TE Vwgh Erkenntnis 1993/1/28 92/06/0178

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Veröffentlicht am 28.01.1993
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Index

L80006 Raumordnung Raumplanung Flächenwidmung Bebauungsplan
Steiermark;
L82000 Bauordnung;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §58 Abs2;
BauRallg;
ROG Stmk 1974 §29 Abs9 litc;
ROG Stmk 1974 §3 Abs12;
ROG Stmk 1974 §3 Abs6;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Onder und die Hofräte Dr. Würth, Dr. Giendl, Dr. Müller und Dr. Kratschmer als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Stöckelle, über die Beschwerde der Gemeinde Aug-Radisch, vertreten durch Dr. H., Rechtsanwalt in G, gegen den Bescheid der Steiermärkischen Landesregierung vom 15. Juli 1992, Zl. 03-10 A 21-92/29, betreffend Versagung der Bewilligung für die Änderungen des Flächenwidmungsplanes VF 2.03 und 2.04, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die beschwerdeführende Gemeinde hat dem Land Steiermark Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde den im Spruch genannten Änderungen des Flächenwidmungsplanes der beschwerdeführenden Gemeinde die Zustimmung versagt und dies im wesentlichen wie folgt begründet:

"Beide Baulandausweisungen liegen in dezentraler Lage im Gemeindegebiet und befinden sich dort jeweils in "Riedlage" landwirtschaftliche Gehöfte in Streulage. Es ist von einer rein landwirtschaftlichen Siedlungsstruktur zu sprechen. Die Ausweisungen widersprechen daher auch in beiden Fällen dem Raumordnungsgrundsatz des § 3 Abs. 12 leg. cit. (gemeint: das Steiermärkische Raumordnungsgesetz 1974, LGBl. Nr. 127 idF der Novelle LGBl. Nr. 41/1991), wonach eine Zersiedelung der Landschaft zu vermeiden ist.

Die beschlossenen Flächenwidmungsplanänderungen ... stehen im Widerspruch zum ÖEK und Siedlungsleitbild der Gemeinde, in dem unter Abschnitt E "Besiedelung und Bebauung" unter Maßnahmen Punkt 3. dezitiert die Verhinderung jeglicher Form von Streusiedlung angeführt wird. Im übrigen wurde die nicht berücksichtigte Einwendung der zuständigen Fachabteilung durch den Gemeinderat nicht begründet."

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde der Gemeinde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend gemacht wird.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten (unvollständig) vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Ungeachtet des Umstandes, daß die belangte Behörde ausschließlich Ablichtungen über den Schriftverkehr im Genehmigungsverfahren, nicht aber die Verwaltungsakten der beschwerdeführenden Gemeinde betreffend die Änderungen des Flächenwidmungsplanes vorgelegt hat, erweist sich die Beschwerde schon auf dem Boden des Beschwerdevorbringens in Verbindung mit den nicht bestrittenen Feststellungen des angefochtenen Bescheides als unbegründet:

Gemäß § 29 Abs. 8 ROG hat die Landesregierung über die Genehmigung des Flächenwidmungsplanes nach Prüfung der vorgebrachten Einwendungen mit Bescheid zu entscheiden. Nach Abs. 9 der zitierten Gesetzesstelle ist die Genehmigung zu versagen, wenn

"a) der Flächenwidmungsplan landesgesetzlichen Bestimmungen, insbesondere den Bestimmungen dieses Gesetzes wie den darin enthaltenen Raumordnungsgrundsätzen widerspricht;

b)

...

c)

der Flächenwidmungsplan dem örtlichen Entwicklungskonzept widerspricht;

..."

Die im § 3 ("Raumordnungsgrundsätze") festgelegten Planungsziele enthalten u.a. folgende Bestimmungen:

"§ 3

(6) Ausgewogene wirtschaftliche, soziale und kulturelle Verhältnisse, die der Bevölkerung günstige Lebens- und Arbeitsbedingungen sichern, sind in Übereinstimmung der Bevölkerungszahl mit der räumlichen Tragfähigkeit eines Gebietes anzustreben.

...

(12) Auf eine dem Wohl der Bevölkerung dienende Ordnung der Landschaft durch deren Gestaltung, Erhaltung und Pflege sowie auf den Schutz vor Beeinträchtigungen ist Bedacht zu nehmen. Insbesondere gilt dies für Gebiete, die als Landschaftstypus oder als Kulturlandschaft charakteristisch sind. Eine Zersiedelung der Landschaft ist zu vermeiden."

Die belangte Behörde stützt die Versagung der Änderung des Flächenwidmungsplanes auf den strittigen Grundflächen zu "Bauland" zum einen darauf, daß ein Verstoß gegen den Raumordnungsgrundsatz des § 3 Abs. 12 letzter Satz ROG vorliege (entsprechend dem Versagungsgrund des § 29 Abs. 9 lit. a ROG) sowie ferner, daß die Ermöglichung von Streusiedlungen auch dem örtlichen Entwicklungskonzept der beschwerdeführenden Gemeinde widerspreche (Versagungsgrund des § 29 Abs. 9 lit. c ROG).

Dies bestreitet die beschwerdeführende Gemeinde der Sache nach nicht. Sie meint nur, eine Zersiedelung der Landschaft sei deshalb nicht gegeben, "da durch das Bauland mehrere junge Menschen bauen wollen". Eine Zersiedelung liege nicht vor, wenn durch die Neuausweisung von Bauland neue Wohngebiete geschaffen werden sollen. Dies sei erforderlich, da in der Gemeinde zur Verbauung Bauland nicht zur Verfügung stehe. Auch aus abwassertechnischer Sicht sei die Baulandausweisung wirtschaftlich vertretbar. Selbst wenn ein Widerspruch zum Raumordnungsgrundsatz des § 3 Abs. 12 ROG vorläge, hätte eine Interessensabwägung zum Raumordnungsgrundsatz des § 3 Abs. 6 ROG vorgenommen werden und diese Interessensabwägung zugunsten des zuletzt genannten Raumordnungsgrundsatzes ausfallen müssen.

Dieses Vorbringen verhilft der Beschwerde schon deshalb nicht zum Erfolg, weil die von der belangten Behörde - unbekämpft - festgestellte Streulage der geplanten Baulandausweisung nicht nur dem Raumordnungsgrundsatz des § 3 Abs. 12 ROG, sondern auch - wie die Beschwerdeführerin ebensowenig bestreitet - dem gültigen örtlichen Entwicklungskonzept widerspricht. Da schon der zuletzt genannte Umstand ein Versagungsgrund im Sinne des § 29 Abs. 9 lit. c ROG ist, bedarf die Frage, ob die belangte Behörde die Raumordnungsgrundsätze des § 3 ausreichend berücksichtigt und zutreffend gegeneinander abgewogen hat, keiner weiteren Erörterung.

Es wird vielmehr - gegebenenfalls - Sache der beschwerdeführenden Gemeinde sein, dem in der Beschwerde behaupteten zusätzlich entstandenen Baulandbedarf gegebenenfalls durch eine entsprechende Änderung des örtlichen Entwicklungskonzeptes Rechnung zu tragen. Der Umstand allein, daß ein zusätzlicher Baulandbedarf in der beschwerdeführenden Gemeinde besteht, bedeutet nämlich für sich allein genommen - entgegen dem Beschwerdevorbringen - noch keine Rechtfertigung für eine Landschaftszersiedelung.

Da somit die belangte Behörde auf dem Boden ihrer - in der Beschwerde nicht bekämpften - Feststellungen der beantragten Baulandausweisung zu Recht die Bewilligung versagt hat, hat sie die Gemeinde auch nicht in ihrem Recht verletzt, Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereiches in eigener Verantwortung frei von Weisungen zu besorgen.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.

Schlagworte

Begründungspflicht und Verfahren vor dem VwGH Begründungsmangel als wesentlicher Verfahrensmangel

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1993:1992060178.X00

Im RIS seit

03.05.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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