkenntnis vom 30. Oktober 1990, Zl. 89/04/0255; in dem betreffenden Beschwerdefall war nicht die Bezirkshauptmannschaft G, in deren Sprengel der Ort der Entgegennahme von Bestellungen, nämlich Z, lag, sondern die für den Tatort des Verhaltens des gewerberechtlichen Geschäftsführers, nämlich A, zuständige Bezirkshauptmannschaft in erster Instanz eingeschritten).

Gemäß § 367 Z. 17 GewO 1973, in der Fassung vor der Gewerberechtsnovelle 1992, begeht eine Verwaltungsübertretung wer das den Bestimmungen der §§ 53 oder 53a unterliegende Feilbieten im Umherziehen von Ort zu Ort und von Haus zu Haus entgegen den Bestimmungen der §§ 53 oder 53a ausübt, wenn nicht einer der Tatbestände des § 366 Abs. 1 Z. 1 und 2 oder der erste Tatbestand des § 368 Z. 6 oder der Tatbestand des § 368 Z. 7 gegeben ist.

Auf Grund des § 53 Abs. 1 GewO 1973 ist "das Feilbieten im Umherziehen von Ort zu Ort oder von Haus zu Haus" nur unter den dort vorgesehenen - im Beschwerdefall tatbestandsmäßig nicht in Betracht kommenden - Voraussetzungen zulässig.

Nach § 53a Abs. 1 GewO 1973, in der Fassung vor der Gewerberechtsnovelle 1992, dürfen Bäcker, Fleischer und Lebensmittelkleinhändler Waren, zu deren Feilhalten sie im Rahmen ihrer gewerblichen Tätigkeiten berechtigt sind, im Umherziehen von Ort zu Ort oder von Haus zu Haus in Gemeinden oder Teilen von Gemeinden, in denen keine Versorgung der Bevölkerung mit solchen Waren durch ortsfeste Betriebsstätten stattfindet, feilbieten, wenn die betreffende Bevölkerung die zur Befriedigung der notwendigen Bedürfnisse des täglichen Lebens dienenden Lebensmittel nicht unter zumutbarem Zeit- und Kostenaufwand ohne Benützung eines Kraftfahrzeuges oder eines öffentlichen Verkehrsmittels in ortsfesten gewerblichen Betriebsstätten kaufen kann.

Zufolge § 53a Abs. 2 erster Satz leg. cit. bedarf das Feilbieten im Umherziehen gemäß Abs. 1 einer Bewilligung der für die Gemeinde oder Teile von Gemeinden, in denen das Feilbieten im Umherziehen ausgeübt werden soll, örtlich zuständigen Bezirksverwaltungsbehörde.

In Ansehung gewerblicher Tätigkeiten außerhalb von Betriebsstätten sieht § 50 Abs. 1 leg. cit. vor, daß Gewerbetreibende insbesondere, soweit gesetzlich nicht anderes bestimmt ist, im Rahmen ihres Gewerbes (Z. 2) Waren auf Bestellung überall hin liefern dürfen.

Aus der Bestimmung des § 50 Abs. 1 Z. 2 leg. cit. einerseits und der des § 53a leg. cit. andererseits ergibt sich, daß Lieferungen von Waren auf Bestellung und ein Feilbieten von Waren im Umherziehen von Ort zu Ort oder von Haus zu Haus voneinander zu unterscheiden und somit begrifflich gegeneinander abzugrenzen sind. Beim Feilbieten werden demnach Waren zur Abgabe bereitgehalten, d.h., wenn es sich um ein Feilbieten im Umherziehen handelt, von Ort zu Ort oder von Haus zu Haus zwecks Verkaufes mitgeführt, ohne daß die betreffenden Waren vorher bestellt worden wären. Ein besonderes Tatbestandselement der "Bereitschaft, ... an jeden Kauflustigen zu verkaufen", entsprechend der betreffenden in der Beschwerde hervorgehobenen Ausdrucksweise, enthält die Bestimmung des § 53a GewO 1973 in der zitierten Fassung nicht.

Im vorliegenden Fall stellt Punkt 1 des Schuldspruches - abgesehen von dem der Regelung des § 367 Z. 17 in Verbindung mit § 53a Abs. 2 erster Satz GewO 1973 entsprechenden Merkmal "ohne Genehmigung" - einerseits auf das Merkmal "ohne Vorbestellung" und ferner darauf ab, daß am 19. November 1990 Waren sowohl zum Haus B 11 als auch R 3 gebracht und dort verkauft wurden. Es war nicht rechtswidrig, wenn die belangte Behörde diese Vorgangsweise als ein Feilbieten von Ort zu Ort qualifizierte. Nach den dargestellten begrifflichen Merkmalen des Feilbietens im Umherziehen von Ort zu Ort hatten die in der vorliegenden Beschwerde hervorgehobenen Umstände, daß die Initiative für den konkreten Verkauf bzw. Kauf von E ausgegangen und daß diese als ständige Kunde anzusehen sei und weiters, daß andere Personen als Kunden nicht beliefert würden, kein rechtliches Gewicht. Für die Beurteilung der Frage, ob der angefochtene Bescheid rechtswidrig sei, waren auch die in der Beschwerde angeführten rechtspolitischen Gesichtspunkte, welche Vorgangsweisen in der Bevölkerung als vorteilhaft oder als belästigend empfunden werden, unerheblich.

Unter dem Blickwinkel der Prüfung, ob der angefochtene Bescheid wegen Verletzung von Verfahrensvorschriften rechtswidrig sei, ist im Hinblick auf das Beschwerdevorbringen hervorzuheben, daß CK anläßlich ihrer Zeugenaussage vom 20. Jänner 1992 die Richtigkeit der in der Anzeige enthaltenen Angaben über den Einkauf am 19. November 1990 und über ihre ohne vorherige Bestellung erfolgten Einkäufe bestätigte. Es war nicht unschlüssig und durfte von der belangten Behörde als maßgeblicher Sachverhalt festgestellt werden, "daß jedenfalls am 19.11.1991 vom Fahrverkäufer der Fa. P-Gesellschaft m.b.H. an ... CK die im Spruch des bekämpften Straferkenntnisses angeführten Waren ohne Vorbestellung verkauft wurden".

Die in der Beschwerde enthaltene Rüge, "daß etwa zwei Warenverkäufe völlig aus dem Zusammenhang herausgerissen beurteilt" worden seien, und daß Erhebungen in der Richtung anzustellen gewesen wären, "in welcher Weise sich der Absatz von Waren in erheblichem Umfang vollzogen" habe, ist im Hinblick auf den dargelegten normativen Gehalt des § 53a GewO 1973 nicht stichhältig.

Gemäß § 367 Z. 19 GewO 1973, in der Fassung vor der Gewerberechtsnovelle 1992, begeht eine Verwaltungsübertretung, wer die Bestimmungen über das Sammeln und die Entgegennahme von Bestellungen (§§ 54 bis 59, 61, 115 Abs. 3 und 4 und 240) oder die Bestimmungen der auf Grund der §§ 54 Abs. 2 oder 57 Abs. 2 erlassenen Verordnungen nicht einhält, wenn nicht der zweite oder dritte Tatbestand des § 368 Z. 6 gegeben ist.

Nach § 59 Abs. 1 leg. cit. dürfen Bestellungen auf Waren von Privatpersonen nur unter den dort bezeichneten Voraussetzungen entgegengenommen werden. Im Grunde des § 59 Abs. 2 leg. cit. ist in allen anderen als den im Abs. 1 genannten Fällen, insbesondere auf der Straße, die Entgegennahme von Bestellungen auf Waren von Privatpersonen unzulässig.

§ 44a Z. 1 VStG bestimmt, daß der "Spruch" (§ 44 Abs. 1 Z. 6 leg. cit.), wenn er nicht auf Einstellung lautet, "die als erwiesen angenommene Tat" zu enthalten hat. Das heißt, daß die Tat im Spruch so eindeutig umschrieben sein muß, daß kein Zweifel darüber besteht, wofür der Täter bestraft worden ist. Der zitierten Rechtsvorschrift ist also dann entsprochen, wenn

              a)              im Spruch des Straferkenntnisses dem Beschuldigten die Tat in so konkretisierter Umschreibung vorgeworfen ist, daß er (im ordentlichen Verwaltungsstrafverfahren, gegebenenfalls auch in einem Wiederaufnahmeverfahren) in die Lage versetzt wird, auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen, und b) der Spruch geeignet ist, den Beschuldigten (Bestraften) rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden (vgl. das hg. Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 3. Oktober 1985, Slg. N.F. Nr. 11894/A).

Im Hinblick auf die Tatbestandselemente einer Verwaltungsübertretung nach § 367 Z. 19 in Verbindung mit § 59 Abs. 2 GewO 1973 war es nicht entscheidend, durch welchen Angestellten die vom Beschwerdeführer als dem gewerberechtlichen Geschäftsführer zu verantwortende Entgegennahme einer Bestellung vorgenommen wurde. Der Verwaltungsgerichtshof kann entgegen dem Beschwerdevorbringen nicht finden, daß die im angefochtenen Bescheid mit der Bestätigung des erstbehördlichen Straferkenntnisses verknüpfte Maßgabe, "daß im Spruch unter Punkt 2 der Name "F" zu entfallen hat und es nunmehr zu lauten hat: "durch einen Angestellten ..."", zur Folge hätte, daß Punkt 2 des Schuldspruches der nach § 44a Z. 1 VStG erforderlichen Konkretisierung entbehren würde.

Die vorliegende Beschwerde erweist sich somit zur Gänze als unbegründet. Sie war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.

Schlagworte

Verantwortlichkeit (VStG §9) zur Vertretung berufenes Organ

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1993:1992040131.X00

Im RIS seit

11.07.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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